Lebensdaten
erwähnt 17. – 20. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Eisenindustrielle ; Wissenschaftler
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118753762 | OGND | VIAF: 52484977
Namensvarianten
  • Tafel

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Zitierweise

Tafel, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118753762.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Angehörige der Familie sind seit dem 17. Jh. v. a. als Handwerker in Rosenfeld (Zollernalbkreis) sowie Beamte und Pfarrer im Raum Tübingen nachweisbar. Johann Christian (1753–1805) war 1783 Pfarrer in Wüstenrot. Sein Sohn Carl Christian v. T. (1785–1854, württ. Personaladel, 1811 Marie Auguste, T d. Johann Christoph v. Schmid, 1756–1827, s. ADB 31) schlug eine Beamtenlaufbahn im Kgr. Württemberg ein und stieg nach Stationen in Esslingen und Ulm zum Hofdomänenrat und -kassier in Stuttgart auf.

    Carl Christians jüngster Sohn Julius (1827–93, s. L) besuchte seit 1837 das Gymnasium und 1841–46 die Polytechnische Schule in Stuttgart, wo er naturwissenschaftliche Fächer mit Schwerpunkt Chemie belegte. 1846/47 studierte er in Tübingen und trat anschließend als Praktikant beim Hüttenamt Königsbronn in den württ. Staatsdienst ein, wo er 1853 eine Festanstellung erhielt und anschließend an das kgl. Eisenwerk Wasseralfingen versetzt wurde. 1856 wechselte er in die Privatwirtschaft und übernahm die Leitung des Eisenwerks Choindez (Kt. Jura) – ein Zweigwerk der v. Roll’schen Eisenwerke in Gerlafingen (Kt. Solothurn). Seit 1862 techn. Direktor des Gerlafinger Stammwerkes, bewirkte er durch eine umfassende Modernisierung der Hochofen-, Gießerei- und Walzwerkanlagen binnen 10 Jahren eine Steigerung der Produktion von Gußeisen um das Vier- sowie von Handelseisen und Blech um das Dreifache. Seit 1869 setzte er für die Wiederaufbereitung von Abfalleisen das Paketierverfahren anstelle des Frischfeuers ein. Auf der Grundlage dieses Schmelz- und|Walzverfahrens für Eisenschrott machte er sich 1875 selbständig und gründete in Nürnberg unter Beteiligung des Eisenindustriellen Theodor v. Cramer-Klett (1817–84) ein eigenes Unternehmen, das er bis 1891 leitete. Entscheidend für die Standortwahl war die Nähe zur Maschinenfabrik Cramer-Kletts, von der er hochwertigen Eisenschrott bezog und die zunächst einen Großteil seiner Produktion abnahm. 1876 produzierte „J. Tafel & Co.“ mit 40 Arbeitern 1800 t Stabeisen, 1899 mit 350 Beschäftigten 15 000 t Stabeisen, daneben Band- und Faconeisen, Kleineisenzeug, Schienennägel und Schwellenschrauben. 1900 erfolgte die Umwandlung in eine AG, 1919 die Übernahme der Aktienmehrheit durch die „Gutehoffnungshütte Oberhausen AG“, in deren Konzernverbund sich die „Eisenwerk Nürnberg AG vormals J. Tafel & Co.“ zum größten Schweißeisenwalzwerk Deutschlands und zu einem führenden Hersteller von Handelsschrauben entwickelte. 1975 wurde das Werk geschlossen (Teile der Gebäude werden seit 1987/ 88 als „Kulturzentrum Tafelhalle“ und „Museum Industriekultur“ genutzt).

    Wilhelm d. Ä. (1868–1931, s. W, L), jüngster Sohn von Julius, besuchte das Nürnberger Realgymnasium, studierte Maschinentechnik an den Technischen Hochschulen München und Charlottenburg und absolvierte 1892 ein Volontariat im größten Hüttenwerk Österreich-Ungarns im mähr. Witkowitz. 1893 trat er als Teilhaber in das väterliche Unternehmen in Nürnberg ein und übernahm 1900 als Vorstand der AG die Leitung des operativen Geschäfts. Aufgrund seiner wiss. Arbeiten erhielt er 1909 einen Ruf an die TH Aachen, den er wegen geschäftlicher Verpflichtungen ablehnte. 1914 folgte er einem Ruf der TU Breslau auf den Lehrstuhl für Hüttenmaschinen- und Walzwerkskunde, den er – unterbrochen durch den Kriegsdienst als Offizier bis 1916 und als Handelsattaché an der bayer. Gesandtschaft in Wien bis 1918 – bis zu seinem Tod innehatte. Er gründete in Breslau die erste Walzwerksversuchsanstalt an einer dt.sprachigen Universität und widmete sich v. a. der wiss. Erforschung der Walztechnik. Er war Vorstandsmitglied der „Eisenhütte Oberschlesien“ (Dr.-Ing. E. h. TH München 1925).

    Sein Bruder Julius d. Ä. (1862–1918, s. W, L) besuchte das Realgymnasium in Stuttgart und Nürnberg, studierte seit 1879 Chemie an den Universitäten München und Erlangen, wo er 1884 bei Hermann Emil Fischer (1852–1919) promoviert wurde und diesem anschließend als Assistent an die Univ. Würzburg folgte. Dort lehrte er als Privatdozent (1888), Titularprofessor (1899), Extraordinarius (1902) und Ordinarius und Vorstand des Chemischen Instituts (1903–10), bevor ein schweres Lungenleiden seine akad. Karriere beendete. Er widmete sich v. a. der Grundlagenforschung im Bereich der Elektrokatalyse und entwickelte 1905 die nach ihm benannte „Tafel-Gleichung“ der elektrochemischen Kinetik.

    Hermann (1857–1933, s. L), der älteste Sohn des Nürnberger Eisenindustriellen, trat 1891 in die väterliche Firma ein und führte 1900–10 den Vorsitz im Aufsichtsrat der „Eisenwerk Nürnberg AG vormals J. Tafel & Co.“. Sein älterer Sohn Julius d. J. (1886–1934, s. W, L) studierte nach dem Besuch des Nürnberger Realgymnasiums an den Technischen Hochschulen München und Aachen das Eisenhüttenfach und wechselte nach dem Abschluß 1910 als Assistent an die TH Breslau, wo er 1913 promoviert wurde. Anschließend Oberingenieur im „Eisenwerk Baildonhütte“ bei Kattowitz, trat er nach vier Jahren Kriegsdienst 1918 in Bochum als Oberingenieur beim „Werk Stahlindustrie“ des „Bochumer Vereins“ ein, das 1927 in die „Deutsche Edelstahlwerke AG Bochum“ überführt wurde, und stieg dort zum Betriebsdirektor auf. 1929 übernahm er als Direktor die Leitung der „Sächsische Gußstahlwerke Döhlen AG“ in Freital, 1933 als Generaldirektor die Führung der „Vereinigte Oberschlesische Hüttenwerke AG“ in Gleiwitz. Hermanns jüngerer Sohn Wilhelm d. J. (1902–65) absolvierte nach dem Besuch des Nürnberger Realgymnasiums eine kaufmännische Lehre bei der „Eisenwerk Nürnberg AG vormals J. Tafel & Co.“ und sammelte anschließend berufliche Erfahrungen im Ausland, u. a. 1926–29 in den USA. Seit 1930 wirkte er in leitenden Stellungen am Standort Düsseldorf der „Gutehoffnungshütte Oberhausen AG“ sowie der Düsseldorfer „Schloemann AG“, bevor er 1942 in den Vorstand der „Kabel- und Metallwerke Neumeyer AG“ in Nürnberg eintrat und bis zu seinem Tod den Vorstandsvorsitz führte. Er war Präsident der IHK für Mittelfranken in Nürnberg (1952–63), Aufsichtsratsvorsitzender der „Nürnberger Lebensversicherung AG“ und gehörte u. a. dem Präsidium des Landesverbands der Bayer. Industrie und dem Vorstand des Vereins der Bayer. Metallindustrie an.

  • Werke

    W zu Wilhelm († 1931): Arbeitszwang u. Arbeitslust, 1919;
    Oberschlesien, des Reiches größter u. Schlesiens einziger Schatz, 1919;
    Wärme u. Wärmewirtsch. d. Kraft- u. Feuerungsanlagen in d. Ind.|mit bes. Berücksichtigung d. Eisen-, Papier- u. chem. Ind., 1924;
    Walzen u. Walzenkalibrieren, Einf. in d. Vorgänge b. Walzen u. in d. Arb. d. Kalibrierens, 1921, ³1923;
    Unsere Fehler, unser Schicksal, Ein Wort z. Erziehung in Haus, Schule u. Leben, 1925;
    zu Julius († 1918):
    Über Indazol u. Chinazol, Diss. Erlangen 1884;
    Eine neue Darst.methode d. Amino-Körper d. Fettreihe, Habil.schr. Würzburg 1888;
    Über Strychnin, in: Berr. d. Dt. Chem. Ges. 23, 1890, S. 2731–39 u. Justus Liebigs Ann. d. Chemie 264, 1891, S. 33–84, 268, 1892, S. 229–55, 301, 1898, S. 285–348;
    Reduktion v. Acylaminen zu Alkylaminen, in: Berr. d. Dt. Chem. Ges. 32, 1899, S. 68–77 (mit T. B. Baillie);
    Elektrolyt. Reduktion v. Barbitursäure, ebd. 33, 1900, S. 3383–87 (mit A. Weinschenk);
    Elektrolyt. Reduktion v. Oximen u. Phenylhydrazonen in schwefelsaurer Lösung, ebd. 35, 1902, S. 1510–18 (mit E. Pfeffermann);
    Zur Kenntnis d. elektrolyt. Reduktion v. Ketonen, in: Zs. f. Elektrochemie u. angew. physikal. Chemie 17, 1911, S. 972–76;
    zu Julius († 1934):
    Studie über d. Kalibrierung irregulärer Profile unter Zugrundlegung d. Kalibrierung v. Trägern, Diss. Breslau 1914.

  • Literatur

    L zu Julius († 1893): Eisenwerk Nürnberg AG., vorm. J. Tafel, Nürnberg, 1875–1925, 1925 (P);
    J. G. Hirschmann, Der Nürnberger Untern. J. T. u. sein Eisenwalzwerk, in: Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt Nürnberg 75, 1988, S. 155–71 (P);
    Berühmte Nürnberger, S. 295 f.;
    J. Bähr, R. Banken u. T. Flemming, Die MAN, 2008, S. 233 f.;
    Stadtlex. Nürnberg (P);
    – zu Wilhelm († 1931): Zs. f. Metallkde. 23, 1931, S. 340;
    VDI-Zs. 75, 1931, S. 1483;
    Ak. Reden z. Gedächtnis an W. T., 1932 (P);
    Rhdb. (P);
    – zu Julius († 1918): B. Emmert, in: Berr. d. Dt. Chem. Ges. 51, 1918, S. 1686 f.;
    ders., in: Chemiker-Ztg. 42, 1918, S. 481;
    K. Müller, Who was T.?, in: Journal of the Research Inst. for Catalysis, Hokkaido Univ. 17, 1969, S. 54–75 (P);
    G. T. Burstein, A hundred years of Tafel`s Equation 1905–2005, in: Corossion Science 47, 2005, S. 2858–70;
    - zu Hermann: Hdb. d. dt. AG 1901/02, Bd. 2, S. 490, 1909/10, Bd. 2, S. 483;
    – zu Julius († 1934): A. Perlick, Oberschles. Berg- u. Hüttenleute, 1953, S. 151;
    Kohle u. Erz 31, 1934, S. 823 f. (P);
    Stahl u. Eisen 54, 1934, S. 1199 (P);
    – zu Wilhelm († 1965);
    Mitt.bl. d. IHK f. Mittelfranken in Nürnberg 8, 1952, Nr. 4, S. 1 (P).

  • Autor/in

    Richard Winkler
  • Zitierweise

    Winkler, Richard, "Tafel" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 761-763 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118753762.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA