Lebensdaten
1906 – 1997
Geburtsort
Hamburg
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Schauspielerin ; Kabarettistin
Konfession
-
Normdaten
GND: 117491659 | OGND | VIAF: 3547149108566668780005
Namensvarianten
  • Eisner, Camilla (verheiratete)
  • Spira, Camilla (geborene)
  • spira, camilla
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Zitierweise

Spira, Camilla (geborene), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117491659.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Fritz (eigtl. Jakob) (1877/81–1943 KZ Ruma, jüd.), aus Wien, Operettensänger in Olmütz, Troppau, Breslau u. Wien, Schausp. 1899 am Theater in d. Josefstadt in Wien, seit 1901 in B., seit 1910 auch Rollen in Stummfilmen (s. Kosch, Theater-Lex.; Hdb. Exiltheater);
    M Lotte Andresen (1883–1943), Theater- u. Filmschausp., T e. Hofschusters (ev.);
    Schw Steffie (s. 2);
    1927 Hermann Eisner (1897–1977), aus Gleiwitz (Oberschlesien), Dr. iur., RA, Notar, seit 1922 b. d. „Engelhard Brauerei AG“ in B. tätig, 1930 stellv. Gen.dir., nach 1933 zeitweilig Vors. d. Schlichtungsausschusses d. „Jüd. Kulturbunds“ in B., emigrierte 1938 in d. Niederlande, dann in d. USA, kehrte 1947 n. B. zurück, Vorstandsvors. d. „Engelhard Brauerei AG“, Aufsichtsratsvors. d. „Vulkan-Werke AG f. Brauereibedarf“, Aufsichtsratsmitgl. d. „Lichtenfelder Getränkeherstellung u. Vertrieb GmbH“, stellv. Vors. d. „Wirtsch.verbands Berliner Brauereien“, Vorstandsmitgl. u. Vors. d. Rechtsausschusses d. „Dt. Brauer-Bundes“ (s. BHdE; Wi. 1971; W);
    1 S Peter-Paul Eisner (* 1927), 1 T Susanne Eisner, verh. Thaler (1937–2003), Wirtsch.korrespondentin, FDP-Politikerin, Mitgl. d. FDP-Bundesvorstands u. Vors. d. Ortsverbands B.-Dahlem, trat 2002 aus d. FDP aus (s. Berliner Ztg. v. 18. 1. 2003).

  • Biographie

    Aus einer Künstlerfamilie stammend, stand S. bereits als Kind auf der Bühne. Anfang der 20er Jahre besuchte sie die Max Reinhardt-Schule; seit 1924 spielte sie am Wiener Theater in der Josefstadt sowie an mehreren Berliner Bühnen, darunter am Wallner-Theater, am Deutschen Theater und an der Volksbühne. Daneben wirkte sie als Kabarettistin in der Nelson-Revue „Der rote Faden“ mit und war in der Spielzeit 1930/31 die umjubelte Wirtin in Erik Charells Inszenierung des „Weißen Rößl“ am Berliner Großen Schauspielhaus. Frühzeitig wurde der Film auf sie aufmerksam. Die Leinwandkarriere, die sie mit Stummfilmen wie „In den Krallen der Schuld“ (1924) und „Herz am Rhein“ (1925) begann, konnte sie auch nach der Einführung des Tonfilms mit „Grün ist die Heide“ (1932), „Gehetzte Menschen“ (1932) und „Der Judas von Tirol“ (1933) fortsetzen. Ihre Mitwirkung an dem vaterländisch-patriotischen Filmepos „Morgenrot“, das im Jan. 1933 Premiere hatte, fand lobende Anerkennung als mustergültige Darstellung „der deutschen Frau“. Wenig später wurde S. jedoch als mit einem „Volljuden“ verheiratete „Halbjüdin“ mit Auftrittsverbot belegt. Fritz Langs Kriminalfilm „Das Testament des Dr. Mabuse“, in dem sie mitspielte, wurde verboten und konnte erst nach dem Ende des 2. Weltkriegs uraufgeführt werden.

    In dieser Situation blieb S. nur die Möglichkeit, an der Bühne des Jüd. Kulturbunds zu arbeiten, die zwischen 1934 und 1941 Opernaufführungen, Konzerte, Lesungen, Theater und Kabarett ausschließlich vor jüd. Publikum bringen durfte. Dort spielte S. in Komödien, z. B. in Shakespeares „Viel Lärm|um nichts“, und wirkte zudem an Kabarettabenden der Kleinkunstbühne mit. 1938 flüchtete sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in die USA, kehrte aber, bevor noch die Einreiseformalitäten erledigt waren, enttäuscht nach Europa zurück und ließ sich in Amsterdam nieder. Dort spielte sie nach dem Einmarsch der Deutschen zunächst noch mit dt. Emigranten in der „Hollandsche Schouwburg“ in Stücken wie Molnárs „Spiel im Schloß“, bevor sie und ihre Familie im Mai 1943 verhaftet und ins Durchgangslager Westerbork verschleppt wurden. Hier trat sie in mehreren Revuen der von Max Ehrlich geleiteten Kabarett„Bühne Lager Westerbork“ auf, zu denen Willy Rosen die Chansons geschrieben hatte. Im Okt. 1943 gelang es ihr, durch einen Trick aus dem Lager freizukommen: Nachdem sie eine beeidete Falschaussage ihrer Mutter vorlegen konnte, derzufolge sie nicht die leibliche Tochter Fritz Spiras sei, wurde die vierköpfige Familie nach Amsterdam entlassen, wo sie untertauchte und das Kriegsende überlebte.

    1945 emigrierten die Eisners in die USA, kehrten jedoch zwei Jahre später wieder nach Berlin zurück. Hier gelang es S., ihre durch den Nationalsozialismus unterbrochene Theaterkarriere fortzusetzen. Sie spielte an allen wichtigen Westberliner Bühnen, darunter am Renaissance-Theater, am Schiller-Theater, an der Komödie am Kurfürstendamm, am Hebbel-Theater und am Schloßpark-Theater, trat aber auch gelegentlich im Ostteil der Stadt auf. Zu ihren wichtigsten Rollen zählten die Marthe Rull in Kleists „Der zerbrochene Krug“ und die Tante Olly in Zuckmayers „Des Teufels General“, eine Rolle, die sie 1955 auch in der Käutner-Verfilmung verkörperte. Im dt. Nachkriegsfilm und im Fernsehen war sie bald wieder eine vielbeschäftigte Darstellerin. Für ihre Mitwirkung an der Defa-Produktion „Die Buntkarierten“ (1949) erhielt sie den Nationalpreis der DDR, ein Jahr später war sie in den ostdt. Kinos in „Semmelweis – Retter der Mütter“ zu sehen. Zu ihren bekanntesten Rollen in westdt. Filmproduktionen gehören „Der fröhliche Weinberg“ (1952), „Himmel ohne Sterne“ (1955), „Fuhrmann Henschel“ (1956) und „Rosen für den Staatsanwalt“ (1959). Noch Mitte der 80er Jahre trat sie als Gast in der ZDF-Serie „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ (nach Th. Fontane) auf (Im Spreeland, Regie: E. Itzenplitz, 1986/87).

  • Auszeichnungen

    Nat.preis d. DDR (1949);
    Berliner Staatsschausp. (1971).Weitere W u. a. Spielfilme: Mutter u. Sohn, 1924;
    Der Stolz d. Kompagnie, 1926;
    Brennende Grenze, 1926;
    Liebeskarneval, 1928;
    Sechzehn Töchter u. kein Papa, 1928;
    Meine Schwester u. ich, 1929;
    Der schönste Mann im Staate, 1931;
    Sprung in d. Abgrund, 1933;
    Epilog, 1950;
    Die lustigen Weiber v. Windsor, 1950;
    Drei Tage Angst, 1952;
    Pension Schöller, 1952;
    Emil u. d. Detektive, 1954;
    Roman e. Frauenarztes, 1954;
    Der letzte Mann, 1955;
    Der tolle Bomberg, 1957;
    Das Herz v. St. Pauli, 1957;
    Vater, Mutter u. neun Kinder, 1958;
    Nachtschwester Ingeborg, 1958;
    Der Czardas-König, 1958;
    Freddy, d. Gitarre u. d. Meer, 1959;
    Vertauschtes Leben, 1961;
    Das Mädchen u. d. Staatsanwalt, 1961;
    Schrr. zu Hermann Eisner: Errungenschaftsgemeinschaft u. Abzahlungsgeschäfte, In welches Gut fällt e. v. d. Ehegatten vor Eheschluss unter Eigentumsvorbehalt gekaufter u. nach Eheschluss erworbener Gegenstand?, Diss. Breslau 1922;
    De statenloze, Een appèl aan het geweten der wereld, 1945.

  • Literatur

    V. Kühn, Zores haben wir genug, Gelächter am Abgrund, in: Geschlossene Vorstellung, Der Jüd. Kulturbund in Dtld. 1933–1941, hg. v. d. Ak. d. Künste Berlin, 1992, S. 95–112;
    H. M. Broder u. E. Geisel, Premiere u. Pogrom, Der Jüd. Kulturbund 1933–1941, 1992;
    E. Geisel, Da capo in Holland, ebd., S. 189–214;
    V. Kühn, Cabaret in het aangezicht van de dood, in: Lachen in het donker, Amusement in kamp Westerbork, hg. v. D. Mulder u. B. Prinsen, 1996, S. 108–16;
    ders., We've Enough Tsoris, Laughter at the Edge of the Abyss, in: Theatrical Performance during the Holocaust, Texts, Documents, Memoirs, hg. v. R. Rovit, 1999, S. 40–57;
    ders., Ludmilla oder Leichen am laufenden Band, Kabarettistinnen im KZ, in: Echolos, Klangwelten verfolgter Musikerinnen in d. NS-Zeit, hg. v. A. C. Rhode-Jüchtern u. M. Kublitz-Kramer, 2004, S. 109–26;
    K. Budzinski, Des „Führers“ dt. Frauenideal, C. S., in: ders., Darf ich das mitschreiben?, 1997, S. 218–21 (P);
    H. J. P. Bergmeier, Chronol. d. dt. Kleinkunst in d. Niederl. 1933–1944, 1998;
    K. B. Zaich, Ich bitte dringend um e. Happyend, Dt. Bühnenkünstler im niederl. Exil 1933–1945, 2001;
    M. Middelberg, Judenrecht, Judenpol. u. d. Jur. Hans Calmeyer in d. besetzten Niederlanden 1940–1945, 2005;
    A. Heinzlmeier u. B. Schulz, Lex. d. dt. Film- u. TV-Stars, 2000;
    Kulturlex. Drittes Reich;
    Juden in Berlin;
    Dokumentarfilm:
    „So wie es ist, bleibt es nicht, Die Gesch. v. C. u. Steffie Spira“, Südwestfunk 1991.

  • Porträts

    Foto v. St. Moses, „C. u. Steffi S. , Schauspielerinnen, Berlin 1982“, Abb. in: St. Moses, Die Monogr., 2002, S. 131.

  • Zitierweise

    Kühn, Volker, "Spira, Camilla" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 704-705 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117491659.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA