Lebensdaten
1888 – 1958
Geburtsort
Trient
Sterbeort
Innsbruck
Beruf/Funktion
Jurist ; Volkstumspolitiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 129413712 | OGND | VIAF: 47840957
Namensvarianten
  • Reut-Nicolussi, Eduard
  • Nicolussi, Eduard Reut-
  • Reut Nicolussi, Eduard
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Zitierweise

Reut-Nicolussi, Eduard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd129413712.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Fam. stammt aus d. dt. Sprachinsel Lusern (Welschtirol);
    V Matthäus Nicolussi (1852–1922), aus Lusern, Lehrer an d. f. d. Kinder dt.sprachiger Beamter u. Offiziere eingerichteten Staatsvolksschule in T. (s. W), S d. Christian Nicolussi-Castellan (* 1816) u. d. Ursula Pedrazza (* 1819);
    M Maria (1851–1935), aus Fennberg, Erzieherin u. Unterlehrerin, T d. Schaffers u. Baumanns Josef Inama (1820–92);
    4 Schw (1 früh †) Maria (1882–1961), Lehrerin, Rosa (1884–1911) Lehrerin, Anna (1886–1965), Kindergärtnerin;
    Bozen 1923 Grete (1900–93), T d. RA Dr. Viktor Perathoner (1869–1929);
    3 T.

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Volksschule und dem Abitur 1906 am Staatsgymnasium in Trient studierte R. in Innsbruck Jurisprudenz (Dr. iur. 1911). 1915-18 diente er beim 4. Tiroler Kaiserjäger-Rgt., zuletzt als Landsturmoberleutnant, erlitt am Col di Lana eine schwere Verwundung am Oberarm und wurde mit der Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet. Als Tiroler Landtagsabgeordneter war R. 1919 Mitglied der konstituierenden österr. Nationalversammlung, in der er im Namen Südtirols von Österreich Abschied nahm, sowie Mitgründer des Andreas Hofer-Bundes (AHB) für Tirol und Obmann der Tiroler Volkspartei. 1921-24 war er für „Deutsch-Südtirol“ Abgeordneter im Röm. Parlament.

    Anläßlich seiner Strafverteidigung zweier Hilfslehrerinnen wegen verbotenen Deutschunterrichts wurde R. 1927 von der Anwaltsliste gestrichen. Daraufhin flüchtete er nach Innsbruck. Durch sein Buch „Tirol unterm Beil“ (1928, engl. 1930) und Vorträge in Deutschland, Frankreich, England und Amerika machte er auf die Südtirolfrage aufmerksam. 1931 habilitierte R. sich an der Juridischen Fakultät der Univ. Innsbruck, 1934 wurde er zum ao., 1948 zum o. Professor für Völkerrecht und Rechtsphilosophie ernannt (zweimal Dekan, 1951/52 Rektor, danach Ehrensenator). In seiner Rektoratsrede befaßte er sich mit den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen.

    1932 überzeugte sich R. in einer persönlichen Unterredung mit Hitler von dessen Politik des Verzichts auf Südtirol. 1935 prangerte er die „Würdelosigkeit“ der österr. Italienpolitik an. 1937 wurde er von Schuschnigg als Obmann des AHB zum Rücktritt gezwungen. Im Zuge des Hitler-Mussolini-Abkommens vom 23.6.1939 über die Umsiedlung der Südtiroler begab sich R. in die Niederlande, kehrte jedoch auf Druck der Gauleitung im Dez. 1939 zurück. 1945 wurde er zu den „Standschützen“, der Tiroler Version des „Volkssturms“, in den Vinschgau einberufen. Als Angehöriger des Widerstandes hielt R. am 3.5.1945 im Innsbrucker Landhaus die Begrüßungsrede an die Kommandanten der einmarschierten US-Truppen. Mitglied der Landesregierung und der ÖVP sowie 1945/46 Leiter der Landesstelle für Südtirol, kämpfte R. für die Selbstbestimmung seiner Landsleute. Das zwischen Karl Gruber und Alcide De Gasperi geschlossene Abkommen vom 5.9.1946 hielt er für unzureichend; die Landesstelle wurde aufgelöst. Die österr. Neutralität 1955 beurteilte R. skeptisch, weil er darin eine Schwächung der österr. Schutzmachtrolle für Südtirol sah.|

  • Auszeichnungen

    Ehrenzeichen d. Landes Tirol (1958);
    Präs. d. Tiroler Pfadfinder;
    Mitgl. d. Inst. de Droit Internat.;
    Initiator d. Internat. Studentenheims in Innsbruck;
    Straßenname im Innsbrucker Stadtteil Reichenau;
    Gedenktafel in Lusern.

  • Werke

    Weitere W Das altösterr. Nationalitätenrecht in Welschtirol, 1930;
    Zur Problematik d. Heiligkeit d. Verträge, 1931;
    Unparteilichkeit im Völkerrecht, 1940;
    Die brit. Fakultativkiausel, 1941;
    Leitfaden d. Redekunst, 1948;
    The Displaced Persons and the Internat. Court (Receuil de l'Ac. de Droit Internat.), 1949;
    Zum Problem d. Friedenssicherung durch Strafger.barkeit, in: FS f. Rudolf Laun, 1953, S. 367-78;
    Kriegsverbrechen im Peloponnes. Krieg, in: Österr. Zs. f. öff. Recht, 1955, H. 4 f., S. 490-500. – Zu Matthäus: Die Vergessenen v. Lusern, Erinnerungen d. M. N. (1852–1922), bearb. v. J. Rampold, 1998.

  • Literatur

    W. Eppacher, Hohe Österr. Auszeichnungen an Tiroler im 1. Weltkrieg (Schlern-Schrr. 243), 1966, S. 52 f.;
    M. Gehler, Zum Umgang mit e. Tabu: E. R.-N., Gauleiter Franz Hofer u. d. Südtirolfrage 1939-1944 (mit e. Ausblick auf d. Zeit nach 1945), FS f. Johann Rainer z. 70. Geb.tag, in: Tiroler Heimat 57, 1993, S. 225-54;
    ders., Die Südtirolfrage als pol. Leitprinzip, Aspekte z. Biogr. v. E. R.-N. (1888–1958), in: 10 J. Südtiroler Freundeskreis f. d. Univ. Innsbruck, 1995, S. 23-50;
    ders., „Ich bin frei, frei für mein ganzes Leben“, Die Flucht v. E. R.-N. aus Südtirol im J. 1927, in: Tiroler Heimat 61, 1997, S. 251-59;
    P. Goller, Naturrecht, Rechtsphilos. oder Rechtstheorie? Zur Gesch. d. Rechtsphilos. an Österr. Universitäten (1848–1945), in: Rechts- u. Soz.wiss. Reihe 18, 1997, S. 363-68;
    S. Lichtmannegger, Gesch. d. Lehrkörpers d. Rechts- u. Staatswiss.Staatswissenschaft Fak. d. Univ. Innsbruck 1945-1955, Diss. Innsbruck 1998, I, S. 121-32, II, S. 316-26;
    G. Pfaundler, Tirol Lex., 1983.

  • Porträts

    Gem. (Tempera) v. M. Weiler (Rektorsbild d. Univ. Innsbruck), Abb. in: Weiler-Porträts, 1990, S. 51, 53;
    Ölgem. v. E. Nepo;
    Pastell v. H. Lanzinger;
    Pastell v. O. Wiedenhofer;
    Terrakottabüste v. H. Pontiller (alle Privatbes.), Abb. d. Büste in: O. v. Lutterotti, Hans Pontiller, 1971, S. 46;
    Porträt v. C. Amonn (Innsbruck, Tiroler Kaiserjägermus. am Berg Isel).

  • Autor/in

    Michael Gehler
  • Zitierweise

    Gehler, Michael, "Reut-Nicolussi, Eduard" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 460-461 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129413712.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA