Lebensdaten
1865 – 1917
Geburtsort
Lahr (Baden)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Gebrauchsgraphiker ; Kunstgewerbler ; Schriftgestalter
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 124061168 | OGND | VIAF: 12575233
Namensvarianten
  • Sütterlin, Carl Ludwig
  • Sütterlin, Ludwig
  • Sütterlin, Carl Ludwig
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Zitierweise

Sütterlin, Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd124061168.html [25.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Daniel (Sütterle) (1832–n. 1869), Buchbinder, Cartonager, S d. Daniel (Sütterle) (d. Ä.), Schustermeister, u. d. Anna Maria Gebhardt († 1911), beide aus Hugsweier b. L., Bäckers-T;
    M Sophie, T d. Ludwig Seibel, Bierbrauer in L.;
    B Ernst Daniel (1863–1917, Kaufm., Gründer d. Kunstgewerbegeschäfts u. Verlags Albrecht-Dürer-Haus in B., Schw Sophie (1862–1927), seit 1911 Haushälterin f. d. gemeinsamen Haushalt d. Brüder, nach 1917 Pensionswirtin; – ledig.

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Volksschule (seit 1871) in Lahr erlernte S. hier seit 1879 den Beruf des Lithographen. In der Folgezeit eignete er sich zudem verschiedene kunsthandwerkliche Techniken an, etwa in der Lederverarbeitung und der Buchbinderei. Seit 1888 lebte er bei seinem als Kaufmann tätigen Bruder in Berlin, wo er für zahlreiche Auftraggeber Entwürfe u. a. für Bucheinbände, Vasen und Gläser sowie insbesondere druckgraphische Arbeiten schuf. Diese reichten von Grußkarten über Wertpapiere (z.B. die Siemens-Aktien 1897) bis zu Buchschmuck (z. B. Bibel der Reichsdruckerei 1908) und trafen den Geschmack des gehobenen Bürgertums. Einen Meilenstein in der Entwicklung der Plakatkunst zu einem eigenständigen Zweig der Gebrauchsgraphik bildet das sog. Hammer-Plakat zur Berliner Gewerbeausstellung 1896; die daran entzündete öffentliche Diskussion v. a. über die Abkehr von der überladenen gründerzeitlichen Bildsprache hin zum Jugendstil sowie über die von konservativer Seite vermutete sozialistische Symbolik machte S. weithin bekannt. S. war Teilhaber des von seinem Bruder 1902 gegründeten Albrecht-Dürer-Hauses, das einen Verlag mit einem Kunstgewerbehandel vereinte. Zu dieser Zeit hatte er schon rund ein Jahrzehnt Unterricht für angehende Buchdrucker und -binder, an einer Fachschule für Handelslehrerinnen, an der Victoria-Fortbildungsschule sowie (seit 1904) in der Klasse für Ornament- und Schriftzeichnen an der Unterrichtsanstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums erteilt. Hier fand S., eingebunden in die künstlerischen und pädagogischen Diskurse seiner Zeit, zu intensiverer Beschäftigung mit Schriftformen. Unter dem Einfluß des beginnenden Stilwandels zur Moderne v. a. angeregt von Peter Behrens, Emil Doepler d. J., Fritz Helmuth Ehmcke und Max Friedrich Koch arbeitete S. zunächst an Kunstschriften, wie z. B. der Sütterlin-Unziale der Schriftgießerei Gursch. Schließlich führten die vor der Erfindung leistungsfähiger Schreibmaschinen verbreiteten Klagen seitens der Verwaltungen und der Lehrerschaft über Kompliziertheit und Schwerfälligkeit traditioneller Handschriften S. zur Entwicklung alltagstauglicher Fraktur- und Antiquahandschriften; sie machten seinen Namen derart bekannt, daß bis heute oft alle Frakturschriften umgangssprachlich als „Sütterlin“ bezeichnet werden.

    Nachdem S. 1910 seine Entwürfe im preuß. Kultusministerium vorgelegt hatte, konnte er, von dessen Unterrichtsabteilung gefördert, langjährige Schulversuche beginnen, die 1914 zu zwei sog. Normalalphabeten für den Schulgebrauch führten. Mit diesen wurden nach dem Tod S.s, dessen Schwester als Erbin bzw. deren Geschäftsnachfolger sich das Urheberrecht an den beiden Schriften mit dem preuß. Staat teilen mußten, weitere Versuche durchgeführt. Seit Mitte der 20er Jahre an den preuß. Grundschulen sowie an den kaufmännischen Schulen etabliert, wurde S.s Frakturschrift nun auch in den anderen dt. Bundesstaaten eingeführt und bis 1941 gelehrt. In einigen dt. Ländern gehörte sie noch bis Ende der 50er Jahre zum fakultativen Lehrstoff.

    Der Erfolg der S.-Frakturschrift basierte zum einen auf ihren runden und fließenden Formen, die zusammen mit den seit Ende des 19. Jh. weit verbreiteten stählernen Rundfedern eine höhere Schreibgeschwindigkeit ermöglichten, zum anderen in ihrer Anlage als sog. Ausgangsschrift, die die Herausbildung einer persönlichen Charakter tragenden Handschrift zum Ziel hatte.

  • Auszeichnungen

    A Preise versch. künstler. Wettbewerbe wie u. a. f. d. Plakat z. Berliner Gewerbeausst. (1896);
    Silbermedaille d. Pariser Weltausst. (1900);
    Medaille d. Turiner Kunstausst. f. Objekte d. Glashütte Fritz Heckert (Petersdorf) (1902);
    Mitgl. d. Dt. Werkbunds;
    Prof. an d. Unterr.anstalt d. Berliner Kunstgewerbemus. (1917, vor d. Übergabe d. Bestallungsurk. verstorben);
    – L.-S.-Str. in Bremen (1999).

  • Werke

    W kunsthandwerkl. Objekte u. Druckgraphik (in versch. Museen u. Bibl.);
    Schrr.:
    Entwurf d. Bucheinbandes, in: P. Kersten, Der exakte Bucheinband, 1909 u. spätere Aufll.;
    Zur Reform d. Schreibunterr., in: Päd. Ztg. 44, 1915, S. 207–09;
    Können wir heute e. neues Normalalphabet aufstellen?, ebd., S. 387–90;
    Neuer Leitfaden f. d. Schreibunterr., 1917, ²1922–24, Nachdr. 2002.

  • Literatur

    H. Wieynck, in: Archiv f. Buchgewerbe 54, 1917, S. 238;
    Gedächtnisrede f. L. S. am 24. Nov. 1917, gehalten v. Herrn Pastor Thieme (85), in: Gedächtnisrede f. Ernst S. am 22. Okt. 1917, gehalten v. Herrn Pastor Thieme auf d. Dreifaltigkeitsfriedhof in Berlin, S. 11–19;
    O. Schmidt, Die Reform d. Schreibunterr. in Preußen u. L. S., in: Der Schriftwart, 1919/20, S. 25–28;
    ders., Im Geiste S.s, 1922;
    H. Rose, Die S.-Schreibweise, Ein prakt. Wegweiser u. kurzgefaßter Lehrgang, 1930, ³1932;
    F. H. Ehmcke, Zwei Pioniere d. dt. Schriftbewegung, in: Dt. Allg. Ztg. v. 28./30. 6. 1934;
    C. Siebler, in: Bad. Heimat 71, 1991, S. 253–73 (P);
    ders., in: Bad. Biogrr. NF IV, 1996, S. 292 f.;
    G. Bohnert, in: Der Storchenturm, H. 2, 1993, S. 19–21 (P);
    H. Rademacher, Auf dem Weg z. künstler. Plakat, L. S.s Entwurf z. Berliner Gewerbeausst., in: Die verhinderte Weltausst., Btrr. z. Berliner Gewerbeausst., hg. v. H. Kaeselitz, 1996, S. 97–103;
    S. Hartmann, Fraktur od. Antiqua, Der Schriftstreit v. 1881 bis 1941, 1998;
    G. Pflug, Was ist S.?, in: Der Sprachdienst 46, 2002, S. 217–25;
    R. Zilch, Die Einf. d. Fraktur-Schrift v. L. S. u. d. preuß. Kultusministerium (1910–1924), in: Im Schatten d. Macht, Kommunikationskulturen in Pol. u. Verw. 1600–1950, hg. v. St. Haas u. M. Hengerer, 2008, S. 203–19;
    ders., Die Einf. d. S.-Schrift u. d. Schulfunks in Preußen (1910–1924 u. 1925–1929) – zwei Schulversuche im Vgl. [mit Dokumenten], in: Preußen als Kulturstaat, Abt. I: Das preuß. Kultusministerium als Staatsbehörde u. gesellschaftl. Agentur (1817–1934), Bd. 3 /1 u. 2 (in Vorbereitung);
    Das geistige Dtld. am Ende d. 19. Jh., Bd. 1: Dt. Künstler-Lex. d. Gegenwart, 1898;
    Bothe, Adressbuch v. bildenden Künstlern d. Gegenwart, 1904;
    DBJ II, Tl.;
    H. A. Müller u. H. W. Singer, Allg. Künstler-Lex., Bd. 4, ⁶1922;
    ThB.

  • Autor/in

    Reinhold Zilch
  • Zitierweise

    Zilch, Reinhold, "Sütterlin, Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 688-689 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124061168.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA