Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Herzöge von Schlesien
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118742302 | OGND | VIAF: 72189298
Namensvarianten
  • Piasten

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Zitierweise

Piasten, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118742302.html [16.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Mit der Einführung der Senioratsverfassung in Polen 1138 teilte sich dessen Königsgeschlecht in vier Linien, die masow.-kujaw. ( 1186), die großpoln. ( 1370), die kleinpoln. ( 1526) und die schles. Linie ( 1675). Deren|Stammvater und zugleich erster Herzog von Schlesien war Władysław II. (reg. 1138-46, 1159). 1146 von seinen Stiefbrüdern vertrieben, begab er sich an den Hof seines Schwagers – des Halbbruders seiner Frau Agnes von Österreich ( 1157) – Kg. Konrad III. Doch erst seine Söhne Boleslaw I. (um 1127–1201, s. NDB II) und Mieszko I. (um 1138–1211) konnten 1163 mit Hilfe Ks. Friedrichs I. nach Schlesien zurückkehren, wo sie ihr Erbe teilten. 1202 mußte Heinrich I. von Schlesien (reg. 1201-38, s. NDB VIII) eine Reduzierung seines Herrschaftsbereichs auf Nieder- und Mittelschlesien hinnehmen, wogegen Mieszko I. sein Ratiborer Gebiet um jenes von Oppeln erweiterte; zugleich wurde das gegenseitige Erbrecht aufgehoben. Damit spaltete sich von den schles. P. die Linie der Oppelner Herzöge ( 1625) ab.

    Heinrich I., der bedeutendste der schles. P., war mit Hedwig v. Andechs-Meranien ( 1243, s. NDB VIII) verheiratet, die 1267 heiliggesprochen wurde. Er förderte insbesondere den Landesausbau im Zuge der deutschen Ostsiedlung. Sein Versuch, das alte Polen unter seiner Herrschaft wiederherzustellen, wurde durch den Mongoleneinfall zunichte gemacht, bei dem sein Sohn Heinrich II. (reg. 1238-41, s. NDB VIII) in der Schlacht von Wahlstatt fiel. Ähnliche Bestrebungen Heinrichs IV. von Breslau (reg. 1270-90, s. NDB VIII) scheiterten ebenfalls. Da bei den schles. P. alle männlichen Nachkommen zu gleichen Teilen erbberechtigt waren, spaltete sich das Geschlecht nach 1248 in weitere Linien auf: die Liegnitzer Linie ( 1419) mit den Nebenlinien Brieg ( 1675), Jauer ( 1346), Schweidnitz-Jauer ( 1368) und Münsterberg ( 1428), die Breslauer Linie ( 1290) und die Glogauer Linie ( 1476), die sich wiederum in jene von Sagan ( 1504) und Oels ( 1492) teilte.

    Die bedeutendsten P. regierten in der Zeit der staatlichen Unabhängigkeit Schlesiens im 13. Jh. Mit der Gründung der wichtigsten Klöster (z. B. Leubus, Trebnitz, Heinrichau, Grüssau), der Ansiedlung deutscher Bauern und der systematischen Anlage eines Städtenetzes leiteten sie den friedlichen Übergang Schlesiens von einem poln. geprägten zu einem deutsch bestimmten Land ein. Politisch fand dies seinen Ausdruck in den Lehensauftragungen zwischen 1327 und 1336 an das erstarkende Böhmen. Das Land des widerstrebenden Bolko II. von Schweidnitz-Jauer (reg. 1326-68, s. NDB II) erwarb Ks. Karl IV. 1353 durch die Heirat mit Bolkos Nichte und Erbin Anna (1339–62, s. NDB I). Polen verzichtete 1335 im Vertrag von Trentschin auf Schlesien, das Karl 1348 als böhm. König und 1355 als Kaiser in die Krone Böhmen inkorporierte. Schlesien wurde damit mittelbar ein Glied des Reiches, die P. jedoch keine Reichsfürsten.

    Die ständigen Erbteilungen führten zu einer Zersplitterung der Landesherrschaft in zahlreiche kleine und kleinste Territorien. Damit sanken auch Einfluß und Bedeutung der schles. P., die vielfach auf das Niveau von Großgrundbesitzern mit landesherrlichen Rechten absanken. Einzelne P. traten als Söldnerführer in fremde Dienste, Johann II. von Glogau und Sagan (1435–1504, s. NDB X) etwa verbreitete Furcht und Schrecken. Heinrich XL von Liegnitz (reg. 1559-81, 1588, s. ADB XI) zog als Vagant durch Deutschland und halb Europa, was sein Hofmeister Hans v. Schweinichen in seinen Memoiren anschaulich schildert.

    Der Niedergang des Geschlechts zeigte sich auch in seinen Eheverbindungen: Heirateten die schles. P. im 13. und 14. Jh. v. a. in hochfürstliche Familien, insbesondere aus Deutschland, aber auch in andere europ. Fürstenhäuser bzw. in die anderen Piastenlinien ein, so kam es später auch zu Ehen mit nichtfürstlichen, ja bürgerlichen Frauen. Verschiedene P. traten in den geistlichen Stand, einige wurden Erzbischöfe (z. B. Władysław von Breslau, um 1237-1270, Ebf. von Salzburg, seit 1265, s. ADB 43) und Bischöfe (Wenzel II. von Liegnitz, 1348-1419, Bf. von Lebus 1375-82 u. Breslau 1382-1417; Konrad IV. von Oels, vor 1384-1447, Bf. von Breslau seit 1417, s. NDB XII) in der Kirchenprovinz Gnesen oder im östl. und südöstl. Europa. Geborene Piastinnen heirateten nach auswärts, z. T. auch innerhalb des Geschlechts; fünf von ihnen heirateten Könige, Anna v. Schweidnitz-Jauer wurde sogar Kaiserin.

    Abermals Bedeutung erlangten die verbliebenen P. von Liegnitz, Brieg und Wohlau mit der Annahme der ev. Konfession 1523. Gegenüber den kath. Habsburgern, an die Schlesien 1526 gelangt war, suchten sie politischen Rückhalt durch Ehebündnisse mit prot. Reichsfürsten wie den Hohenzollern, mit denen Friedrich II. von Liegnitz (1480–1547, s. NDB V) 1537 einen Erbvertrag abschloß, der von Ks. Ferdinand I. jedoch aufgehoben wurde. Letzte Versuche eigenständiger Politik waren die Kandidaturen Friedrichs II. 1526 um die böhm. Krone und jene Heinrichs XI. 1573, Friedrichs IV. (1552–96) 1576 und Christians (1618–72) 1668 um den poln. Thron. Mit dem Tod Georg Wilhelms Hzg. von Liegnitz, Brieg und Wohlau (1660-75, s. ADB VIII) starb das gesamte Geschlecht der P. im Mannesstamm aus, mit Charlotte (1652–1707) auch in weiblicher Linie.

    Als Landesherren förderten die schles. P. auch Kunst und Kultur. Ein Minnesänger Heinrich v. Pressela (Heinrich III. oder IV. von Breslau) ist in der Heidelberger Liederhandschrift mit zwei Liedern und im Bild vertreten. Um die Pflege der dynastischen Tradition bemühte sich Ludwig I. von Brieg (reg. 1342-98), der u. a. den Hedwigs-Codex in Auftrag gab. Georg II. von Brieg (1523-86, s. NDB VI) legte seit 1564 die Brieger Schloßbibliothek an. Eine v. a. durch ihre Musikalien bekannte Bibliothek gründete Georg Rudolph von Liegnitz (1595-1653, s. NDB VI). An den Fürstenhöfen wurde auch die schles. Dichtkunst gefördert. Ihre Grablege fanden die schles. P. in den von ihnen begründeten Klöstern und Kirchen, die Schweidnitzer etwa im Kloster Grüssau. Für die Liegnitzer Linie wurde 1677 eine prächtige Fürstengruft in der Johanniskirche zu Liegnitz errichtet, deren künstlerische Ausstattung nach dem Programm des Barockdichters Casper v. Lohenstein die erloschene Dynastie verherrlicht.

  • Literatur

    W. Braunfels (Hg), Der Hedwigs-Cod. v. 1353, 2 Bde. (Faks., Kommentarbd.), 1972;
    E. Hegaur (Hg.), Memorial-Buch d. Fahrten u. Taten d. schles. Rr. Hans v. Schweinichen, [1911];
    K. Wutke (Hg.), Stamm- u. Übersichtstafeln d. Schles. P., 1910;
    A. Karłowska-Kamzowa, Fundacje artystyczne księcia Ludwika I Brzeskiego [Die Kunststiftungen Hzg. Ludwigs I. v. Brieg], 1970;
    dies., Sztuka Piastów śląskich w średniowieczu [Die Kunst d. schles. P. im MA], 1991;
    K. Jasiński, Rodowód Piastów Śląskich [Geneal. d. schles. P.], Bde. 1 u. 2, 1973-75;
    J. J. Menzel, in: Schlesien 20, 1975, S. 129-38 (L);
    H. Weczerka, Die Residenzen d. schles. Piasten, in: Fürstl. Residenzen im spätma. Europa, 1991, S. 311-47;
    E. Pietrzak, Andreas Gryphius u. d. schles. Piasten, in: Weltgesch. u. Lebenszeit, Andreas Gryphius, e. schles. Barockdichter aus dt. u. poln. Sicht, 1993, S. 229-42;
    A. Kolbuszewska, Kat. zbiorów muzycznych legnickiej biblioteki księcia Jerzego Rudolfa „Bibliotheca Rudolphina“ [Kat. d. Musikalienslgg. in d. Liegnitzer Bibl. Hzg. Georg Rudolphs „Bibliotheca Rudolphina“], 1992;
    S. Szczur u. K. Ożóg (Red.), Piastowie, Leksykon biograficzny [Die P, Ein biogr. Lex.], 1999;
    Gesch. Schlesiens, hg. v. d. Hist. Komm. f. Schlesien, I: Von d. Urzeit bis z. J. 1526, ⁶2000, II: Die Habsburger Zeit 1526-1740, ³2000;
    Polski Słownik Biograficzny.

  • Autor/in

    Ulrich Schmilewski
  • Zitierweise

    Schmilewski, Ulrich, "Piasten" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 403-405 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118742302.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA