Lebensdaten
1881 – 1943
Geburtsort
München
Sterbeort
Auschwitz
Beruf/Funktion
Psychologe ; Philosoph ; Pädagoge
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118613111 | OGND | VIAF: 192534746
Namensvarianten
  • Selz, Otto

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Zitierweise

Selz, Otto, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118613111.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Sigmund (1850–1940), Bankier, Mitinh. d. Bankhauses „Fränkel & Selz“ in M. (s. Biogr. Gedenkbuch Münchner Juden), S d. Elkan (1808–91), 1840–81 Bez.rabbiner in Harburg (Schwaben), u. d. Fanni Helbing (1817–97), aus M.;
    M Laura Wassermann (1857–1942 Treblinka) (s. Biogr. Gedenkbuch Münchner Juden);
    Schw Friederike (* 1885, Dr. Franz Szkolny, Numismatiker in Berlin); – ledig.

  • Biographie

    S. erhielt Hausunterricht, besuchte seit 1887 die St. Peter-Schule am Rosental und 1890–99 das Ludwigs-Gymnasium in München. Ein juristisches Erststudium schloß er 1907 an der Univ. München ab. Sein besonderes Interesse für Psychologie veranlaßte ihn zum Weiterstudium an der phil.-hist. Fakultät, wo er 1909 bei Theodor Lipps mit der Dissertation „Die psychologische Erkenntnistheorie und das Transzendenzproblem“ (1910) promoviert wurde. 1913 folgte die Habilitation bei Oswald Külpe (1862–1915) in Bonn mit der experimentalpsychologischen Untersuchung „Über die Gesetze des geordneten Denkverlaufs“. 1915–18 leistete S. Kriegsdienst und führte 1917 im Auftrag des Kriegsministeriums flugpsychologische Analysen durch. Hatte er in der Monographie von 1913 das reproduzierende, erlernte Problemlösen dargestellt, verschrieb er sich mit seiner zweiten Hauptschrift „Zur Psychologie des produktiven Denkens und des Irrtums“ (1922) der Aufklärung erfinderischen, schöpferischen Problemlösens.

    Seit 1921 ao. Professor, folgte S. 1923 einem Ruf als o. Professor für Philosophie, Psychologie und Pädagogik an die Handelshochschule Mannheim (Rektor 1929/30). Am 4.4.1933 wurde er vom Dienst beurlaubt und im März 1934 nach der Schließung der Handelshochschule in den Ruhestand versetzt. Nach der Pogromnacht 1938 war er für einen Monat in Dachau inhaftiert. Im Mai 1939 emigrierte er nach Amsterdam und konnte dank der Unterstützung durch Kollegen an der dortigen Universität bis zur Besetzung der Niederlande lehren. Seit Ende 1940 wirkte er im Amsterdamer Ghetto für jüd. Bildungseinrichtungen. Im Juli 1943 wurde er verhaftet und in das Durchgangslager Westerbork verbracht, von wo aus er am 24.8.1943 nach Auschwitz deportiert wurde.

    Da die Handelshochschule Mannheim erst 1928 das Promotionsrecht erhielt, blieb es S. verwehrt, seine Forschungsrichtung durch die Betreuung von Dissertationen und Habilitationen institutionell zu fördern. Sein einziger Schüler, Julius Bahle (* 1903), knüpfte in seinen musikpsychologischen Arbeiten eher lose an die Lehren seines nunmehr inoffiziellen Mentors an. Die eigentliche Auseinandersetzung mit der Theorie des Denkverlaufs, die S. in seinen beiden Hauptschriften entwickelt hatte, begann erst nach 1945, zunächst in den Niederlanden, u. a. mit Frans Prins, Adriaan de Groot, Nico Frijda, danach in den USA, v. a. mit Herbert Simon, einem der frühen Bahnbrecher der künstlichen, rechnergestützten Intelligenz. S.s gegen den Assoziationismus gerichtete Auffassungen sowie seine aus der Würzburger Schule Külpes stammende Annahme, daß Denkprozesse ungeachtet ihrer anschaulichen Inhalte als gesetzmäßig strukturierte, aus Teilreaktionen bestehende Verlaufsformen definierbar seien, begünstigte die Rezeption seiner Denkpsychologie durch den modernen Kognitivismus.

  • Auszeichnungen

    O.-S.-Inst. f. Psychol. u. Erziehungswiss. an d. Univ. Mannheim (seit 1972).

  • Werke

    Weitere W Über d. Anteil individueller Eigenschaften d. Flugzeugführer u. Beobachter an Fliegerunfällen, 1919;
    Die Gesetze d. produktiven u. reproduktiven Geistestätigkeit, 1924;
    Gestalten u. Steigerungsphänomene, 1934;
    Wahrnehmungsaufbau u. Denkprozeß, Ausgew. Schrr., hg. v. A. Métraux u. Th. Hermann, 1991; – Nachlaß: O.-S.-Inst., Mannheim.

  • Literatur

    H.-B. Seebohm, O. S., Ein Btr. z. Gesch. d. Psychol., Diss. Heidelberg 1970;
    ders., Der Philosoph O. S., Sein Leben u. sein Schicksal, in: Mannheimer Hh., 1971, H. 3, S. 21–28 (P);
    K. J. Groffmann (Hg.), Leben u. Werk v. O. S. (1881–1943), 1981 (W, L);
    N. Frijda u. A. D. de Groot (Hg.), O. S., His contribution to psychology, o. J. [1981];
    K. O. Watzinger, Gesch. d. Juden in Mannheim, 1984;
    A. Métraux, in: Ill. Gesch. d. Psychol., hg. v. H. E. Lück u. R. Miller, ²1999, S. 56–59;
    M. ter Hark, Popper, O. S., and the rise of evolutionary epistemology, 2004;
    Rhdb.;
    Enc. Jud. 1971;
    BHdE II;
    Bad. Biogrr. III;
    Kreuter, Neurologen.

  • Autor/in

    Alexandre Métraux
  • Zitierweise

    Métraux, Alexandre, "Selz, Otto" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 234-235 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118613111.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA