Lebensdaten
1673 oder 1672 – 1734
Geburtsort
Schloß Frankenstein bei Darmstadt
Sterbeort
Schloß Wittgenstein bei Berleburg
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe ; Alchemist ; Arzt
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118679767 | OGND | VIAF: 315940208
Namensvarianten
  • Christianus Democritus (Pseudonym)
  • Democritus, Christianus (Pseudonym)
  • Dippel, Johann Konrad
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Zitierweise

Dippel, Johann Conrad, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118679767.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Phil. (1636–1704), Schulmeister, dann Pfarrer in Niederramstadt b. Darmstadt, S des Pfarrers (?) Joh. Phil. in Kirchvers b. Marburg;
    M Anna Eleonora Münchmeyer;
    B Joh. Albert (* 1670), Arzt in Niederramstadt, Erbauer v. Dippelshof; ledig.

  • Biographie

    D. studierte seit 1689 Theologie in Gießen voller Selbstbewußtsein („ich bezog die Universität mit drei Doctoribus schwanger“), offenbar überintellektualistisch und polemisch-satirisch veranlagt. In den Streitigkeiten der Zeit zwischen Orthodoxie und Pietismus trat er zunächst auf die Seite der ersteren. 1693 wählte er bezeichnenderweise als Thema für die Magisterdisputation „De nihilo“ mit unverhohlenen Anspielungen auf das zopfige akademische Treiben. Er versuchte vergeblich in Gießen, dann in Wittenberg, dann in Straßburg theologischer Dozent zu werden, lebte einige Jahre als Privatmann in Straßburg und hielt Privatvorlesungen über Astrologie, vertiefte sich aber auch in Speners Schriften, zunächst in polemischer Absicht. Durch Schulden und ein Duell vertrieben, kehrte er nach Darmstadt zurück und gab sich jetzt als Pietist, ließ sich in Gießen nieder und wurde durch G. Arnold, der 1697/98 dort lehrte, völlig für den Pietismus gewonnen. In einer Flut von Pamphleten griff er die Orthodoxie und ihre Verteidiger sachlich und persönlich an (besonders Orcodoxia Orthodoxorum, 1697, Papismus Protestantium vapulans, 1698). 1698-1702 wurde er wiederholt vom Konsistorium verhört. Da der Weg in einen theologischen Beruf für ihn unmöglich geworden war, widmete er sich der Alchimie und versuchte, Gold zu gewinnen. 1704 von Graf August von Wittgenstein nach Berlin gezogen, ging er chemischen Versuchen nach, bis Johann Friedrich Mayer, der als Generalsuperintendent für die deutschen Provinzen im schwedischen Reiche Karls XII. nahezu unbeschränkte Vollmacht zur Pietistenverfolgung besaß, sein Bleiben dort unmöglich machte, indem er ihn (wegen seiner Kritik an den antipietistischen Erlassen Karls XII.) als Beleidiger der schwedischen Majestät beim Hofe denunzieren ließ. D. begab sich nach Köstritz an den pietistischen reußischen Hof, von dort über Frankfurt/Main nach den Niederlanden, wurde in Leiden Dr. med. und Arzt in der Nähe Amsterdams. Hier wurde die Auseinandersetzung mit den Gegnern der Willensfreiheit (den Calvinisten, Spinoza und Hobbes) sein Lebensinhalt. 1714 ging er in die Pietistenfreistatt Altona, das damals dänisch war. Er denunzierte seinen dortigen Gönner, den Grafen Reventlow, den Statthalter für Holstein, bei König Friedrich IV. und wurde wegen Verleumdung zu lebenslänglichem Kerker verurteilt, 1726 im Gnadenwege entlassen, aber aus dem Lande verwiesen. Ein schwedischer Bewunderer lud ihn nach Christianstadt ein, D. ließ sich in die Innenpolitik hineinziehen und leistete dem Adel, der gegen die Geistlichkeit zur Herrschaft im Lande strebte, den Dienst einer heftigen Polemik gegen den (orthodoxen) Pfarrerstand. Es gelang sogar, ihn als Leibarzt an das Krankenbett des Königs Friedrich I. zu bringen. Doch verärgert über die politische Ausnutzung und enttäuscht über die im Grunde kirchenähnliche Entwicklung der pietistischen Konventikel verließ er das Land, nachdem er in der Vera demonstratio evangelica (153 Fragen über die Heilsordnung) ein ethisches Christentum im Widerspruch gegen die Rechtfertigungslehre Luthers vertreten und damit Anlaß zur Ausweisung als Irrlehrer gegeben hatte. Von 1729 bis zu seinem Tode lebte er am Zufluchtsort aller radikalen Pietisten in Berleburg nach vorübergehender Tätigkeit als Chemiker in Liebenburg bei Goslar. In völliger Einsamkeit verwarf er jeden Zusammenschluß von Christen. Eine Begegnung mit|Zinzendorf 1730 bestärkte ihn darin, während der Graf dadurch von der Mystik zur Rechtfertigungslehre Luthers geführt wurde.

    D. ist der klassische Typ des Individualisten, der den mystisch-spiritualistischen Weg der Kirchenkritik zu Ende gegangen ist, indem er auch den pietistischen Ersatz der bekämpften institutionellen Kirche durch eine bessere auf der Wiedergeburt und dem freiwilligen Zusammenschluß aufgebaute radikal verwarf. In diesem prinzipiellen Individualismus aus Glauben nimmt er Kierkegaard vorweg. Seine Ablehnung der klassischen christlichen Rechtfertigungs- und Versöhnungslehre, wobei er sich mit besonderer Schärfe gegen die sündenvergebenda Kraft des Strafleidens Jesu wendet, ruht auf dem Grunde der Willensfreiheit und des sittlichen Ernstes und weist auf den Moralismus der Aufklärung und Kants voraus. Sie bedeutet eine konsequente Durchführung des pietistischen Grundthemas, der Wiedergeburt, bis zur vollen Wirklichkeit des neuen Gott wohlgefälligen Menschen. Durch seinen entschlossenen Angriff auf alle Denkrichtungen, die die Willensfreiheit leugneten oder einschränkten, insbesondere auf Hobbes, Spinoza, Leibniz und Wolff, sprengte er die pietistische Enge, das Kreisen um das eigene Seelenheil, und ließ als bestimmenden Zug der künftigen Kirchenund Geistesgeschichte die Auseinandersetzung mit der Philosophie als der führenden Macht ahnen. Mit alledem zog er die Aufmerksamkeit der Zeitgenossen auf sich und war einer der meistgelesenen Autoren im frühen 18. Jahrhundert. Die einseitig polemisch-satirische, häufig zänkische und bewußt herabsetzende Art seines Wesens und seiner Schriftstellerei hinderte ihn am positiven Aufbau und Ausbau seiner zukunftsträchtigen Gedanken und brachte ihn in die Rolle des Sonderlings. Als Pseudonym wählte er - mit innerer Folgerichtigkeit - Christianus Democritus, weil er wie Demokrit sich selbst die Augen ausgestochen habe, um nicht durch den Blick auf Menschen von der Betrachtung der göttlichen Wahrheit abgelenkt zu werden.

    Der Übergang zum Beruf des Arztes und Alchimisten wurde nach D.s eigenen Worten durch eine von Jugend auf empfundene Neigung zu Medizin und Naturforschung erleichtert (siehe Vorrede zu „vitae animalis morbus et medicina“). Auch hier in Auflehnung gegen Einengung des lebendigen Geschehens in strenge Regeln, in mystischen Vorstellungen befangen und aus einer teleologischen Grundhaltung verwirft er die Identifizierung der Natur mit einem „leb- und verstandlosen Treibwerk“ als unzulänglich (Angriffe gegen ein mechanistisches Weltbild und gegen Atomistik und jede Korpuskulartheorie; Gassendi, Descartes, Boyle). Ist ihm auf diese Weise auch der Zugang zu den großen naturphilosophischen Systemen der Renaissance versagt, so lassen seine Schriften doch Beobachtungs- und Kombinationsgabe des Naturforschers erkennen, der spätere Entdeckungen vorausahnt, wenn er zum Beispiel behauptet, daß der Baum „nichts von der Erden zu seinem Wachstum an sich genommen sondern vielmehr das Regenwasser und herumschwebende Teile des lüftigen Dunstkreises eingesogen, dieselbe mittelst der Sonnenwärme verändert und nach der Eigenschaft seines Lebens mit besonderen Gaben ausgezieret habe“.

    Das durch Destillation von Tierabfällen (Knochen, Blut, Klauen und so weiter) gewonnene Öl empfahl D. so nachdrücklich für medizinische Zwecke, daß es nach ihm benannt wurde (Oleum animale Dippeli). Nach G. E. Stahl wurde das Cyanverbindungen enthaltende Produkt der Anlaß zur Entdeckung des Berliner Blaus, als ein von D. zur Ölreinigung benutztes Alkali nachträglich zur Bereitung eisenhaltiger Farbstoffe verwendet wurde (G. E. Stahl, Experimenta, 1731).

  • Werke

    Eröffneter Weg zum Frieden mit Gott u. allen Kreaturen d. Publication d. sämtl. Schrr. Christiani Democriti, 3 Bde., Berleburg 1747 (Gesamtausg., als Hrsg. wird d. Berleburger Leibmedikus Canz vermutet), darin I, S. 395 ff. Autobiogr. (bis 1698); bes. wichtig: Fatum Fatuum d i. Die thörige Notwendigkeit, Amsterdam 1708 (der 1. Angriff geg. Spinoza in d. dt. Theol.).

  • Literatur

    ADB V;
    K. Bucher, J. C. D., in: Raumers Hist. Taschenbuch 1858 (bezieht sich auf 1698-1702);
    W. Bender, J. C. D., der Freigeist aus d. Pietismus, 1882;
    K. Henning, J. C. D.s vistelse i Sverige samt Dippelianismen i Stockholm, Uppsala 1881;
    W. Diehl, Neue Btrr. z. Gesch. D.s, in: Btrr. z. Hess. KG 3, 1908, S. 135-84;
    PRE;
    RGG.

  • Porträts

    Kupf. v. A. C. Fleischmann.

  • Autor/in

    Martin Schmidt
  • Zitierweise

    Schmidt, Martin, "Dippel, Johann Conrad" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 737-738 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118679767.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Dippel: Johann Konrad D., Alchemist, Arzt und Theologe, geb. am 10. Aug. 1673 (nach Jöcher 1672) zu Frankenstein bei Darmstadt, gest. am 25. April 1734 auf Schloß Wittgenstein bei Berleburg. Sein Geburtsort diente seinem Vater Johann Philipp D., einem Prediger zu Nieder-Ranstadt oder Ramstadt, als Zufluchtsort gegen Verfolgungen. Es war die Zeit unduldsamer Kämpfe zwischen orthodoxen Lutheranern und Pietisten, in die D. schon als Kind durch Unterricht rein theologischer Färbung hineingezogen ward. Zweifel an verschiedenen Fragestücken des Katechismus äußerte er bereits im neunten Jahre und sein Eifer und Verstand ließen die Lehrer in ihm einen Genius vermuthen, den sie mit den als höheren Wissenschaften damals bezeichneten Anschauungen zu speisen unternahmen.

    So bezog er mit einem wohlgenährten Selbstbewußtsein und voll theologischer und mystischer Lehren achtzehnjährig die Universität Gießen, wo er als feuriger Disputant die Partei der damals herrschenden Orthodoxen ergriff. Er freute sich, wie er sagt, daß der Adel gleich einem alten Thurm baufällig ward, die Gottesgelehrten dagegen ihre Würde immer mehr vergrößerten. Er wollte ein geistlicher General werden, beklagte daß es in seiner Vaterstadt keine Gelegenheit gebe, sich so hoch empor zu schwingen, und beschloß früh auszuwandern und einen Ort zu suchen, wo er zu solchen Würden gelangen könne. Mittlerweile hatten die Pietisten an Einfluß gewonnen und suchten D. durch Versprechungen zu sich hinüber zu ziehen. Aber die Furcht, durch Uebertritt verächtlich zu werden, hielt ihn zurück und er suchte durch Fechten und lockere Gesellschaft zu zeigen, daß er ein „rechtschaffen lutherisch Gesinnter“ sei, der nicht durch eingezogenes Leben in den Geruch der Ketzerei gerathen wolle. Freilich suchte er die Sünden des Tages durch sorgfältig geheimgehaltenes nächtliches Gebet wieder auszulöschen. Im J. 1693 disputirte er pro gradu magistri über eine gedruckte Dissertation „De nihilo“, einen inhaltslosen Gegenstand, den er aus Paradoxie gewählt, und nach drei Jahren, welche er als Hauslehrer eines Beamten im Odenwalde verlebt, weiter ausführte, um durch eine neue neue Disputation eine außerordentliche Professur in Gießen zu gewinnen. Er suchte vor dem versammelten Hof, der damals in Gießen residirte, und vielen Gelehrten aus Wetzlar und Marburg nachzuweisen, daß unser Verstand nicht ausreiche, irgend etwas zu erkennen. Die Universität verbot den Druck der Schrift, welche der Hof verstattete und welche ihm alle Aussicht auf Beförderung versperrte. In Wittenberg von dem Theologen Dr. Hannecker an den er empfohlen war und mit dem er später in öffentlichen Streit gerieth, ohne Wolwollen empfangen, wandte er sich nach Straßburg, wo er die Orthodoxen für die herrschende Partei hielt. Auch hier hatte jedoch der Einfluß Spener's die theologischen Verhältnisse umgestaltet. Er fand Widersacher, legte sich nun auf Arzneikunde und hielt Vorträge über Chiromantie und Astrologie. Daneben las er die Kirchenväter, und seine|Begriffe über Orthodoxie geriethen ins Wanken. Ein verschwenderisches Leben brachte ihm Schulden und Duelle. Einer seiner Freunde ward tödtlich verwundet und er floh, um der Verhaftung zu entgehen, nach Landau, Neustadt und Worms, unter Gefahren, welche der französische Krieg vergrößerte, und ohne Geld, so daß er seine Effecten im Stiche ließ, dem Wirthe in Worms ein Manuscript wider die Pietisten, einem anderen in Oppenheim seinen Magisterring als Pfand ließ, bis er als Spion verhaftet und nur mit Mühe von den Seinigen befreit in die Heimath zurückkehrte. Hier gewann er durch Predigten und Pietismus die Gnade des Hofes, „in der Haut ein Schalk, der vornehmlich nur den Nutzen dieses Lebens suchte, eine fette Stelle und eine nicht geringere Heirath“. Obgleich er eine Schrift gegen Hannecker zum Zeichen seiner Umkehr nach Gießen schickte, mißlangen diese Pläne; doch gewann ihn Gottfried Arnold völlig für die Sache des Pietismus und half ihm zu dem wahren Durchbruch und der wahren neuen Geburt. Unter dem Namen Christianus Democritus, weil Democrit sich die Augen ausgestochen, um die Wahrheit zu erkennen, schrieb er zur Vertheidigung des Pietismus die wichtigsten seiner sehr zahlreichen theologischen Schriften, „Orthodoxia Orthodoxorum“ (1697) und namentlich den „Papismus protestantium vapulans oder das gestäupte Papstthum“ (1698). Diese bald verbotene Schrift läugnete die göttliche Eingebung der Bibel und verwickelte ihn in endlosen Streit, der ihn wiederum von der Theologie abwandte und der Arzneikunst und Alchemie zuführte. Durch die erstere erwerbend verlor er große Summen durch die letztere sowie durch übermäßige Freigebigkeit und entfloh seinen Gläubigern 1704 nach Berlin Hier miethete er einen Palast und betrieb gemeinsam mit J. G. Rosenbach die Goldmacherei. Zufällig dabei erlangte Resultate, auf denen sein Nachruhm beruht, werden weiter unten besprochen. Auf Verlangen Karls XII. von Schweden ward er wegen einer Streitschrift gegen den Superintendenten von Pommern, Mayer, arretirt. Nach acht Tagen entlassen, floh er aus Berlin (1707) in schwedischer Uniform und wandte sich nach Holland, wo er bei Maarsen am Canal zwischen Amsterdam und Utrecht ein Haus und das Bürgerrecht erwarb und medicinisch und alchemistisch weiter arbeitete. Im Jahre 1711 gewann er zu Leyden die medicinische Doctorwürde mit einer Dissertation „De vitae animalis morbo et medicina“, in welcher er das noch heute nach ihm benannte Dippel’sche Oel, das Destillationsproduct thierischer Substanzen, welches als Ausgangspunkt wichtiger Untersuchungen später in der Chemie Bedeutung gewann und seiner Zeit in der Medicin Geltung hatte, gegen Wechselfieber empfahl. Durch Schulden oder durch eine Streitschrift „Alea belli muselmannici“ aufs neue vertrieben, ging er 1714 nach Altona, wo er zum königl. dänischen Kammerherrn ernannt ward. Aber bald ward er durch Angriffe auf die Verwaltung der Stadt genöthigt, in Hamburg zu leben. An Dänemark ausgeliefert und in Ketten nach Kopenhagen gebracht, ward er 1719 zur Verbannung auf Schloß Hammershuus auf der Insel Bornholm verurtheilt, wo er, als Arzt geliebt, in leichtem Gewahrsam festgehalten ward, bis ihn 1726 ohne sein Zuthun die Fürbitte der Königin von Dänemark befreite. Aus dieser Zeit stammt eine Schrift über auf Bornholm gefundene goldene Figuren, denen er ägyptischen Ursprung zuschrieb. Auf der Rückreise über Schweden ward er daselbst durch den Wunsch des Königs und der Ritterschaft als Arzt festgehalten, während die Geistlichkeit ihn als Pietisten verfolgte und Ende 1727 seine Ausweisung durchzusetzen wußte. Jetzt lebte er mit Alchemie beschäftigt in Lauenburg, Lüneburg, Celle und Liebenburg bei Goslar, bis der Haß des Superintendenten Mayenberg in Clausthal seine Ausweisung aus Hannover durchzusetzen vermochte. In Berleburg und Wittgenstein verlebte er die Jahre 1729—1734. Am 25. April des letztern Jahres ward er als Gast des Grafen Wittgenstein|aus dem gleichnamigen Schlosse todt im Bette gefunden, wahrscheinlich von einem Schlagfluß getroffen.

    Während sein theologischer Hader, seine ärztlichen Leistungen und sein bewegtes Leben kaum hinreichen würden, um sein Gedächtniß bis heute zu erhalten, läßt ihn seine zufällige Beziehung zu einer überaus wichtigen Substanz, dem Berliner Blau, nicht mehr aus der Geschichte der Chemie verschwinden. G. E. Stahl theilt darüber in seinen Experimentis Observationibus Animadversionibus CCC (1731) folgendes mit: Ein Berliner Farbenkünstler Diesbach wollte Florentinerlack bereiten durch Niederschlag eines Absuds von Cochenille mit Alaun und etwas Eisenvitriol durch fixes Alkali und bat D., ihm zu diesem Zwecke etwas von dem Kali zu überlassen, über welches D. das nach ihm benannte thierische Oel destillirt hatte. Bei Anwendung dieses Alkalis erhielt Diesbach statt des erwarteten rothen Pigmentes ein blaues. Er theilte diese Beobachtung D. mit, welcher einsah, die Bildung der blauen Farbe müsse auf der Einwirkung des gebrauchten Alkalis auf den Eisenvitriol beruhen. Das Berliner Blau ward später in anderen Händen der Ausgangspunkt zahlreicher wichtiger Entdeckungen, so des Blutlaugensalzes, der Blausäure und vieler anderer. Ueber Diesbach irgend welche Nachrichten zu erhalten ist nicht gelungen. Diesfallsige Nachforschungen, welche auf Veranlassung des Schreibers dieser Zeilen der Secretär des Vereins für Berlinische Geschichte Herr Professor Holtz in städtischen und Staats-Archiven in neuerer Zeit anstellen ließ, sind ebenfalls ohne Resultat geblieben.

    • Literatur

      J. C. G. Ackermann, Das Leben J. C. Dippel's, Leipzig 1781; Strieder, Hessische Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte, Bd. III, daselbst auch ein Verzeichniß seiner Schriften. Vgl. ferner Wilh. Bender, J. K. Dippel, der Freigeist aus dem Pietismus. Ein Beitrag zur Entstehungsgeschichte der Aufklärung. Bonn 1882.

  • Autor/in

    Oppenheim.
  • Zitierweise

    Oppenheim, Alphons, "Dippel, Johann Conrad" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 249-251 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118679767.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA