Lebensdaten
erwähnt 18. – 20. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Orgelbauer
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Walcker

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Zitierweise

Walcker, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz138360.html [27.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Die Vorfahren der heute in achter Generation tätigen Familie waren seit dem 14. Jh. als Handwerker in Württemberg ansässig.Jakob Leonhard (1729–77) ließ seinen Sohn Johann Eberhard (* 15. 4. 1756 (Bad) Cannstatt, 15. 7. 1843 Ludwigsburg) das Orgelmacherhandwerk erlernen; Johann Caspar Hoffmann (um 1720–72) in Cannstatt, danach Johann Georg Fries (1719–89) in Heilbronn waren seine Lehrmeister. 1780 fertigte Johann Eberhard seine erste Orgel für die Garnisonskirche in Ludwigsburg; weitere sechs Neubauten sowie diverse Umbauten und Reparaturen sind nachweisbar. Sein Sohn Eberhard Friedrich (1794–1872, s. u.) führte die Werkstatt, mit der er sich 1820 in Ludwigsburg selbständig machte, innerhalb weniger Jahre zu Weltruhm.

    Nachdem in der 3. Generation 1856 Eberhard Friedrichs Söhne Eberhard Heinrich I (* 10. 10. 1828, 24. 11. 1903) und Friedrich (* 17. 9. 1829, 16. 10. 1895) ins Geschäft eingetreten waren, firmierte das Unternehmen als „E. F. Walcker & Cie.“; später folgten die Söhne Carl (* 6. 3. 1845, 29. 5. 1908), Paul (* 31. 5. 1846, 6. 6. 1928) und Eberhard (* 8. 4. 1850, 17. 12. 1926) in die gemeinsame Leitung bis 1916. Nach politischen Unruhen um 1870 wuchs die Belegschaft auf|über 100 Mitarbeiter; 1900 war die Opuszahl 800 erreicht. Restauriert sind u. a. die für die Votivkirche Wien errichtete Orgel (1875) und das Monumentalwerk mit 124 Registern für den Dom zu Riga (1883); ein weiteres, zeitgleich errichtetes Instrument steht in Annaberg (Erzgebirge). Zudem entstanden Konzertsaalorgeln, so für Warschau (1901) oder das Odeon in München (1906); beide wurden im 2. Weltkrieg zerstört. Nicht überdauert haben auch die Großanlagen in der Dortmunder Reinoldikirche (1909) und in St. Michaelis in Hamburg (1912). Klanglich dem symphonischen Stil angepaßt, weisen die Instrumente zuletzt Einflüsse der elsäss. Orgelreform auf. Die mechanische Steuerung wich Ende des 19. Jh. zunächst der Pneumatik, nach 1900 erfolgte sie teilweise elektrisch. Die Firma nahm an Weltausstellungen teil, so 1876 in Philadelphia (USA) und 1929 in Barcelona, und wurde mehrfach prämiert.

    Zentrale Persönlichkeit der 4. Generation war Friedrichs Sohn Oscar (* 1. 1. 1869, 4. 9. 1948) als Alleininhaber; er übernahm 1916 von Wilhelm Sauer (1831–1916), der noch bei Eberhard Friedrich gelernt hatte, die Firma in Frankfurt/ Oder. Zusammen mit dem Musikwissenschaftler Wilibald Gurlitt (1889–1963) plante Oscar 1921 die erste Freiburger Praetorius-Orgel, ein Versuchsinstrument mit Registern nach Vorbildern frühbarocker Ensemble-Instrumente; später stiftete er das Instrument. Oscar war wesentlich an den beiden Freiburger Orgeltagungen 1926 und 1938 beteiligt, die den historischen Orgelbau wieder verstärkt in den Blick der Fachöffentlichkeit rückten. Von besonderer Bedeutung ist ferner die Orgel in der Blauen Halle des Stadshuset Stockholm (1925), deren 135 Register hinter Blendgittern in Wände und Decke integriert sind. Ein Kuriosum ist die 1928 in einem Turm der Festung Kufstein errichtete „Heldenorgel“ als Freiluft-Instrument. Das größte Werk mit 220 Stimmen lieferte Oscar für die Kongreß- bzw. Luitpoldhalle in Nürnberg 1936. Stilistisch strebte er eine Synthese aus Elementen nachromantischer Klangfülle und Strömungen v. a. der dt. Orgelbewegung an. Er unterhielt weltweite Geschäftsbeziehungen und errichtete über 2000 Orgeln. 1947 erhielt er die Ehrenbürgerschaft der Stadt Ludwigsburg. Seine fachlichen und lokalpolitischen Verdienste würdigte die Ludwigsburger Berufsfachschule mit Schwerpunkt Musikinstrumentenbau durch die Namensgebung Oscar-Walcker-Schule (2001).

    Nachdem Oscars Sohn Heinrich II (* 1901) bereits 1946 verstarb, ging die Firmenleitung 1948 an Werner W.-Mayer (1923–2000) über, den Sohn von Oscars ältester Tochter Hildegard (1899–1943?) die mit dem Prokuristen Felix Mayer verheiratet war. Während des Wiederaufbaus wurden zahlreiche Orgeln, v. a. in die Ballungsgebiete an Rhein und Ruhr geliefert. An bedeutenden Orten entstanden zum zweiten Mal Orgeln des Hauses W., so in der Dortmunder Reinoldikirche (1958) und im Ulmer Münster (1969; Entwurf: Walter Supper, 1908–84). In die Aula der Univ. Freiburg (Br.) baute Werner 1955 die Nachfolgerin der im Krieg zerstörten Praetorius-Orgel. Er engagierte sich in der Orgelforschung, u. a. zu den antiken Funden in Aquincum sowie zur Erschließung experimenteller Klangfarben; letzteres ist in der Orgel von Sinzig/ Rhein (1972) mit entlegenen Teiltonregistern und Percussions dokumentiert. Aus der Zusammenarbeit mit dem Musikwissenschaftler Hans Heinrich Eggebrecht (1919–99) ging 1965 die „Walcker-Stiftung für orgelwissenschaftliche Forschung“ mit Sitz in Siegen hervor, die 1968–2011 Colloquien an verschiedenen Orten veranstaltete. 1967 wurde die „Musikwissenschaftliche Verlagsgesellschaft“ für die Publikation von Forschungsergebnissen gegründet. Die Univ. Freiburg (Br.) verlieh Werner 1980 die Ehrendoktorwürde.

    1974 wurde der Firmensitz von Ludwigsburg nach Murrhardt (Württ.) und 1987 nach Heusweiler (Saarland) verlegt, wo die Tätigkeit 1999 eingestellt wurde. Der unter dem Namen „Sauer“ geführte und 1972 verstaatlichte Betrieb in Frankfurt/Oder wurde 1990 reprivatisiert; er ist seit 2000 als „W. Sauer Orgelbau Frankfurt/ Oder GmbH“ selbständig. Seit 1957 bestand in Mödling bei Wien eine weitere Außenstelle des Hauses W., die seit 1962 in Guntramsdorf bei Wien ansässig ist.

    In 7. Generation führen Werners Söhne Klaus (* 1949), Gerhard (* 1950), Michael (* 1957) und Helmut (* 1960) den Namen W.-Mayer fort. Gerhard ist seit 2000 im saarländ. Kleinblittersdorf-Bliesransbach selbständig und restauriert zusammen mit seinem SohnAlexander (* 1978) u. a. Orgeln seiner Vorfahren in allen Erdteilen. Michael ist für die Werkstatt in Guntramsdorf verantwortlich.

  • Werke

    |insgesamt mehr als 5900 Neubauten;
    Qu W.-Hausmitt., 1949 ff. (in unregelmäßigen Abständen);
    – umfangr. Firmenarchiv seit 2015 im Wirtsch.archiv Baden-Württ. Stuttgart, Schloß Hohenheim.

  • Literatur

    |Oscar Walcker, Erinnerungen e. Orgelbauers, 1948, Nachdr. 2014 (auch im Internet);
    E. F. Walcker & Co., 1951 (W-Verz.);
    J. Fischer, Das Orgelbauergeschl. W. in Ludwigsburg, mit e. Nachw. v. Th.|Heuss, 1966 (P);
    G. Kleemann, Die Orgelbauer u. ihr Schaffen im ehem. Hzgt. Württ., 1969;
    H. H. Eggebrecht (Hg.), Orgelwiss. u. Orgelpraxis, FS z. zweihundertj. Bestehen d. Hauses W., 1980 (P);
    H. Fischer, 100 J. Bund Dt. Orgelbaumeister 1891–1991, FS, Mit e. lexikal. Verz. dt. Orgelbauwerkstätten, 1991, S. 330 f.;
    M. Zepf, Die Freiburger Praetorius-Orgel, 2005;
    MGG;
    MGG².

  • Familienmitglieder

  • Zitierweise

    Zimmermann, Markus, "Walcker" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 277-279 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz138360.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA