Dates of Life
1679 – 1755
Place of birth
Heidelberg
Place of death
Berlin
Occupation
preußischer Großkanzler
Religious Denomination
evangelisch
Authority Data
GND: 119501600 | OGND | VIAF: 66697048
Alternate Names
  • Cocceji, Samuel Freiherr von
  • Cocceji, Samuel von
  • Cocceii, Samuel a
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Citation

Cocceji, Samuel Freiherr von, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119501600.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Heinr. s. (1);
    Johanna Charl., T des preußischen Generals Jakob v. Beschefer (1661–1731), Amtshauptmann zu Beeskow u. Storkow (s. Priesdorff I, S. 115 f. [P]) u. der Susanne de la Coude;
    3 S, 2 T.

  • Biographical Presentation

    In seinem juristischen Denken zeigte C. sich von des Vaters naturrechtlichen Ideen beeinflußt; er war Herausgeber und Mitverfasser des vom Vater bereits geplanten Kommentars zu H. Grotius' De jure belli ac pacis und zu dessen seerechtlichen Schriften („Grotius illustratus“, Breslau 1744 folgende). C. wandte sich aber sehr bald vorwiegend praktischen Aufgaben zu und benutzte dann seine schriftstellerische Tätigkeit auch in erster Linie zu deren Verbreitung, wie zum Beispiel sein „Jus controversum civile“ (2 Teile, Frankfurt 1713-18) zeigt, das eine Erörterung strittiger Rechtsfragen mit dem Ziel der Herstellung eines jus certum darstellt.

    1718 folgende reformierte C. die ostpreußische Justiz; 1721 modernisierte er das alte preußische Landrecht von 1685 und überwachte die Aufarbeitung der großen Prozeßrückstände, die 1724 für Ostpreußen vorerst als abgeschlossen angesehen werden konnte. Auch in den folgenden Jahren war C. für die Justizreform tätig, wo immer er Gelegenheit dazu erhielt. 1738 wurde er durch Friedrich Wilhelm I., dem sehr an der Eingliederung der Justiz in das Gefüge des absoluten Staates gelegen war, mit umfassenden Reformarbeiten für das ganze Land beauftragt. 1739 mußte er jedoch das Reformwerk wieder abbrechen und wurde erst später durch Friedrich den Großen erneut mit weitgehenden Vollmachten zur Justizerneuerung ausgestattet. Eine sehr wichtige Maßnahme im Zuge dieser späteren Reformen war die Abschaffung der Aktenversendung (1746), durch welche die Gerichte und die Fakultäten nunmehr endgültig voneinander getrennt wurden. Im Frühjahr 1747 schloß C. in Pommern die Erledigung der dort vorhandenen Prozeßreste ab. Er drang dort zugleich auf eine zweckmäßigere Einrichtung der Gerichtsverfassung und auf Abstellung vieler prozessualer Mißbräuche; er strebte eine feste Besoldung der Richter an und erreichte durch Ausmerzung untauglicher Elemente auch eine gründliche Auslese des Justizpersonals. An die Reform in Pommern schlossen sich entsprechende Maßnahmen in Berlin und der Mark Brandenburg, in Halberstadt und Magdeburg, in Schlesien, Ostpreußen und den westlichen Landesteilen an. C. kam dabei seine Personalkenntnis zugute, die er teils aus eigener Anschauung, teils durch Gewährsleute erhielt, die ihn über die Einzelheiten unterrichteten. Für die Durchführung der Reformarbeiten bediente er sich|eines kleinen, sorgfältig ausgewählten Mitarbeiterstabes. In jeder Provinz waren neue Schwierigkeiten zu überwinden. Besondere Bedeutung kam der Vereinheitlichung des Gerichtsaufbaus zu. Die in den Hauptstädten, vielfach mit konkurrierender Zuständigkeit, nebeneinander bestehenden zahlreichen Obergerichte (Regierung, Hofgericht, Konsistorium, Pupillenkollegium und so weiter) wurden großenteils beseitigt beziehungsweise unter dem Namen „Regierung“ zu einem Gericht zusammengelegt.

    C. hat es darüber hinaus auch verstanden, die vereinheitlichten Justizkollegien durch eingehende Dienstanweisungen und konsequente Überwachung mit neuem Geist zu erfüllen, wenngleich dabei mitunter, wie in Ostpreußen und Ostfriesland, erhebliche Widerstände zu bekämpfen waren. Oft wurde auf diese Weise trotz geringfügiger äußerer Veränderungen das innere Gefüge des Gerichtskörpers entscheidend umgestaltet.

    Starke Vereinfachungen wußte C. auch bei den höchsten Justizkollegien durchzusetzen. Vor der Reform hatte es in den einzelnen Teilen der Monarchie eine Anzahl höchster Gerichtshöfe gegeben, unter denen das Kammergericht Berlin für die Kurlande, das Oberappellationsgericht daselbst für die anderen, zum Deutschen Reich gehörigen Landesteile und das Königsberger Tribunal für Preußen die wichtigsten gewesen waren. An ihrer Stelle übernahm 1748 das auf C.s Veranlassung in Berlin neu errichtete „Tribunal“ (seit 1772: Obertribunal), wenn man von geringfügigen Ausnahmen absieht, als alleiniger Gerichtshof die Rechtsprechung in höchster Instanz.

    Die Einzigartigkeit der von C. hier vollbrachten Leistung wird deutlich, wenn man die Hemmnisse bedenkt, die seinem Werk entgegenstanden. Er hatte nicht nur mit der ideellen Gegnerschaft aller ständisch Gesinnten zu rechnen, sondern auch mit dem Widerstand derer, die an der Aufrechterhaltung der bisherigen Zustände wirtschaftlich interessiert waren. Er fand bei der Richter- und Anwaltschaft lange Zeit wenig Verständnis. Auch bei den einsichtigen Praktikern herrschte im allgemeinen die Ansicht vor, daß die Justiz zwar manche Mängel aufweise, daß aber durch allzu energische Reformen nichts gebessert werden könne. Bewunderungswürdig ist C.s Stetigkeit in der Verfolgung des Reformziels. Bei aller Härte und Strenge zeigte er zudem eine gewisse Beweglichkeit und Nachgiebigkeit, wo vorerst offenbar nichts zu erreichen war; er ließ sich auch durch Rückschläge und Enttäuschungen, wie er sie vielfach erlebt hat, nicht leicht entmutigen.

    Nach Umgestaltung der Justizorganisation führte er die Neuordnung des Prozeßrechts durch. Die Prozesse wurden verkürzt und viele fest eingewurzelte Mißbräuche beseitigt („Projekt des Codicis Frid. Marchici“, 3 Teile, Berlin 1747/48). C. nahm schließlich durch das Corpus juris Fridericianum (Teil I: Personenrecht, 1749; Teil II: Sachenrecht, 1751) eine Kodifikation des materiellen Rechts in Angriff, und zwar auf der Grundlage seines „Novum systema“, das er 1739 in der Zeit unfreiwilliger Muße nach seiner Kaltstellung durch Friedrich Wilhelm I. verfaßt hatte.

  • Literature

    ADB IV (eingehende Besprechung d. jur. Schrr.);
    A. Stoelzel, Rechtsverwaltung u. Rechtsverfassung II, 1888, S. 141 ff.;
    Stintzing-Landsberg, III, 1, 1898, S. 215 ff.;
    O. Hintze, in: Acta Borussica VI, 1, S. 106 ff.;
    M. Springer, Die C.sche Justizreform, 1914 (P);
    W. Dilthey, Ges. Schrr. XII, 1936, S. 137 ff.;
    Zweihundert J. Dienst am Recht, 1938, S. 305-30;
    E. Döhring, Gesch. d. dt. Rechtspflege, 1953, S. 114 f., 313, 385 (L).

  • Portraits

    Kupf. v. G. F. Schmidt-A. Pesne, v. J. J. Haid-R. Liszewska (beide Kupf.kab. Dresden), v. J. D. Schleuen-R. Liszewska, Staatsbibl. Berlin; Abb. in: Gr. Deutschen im Bild, 1936, S. 137.

  • Author

    Erich Döhring
  • Citation

    Döhring, Erich, "Cocceji, Samuel Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 301-302 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119501600.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Cocceji: Samuel v. C., Jurist, dritter Sohn des Heinrich v. C., geb. zu Heidelberg im October 1679, gest. 4. Oct. 1755, studirte in Frankfurt a. O. und hielt dort unter dem Präsidium seines Vaters seine Doctor-Disputation 1699 „De principio juris naturalis unico vero et adaequato“, worin er die naturrechtlichen Principien seines Vaters vertheidigt. Nach dreijährigen Reisen durch Italien, Frankreich, England und Holland wird er im J. 1702 zum professor juris ordinarius in Frankfurt ernannt und am 18. Jan. 1703 von seinem Vater zum Doctor promovirt. Er wendet sich von nun an der juristischen Praxis zu, wird 1704 Rath und 1710 Director der Regierung zu Halberstadt. Von 1711 bis 1713 fungirte er als Subdelegirter bei der Visitation des Reichskammergerichts in Wetzlar. Während dieser Jahre vollendete er den ersten Band seines schon in Frankfurt begonnenen „Jus civile controversum“ (T. 1. Francof.|1713), welchem 1718 der zweite folgte; ein Werk, in welchem er nach der Ordnung des Lauterbach’schen Compendium juris die wichtigsten Controversen des Civilrechts in kurzen Sätzen nach den Quellen und naturrechtlichen Erwägungen erörterte. Am 24. Mai 1714 zum Geh. Justiz- u. Ob.-App.-Ger.-Rath zu Berlin ernannt, ward er in demselben Jahre zu diplomatischen Verhandlungen nach Wien gesendet. Mit dem Regierungsantritte König Friedrich Wilhelms I. beginnen in Preußen die energischen Maßregeln zur Verbesserung der Justiz. C. wird mit einer kgl. Instruction versehen, in welcher wir zum Theil schon die Gedanken finden, welche seine spätern Vorschläge durchdringen, im August 1718 nach Königsberg gesendet, um mit den verschleppten Processen aufzuräumen und ein beschleunigtes Verfahren einzuführen, bei welchem alle Processe in einem Jahre beendigt werden sollen. Er entledigte sich seines Auftrags zur Zufriedenheit seines Königs und unter seiner Mitwirkung kam das 1721 publicirte „Verbesserte Landrecht des Königreichs Preußen“ zu Stande, in dessen Publicatiospatent vom 27. Juni 1721 der Verdienste Cocceji's gedacht wird. Nicht unwahrscheinlich ist es, daß C. schon im J. 1714 bei dem Erlasse der Cabinetsordre mitwirkte, durch welche die Vorarbeiten zur Herstellung eines „jus certum“ eingeleitet werden sollten: Beseitigung der Controversen und des Veralteten im römischen Recht und Zusammenstellung dessen, was „sich auf den Zustand dieses Landes schicket und mit der gesunden Vernunft übereinstimmt“. Merkwürdig ist besonders die Cabinetsordre vom 18. Juni 1714 an die hallische Juristenfacultät, in welcher dem Thomasius die Leitung dieser Angelegenheit übertragen wird. Im J. 1723 wird C. Präsident des Kammergerichts; 1727 Etats- und Kriegsminister; 1730 Chef aller geistlichen und französischen Sachen etc., auch Obercurator aller Universitäten, 1731 Präsident des Ober-Appellationsgerichts. Im J. 1738 legte er alle ihm successive übertragenen Aemter nieder, behielt nur das Etats- und Kriegsministerium und wurde zum Chef der gesammten Justiz in allen königl. preuß. Landen ernannt. Im Zusammenhange damit steht der in einem Rescripte vom 26. Febr. 1738 niedergelegte Plan des Königs zur Abfassung eines allgemeinen Landrechts, der nicht zur Ausführung kam. Inzwischen aber hatte er neben seiner ausgedehnten praktischen Thätigkeit seine naturrechtlichen Studien fortgesetzt, aus denen 1740 ein kurzgefaßtes System ("Elementa jurisprudentiae naturalis et romanae") hervorging. Es folgte der „Grotius illustratus“ (Vratislaw. 1744. 52. 4 voll, fol.), in welchem er den Apparat der wichtigsten Commentatoren des Grotius, namentlich die Anmerkungen seines Vaters mit eigenen ausführlichen Erörterungen und 12 Dissertationes prooemiales zusammenstellte. Die 12. Dissertation ist eine Wiederholung seiner Elementa unter dem Titel „Novum systema jurisprudentiae naturalis et romanae“, auch selbständig 1750 erschienen. — Friedrich d. Gr. beauftragte ihn 1741 mit der Ordnung des schlesischen Justizwesens und verwendete ihn 1744 bei der Besitzergreifung und Organisation des an Preußen gefallenen Ostfrieslands. Bald darauf beginnt Cocceji's eingreifende Thätigkeit bei der von Friedrich II. aufs neue in die Hand genommenen Reform der Justiz nach den von ihm in einem Bericht vom 26. Jan. 1746 niedergelegten Gesichtspunkten, dessen erste Frucht die Aufhebung der Actenversendung durch Cabinetsordre vom 2. April und 20. Juni 1746 war. Dann erfolgte die von C. entworfene Instruction vom 2. Oct. 1746 und die „Constitution wie alle Processe in Pommern — in einem Jahre in allen Instanzen zu Ende gebracht werden sollen“ vom 31. Dec. 1746, nebst Rescript an die pommerschen Justizcollegien. Mit der Durchführung wurde in Stettin begonnen, wohin sich C. mit mehreren von ihm auserwählten höheren Justizbeamten als Gehülfen im Januar 1745 begab. Dann folgte Cöslin und am 31. Januar 1748 konnte C. berichten, daß in Stettin 1600, in Cöslin 800 alte Processe|"abgethan“, von 648 und 310 neuen Processen in Stettin nur noch 183, in Cöslin 169 schweben! Der pommerschen Justizreform folgte die märkische und die der übrigen Provinzen, welche C. in den folgenden Jahren theils persönlich, theils durch seine in Pommern eingeschulten Gehülfen bis zum J. 1751 durchführte. Die Normen beschleunigten Rechtsganges sind gesetzlich fixirt in den Projecten des Cod. Frideric. Pomeranici vom 6. Juli 1747 und Cod. Frid. Marchici vom 3. April 1748, sowie in dem Projecte einer Tribunals-Ordnung von demselben Jahr. „Projecte“ heißen diese Gesetze nur in dem Sinne, als es gestattet wurde, gegen dieselben binnen festgesetzter Frist Monita vorzubringen. — Es waren indeß die vereinfachten Normen des Verfahrens und die Abkürzung der Fristen nicht allein, durch welche es möglich wurde in so radicaler Weise mit den Processen aufzuräumen. Bessere Besetzung der Gerichte, zweckmäßigere Vertheilung der Geschäfte, Beseitigung des Antheils der Richter an den Sporteln und Fixirung ausreichender Besoldungen erhoben die Justiz-Collegien in die Stellung, bei welcher allein eine tüchtige Justiz gedeihen kann. Dazu kam die Beseitigung der Procuratur, eines Gewerbes habsüchtiger Ignoranten, das sich zwischen die Advocaten und ihre Clienten eingeschoben hatte; die Reinigung und strenge Beaufsichtigung des Advocatenstandes, dem bei harter Strafe verboten wurde, vor Beendigung des Processes Bezahlung von den Parteien anzunehmen und auch diese nur nach gerichtlicher Prüfung des Verhaltens in der Streitsache und des Betrages der angesetzten Gebühren durch das Gericht. Besonders aber ist hervorzuheben der Nachdruck, mit welchem auf die gütliche Beilegung der Rechtsstreitigkeiten hingewirkt und das Interesse der Advocaten mit dem Gelingen und Mißlingen der Vergleiche verknüpft wurde. Wir dürfen wol annehmen, daß nur durch dieses Mittel unter dem Drucke des königlichen Willens und Cocceji's persönlicher Energie solche Resultate möglich geworden sind, wie sie C. aus Pommern berichtet!

    Die Reform hatte sich bisher auf die Rechtspflege beschränkt. Allein schon in der Constitution vom 31. December 1746 §. 24 war C. befohlen „ein Teutsches Allgemeines Landrecht, welches sich blos auf die Vernunft und Landesverfassungen gründet, zu verfertigen“ — eine Erneuerung der von König Friedrich Wilhelm I. im J. 1738 angeregten Pläne. Im J. 1749 publicirte C. das „Project des Corporis Juris Fridericiani, das ist Sr. königl. Majestät in Preußen in der Vernunft und Landes-Verfassung gegründetes Landrecht, worin das römische Recht in eine natürliche Ordnung und richtiges Systema nach denen drei Objectis juris, gebracht: die General-Principia, welche in der Vernunft gegründet sind, bei einem jeden Objecte festgesetzet, und die nöthige Conclusiones, als so viele Gesetze, daraus deduciret: alle Subtilitäten und Fictiones, nicht weniger was auf den deutschen statum nicht applicable ist, ausgelassen: alle zweifelhafte Jura, welche in den römischen Gesetzen vorkommen, oder von den Doctoribus gemacht worden, decidiret, und solchergestalt ein Jus certum und universale in allen Dero Provintzen statuiret wird.“ Im J. 1749 erschien jedoch nur der erste Theil (Personen- und Familien-Recht); 1751 der zweite (Sachen- und Erb-Recht); der dritte, welcher das Obligationen- und Criminalrecht enthalten sollte, ist nicht gedruckt und das Manuscript bis auf ein kleines Stück 1755 verloren. Eine unter Cocceji's Aufsicht von dem Geh. Rath v. Campagne verfertigte französische Uebersetzung erschien 1750. 1752 „Projet du corps de Droit-Frédéric“ etc. Der ausführliche Titel bezeichnet genügend den Geist und die Tendenz des Gesetzbuchs; der Inhalt ist wesentlich römisches Recht, systematisch geordnet und modificirt nach den naturrechtlichen Principien Cocceji's und demnach nur eine weitere und in Gesetzesform gebrachte Ausführung seines Novum systema. Auf Herstellung eines in der natürlichen Vernunft gegründeten einfachen und sichern Rechts ist es vor allem abgesehen; daher verhielt C. sich ablehnend gegen das deutsche, gegen provinzielles, gegen Gewohnheitsrecht und gegen die Rechtsgelehrten. Dem Gewohnheitsrecht wird die Gültigkeit abgesprochen, wo es mit dem Gesetz in Widerspruch steht; die Provinzialrechte sollen nur dann gelten, wenn sie binnen Jahresfrist zur Bestätigung eingesendet worden sind und diese erlangt haben; das deutsche Recht, welches „einige neuere Doctores privata auctoritate bei den Haaren wieder hervorgezogen haben", diene nur dazu, die Ungewißheit der Rechte zu vermehren und sei „längst aus der Observanz gekommen“ (Vorrede § 23, Eingang § 6); die Rechtsgelehrten aber hätten durch ihre Commentare hauptsächlich die Unordnung und Unsicherheit des römischen Rechts herbeigeführt und daher wurde ihnen bei schwerer Strafe verboten Commentare und Dissertationen über das Landrecht zu verfertigen; selbst die Interpretation wird dem Richter verboten. Endlich werden alle nicht in diesem Landrecht enthaltenen Rechte aufgehoben. — In all' diesen Stücken, in der Methode und Tendenz zeigt sich die durchschneidende Energie des aufgeklärten Despotismus, wie er dem Fridericianischen Zeitalter entsprach. Daher denn auch der Beifall, welcher diesem „unsterblichen Werke“ (Gött. Gel. Anz. 1751. Juli S. 629) gezollt wurde, die Billigung und Nachahmung welche es im Codex Maximil. Bavaricus (vgl. Kreittmayr, Anmerkungen Bd. I. S. 38) fand. Allein demungeachtet ist der Codex Fridericianus niemals zur Gültigkeit gelangt; nur das zweite und dritte Buch des ersten Theils (Ehe und Vormundschaft) haben in einigen Provinzen Gesetzeskraft erhalten (v. Kamptz, Jahrbücher Bd. 59, S. 146). Im Uebrigen ist er ein „Project“ geblieben, welches nicht einmal den 1780 neu begonnenen Vorarbeiten für das Allg. preuß. Landrecht zu Grunde gelegt wurde. Friedrich d. Gr. ehrte den ihm geistesverwandten Mann durch Ernennung zum Großkanzler (1747) und Erhebung in den Freiherrnstand (1749). C. starb am 4. Oct. 1755. Ein Schreiben des großen Königs an Cocceji's Wittwe (vom 24. Oct. 1755) spricht aus, wie schwer er den Verlust empfand; die Marmorbüste Cocceji's, welche Friedrich auf dem Hofe des Kammergerichts aufstellen ließ, und die Verehrung, welche er noch in spätern Jahren (1779) (Lettres sur l'amour de la patrie) dem Verstorbenen zollt, bezeugen seine dauernde Dankbarkeit.

    • Literature

      Vgl. Trendelenburg, Friedrich d. Gr. und sein Großkanzler S. v. Cocceji. — Stobbe, Gesch. der deutschen Rechtsquellen Bd. 2. S. 355. 448 ff.

  • Author

    Stintzing.
  • Citation

    Stintzing, Roderich von, "Cocceji, Samuel Freiherr von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 373-376 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119501600.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA