Lebensdaten
1922 – 2003
Geburtsort
Erfurt
Sterbeort
Bonn
Beruf/Funktion
Islamwissenschaftlerin ; Übersetzerin
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 11916910X | OGND | VIAF: 64142401
Namensvarianten
  • Schimmel, Annemarie
  • Djemila
  • Ǧemila
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Zitierweise

Schimmel, Annemarie, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11916910X.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Paul Wilhelm (1889–1945), aus Weida (Thür.), Beamter b Post- u. Telegraphendienst in E., S e. Webereidir.;
    M Anna (1887–1978), T d. Ulrich Hanschen Ulfers ( 1922), Schiffskpt. in Carolinensiel (Ostfriesland), u. d. Ancke Engel N. N. ( 1938);
    Ov Reinhard, Webereidir. in Zwickau;
    Om Gerhard (Tjarks) Ulfers, Gründer d. La Plata Ztg. in Buenos Aires (Argentinien);
    Tante-m Marie Ulfers (1888–1960), Schriftst. in Holland, Worpswede, dann in Carolinensiel (s. Biogr. Lex. Ostfriesland II);
    Ankara (Türkei) 1955 1957 Osman Tari; kinderlos;
    Vt Alfred, wanderte nach d. 1. Weltkrieg in d. USA aus, dessen S Paul (* 1940), aus Hartford (Connecticut, USA), Mikrobiol., Prof. in Harvard, Mitgl. d. American Ac. of Arts and Sciences.

  • Biographie

    Schon als Schülerin an der Erfurter Luisenschule nahm S. Privatunterricht im Arabischen und begeisterte sich in Opposition zum Zeitgeist der 1930er Jahre für vorderoriental. Sprachen sowie islam. Religion und Kultur. Nach dem Abitur 1939 schrieb sie sich an der Univ. Berlin ein, wo sie bei Walter Björkmann, Ernst Kühnel, Richard Hartmann, Hans Heinrich Schaeder und Annemarie v. Gabain Arabisch, Persisch, islam. Kunstgeschichte, Islamwissenschaft und Turkologie studierte. 1941 wurde sie in Islamwissenschaft bei Richard Hartmann mit der Dissertation „Kalif und Kadi im spätmittelalterlichen Ägypten“ (1943) promoviert und anschließend als wissenschaftliche Hilfsarbeiterin zum Abhör- und Übersetzungsdienst des Auswärtigen Amts verpflichtet. Ein im letzten Kriegsmonat in Berlin mit der Schrift „Die Struktur der Militärschicht unter den späten Mamluken“ (ungedr.) eröffnetes Habilitationsverfahren konnte erst im Jan. 1946 an der Univ. Marburg zu Ende geführt werden. S.s religionswissenschaftliches Interesse veranlaßte sie, 1951 bei Friedrich Heiler (1892–1967) in Marburg mit einer Arbeit „Studien zum Begriff der mystischen Liebe in der frühislam. Mystik“ (1954) den Dr. sc. rel. zu erwerben. Die islam. Mystik blieb von da an eines ihrer Hauptarbeitsgebiete (Myst. Dimensionen d. Islam, 1985, ³1995, Nachdrr. 1997 u. 2000, engl. 1975, ²1976; Sufismus, Eine Einf. in d. islam. Mystik, 2000, ²2003), Nach Tätigkeit als Privatdozentin und 1953 mit einer apl. Professur in Marburg betraut, wurde sie 1954 – als erste Frau und Nichtmuslimin – Professorin für Religionsgeschichte an der Islam. Theologischen Fakultät der Univ. Ankara und hielt ihre Vorlesungen auf Türkisch. 1961 wechselte sie als Akademische Rätin und Professorin für Arabistik und Islamkunde an das Seminar für Oriental. Sprachen der Univ. Bonn. 1967 wurde sie als Lecturer in Indo-Muslime Culture an die Harvard University (USA) berufen, wo sie seit 1980 die Agha-Khan-Professorship of Indo Muslim Culture versah und verstärkt in ihrem zweiten großen Arbeitsgebiet, der Geschichte und Kultur des Islam auf dem ind. Subkontinent (Der Islam im ind. Subkontinent, 1983) forschte. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland wurde sie 1992 Honorarprofessorin an der Univ. Bonn. Ihre feinfühligen Übersetzungen aus dem Arabischen, Persischen, Türkischen, dem Urdu und anderen oriental. Sprachen waren Friedrich Rückerts Übersetzungskultur verpflichtet ( Friedrich Rückert, Lb. u. Einf. in sein Werk, 1987; Friedrich Rückert, Ausgew. Werke, 2 Bde., hg. v. A. S., 1988), die einen dritten Schwerpunkt in S.s Schaffen bildete. Äußerungen S.s zu Salman Rushdie und seinem Roman „The Satanic Verses“ führten im Vorfeld der Verleihung des Friedenspreises des Dt. Buchhandels an S. 1995 zu einer öffentlichen Auseinandersetzung, in der ihr vorgeworfen wurde, die Gefahren radikaler muslimischer Bewegungen zu verschweigen.

    Ziel von S.s lebenslanger Arbeit war es, die islam. Kulturen in ihren bedeutendsten poetischen und mystischen Denkmälern über den Kreis der Spezialisten hinaus dem gebildeten Publikum in Europa und den USA näher zu bringen und dadurch ein tieferes Verständnis für den Islam zu wecken. S. betreute zahlreiche Promotionen, begründete aber keine wissenschaftliche Schule. Sie genoß|Anerkennung in der ganzen islam. Welt, die ihr hohe Ehrungen zuteil werden ließ. Einen Teil ihrer zahlreichen Reisen schilderte sie in „Berge, Wüsten, Heiligtümer, Meine Reisen in Indien und Pakistan“ (1994).|

  • Auszeichnungen

    Friedrich Rückert Preis d. Stadt Schweinfurt (1965);
    Johann-Heinrich-Voß-Preis (1980);
    Levi della Vida Medaille (1987);
    Gr. BVK (1989);
    Leopold Lucas Preis (1992);
    Goldene Alexander v. Humboldt-Medaille (1994);
    Internat. Presidential Iqbal Award (Lahore, 1997);
    Reuchlin-Preis (2001);
    A.-S.-Stiftung f. e. A.-S.-Professur, Bonn (seit 1996);
    Ehrenbürgerin v. Islamabad (Pakistan. 1998);
    Dr. h. c. (Univ. Hyderabad, Islamabad, 1976;
    Peshawar, Pakistan, 1978;
    Theol. Fak. d. Univ. Uppsala, 1984, u. d. Selçuk Univ. Konya, Türkei, 1998);
    Ehrenbürgerin d. Stadt Bonn (2002);
    Mitgl. d. Dt. Morgenland. Ges. (1940), d. Dt. Ges. f. Orientforsch. (1949), d. Niederländ. Ak. d. Wiss. (1978), d. American Ac. of Arts and Sciences (1987);
    Präs. d. Internat. Association for the History of Religion (1980–90);
    Mitgl. d. Gründungssenats d. Univ. Erfurt (1997);
    Honorary Fellow d. Royal Asiatic Soc. (1999).

  • Werke

    Weitere W Gabriel's Wing, A study into the religious ideas of Sir Muhammad lqbal, 1963;
    Calligraphy and Islamic Culture, 1984;
    The two coloured brocade, The Imaginary of Fersian Poetry, 1992;
    Deciphering the Signs of God, 1994;
    Jesus u. Maria in d. islam. Mystik, 1996;
    Träume u. ihre Deutung in d. islam. Kultur, 1998;
    Aus d. Diwan, Maulana Dschelaladdin Rumi, 2000;
    Im Reich der Großmoguln, 2000;
    Kumi, Meister d. Spiritualität, 2001;
    Das islam. (ahr, Zeiten u. Feste, 2001, ²2002;
    Auf d. Spuren d. Muslime, hg. v. H. Bobzin u. N. Kermani, 2002;
    Morgenland u. Abendland, Mein west-östl. Leben, 2002, ⁴2003 (Autobiogr.);
    – Mithg.: Zs. Fikrun wa Fann (1963–73);
    Bibliogr.:
    M. E. Subtelny u. M. al Faruque, in: Journal of Turkish Studies 18, 1994, S. V-XXI;
    „And here the twain did meet“, Bibliogr. of the works of the scholar-hermit Prof. Dr. A. S., From 1943 through 1998, hg. v. M. I. Chaghatai, 1998;
    Nacblaß:
    Univ. Basel.

  • Literatur

    Gott ist schön u. er liebt d. Schönheit, FS f. A. S. z. 7. April 1992, hg. v. A. Giese u. a.,1994;
    A. S. FS, hg. v. M. E. Subtelny. 1994;
    Ansprachen aus Anlaß d. Verleihung d. Friedenspreises d. Dt. Buchhandels, hg. v. Börsenver. d. Dt. Buchhandels, 1995;
    R. Herzog, Für d. Menschenrechte, gegen e. globalen Kulturkampf, Die Rede d. Bundespräs. z. Verleihung d. Friedenspreises d. Dt. Buchhandels an A. S., in: FAZ v. 16.10.1995 (P);
    W. G. Lerch, ebd., 12.9.1995, 6.4.2002 (P) u. 29.1.2003;
    S. Weidner, ebd., 9.3.2004;
    V. S. Stahr, in: NZZ v. 14./15.10.1995 (P), 6./7.4.2002 (P) u. 29.1.2003 (P);
    F. Niewöhner, in: SZ v. 29.1.2003 (P);
    Spiegelungen des Islam, … A. S. im Gespräch mit F. v. Schönborn, 2002;
    Zum Gedenken an A. S., hg. v. M. H. Khadjehzadeh, 2003;
    S. Wild, in: Die Welt d. Islams 43, 2003, S. 131-42;
    K. Agthe, in: Palmbaum 11, 2003, H. 112, S. 86-89;
    Munzinger;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L); – Film:
    Die Botschaft d. myst. Islam, Porträt d. Orientalistin A. S., Produktion: H. Bergmann, 1999.

  • Autor/in

    Stefan Wild
  • Zitierweise

    Wild, Stefan, "Schimmel, Annemarie" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 777-778 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11916910X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA