Dates of Life
1786 – 1848
Occupation
preußischer Patriot
Religious Denomination
keine Angabe
Authority Data
GND: 122950178 | OGND | VIAF: 55042900
Alternate Names
  • Elsner, Wilhelm
  • Elsner von Gronow, Wilhelm Ferdinand
  • Gronow, Wilhelm Ferdinand Elsner von

Quellen(nachweise)

Objekt/Werk(nachweise)

Places

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Citation

Elsner, Wilhelm, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd122950178.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographical Presentation

    Elsner *)Zu Bd. XLVIII, S. 340.: Wilhelm Ferdinand E., preußischer Patriot in der Zeit der Befreiungskriege, geboren als Sohn des Kreisjustizraths Ferdinand E. am 28. Januar 1786 zu Tarnowitz, am 6. April 1848 in Kalinowitz, Kr. Groß-Strehlitz in Oberschlesien, genoß seine erste Schulbildung in Tarnowitz. Im 14. Lebensjahr kam er auf das Gymnasium zu Brieg, von wo er mit dem Zeugniß der Reife im October 1802 auf die Universität Frankfurt ging, um Rechtswissenschaften zu studiren. Nachdem er am 14. Januar 1805 das|Examen als Auscultator bestanden hatte, arbeitete er als solcher in Kalisch. Dann wurde er bei der neuschlesischen Kreisjustizcommission in Siewirz verwendet. Bei Ausbruch der Erhebung Schlesiens gegen Napoleon ergriff auch er die Waffen und wurde im December 1806 als Officier bei der leichten Infanterie angestellt. Die Anstrengungen des Feldzuges im Glatzer Gebirge übten indeß einen so schädlichen Einfluß auf seine ohnehin schwache Gesundheit, daß er sich im April 1807 genöthigt sah, wieder in den Civilstand zu treten. Nachdem er am 12. September die Prüfung als Referendar bestanden hatte, wurde er als solcher in Brieg beschäftigt. Doch schon am 9. December 1807 wurde ihm in Tarnowitz interimistisch die Verwaltung der dem oberschlesischen Bergrichter obliegenden Geschäfte übertragen. Auch in dieser Stellung blieb er nicht lange, da er unter dem 10. Juni 1809, dreiundzwanzigjährig, vom oberschlesischen Fürstenthumscollegium zum 2. oberschlesischen Landschaftssyndikus in Ratibor ernannt wurde. Als solcher erwarb sich der lebhafte, geistig ungemein angeregte und von vielseitigen Bildungsinteressen erfüllte junge Mann in dem Maße das Vertrauen seiner Landsleute, daß ihn die Wahlherren der oberschlesischen Städte in Ratibor im Frühjahr 1812 zu ihrem Vertreter bei der sogenannten interimistischen Nationalrepräsentation erwählten, die am 10. April jenes Jahres im Berliner Schlosse als erster bescheidener Anfang der von Stein geplanten Reichsstände zusammentrat. Zugleich wurde er von jenen Städten in die Generalcommission zur Regulirung der Kriegsschulden entsandt, deren Sitzungen an derselben Stelle vom Minister v. Schrötter am 25. Juli eröffnet wurden. Aus Anlaß dieser Wahl gab er bald darauf (Juni 1812) seine Stellung als Landschaftssyndikus auf. Unter seinen 40 Genossen, die vorwiegend dem Adel angehörten und wahrscheinlich zumeist erheblich älter als E. waren, gewann E. schnell, namentlich durch seinen brennenden Eifer eine führende Stellung. Er kam dadurch früh in Berührung mit Hardenberg und anderen leitenden Persönlichkeiten. Sein besonderer Stolz war es, bei den Berathungen mit edlem Freimuthe die Wünsche der Nation zu vertreten. Ganz im Stein’schen Sinne schwebte ihm die Einführung des Repräsentativsystems als der Schlußstein des großen preußischen Reformwerkes vor. Seine Thätigkeit in der Versammlung wurde durch die Ereignisse unterbrochen, die zur Erhebung Preußens gegen Napoleon führten. Wieder griff er zu den Waffen. Es machte auf die Zeitgenossen einen tiefen Eindruck, als er in seinem stürmischen Patriotismus vier unvermögende Freiwillige auf seine Kosten ausrüstete. Er selbst fand unter Berücksichtigung seiner Theilnahme an der Goetzen’schen Erhebung unter dem 6. März 1813 Anstellung als Secondlieutenant im 1. Reservebataillon des 1. westpreußischen Infanterieregiments, das im Frühjahrsfeldzuge in Schlesien stand und im Herbste dem Corps des Generals v. Kleist angehörte. Krankheit verhinderte ihn, an der Entscheidung bei Leipzig theilzunehmen.

    Aus dem Felde zurückgekehrt, spielte er in der im Januar 1814 neugewählten und mit weiteren, allerdings immer noch sehr engen Competenzen ausgestatteten Nationalrepräsentation, in die er zu seiner großen Freude von den oberschlesischen Städten abermals gewählt worden war und am 16. März wieder eintrat, sofort wieder eine beachtenswerthe Rolle. Hatte er vorher die Schaffung einer bestimmten Geschäftsordnung angeregt, so wirkte er jetzt lebhaft dafür, daß die Verhandlungen gedruckt oder irgendwie vervielfältigt würden. In der ersten Periode das Amt eines „Censors“ führend, wurde er in dieser zweiten zum Secretär der Versammlung gewählt. Bei seinem etwas hitzigen Temperament kam es wiederholt zu Zusammenstößen zwischen ihm und dem leitenden Minister v. Schrötter und Mitgliedern der Versammlung,|namentlich Vertretern des Adels, die sich nicht in eine Minderung ihrer bevorrechtigten Stellung finden wollten. Er zeigte sich in seinen wirthschaftlichen Anschauungen stark von England beeinflußt. Als die Rückkehr Napoleon's von Elba den Niederauebruch des Krieges voraussehen ließ, trat er dringend für die Aufnahme einer Anleihe durch die Versammlung „im Namen der Nation“ ein. Er sprach dabei von der „unverschuldeten Blindheit der Versammlung in Hinsicht auf die öffentlichen Verhältnisse des Staates“, die sie doch nicht verhindern dürfe, sich auch in finanzieller Beziehung für das, was ihr das Vernünftigste zu sein schiene, zu erklären. Er hat dann noch am 7. April Gelegenheit genommen, an die Versprechungen wegen Erlasses einer Verfassung zu erinnern und einen Antrag gestellt, in dem um Beschleunigung der er dgūltigen Einführung der Landesrepräsentation ersucht wurde. Dieser Antrag führte zu einer lebhaften Debatte, die damit endete, daß die Versammlung ihm mit 23 gegen 13 Stimmen zustimmte. Der Beschluß lieferte einen überraschenden Beweis für das Erstarken des politischen Sinnes in Preußen und hat augenscheinlich Hardenberg wesentlich beeinflußt bei Abgabe seines bekannten bindenden Verfassungsversprechens vom 22. Mai 1815. Ueber E. hat einmal seine Frau geäußert, er sähe immer nur Kleinigkeiten in bevorstehenden schwierigen Veränderungen. Aehnlich erging es Hardenberg bei dieser Sache. Wenn der Staatsmarn sich aber so über die Verhältnisse täuschte, so durfte es der Nationalrepräsentant um so eher.

    Gleich nach Annahme seines Antrages ging E. wieder zum Heere ab, diesmal als Premierlieutenant im 18. Linien-Infanterieregiment der 15. Brigade (4. Armeecorps, Bülow). Als solcher wurde er in der Schlacht bei Belle-Alliarce an der Spitze der von ihm befehligten Compagnie schwer durch einen Schuß in die rechte Lende verwundet. Bis spät im Herbst lag er infolge dessen im Lazareth zu Aachen. Zeitweise schwebte er in äußerster Lebensgefahr. Sein geistiges Interesse spiegelt sich darin, daß er sich, wie schon 1813 im Lagerleben, eifrig mit der Lectüre zahlreicher lateinischer Classiker, ebenso Schiller’scher und Goethe’scher Dichtungen und französischer, namentlich aber auch englischer Litteratur beschäftigte. Am 22. October erhielt er für Belle-Alliance das Eiserne Kreuz. Noch mehr belebte ihn die ihn am 25. October erreichende Nachricht, daß der Civilgouverneur Merckel ihn als Candidaten für die constituirende Nationalversammlung ins Auge gefaßt habe. Er glaubte sich der Hoffnung hingeben zu dürfen, daß das Verfassungswerk im Fluß sei. Im Hinblick auf den baldigen Zusammentritt der constituirenden Versammlurg hatte die interimistische Natioralrepräsentation bereits am 10. Juli 1815 ihre Thätigkeit beendigt. Schon im November war E. indeß darüber unterrichtet, daß aus seiner Candidatur nichts werden würde. Bald mußte er erkennen, daß die Verwirklichung des Unternehmens noch in weiter Ferne stand. Gleich nach seinem Wiedereintreffen in Berlin erhielt er unter dem 18. November den Posten eines Inquisitor publicus in Brieg. Unmittelbar darauf kam er um seinen Abschied vom Militär ein, der ihm mit dem Charakter als Hauptmann gewährt wurde. Sein Ehrgeiz sah sich durch seine neue Stellung in keiner Weise befriedigt. Er mußte aber ergreifen, was sich ihm bot, und war im übrigen geneigt, den Posten als eine vorübergehende Etappe zu betrachten. Schon zu Beginn des Jahres 1817 nahm er auch mit Freuden die durch Vermittlung des Grafen Hardenberg, der der 3. Abtheilung im Ministerium des Innern vorstand, sich bietende Gelegenheit wahr, als Justitiarius bei der Regulirung der bäuerlichen Verhältnisse, für die er schon als Nationalrepräsentant besonderen Sinn gezeigt hatte, in Groß-Strehlitz mitzuwirken. Er glaubte in dieser Stellung seinem Vaterlande wesentlich nützen zu können|und fühlte sich gerade hierzu berufen. So widmete er sich mit großem Eifer der neuen Thätigkeit. Er unterzog sich auch noch im Mai 1818 dem für das neue Amt erforderlichen großen Examen und erwarb in der Folge den Titel eines Justizraths.

    Nach einigen Jahren hielt es der unruhige und leidenschaftliche Mann aber auch in dieser Stellung nicht mehr aus. Gemäß seiner ganzen Grundrichtung vertrat er in der Generalcommission die liberale Auffassung und gerieth infolgedessen insbesondere wegen der das Bauernedict vom 14. September 1811 einschränkenden Declaration vom 29. Mai 1816 in Meinungsverschiedenheiten mit seinem Generalcommissar v. Jordan. Er erstattete am 8. April 1824 ein Sondergutachten, das sich durch geschichtliche Fundirung und Kenntniß der sehr besonders gearteten oberschlesischen Verhältnisse auszeichnet und im Gegensatz zu den in dem Streben auf Einschränkung der Regulirarbeit noch über die Declaration vom 29. Mai 1816 hinausgehenden Großgrundbesitzern, denen sich Jordan anschloß, sogar für Erweiterung der Regulirbarkeit eintrat. Dies und anderes führte es herbei, daß er unter dem 9. December 1824, wiederum als Justitiar, an die Generalcommission zu Posen versetzt wurde. Dadurch fühlte er sich veranlaßt, einen schon längere Zeit in ihm reifenden Entschluß auszuführen, indem er am 5. April 1825 seinen Abschied nahm und sich ganz der Landwirthschaft widmete, für die er von früh an und mit den Jahren immer steigendes Interesse gehabt hatte. War es dem jungen Lieutenant doch im Herbst 1813 ein besonderer Triumph gewesen, Virgil's Georgica zu erbeuten und sich in deren Lektüre zu vertiefen. Bereits 1817 hatte er vom Fiscus ein größeres Gut gekauft und nach dessen Veräußerung im J. 1819 das schöne Besitzthum Kalinowitz im Kreise Groß-Strehlitz erworben. Dorthin siedelte er nun ganz über und schuf durch rastlose Thätigkeit und Zucht unter seinen Leuten eine bekannte Musterwirthschaft. Namentlich widmete er sich Waldanpflanzungen. Zu Kalinowitz kam in der Folge noch Ober-Heiduck im Kreise Beuthen. Eine Zeitlang (um 1832) war er auch Landrath seines Kreises. Sein enthusiastisches Wesen wußte Poesie in die trockensten Wirthschaftsangelegenheiten zu bringen. Eine gewisse geniale Art verursachte ihm freilich oft Verdruß. Neben der Landwirthschaft blieb die Politik seine Leidenschaft. Bis zuletzt bewahrte er sich große Vorliebe für die Engländer und englisches Wesen. Noch erlebte er den Ausbruch der Märzrevolution. Der große politische Gedanke seines Lebens schien nun endlich in die That umgesetzt zu werden. Unter dem Eindruck der den schon vor seiner Verwundung nicht sehr kräftigen Mann heftig bewegenden neuen Ereignisse ist er durch einen Schlagfluß aus dem Leben gerissen worden. Gleichsam als ein Denkmal seiner politischen Thätigkeit hinterließ er vierzehn Bände handschriftlicher Protokolle über die Berathungen der interimistischen Nationalrepräsentation, die er zum Theil selbst angefertigt hatte und die sich als eine höchst werthvolle Geschichtsquelle erweisen.

    Er hatte sich 1816 mit der geistvollen Julie Rosenstiel, der Tochter des Directors der Berliner Porzellanmanufactur und Schwägerin Gottfried Schadow's, verheirathet, die ihm mehrere Kinder schenkte. Schadow hat den Feuerkopf E. gezeichnet. Einer der Söhne Elsner's, der am 29. October 1817 zu Gleiwitz geborene und am 18. Juni 1886 zu Kalinowitz verstorbene Martin E. wurde gleichfalls ein bekannter Landwirth, der mannichfache, für die preußische Monarchie fruchtbare Anregungen gab und als Vertreter des Kreises Birnbaum-Samter im Abgeordnetenhause einer der Gründer der freiconservativen Partei wurde. Martin E. erhielt am 15. September 1852 die Erlaubniß zur Führung des Namens Elsner v. Gronow. Schon sein|Vater hatte auf Grund einer Renovation vom 12. Januar 1807 vorübergehend den Adel geführt, ihn aber im Hinblick auf seine liberale Richtung wieder abgelegt.

    • Literature

      Familienpapiere, mir vom Kriegsgerichtsrath Kurt Elsner v. Gronow zur Verfügung gestellt. — E. Friedlaender, Matrikel der Universität Frankfurt a. O. — Alfred Stern, Die Sitzungsprotokolle der interimistischen Landesrepräsentation Preußens 1812—1815. In: Abhandlungen und Actenstücke zur Geschichte der preußischen Reformzeit. Leipzig 1885, S. 129 bis 144. —
      Derselbe, Geschichte der preußischen Verfassungsfrage 1807 bis 1815. Ebenda S. 145—223. —
      Derselbe, Eine preußische Verfassungsdebatte aus dem Jahre 1815. Westermann's Monatshefte, Mai 1882, S. 237—243. —
      Gustav Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit IV, 411. — Kurt Elsner v. Gronow, Eine Episode aus der Schlacht von Belle-Alliance. Militärwochenblatt 1907, Nr. 129. —
      Friedrich Knapp, Bauernbefreiung I, 214; II, 403. —
      Gritzner, Standeserhöhungen. — Die königl. preußische Archivverwaltung bereitet eine Publication aus den von E. hinterlassenen bzw. angefertigten Protokollen d. Nationalrepräsentation vor.

  • Author

    Herman v. Petersdorff.
  • Citation

    Petersdorff, Herman von, "Elsner, Wilhelm" in: Allgemeine Deutsche Biographie 55 (1910), S. 738-742 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122950178.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA