Lebensdaten
1820 – 1905
Geburtsort
Kitzingen/Main
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Orientalist ; Iranist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119120356 | OGND | VIAF: 37719656
Namensvarianten
  • Spiegel, Friedrich
  • Spiegel, Friedrich von (seit 1880)
  • spiegel, friedrich von
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Zitierweise

Spiegel, Friedrich von (seit 1880), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119120356.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V N. N. S. (1759–1830), Rentamtmann in K.;
    M N. N. Dorsch, T e. Landarztes, aus Salzburger Emigrantenfam.;
    1 B Wilhelm S. (1822–79), ev. Theol., Dekan in Burghaslach in Diensten d. Gf. v. Castell;
    1859 Karoline Schmidtmüller; 1 T.

  • Biographie

    Nach dem Abitur in Ansbach studierte S. seit 1839 in Erlangen v. a. bei Friedrich Rückert (1788–1866), der sein Interesse am Iran und an pers. Literatur weckte und ihm ein väterlicher Freund wurde. S. setzte seine Studien in Leipzig (bei Heinrich Leberecht Fleischer und Hermann Brockhaus), später in Bonn fort, wo Christian Lassen (1800–76) ihn zur Beschäftigung mit dem Pãli (der Schriftsprache des buddhistischen Kanons) anregte. Die Univ. Jena nahm 1842 seine Ausgabe und (lat.) Übersetzung von Kammavãkyam, Kap. 1–5 (Bonn 1841) als Dissertation an. Die Edition „Anecdota Pãlica“ (1845) beruht auf S. Studien von Pãli-Handschriften in der Kgl. Bibliothek in Kopenhagen. Zusammen mit Lassen wurde S. damit zu einem der Pioniere auf diesem Gebiet.

    In Kopenhagen lernte S. den Kieler Orientalisten Justus Olshausen (1800–82) kennen, der ihm die Beschäftigung mit den dortigen, von Rasmus Rask erworbenen Avesta- und Pahlavi-Handschriften nahelegte. So wandte sich S. der Erforschung der hl. Schriften der Zoroastrier zu, der er bis ins hohe Alter treu blieb, so daß er zum eigentlichen Begründer der altiran. Philologie wurde. Weitere Handschriftenstudien in London, Oxford und Paris folgten, bevor er sich 1847 in München niederließ, wo er mit Marcus Joseph Müller (1809–74) und Friedrich Windischmann (1811–61) zusammenarbeitete. 1849 wurde S. ao., 1852 o. Professor der oriental. Sprachen in Erlangen, wo er bis 1891 indogerman. und semit. Sprachen lehrte, bevor er wieder nach München übersiedelte.

    Er widmete sein weiteres Leben ganz der Iranistik und erforschte Sprachen und Literaturen, Geschichte und Kultur des vorislam. Iran. Damit erwarb S. sich Weltruhm, v. a. auch bei den indischen Parsen. Im Zentrum standen dabei die Schriften der Zoroastrier, das Avesta und die mittelpers. Übersetzungen und Kommentare in Pahlavi- und Pãzand-Texten, in die S. sich Schritt für Schritt einarbeitete. In der „Grammatik der Pãrsi-Sprache“ (1851) beschrieb er das späte, ohne aramäische Fremdelemente geschriebene, dem Neupersischen schon relativ nahe stehende Mittelpersisch (Pãzand). Mit dessen Hilfe suchte er dann das ältere (seinerzeit noch „Huzvãresch“ genannte) Pahlavi zu verstehen (Grammatik der Huzvãresch-Sprache, 1856), das er seinerseits als Schlüssel zum Verständnis des Avesta und der Avesta-Sprache (Grammatik der altbaktrischen Sprache, 1867) benutzte. Das Ergebnis waren die Ausgabe der Avesta-Texte mit der mittelpers. Übersetzung (Avesta, die heiligen Schriften der Parsen . . . im Grundtexte, 2 Bde., 1853–58), die er nach Erscheinen von Niels L. Westergaards Edition (1852–54) unvollendet ließ, und eine dt. Übersetzung (Avesta, die hl. Schriften der Parsen, aus dem Grundtexte übers., 3 Bde., 1852–63, engl. 1864), die schon im Titel die stete Rücksichtnahme auf die einheimische Tradition betonte. Diese erste vollständige und auf zuverlässigem Material fußende Übersetzung dieser Texte in eine europ. Sprache wurde zu einem Meilenstein der Forschung ebenso wie die philologisch grundsolide „Grammatik“ die Basis für die weitere Forschung wurde.

    Seine „traditionalistische“ Methode, die Avesta-Texte aus sich selbst und der einheimischen Tradition heraus zu verstehen, rief den Protest der „antitraditionalistischen, vedologischen Schule“ um Rudolph v. Roth (1821–95) hervor, die sich anstelle der einheimischen Tradition mehr auf die Vergleichung der indischen Veden und deren Sprache stützte. S. verteidigte seine Methode insbesondere in seinem „Commentar über das Avesta“ (2 Bde., 1864–68). Abgerundet wurden seine Studien über diese Literatur mit der Ausgabe von „Neriosengh's Sanskrit Übersetzung des Yaçna“ (1861), die S. aber anders als sein Vorläufer Eugène Buenouf nur als Schlüssel zum Verständnis des mittelpers. Textes, nicht auch des avestischen Originals begriff.

    Neben den zoroastrischen Texten wandte sich S. auch anderen Bereichen der Altiranistik zu: Die Ausgabe der achämenidischen Keilinschriften mit Übersetzung, Grammatik und Glossar (Die altpersischen Keilinschriften, 1862, ²1881) war eine Zeitlang das maßgebliche Werk. Die Vergleichung des Altpersischen mit der Avesta-Sprache ist genauer durchgeführt in der „Vergleichenden Grammatik der altérânischen Sprachen“ (1882), aber wie in all seinen Schriften ganz beschränkt auf die authentisch bezeugten Fakten.

    Als Summe seiner breitangelegten iranistischen Arbeiten legte S. eine „Érânistische Alterthumskunde“ (3 Bde., 1871–78) vor, die alle Aspekte der Geschichte und Kultur der iran. Völker und Stämme miteinbezog. Das gesamte Wissen über den Iran, das in den damals bekannten Quellen vorlag, ist hier sorgfältig gesammelt und analysiert: von der Geographie und einer ethnographischen Beschreibung der zeitgenössischen Stämme über die Religionen bis zu einer ausführlichen Darstellung der Geschichte vor der arab. Eroberung und der Früh- und Vorgeschichte der Iranier. Auf der Basis der Sprachzeugnisse historischer Zeit versuchte S. in dem Werk „Die arische Periode und ihre Zustände“ (1887) die Kultur der Indoiranier („Arier“) in der Zeit vor der Trennung in Iranier und Inder (genauer: Indoarier) möglichst detailliert zu beschreiben.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (korr. 1848, ausw. 1859, o. 1891), d. Preuß. Ak. d. Wiss. (korr. 1862), d. Russ. Ak. d. Wiss. u. d. Inst. de France (1867);
    Ehrenmitgl. d. Dt. Morgenländ. Ges., d. Società Asiatica Italiana u. d. Soc. for Promoting Researches into the Zoroastrian Religion, Bombay;
    Rr. d. bayer. St. Michaels-Ordens I. Kl. (1868);
    Maximiliansorden f. Wiss. u. Kunst (1876);
    Zivilverdienstorden d. bayer. Krone (1880);
    bayer. GR (1891).

  • Werke

    Weitere W Chrestomathia Persica, 1846;
    Die Alexandersage b. den Orientalen, 1851;
    Zur Interpretation des Vendidad, 1853;
    Die traditionelle Litteratur der Parsen, 1860;
    Érân, das Land zw. dem Indus u. Tigris, 1863;
    – B. Forssman, F. S., Schrr.verz., 1992.

  • Literatur

    L Nachrufe : E. Kuhn, in SB d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1906, S. 365–68;
    L. C. Casartelli, in: Journal of the Royal Asiatic Soc., 1906, S. 1035–39;
    ders., in: Le Muséon 25, 1906, S. 38–86;
    – J. J. Modi (Hg.), S. Memorial Volume, Papers on Iranian subjects, Bombay 1908;
    E. Wilhelm, in: Ll. Franken III, 1927, S. 461–66;
    H. Bobzin u. B. Forssman, Orientalistik u. Indogermanistik, in: 250 J. Friedrich-Alexander-Univ. Erlangen-Nürnberg, hg. v. H. Kößler, 1993;
    BJ X, TI.;
    W. Rau, Bilder 135 dt. Indologen, ²1982 (P);
    Erlanger Stadtlex. (P);
    Erlanger Professoren III.

  • Porträts

    Univ.bibl. Erlangen, Porträtslg.

  • Autor/in

    Rüdiger Schmitt
  • Zitierweise

    Schmitt, Rüdiger, "Spiegel, Friedrich von" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 680-681 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119120356.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA