Lebensdaten
1881 – 1948
Geburtsort
Rheinberg bei Moers/Niederrhein
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Bildhauerin ; Graphikerin
Konfession
-
Normdaten
GND: 118617125 | OGND | VIAF: 62341535
Namensvarianten
  • Steger, Emilie
  • Steger, Emilie Sybilla Elisabeth Johanna
  • Steger, Milly
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Porträt(nachweise)

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Zitierweise

Steger, Milly, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118617125.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Alfred (1845–1906), Amtsrichter in M., dann in Elberfeld (Wuppertal);
    M Catharina Elisabeth Missmahl (1853–1944), aus Meiderich b. Duisburg; ledig;
    N Friedrich-Karl Schwebel, Dr. med., Arzt, Diss. über „Die Behandlung des Ulcus serpens corneae in der Marburger Univ.-Augenklinik in d. J. 1935–1948“, Marburg/Lahn 1949, erbte d. Nachlaß S.s (s. L).

  • Biographie

    S. wuchs in Elberfeld auf. Nach der Schulzeit – die genauen Daten dieser frühen Jahre sind unbekannt, da alle Unterlagen vor 1943 zerstört sind – war sie ein Jahr lang in einem Pensionat in England; dort erhielt sie Einzelunterricht im Zeichnen bei einer Malerin. Anschließend besuchte sie die Kunstgewerbeschule in Elberfeld, wo sie erstmals mit der Skulptur in Berührung kam. Von Karl Janssen (1855–1927), Professor für Bildhauerei an der Düsseldorfer Kunstakademie, wurde sie etwa um 1903–06 in sein Privatatelier aufgenommen, nachdem Frauen ein Studium an der Akademie damals noch verwehrt war; bei Janssen studierte zur selben Zeit auch Wilhelm Lehmbruck (1881–1919). Während eines Studienaufenthaltes in Florenz 1906 lernte S. den Bildhauer Georg Kolbe (1877–1947) kennen, dessen Schaffen sie so beeindruckte, daß sie sich später als seine Schülerin bezeichnete, ohne dies tatsächlich gewesen zu sein. Sie zog nach Berlin, wo Kolbe wirkte, und stellte 1908 erstmals in der Berliner Secession aus. Auf Reisen nach Paris faszinierten S. die Werke von Auguste Rodin und Aristide Maillol. 1909 besuchte sie den belg. Bildhauer George Minne und blieb danach mit ihm in brieflichem Kontakt. 1910 von Karl Ernst Osthaus (1874–1921) nach Hagen berufen, bezog sie 1911 eines der Häuser „Am Stirnband“ der Künstlerkolonie Hohenhagen. Auf Vorschlag von Osthaus nahm sie an den wichtigen Ausstellungen des Sonderbundes teil, 1910 in Düsseldorf und 1912 in Köln, sowie an der Werkbundausstellung in Köln 1914. S.s erster großer Auftrag in Hagen, vier überlebensgroße Steinfiguren an der Fassade des Theaters, rief 1911 einen Skandal hervor. Die Statuen wurden wegen ihrer Nacktheit abgelehnt. Zur Verteidigung erbat Osthaus die Stellungnahme bekannter Kunsthistoriker und Museumsleiter; S. wurde durch die Kontroverse um die Statuen überregional bekannt. In Hagen führte sie weitere Bauplastiken für öffentliche Gebäude aus, seit ca. 1914 galt sie als Stadtbildhauerin. Während des 1. Weltkriegs verschlechterte sich jedoch die Auftragslage so, daß sie – nach mehreren Aufenthalten in Berlin – 1917 ganz in die Hauptstadt übersiedelte und dort bis zu ihrem Lebensende blieb. S. gehörte zu den Mitunterzeichnern des Programms des Arbeitsrats für Kunst; 1919 wurde ihr Plädoyer für die Zulassung von Frauen an Kunstakademien veröffentlicht. 1927–42 unterrichtete S. Bildhauerei und Aktzeichnen an der Unterrichtsanstalt des „Vereins der Künstlerinnen zu Berlin“, zu dessen Vorstand sie gehörte. Seit 1932 arbeitete sie im früheren Atelier von Georg Kolbe. Bei der Aktion gegen „entartete Kunst“ wurden 1937 einige ihrer Werke aus Museen entfernt. Sie konnte jedoch weiterarbeiten, wie zuvor auch in überwiegend privatem Auftrag. Als im Nov. 1943 ihr Atelier durch Bomben zerstört wurde, verlor sie einen großen Teil ihres Werkes. Nach Kriegsende versuchte sie einen Neuanfang, der jedoch durch Krankheiten überschattet wurde. S. war eine ungewöhnliche Vertreterin ihres Metiers, da ihr besonderes Interesse der Steinbildhauerei und der Architekturplastik galt – eine Vorliebe, die zu dieser Zeit nicht nur für Frauen, sondern allgemein für Bildhauer selten war. Ihr Ehrgeiz, ihre Zielstrebigkeit und ihr Arbeitseifer wurden von den Zeitgenossen bewundert, was in zahlreichen Artikeln zum Ausdruck kommt; Else Lasker-Schüler besang sie als „Büffelin“ in einem Gedicht (1916 /17). Die Statuen vom Hagener Theater (nach Kriegsschäden rekonstruiert) überzeugen durch ihre ruhige Monumentalität. Die eindrucksvollsten Werke S.s entstanden von der Mitte der 1910er bis in die frühen 1920er Jahre, in denen sie einen elegant bewegten Expressionismus vertrat. Es überwiegen tanzende junge Frauengestalten, wie zum Beispiel „Jephtas Tochter“ (1920, Karl Ernst Osthaus-Mus., Hagen). In der Mitte der 1920er Jahre kehrte S. zu natürlicherer Darstellungsweise zurück; ihr Hauptthema blieb die jugendliche weibliche Gestalt. Daneben entstanden zahlreiche Porträts, wie z. B. 1927 die Büsten der Schauspielerinnen Gertrud Eysoldt und Helene Thimig für Max Reinhardts Deutsches Theater in Berlin. Aufgrund von Kriegsverlusten wie auch des Umstands, daß viele Plastiken nur in Gips ausgeführt oder die Auflagen sehr klein waren, ist ein Großteil von S.s Werk verloren oder verschollen. Der Umfang ihres Schaffens ist bisher nicht ganz überschaubar.

  • Auszeichnungen

    A Ehrenvors. d. Ver. Berliner Künstlerinnen (1932–43);
    Villa Romana-Preis d. dt. Künstlerbundes (1938);
    Ehrenmitgl. d. Dt. Demokrat. Frauenbundes (1945).

  • Werke

    Weitere W Karyatide, 1911 (Hagen, am StegerHaus, Am Stirnband);
    Auferstehender Jüngling, 1918 (Frankfurt/M., Städt. Gal. im Städel);
    Die Herbe, 1928 (Berlin, Stiftung Stadtmus.);
    Najaden,|1940 (Staatl. Museen zu Berlin, Nat.gal.);
    Die Schmerzerfahrene, 1947/48 (Privatbes.);
    Schr.:
    Begegnung mit Minne, in: Kunst d. Zeit, 2. Jg., H. 5/6, 1928, S. 109;
    schriftl. Teilnachlaß:
    German. Nat.mus., Nürnberg, Dt. Kunstarchiv, u. Georg-Kolbe-Mus., Berlin.

  • Literatur

    H. Hildebrandt, in: Das Kunstbl., Dez. 1918, S. 371–76;
    O. Grautoff, in: Die Kunst f. alle, Juli 1926, S. 321–28;
    F. Nemitz, ebd., Okt. 1934, S. 10–15;
    M. S., Ausst.kat. Hagen 1981;
    R. Stamm, Eine Büffelin an Wurfkraft, Else Lasker-Schüler u. M. S., in: Romerika Berge, Zs. f. d. Berg. Land, H. 1, 1995, S. 29–32;
    Die Grenzen d. Frauseins aufheben, Die Bildhauerin M. S. 1881–1948, Ausst.kat. Hagen, hg. v. B. Schulte u. E. Ranfft, 1998 (enthält u. a. F. K. Schwebel, Persönl. Erinnerungen an M. S., S. 17 f.);
    G. Jain, Die anthropol. fundierte Werkidee im Œuvre d. Bildhauerin M. S., 2002;
    A. BeloubekHammer, Die schönen Gestalten d. besseren Zukunft, Die Bildhauerkunst d. Expressionismus u. ihr geistiges Umfeld, 2007 (mit Biogr. S. 680–83, Filmdok., W, L, P);
    Rhdb. (P);
    ThB;
    Vollmer.

  • Autor/in

    Ursel Berger
  • Zitierweise

    Berger, Ursel, "Steger, Milly" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 112-114 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118617125.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA