Lebensdaten
1808 – 1872
Beruf/Funktion
Schauspieler
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 127353895 | OGND | VIAF: 35476190
Namensvarianten
  • Wollrabe, Ludwig

Quellen(nachweise)

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Wollrabe, Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd127353895.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Wollrabe: Ludwig W., Schauspieler, wurde am 26. März 1808 in Hamburg als Sohn eines Hautboisten geboren, der volle fünfzig Jahre hindurch im Orchester des Hamburger Stadttheaters thätig war. Als er elf Jahre alt war, wurde er in das unter der Leitung Weidner's stehende Kinderballetcorps des Stadttheaters aufgenommen, blieb aber kaum ein Jahr darin, da er das Unglück hatte, in eine Versenkung zu stürzen, und sich dadurch einen schweren Leibesschaden zuzog. Nach seiner Confirmation gaben ihn die Eltern bei einem Buchdrucker in die Lehre, und als er in dieser Stellung nicht gut that, bei einem Gewürzkrämer. Da auch dieser Versuch mißlang, schickten sie ihn nach Braunschweig in ein großes Handelshaus, wo es ihm recht gut ging. Doch gewann in Braunschweig die Neigung zum Theater solche Macht über ihn, daß er nach Hamburg zurückkehrte und sich von den Directoren Herzfeld und Schmidt für das Stadttheater engagiren ließ. W. verlangte von ihnen, daß er in größeren Rollen auftreten dürfte und machte sich, als ihm sein Begehren nicht erfüllt wurde, auf die Flucht, um sich nunmehr einige Jahre hindurch in verschiedenen Städten als Mitglied einer Anzahl von Schmieren herumzutreiben. In der Gesellschaft einer Frau Ruhle, die eine Zeit lang in Kalisch spielte, ging er zur Oper über, indem er Tenorrollen übernahm und z. B. den Octavio im „Don „Juan“ sang. In Ostrowo verlobte er sich mit Emilie Bachmann und trat dann mit ihr und ihrer Mutter in die Gesellschaft von Vogt und Groche in Neiße ein. Dann ging er mit ihnen zu dem Director Bormot nach Oppeln, wo sein Bruder Heinrich|gleichfalls engagirt wurde. Nachdem er vierzehn Jahre hindurch ein unstätes Wanderleben geführt hatte, erhielt er im J. 1834 eine Anstellung als Tenorist am Stadttheater zu Lübeck, das damals unter der Direction von Gerstel und Ulrich stand. Er debutirte hier als Johann von Paris, fiel aber so gründlich durch, daß er sich genöthigt sah, wieder zum Schauspiel zurückzukehren. Er ließ sich daher von dem Director Karl Theodor Müller, dem sogenannten „Franzosen-Müller“, als erster Komiker für Hildesheim anwerben, mit dessen Truppe er auch in Celle und Lüneburg auftrat. Nach einem kurzen Gastspiel an dem Hoftheater zu Hannover, wurde er für das Hoftheater zu Detmold als Komiker engagirt, hielt es aber auch an ihm nicht lange aus, sodaß er froh war, als ihm Gelegenheit geboten wurde, sich am Stadttheater zu Köln als Liebhaber zu versuchen. Er gefiel in den Rollen des Posa, Carl Moor und Faust so gut, daß er sofort unter günstigen Bedingungen für Köln engagirt wurde. Nachdem er von Köln aus auch in Aachen vorübergehend gespielt hatte, begab er sich nach Breslau, wo seines Bleibens wieder nicht lange war, da er sich mit der Direction überwarf. Längere Zeit hielt er am Leipziger Stadttheater aus, das damals von Ringelhardt geleitet wurde. Er fand hier ein Publicum, das sich für seine Leistungen begeisterte und ihn namentlich wegen seiner vollendeten Darstellung ritterlicher Charaktere auszeichnete, und einen Kreis gebildeter Männer, in deren Umgang er sich wohl fühlte. Doch dauerte das angenehme Verhältniß in Leipzig nur kurze Zeit. W., besser wie je gestellt, überließ sich dem Dämon des Spieles, kam dadurch physisch und moralisch herunter und verlor die Achtung des Publicums. Er sehnte sich daher danach, von Leipzig fortzukommen und war so glücklich, ein Anerbieten für das Hoftheater in München zu erhalten. Doch kam es nicht zur Uebersiedelung nach München, da W. in Halle auf der Durchreise plötzlich gelähmt wurde und zwanzig Wochen lang im rheumatischen Fieber zu Bett liegen mußte. Als er wieder genesen war, wandte er sich nach Düsseldorf, wo er unter der Direction Henkel's mit Glück in Heldenrollen auftrat und z. B. den Ingomar in Halm's „Sohn der Wildniß“ zum ersten Mal spielte. Da sich jedoch Henkel sehr bald nach Wollrabe's Anstellung ganz vom Theater zurückzog, wurde er wieder stellenlos und mußte sich mit vorübergehenden Engagements in Mainz, Bremen und Hamburg begnügen. In Hamburg hielt er kurze Zeit eine Theaterschule und ein Theaterbureau, konnte aber mit keiner dieser beiden Unternehmungen auf einen grünen Zweig kommen. Seine freie Zeit benutzte er damals, um die Bühnengeschichte seiner Vaterstadt Hamburg zu schreiben. Auf diese Weise entstand die „Chronologie sämmtlicher Hamburger Bühnen, nebst Angabe der meisten Schauspieler. Tänzer und Musiker, welche seit 1230—1846 an denselben engagirt gewesen und gastirt haben.“ Das Werk erschien erst im J. 1847 in Hamburg im Verlag von Berendsohn, als W. bereits die Direction des Theaters in Schleswig übernommen hatte. Er machte hier und in Eckernförde gute Geschäfte, wurde aber von dem dänischen Minister Scheele ausgewiesen, als in einer Vorstellung des „Wilhelm Tell“ das Publicum das Lied: „Schleswig-Holstein meerumschlungen“ anstimmte. So wieder auf das Trockene gesetzt, eilte er nach Wien, in der Hoffnung, dort durch Vermittelung seines Freundes Lortzing eine Anstellung zu finden. Er hatte sich nicht getäuscht und erhielt wirklich ein ziemlich günstiges Engagement an dem unter Pokorny's Leitung stehenden Theater an der Wien. Der bald darauf erfolgte Ausbruch der Wiener Revolution vertrieb ihn aber wieder. Er flüchtete nach Baden und kam hier auf den Gedanken, seine Kinder Amalie, Ferdinand und Cäcilie, an denen er ein merkwürdiges Gesangs- und Darstellungstalent entdeckt hatte, zu einem Schauspieler- und Sängerensemble auszubilden und sein Glück mit ihnen auf Gastspielen zu|versuchen. Er führte sie zuerst nach Brünn und erzielte hier große Erfolge. Während dieser Zeit starb seine Frau, die er in Baden bei Wien zurückgelassen hatte, und zwei seiner jüngsten Kinder. Mit den am Leben gebliebenen setzte er sein Gastspielunternehmen fort und ließ sie in Olmütz, Prag, Dresden, Leipzig. Magdeburg und Hamburg auftreten, von wo er nach Riga zog, wo sich die jugendliche Gesellschaft im December 1851 und im April 1852 in Stücken wie „Kurmärker und Picarde", „Der Stralauer Fischzug“, „'s letzte Fensterln“ producirte und W. schöne Einnahmen hatte. Durch unglückliche Umstände büßte er jedoch in Riga seine Baarschaft ein und mußte froh sein, sich und die Seinen gesund wieder nach Deutschland hinüberzuretten und für die Dauer von zwei Jahren die Leitung des Hoftheaters in Altenburg zu erhalten. Am 17. April 1854 vermählte er sich hier mit Minna Müller, die als Liebhaberin einen guten Ruf hatte. Oekonomische Schwierigkeiten vertrieben ihn auch aus Altenburg, wie bald darauf aus Sondershausen, wo er gleichfalls für kurze Zeit die Direction des Hoftheaters übernommen hatte. Unstät von einem Ort zum andern getrieben, war er hierauf mit seiner Frau an den Theatern zu Rotterdam, Pest, an Treumann's Quaitheater in Wien und in Breslau thätig und bekleidete dann in den Jahren 1866—67 die Stelle eines Opernregisseurs in Riga. Nach einem kurzen Gastspiel in Karlsbad siedelte er, wiederum mit seiner Frau, als Oberregisseur nach Olmütz über, wo seine Frau schwer erkrankte. Nach ihrer Genesung ließen sie sich noch einmal nach Lemberg engagiren. Seit Ostern 1869 aber zog sich W. von der Bühne zurück und ließ sich in Hamburg nieder, wo seine Frau Unterkunft am Stadttheater fand. Er lebte von der Unterstützung seiner Kinder, unter denen sich seine Tochter Amalie (geboren am 20. Februar 1837 und vermählt im J. 1861 mit dem Fürsten Leopold von Löwenstein-Wertheim-Freudenberg, später von König Ludwig II. von Baiern zur Freiin Wollrabe von Wallrab und im Jahre 1875 zur Gräfin von Löwenstein-Scharffeneck erhoben) als Soubrette am Wallnertheater in Berlin ausgezeichnet hatte und Auguste als erste Sängerin am kgl. Hoftheater zu Hannover engagirt war, und starb am 26. Januar 1872 in Prag. — Schon auf seinen Wanderfahrten und später in Leipzig und Wien hat sich W. als Bühnenschriftsteller versucht. Sein erstes Stück war eine zweiactige Posse: „Trauer, Verlobung und Hochzeit, oder das Gericht zu Riebfelden“ (Emmerich 1837). In Leipzig ließ er die Original-Lustspiele in vier Aufzügen: „Cäcilie oder Hoch- und Wohlgeboren" (1842) und „N. N. N. N." (1842), sowie die Posse: „Der schwarze Kater oder zwei Schneider auf Reisen" (1841) erscheinen. Ferner erwähnt er noch folgende, wol ungedruckt gebliebene Stücke: „Nur nicht nach Norden", „Sieben Romeos und eine Julie" und „Das Kind aus dem Volke“ und bemerkt dazu: „Besonderen Beifall habe ich mit keinem geerntet, ich hatte das Zeug nicht dazu“. In Wien wollte er bei Wallishauser mit J. C. Böhm zusammen im J. 1848 eine Damenzeitung herausgeben. Am 1. August desselben Jahres erschien in Wien unter seiner Redaction eine „Allgemeine österreichische Theaterchronik für die gesammte Bühnenwelt“, die es auf fünf Nummern brachte. Am Abend seines vielbewegten Lebens schrieb er: „Memoiren von Ludwig Wollrabe. Enthüllungen 80jähriger Bühnen-Erlebnisse“ (Hamburg 1871, Selbstverlag des Herausgebers).

    • Literatur

      Vgl. außer diesen Memoiren E. Kneschke, Zur Geschichte des Theaters und der Musik in Leipzig. Leipzig 1864. S. 110. — H. Uhde, Das Stadttheater in Hamburg 1827—1877. S. 315. — Mor. Rudolph, Rigaer Theater- und Tonkünstler-Lexikon. Riga 1890. S. 270. — Wurzbach, LVIII, 73.

  • Autor/in

    H. A. Lier.
  • Zitierweise

    Lier, Hermann Arthur, "Wollrabe, Ludwig" in: Allgemeine Deutsche Biographie 44 (1898), S. 158-160 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd127353895.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA