Lebensdaten
1820 – 1904
Geburtsort
Hildburghausen
Sterbeort
Coburg
Beruf/Funktion
Rechtsanwalt ; demokratischer Politiker ; Redakteur
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 119371847 | OGND | VIAF: 50034761
Namensvarianten
  • Streit, Fedor
  • Streit, Feodor Alexander Viktor Gustav Wilhelm
  • Streit, Feodor
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Streit, Feodor, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119371847.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus d. böhm. Theol.fam. Strejc /Streicius, d. 1629 nach Sachsen emigrierte;
    V Gustav Heinrich Wilhelm (1788–1867, sachsen-hildburghaus. Offz., zuletzt Oberlt., u. Rentkommissar, S d. Friedrich Wilhelm (1741–93, aus Ronneburg, Hofdiakon in Gotha, Sup. in Ronneburg (s. Meusel), u. d. Ernestina Friederica Westhaus;
    M Esther (1795–1865), T d. Wilhelm Müller († 1818), Sup. u. Gründer d. Lehrerseminars in H.;
    Ov Christoph Friedrich Wilhelm (1772–1839, preuß. Major, 1834 Schriftleiter d. Berl. Pol. Wochenbl., Vf. v. geogr. u. math. Schrr., Dr. phil. h. c. (s. NND 17; Hamberger-Meusel; Pogg. I), wohl Wilhelm (1785–1871), Dr. med., schönburg. HR, Leibarzt in Waldenburg;
    Coburg 1851 Friederike Luise Saalmüller (1819–66), T e. sächs.-hildburghaus. Oberlt. u. Gefängnisinsp. in Untermaßfeld b. Meiningen;
    1 S (früh †), 1 T; Vt Guido Alexander v. S. (1813–1904, preuß. Adel 1859), preuß. Offz., zuletzt Gen.lt., 1865 Kdt. d. Festung Spandau, Ehrenbürger ebd. (s. Priesdorff VII, S. 508 f., Nr. 2446), Lothar (1823–98), 1860 Bgm., 1874–98 OB v. Zwickau, Ehrenbürger ebd., 1869–98 Vizepräs. u. MdL Sachsen, 1878–81 MdR (Fortschrittspartei), 1897 Dr. h. c. (s. BJ V, Tl.; Sächs. Parlamentarier).

  • Biographie

    Durch den Umzug seines Vaters nach Sonnefeld, das 1826 an Sachsen-Coburg fiel, wurde S. Bürger dieses liberalen Kleinstaats. Nach dem Abitur am Gymnasium Casimirianum in Coburg 1841 studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in Jena und 1843–46 in Heidelberg. Nebenbei beschäftigte er sich intensiv mit Philosophie und Naturwissenschaften. In Jena trat er der Burschenschaft bei, in Heidelberg aber wieder aus, weil sie ihm zu philisterhaft und in ihren Ritualen zu brutal erschien; stattdessen gründete er einen Nichtraucherverein. Unter dem Einfluß von Gustav Struve (1805–70), Karl Hagen (1810–68) und Karl Grün (1817–87) sowie aufgrund seiner Auseinandersetzung mit dem Problem des Pauperismus entwickelte sich S. zum Demokraten und radikalen Sozialreformer. 1846 schloß er das Studium ab und begann eine Dissertation, die er wegen der Revolution nicht beendete.

    In der Euphorie des Frühjahrs 1848 ließ sich S. von einer kurz zuvor angetretenen Stelle als Jurist im Amt Sonnefeld beurlauben, um sich ganz für die Revolution zu engagieren. In Coburg gründete er im Juni einen Demokratischen Bürgerverein und bekannte sich zum Republikanismus. Anfang Okt. verließ er den Staatsdienst, um als Chefredakteur das „Coburger Tageblatt“ zu übernehmen und es zu einem demokratischen Organ umzugestalten. Im Jan. 1849 gründete S. die „Neue Deutsche Dorfzeitung“ als regionales Organ der demokratischen Bewegung. Beide Zeitungen fielen 1851 der Reaktionspolitik zum Opfer. S. selbst verbüßte wegen seiner Artikel mehrfach Gefängnisstrafen. Bis er 1856 als Anwalt zugelassen wurde, lebte seine Familie in äußerst prekären finanziellen Verhältnissen.

    1857–67 war der populäre „Demokratenführer“ S. Mitglied des Coburger Landtags, wo er für die Verwirklichung der bürgerlichen Freiheiten und Rechte, für Sozialpolitik und den föderalen Zusammenschluß der dt. Länder zu einem Bundesstaat eintrat. Trotz seiner radikalen Überzeugungen pflegte er ein gutes persönliches Verhältnis zu Hzg. Ernst II., der den organisierten Nationalismus unterstützte. 1859 wurde S. gegen starke Widerstände der großpreuß. Strömung Geschäftsführer des neu gegründeten Nationalvereins in Coburg. In dieser Funktion und seit 1860 als Herausgeber der „Wochenschrift“ dieses Vereins bemühte er sich um eine Zusammenarbeit mit Liberalen und Großpreußen.

    Als im Juni 1861 das Erste Dt. Turnfest in Coburg stattfand, gründete S. – auf der Suche|nach mehr politischem Einfluß und Einnahmequellen – die „Turn- und Volkswehrzeitung“, die im Okt. Organ des neu gegründeten Dt. Schützenbundes und in „Dt. Schützen- und Wehrzeitung“ umbenannt wurde (erscheint bis heute als „Dt. Schützenztg.“). Auch in der frühen Arbeiterbewegung engagierte sich S. und gründete 1863 die „Allgemeine Dt. Arbeiter-Zeitung“, die Lassalle begeistert begrüßte, obwohl sie ein Zusammenwirken von Arbeitern und Bürgern in einer demokratischen „Volkspartei“ propagierte. In dieser Zeit arbeitete S. eng mit dem aus den USA zurückgekehrten Struve zusammen, der zeitweise bei ihm wohnte. Als die demokratisch-föderalistische Strömung im Rahmen der sich anbahnenden Nationalstaatsbildung an Einfluß verlor, entließ die großpreuß. Führung des Nationalvereins S. als Geschäftsführer. Auch sein Verlag geriet in Schwierigkeiten. 1865 mußte er aus finanziellen Gründen die „Wochenschrift des Nationalvereins“ einstellen, 1866 auch die „Allgemeine Dt. Arbeiter-Zeitung“. Wegen seines Bankrotts wurde S. 1867 verhaftet und 1869 wegen Veruntreuung zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, wobei für das Urteil auch politische Denunziationen eine Rolle spielten. Damit und mit der großpreuß. Reichsgründung endete die politische Karriere S.s, der in den frühen 1860er Jahren einer der wichtigsten Exponenten des dt. Nationalismus und einer der einflußreichsten Demokraten gewesen war. Sein restliches Leben verbrachte S. als Anwalt zurückgezogen in Coburg und äußerte sich nur noch sehr selten politisch – so etwa 1881 in der „Leipziger Volks-Zeitung“ und in der „Coburger Zeitung“ zur Unterstützung der Bismarckschen Sozialpolitik.

  • Werke

    Sachsen u. Coburg gegen S. & Struve oder öff. Ger.verhandlung über d. Frage: Ist es Hochverrath, den Feinden Dtld.s drei dt. Herzogthümer in d. Hände zu spielen? Ein Btr. z. prakt. Lösung d. schleswig-holstein. u. d. dt. Frage, ⁴1864;
    24 Briefe v. u. an S., in: Ch. Jansen (Hg.), Nach d. Rev. 1848/ 49, 2004;
    Nachlaß:
    BA Berlin.

  • Literatur

    K. Bechstein, F. S., Ein Kämpfer f. Einheit u. Freiheit, 1925 (P);
    L. Torres, The German Nat.ver., Diss. Univ. of Minnesota 1971;
    S. Na`aman, Der Dt. Nat.ver., 1987;
    A. Biefang, Pol. Bürgertum in Dtld. 1857–1868, Nat. Organisationen u. Eliten, 1994;
    ders. (Bearb.), Der Dt. Nat.ver. 1859–1867, Vorstands- u. Ausschußprotokolle, 1995;
    H. B[achmann], F. S. (1820–1904), Vorkämpfer f. e. soz. Demokratie, in: Coburger Gesch.bll. 1/2, 1998, S. 43–45 (P);
    J. B. Bilke, F. S., ein vergessener Coburger, Der Kampf um d. Pressefreiheit 1848/71, in: Coburg 1056–2006, hg. v. St. Nöth, 2006, S. 219–30;
    Biogr. Lex. Burschenschaft (P);
    zur Fam.:
    Dt.GB 33, 1920, S. 436–73.

  • Autor/in

    Christian Jansen
  • Zitierweise

    Jansen, Christian, "Streit, Feodor" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 535-536 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119371847.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA