Dates of Life
1765 – 1837
Place of birth
London
Occupation
König von Hannover, Großbritannien und Irland
Religious Denomination
lutherisch?
Authority Data
GND: 118632906 | OGND | VIAF: 6705151778230618130003
Alternate Names
  • Wilhelm IV.
  • Wilhelm IV., Großbritannien, König
  • Wilhelm Heinrich IV., Großbritannien, König
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Relations

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Citation

Wilhelm IV., Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118632906.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographical Presentation

    Wilhelm IV., König von Großbritannien und Irland und König von Hannover, geboren am 21. August 1765 im Buckinghampalast zu London, in Schloß Windsor am 20. Juni 1837, war das dritte Kind und der dritte Sohn aus der kinderreichen Ehe König George's III. und der Prinzessin Sophie Charlotte von Mecklenburg-Strelitz, einer Tante der Königin Luise von Preußen. Da von seinen beiden älteren Brüdern der zweite, Friedrich Herzog von York, während der Regierung des ältesten, Königs Georg IV., am 25. Januar 1827 kinderlos starb, rückte Wilhelm in die Stelle des Thronfolgers ein und succedirte seinem Bruder, als dieser am 26. Juni 1830 ohne Hinterlassung thronfolgefähiger Descendenz starb, in die Regierung über England und Hannover, der letzte der fünf Herrscher, auf denen die seit 1714 bestehende Personalunion zwischen England und Hannover beruhte. Fast genau sieben Jahre hat er regiert. Aus seinem Leben vor der Thronbesteigung gehören in die Allgemeine Deutsche Biographie nur die allgemeinsten Umrisse. Prinz Wilhelm Heinrich, wie er nach seinem Onkel, dem Herzog von Gloucester, zubenannt war, erhielt eine militärische Erziehung; während aber seine Brüder für den Dienst im Heere ausgebildet wurden, wurde er für die Marine bestimmt. 1779 trat er als Midshipman auf dem Flaggenschiff des Admirals Digby ein und hatte in dem Kriege Englands gegen Frankreich und Spanien bald Gelegenheit an ruhmreichen Gefechten theilgunehmen. So 1780 am 16. Januar an dem Kampfe bei Cap St. Vincent, wo Rodney die spanische Flotte unter Don Juan de Langara schlug. Prinz Wilhelm wurde in die Heimath geschickt, um dem Könige die Flagge des spanischen Admirals zu überreichen. 1782 segelte er unter Sir S. Hood nach Jamaica und wurde mit Nelson bekannt, mit dem er im nächsten Jahre in Havanna zusammen war. Im Juni 1783 nach England zurückgekehrt, machte er mit seinem Bruder York eine Reise nach dem Continent, auf der er in Berlin Friedrich dem Großen vorgestellt wurde. 1785 wurde er Lieutenant, 1786 Capitän, hatte seine Station in Westindien und befehligte die Fregatte Pegasus. So viel Rühmens auch von seinem leutseligen Wesen, seinen offenen und ehrlichen Seemannseigenschaften gemacht wird, an einer soldatischen Tugend scheint es ihm doch gefehlt zu haben: der Disciplin. 1787 kehrte er, anstatt nach Jamaica zu gehen, heim, mußte zur Strafe seiner Insubordination in Plymouth bleiben, wo ihn seine edeln Brüder, Wales und York, beide ohne Rücksicht auf des Königs, ihres Vaters Autorität, besuchten, und dann nach Westindien zurückkehren. Das war seine letzte Reise im activen Dienst. Wenn er auch nachher beim Wiederausbruch des Krieges mit Spanien das Amt eines Contreadmirals erhielt, so ist ihm doch kein Commando mehr anvertraut worden. 1789 zum Herzog von Clarence und Earl von Munster ernannt, schloß er sich im Oberhause der Opposition an, die seine Brüder der Regierung ihres Vaters machten. Gleich seinen Brüdern betheiligte er sich eifrig an der Discussion, ohne daß sich seinen Reden mehr als Lebhaftigkeit hätte nachrühmen lassen. Er|trat für die Extravaganzen seines ältesten Bruders ein, dessen Schuldenlast das Parlament wiederholt beschäftigte, bekämpfte die Sklavenemancipation mit seinen in Westindien gesammelten Erfahrungen und nannte ihre Fürsprecher Fanatiker oder Heuchler, und sprach ebenso wie sein Bruder Cumberland gegen die Bill, die die Ehe des wegen Ehebruchs Geschiedenen mit seinem Mitschuldigen verbieten wollte. 1791 soll der Prinz mit einem Fräulein v. Linsingen, das er im Hause ihres Vaters, des Obersten v. Linsingen in Hannover kennen gelernt hatte, eine heimliche Ehe in Pyrmont geschlossen haben, die auf Einspruch von London aus durch gegenseitige Uebereinkunft wieder gelöst wäre. Die Schrift, die im J. 1880 die erste Kunde von diesem Vorgang brachte, enthält aber so viel Romanhaftes und ist in manchen ihrer Angaben mit historischen Thatsachen in Widerstreit, daß ihre Ergebnisse, über die in Bd. XVIII, 723 der A. D. B. berichtet ist, nicht ohne weiteres als zuverlässig aufgenommen werden können, auch wenn sie bloß in einem Buche von unglaublicher Unwissenheit in continentalen Dingen wie Fitzgerald, The life and times of William IV. angegriffen sein sollten. An Liebesaffairen leidet das Jugendleben des Prinzen sonst keinen Mangel. Um 1790 schloß er ein dauerndes Verhältniß mit einer reizenden irischen Schauspielerin, Dora Jordan, das fast zwanzig Jahre bestand. Fünf Söhne und fünf Töchter sind daraus hervorgegangen, die durch Amt oder Heirath hervorragende Stellungen im öffentlichen Dienst und in der englischen Aristokratie erlangten, während die Mutter der Fitzclarence nach Jahren in Frankreich in Dürftigkeit starb, wie es heißt, nicht ohne ihr eigenes Verschulden. Den Kindern bewahrte der Herzog seine volle väterliche Liebe und wurde darin auch nicht behindert, als er 1818 eine standesgemäße Ehe einging. Gleich seinen Brüdern Kent und Cambridge verheirathete er sich erst, als durch den Tod der Prinzessin Charlotte ( am 6. Nov. 1817), des einzigen Kindes des Prinzregenten, für dessen jüngere Geschwister die Nachfolge wahrscheinlicher wurde. Die Gemahlin des Herzogs war die Prinzessin Adelheid von Sachsen-Meiningen, die ältere Schwester des Herzogs Bernhard Erich Freund, der seit 1821 regierte und im September 1866 resignirte. Die Herzogin, 26 Jahre alt, kaum halb so alt wie der Herzog, überlebte ihn um zwölf Jahre ( am 2. Dec. 1849). Die Ehe war eine sehr glückliche. Allemal, wenn die Politik des Königs den Zeitungen nicht gefiel, liebte es der englische Hochmuth die Ausländerin, die deutsche Prinzessin der Einmischung in die politischen Verhältnisse anzuklagen. Nach dem Tode des Herzogs von York setzre das Parlament dem nunmehrigen Thronfolger eine Dotation von 30 000 Pfund Jahreseinkünfte aus. In derselben Zeit kehrte der Herzog, der bis dahin der Oeffentlichkeit fern auf seinem Landsitze Bushy Park bei London gelebt hatte, in die politische Welt zurück. Er ließ sich bewegen, in das von Canning im Frühjahr 1827 gebildete Ministerium als erster Lord der Admiralität mit dem Range eines Lord High Admiral einzutreten. Daß er auf das Verhalten des englischen Admirals in der Schlacht bei Navarin (20. Oct. 1827) eingewirkt habe, ist eine unbegründete Sage. Seines Bleibens im Amte war nicht lange. Auch hier stürzte ihn die Unfähigkeit sich unterzuordnen. Der Herzog von Wellington, der nach Canning's Tode zusammen mit Sir Robert Peel die Neubildung eines Ministeriums unternommen hatte, mußte den Herzog von Clarence im August 1828 von seinem Posten entfernen, da er, anstatt wie es sein Patent vorschrieb sich mit den Mitgliedern seines Collegiums zu verständigen, eigenmächtig Befehle erließ und darüber mit Sir George Cockburn an einander gerieth. Wellington rühmte in dem Nachrufe, den er dem Herzoge 1837 im Oberhause hielt, daß er es ihn nie habe entgelten lassen, ihn von seinem liebsten und wegen des Einkommens kaum entbehrlichen Posten eines Großadmirals entfernt zu haben. Der letzte bedeutendere Act parlamentarischer Thätigkeit, der von Clarence zu verzeichnen ist, ist, daß er im Frühjahr 1829 die Vorschläge der Regierung, die die Emancipation der Katholiken bezweckten, im Oberhause, das sich bis dahin der Maßregel standhaft widersetzt hatte, durchbringen half. Im nächsten Sommer wurde der Herzog König, lebhaft begrüßt von der öffentlichen Meinung, die sein Vorgänger durch Leben und Regierung so gründlich zu verscherzen gewußt hatte. Obschon sich der neue König gelegentlich als einen alten Whig bezeichnet hatte, behielt er das Ministerium seines Bruders Wellington-Peel bei, obschon es sich die Tones durch die Katholikenemancipation entfremdet und durch die Weigerung, auf eine Parlamentsreform einzugehen, die Whigs nicht gewonnen hatte. Als aber im August 1830 die Neuwahlen, nicht zum wenigsten unter dem Eindruck der Julirevolution, einen Sieg der Opposition ergaben und ein Antrag auf eine Neuordnung der Civilliste des Königs die Mehrheit erhielt, trat das bisherige Cabinet zurück. Die König berief Lord Grey, das Haupt der Whigs, und führte damit die Partei an das Ruder des Staats zurück, die seit mehr als einem Menschenalter ausgeschlossen gewesen war. Damit zugleich erklärte er sich mit dem Hauptpunkte ihres Programms, die Reform des Unterhauses von Regierungswegen zu betreiben, einverstanden. Grey erwarb sich den Dank des Königs durch eine zweckmäßige und liberale Ordnung der Verhältnisse der Civilliste. Der König überließ auf seine Lebenszeit die erblichen Kronrevenüen dem Staate, und die Civilliste, aller Staatsausgaben entlastet, die sie bisher noch zu bestreiten gehabt, wurde auf 510 000 Pfd. Sterl. festgesetzt. Den Tones, die als Versechter der königlichen Selbständigkeit gegenüber dem Parlament abgezogen waren, und ihrem Vorwurfe, der König werde durch den Vorschlag der Unterhausmehrheit zu einem stipendiary, zu einem insulated king degradirt, war damit wirksam begegnet. Der Verwirklichung der Parlamentsreform stellten sich große Schwierigkeiten in den Weg; aber der König zeigte sich bereit, die nothwendigen Maßregeln zu ihrer Beseitigung zu ergreifen. Im Sommer 1831 löste er das Unterhaus auf, das sich mit einer wenn auch nur kleinen Mehrheit dem Reformvorschlag der Regierung widersetzt hatte; ließ sich, als im Herbst nach Genehmigung der Bill durch das Unterhaus das Oberhaus sie verwarf, nicht der Reform abwendig machen, und ermächtigte seine Minister zur Einbringung der Bill zum dritten Male. Als dann aber im Oberhause die Regierung bei der entscheidenden Abstimmung wiederum geschlagen wurde, scheute der König davor zurück, zu der Anwendung des letzten Mittels, der Vermehrung der Pairie, zu schreiten, obwol er sich Wochen vorher theoretisch damit einverstanden erklärt hatte. Es zeugt von Consequenz, wenn der König nach dem Rücktritt Grey's die Führer der Toires doch nur mit der Bedingung zur Uebernahme des Ministeriums aufforderte, daß an dem Plane einer Reform des Unterhauses festgehalten würde, und als Wellington die Bildung eines neuen Ministeriums nicht gelang, Grey aufs neue mit der Führung der Geschäfte beauftragte. Das Mittel des Pairsschubes, zu dem der König seine Zustimmung ertheilt hatte, blieb auch diesmal unangewendet, da er es vorzog, durch seinen Privatsecretär, wir würden sagen Cabinetsrath, den allgemein hochgeachteten Oberst Herbert Taylor, der einst schon unter Georg III. in gleicher Eigenschaft fungirt hatte, die dem Hofe persönlich nahe stehenden Lords zur Aufgabe ihres Widerstandes aufzufordern und infolge dessen fast hundert Peers der entscheidenden Abstimmung im Oberhause fernblieben. So konnte am 7. Juni 1832 die Reformbill die Sanction empfangen, aber bezeichnend nicht durch den König selbst, der durch den ganzen Verlauf der zweijährigen Verhandlung, die aufgeregte Volksbewegung, die nebenher gegangen war, zu tief verletzt war, sondern durch eine Commission von sechs Mitgliedern des geheimen|Raths, die er dazu ermächtigt hatte. Damit war das wichtigste Ergebniß der Regierung Wilhelm's IV. erreicht, und es ist kein geringer Ruhm, wenn von der Reformbill gesagt worden ist, daß wol nie in der Geschichte eine politische Reform von einer regierenden Classe mit solchem Maß von Besonnenheit unternommen und ausgeführt worden ist wie diese (Gneist). Auch nach Durchsetzung der Reformbill hat die Regierung noch große Erfolge zu verzeichnen, wie die Aufhebung der Sklaverei, die Städteordnung. Die größten Schwierigkeiten boten die irischen Verhältnisse, die Beseitigung der Nothstände und die Ordnung der kirchlichen Angelegenheiten. Das Ministerium Grey arbeitete zwischen zwei Feuern, den Tories und den Radicalen. Der König, der ihm lange Zeit seine Unterstützung gewährt hatte, wurde besorgt um die protestantische Kirche in Irland. Zeigte sich nun gar Mangel an Uebereinstimmung unter den Mitgliedern des Cabinets, die nur unvollkommen durch die Reconstruction des Whigministeriums durch Lord Melbourne nach dem Rücktritt Grey's geheilt war, so kam des Königs ganze Unzufriedenheit mit den bisherigen Räthen zu Tage, als er im Herbst 1834, ohne daß ein Mißerfolg des Cabinets im Parlament vorangegangen wäre, Melbourne für seine Dienste dankte und die Tories wieder ans Ruder berief. Es war des Königs eigenstes Werk, aber dies Experiment eines conservativen Cabinets hatte ebenso wenig dauernden Erfolg als ein früherer Versuch. Im April 1835 trat Peel zurück, da er in dem neu erwählten Unterhause keine Mehrheit für seine Vorlage in Sachen der irischen Kirche zu gewinnen vermochte. Lord Melbourne, Palmerston kehrten zurück. So wenig der König seine Zuneigung zu Wellington und Abneigung gegen die Liberalen verhehlte, das schwache Whigcabinet, bekämpft von einer mächtigen um Peel, Wellington und Lord Lyndhurst gescharten Toryopposition, behauptete sich bis zum Ende der Regierung König Wilhelm's und ging auf die Nachfolgerin über.

    Von continentalen Angelegenheiten nahm den König zuerst und das alsbald nach seiner Thronbesteigung die Ordnung der Regierungsverhältnisse in Braunschweig in Anspruch, wo Herzog Karl durch eine heillose Mißregierung die Bevölkerung zu einem Aufstande getrieben hatte, der mit der Flucht des Herzogs endete. Wohlwollend hatte der König anfangs den vertriebenen Neffen in England aufgenommen, als er aber die böse Natur des entarteten Fürsten erkannt hatte, dem jüngeren Bruder Wilhelm, der die Regierung in Braunschweig übernommen, seinen Schutz zugesagt und, so wenig er auch revolutionären Bewegungen entgegenzukommen gewillt war, in der Einsicht unausweichlicher Nothwendigkeit sich zu der definitiven Regelung verstanden, die auf Anrathen Preußens in dieser überaus schwierigen staatsrechtlichen Angelegenheit getroffen wurde: zu der agnatischen Disposition, die am 10. März 1831 der Bundesversammlung übergeben die absolute Regierungsunfähigkeit des Herzogs Karl constatirte und daraus die Consequenz zog. Zu diesem Acte trat dann noch, um den Schwierigkeiten zu begegnen, die inskünftige aus einer standesgemäßen Heirath des ausgeschlossenen Prinzen erwachsen könnten, ein Familienstatut von 1832 hinzu, das die staatsrechtliche Wirksamkeit der Ehen von Prinzen des Gesammthauses Braunschweig-Lüneburg von der rechtsförmlichen Einwilligung des regierenden Herrn der Linie in die Eheschließung abhängig machte. Hatten die braunschweigischen Angelegenheiten den König nur als Agnaten, als Chef der jüngeren welfischen Linie beschäftigt, so forderten die Verhältnisse seines Stammlandes seine ganze Thätigkeit als Landesherr. So kurz die Regierung K. Wilhelm's währte, sie war für sein Land Hannover nicht minder bedeutsam und ereignißreich als für England. Die Einwirkungen der Julirevolution machten sich auch hier geltend. Weit entfernt sich mit polizeilichen Maßregeln und der militärischen Unterdrückung der aufständischen Bewegung, die sich an einigen Orten gezeigt hatte, zu begnügen, forschte die Regierung den tieferen Gründen nach, aus denen die weit im Lande verbreitete Unzufriedenheit entstanden war. Sie beschränkte sich nicht auf die Regierten, auch in den Kreisen der Beamten, der Angestellten, wie man gern sagte, war entschiedener Unwille verbreitet über die exclusive Aristokratie, die im Lande herrschte, wie über die Abhängigkeit von dem allmächtigen Minister in London, dem Grafen Münster, der eine Art oberer Instanz über den Ministern in Hannover bildete. Selbst der Herzog von Cambridge, der jüngste Bruder des Königs, der seit 1816 als Generalgouverneur in Hannover fungirte, war durch diese Ordnung des Verhältnisses zwischen dem Lande und seiner Herrschaft beengt und gehemmt. Die Schäden lagen so deutlich zu Tage, daß der König, als ihn zu Anfang des Jahres 1831 Abordnungen aus Hannover über die Sachlage aufklärten, sich sofort zur Aenderung entschloß. Graf Münster wurde verabschiedet, die deutsche Kanzlei in London, an deren Spitze er gestanden hatte, aufgehoben. Um der Regierung in Hannover mehr Einheit und Kraft zu geben und in wichtigen und besonders in eiligen Fällen auch ohne Abwartung der speciellen königlichen Befehle verfahren zu können, erhielt der Herzog von Cambridge die Stellung eines Vicekönigs und Vorsitzenden des Staatsministeriums, zum Minister bei des Königs Person wurde L. v. Ompteda, seit 1823 Staatsund Cabinetsminister in Hannover, berufen. Den Reformen, welche das durch diese Neuordnung selbständiger gestellte Ministerium vorschlug, hat der König bereitwillig seine Unterstützung geliehen. Mit seiner Zustimmung bezeichnete der Vicekönig bei der Eröffnung der Ständeversammlung es als des Königs festen Willen, daß bei der Besetzung der Staatsämter nicht das Ansehen der Geburt, sondern lediglich persönliche Tüchtigkeit und unbescholtener Charakter entscheiden solle: eine Erklärung, die dem Regierungsnachfolger besonders verhaßt war, so daß er deren Urheber ausfindig zu machen sich besonders angelegen sein ließ (s. A. D. B. XXIX, 184). Der wichtigste unter den Vorschlägen des Ministeriums war die Entwerfung eines Staatsgrundgesetzes und die Herstellung einer einheitlichen Finanzverwaltung an Stelle der hier noch festgehaltenen Duplicität des Finanzwesens, der Trennung von Domanial- und Landescasse. Auch diesem Vorschlage, der einem Antrage der Landstände entsprach, stimmte K. Wilhelm zu, nur mit der Befürwortung, daß die „declaration of rights and imunities“, wie er sie nannte, als Act seines freien Willens, nicht als ihm abgedrungen verstanden würde. Rasch entschlossen hat er in diesem Stadium die Verfassungssache behandelt. Den ständischen Antrag, der ihm durch Bericht vom 22. April vorgelegt war, hat er in einer vertraulichen Antwort an seinen Bruder Cambridge schon am 29. April und in einer officiellen Mittheilung an das Ministerium vom 10. Mai gutgeheißen. Im Sommer 1831 wurde im Schöße des Staatsministeriums unter Zuziehung von Dahlmann ein Verfassungsentwurf aufgestellt, der am 5. October durch den Cabinetsrath Falcke (s. A. D. B. VI, 545) nach London überbracht und auf Grund seiner dem König gehaltenen Vorträge zu Ende des Monats unbeanstandet genehmigt wurde. Als aber das Resultat der abgeschlossenen Verhandlungen über den Entwurf, den erst eine Commission von sieben königlichen und vierzehn ständischen Mitgliedern und dann das Plenum beider Kammern der Ständeversammlung durchberathen hatte, im März 1833 dem Könige vorgelegt wurde, dauerte es bis zum Herbst, bevor er seine Sanction ertheilte. Die Aenderungen, welche der ursprüngliche Entwurf in der Zwischenzeit erfahren hatte, sind nicht bedeutend genug, um diesen Aufschub zu erklären, waren sie doch außerdem unter Zustimmung des Ministeriums erfolgt. Der|Gedanke an Einmischung von außen her ist nicht abzuweisen. Wie es heißt, ließ Metternich durch seinen Gesandten Gegenvorstellungen machen, die an dem Frankfurter Attentat vom Frühjahr 1833 und an den Besorgnissen, die dem Könige die durch die Reformbill hervorgerufene Bewegung im eigenen Lande verursacht hatte, eine Stütze finden mochten. Sicher ließ es aber auch die Adelsopposition in Hannover unter Führung des Freiherrn Georg v. Schele (s. A. D. B. XXX, 752) nicht an Einwirkungen fehlen, zumal sie einen einflußreichen Fürsprecher in der Umgebung des Königs an dem Herzog von Cumberland hatte. Mit ihm, dem voraussichtlichen Nachfolger in Hannover, hatte der König in den Vorbereitungsstadien des Verfassungswerks verhandelt und keinen Widerstand bei ihm gefunden; nur in einigen untergeordneten Punkten hatte er Bedenken geäußert. Zusehends wuchs aber seine Opposition, je mehr die Verhandlung sich ihrem Abschlusse näherte; und es ist seltsam wahrzunehmen, daß der König ihm eine kleine, wenn auch nur trügerische, Handhabe für sein späteres Verhalten dadurch bot, daß er einseitig eine Anzahl kleiner, sachlich nicht wesentlicher, Aenderungen an dem zwischen dem Staatsministerium und dem Landtage festgestellten Verfassungsentwurfe vornehmen ließ, ehe er ihn am 26. September 1833 in Schloß Windsor unter der Contrasignatur von Ompteda sanctionirte. Die maßvolle die Kraft der Regierung wie die Freiheit der Unterthanen verbürgende Verfassung würde die Grundlage für eine gedeihliche politische Entwicklung des Landes, vielleicht auch darüber hinaus ein werthvolles Beispiel abgegeben und dem letzten der englischen Könige, der über Hannover zu regieren berufen war, den dauernden Ruhm eines Begründers verfassungsmäßiger Ordnung in seinem Heimathlande eingetragen haben, wenn er zugleich für die Zukunft zu sorgen gewußt hätte. Dazu hätte es des Ausbaues der Verfassung durch organisatorische Gesetze und der Sicherung gegen die ihr drohende Gefahr bedurft. Nach beiden Seiten hin ist schwer gefehlt. Der König wußte, wie sein Bruder Cumberland zu dem Staatsgrundgesetze stand. Durch eine amtliche Erklärung vom 20. October 1833, die man erst 1889 durch den vierten Theil von Treitschke's Deutscher Geschichte kennen gelernt hat, hatte er deutlich ausgesprochen, er halte sich durch das neue Gesetz noch nicht gebunden. K. Wilhelm, der die Halsstarrigkeit seines Bruders im politischen Leben oft genug erfahren hatte, wußte dem Ministerium keinen günstigeren Erfolg von weiteren Verhandlungen mit ihm zu versprechen, meinte aber in seiner Sorglosigkeit, das Verhalten des Herzogs werde eher Nachtheile für ihn selbst als für das Land zur Folge haben. Sollte damit auf die Schuldenlast, die den Herzog drückte, angespielt sein, so lag doch der ganzen Combination die trügerische Vorstellung zu Grunde, das Land und seine Verfassung würden stärker sein als der Herzog mit seinen Bundesgenossen innerhalb und außerhalb Hannovers. Die Zeit, die das Land unter dem Staatsgrundgesetz verlebte, hat ein Kenner seines Rechts und seiner Geschichte als die vier segensreichen Jahre gepriesen, da eine einheitliche Verwaltung durch ihre Principien der Oeffentlichkeit, Freiheit und Selbständigkeit den glücklichsten Zustand des Landes begründete (Stüve). Ließ auch der Ausbau der Verfassung viele Wünsche unbefriedigt, so ist doch der König bemüht gewesen, ein wichtiges Gesetz unter Dach und Fach zu bringen, bei dem zwar in erster Linie das fürstliche Haus, in zweiter aber auch das Land betheiligt war. Gleichzeitig mit dem Staatsgrundgesetz war die Ausarbeitung eines Hausgesetzes in die Hand genommen, theils um des innern Zusammenhanges willen, theils mit Rücksicht auf die immer mehr in nahe Aussicht rückende Trennung Hannovers von England. Dahlmann, dem die Entwerfung im Sommer 1832 aufgetragen war, überreichte im folgenden Januar sein Werk, das vom Könige aufmerksam geprüft, im September 1833 seine|Genehmigung erhielt, aber erst drei Jahre später, am 19. November 1836, publicirt wurde, da es zuvor noch dem Landtage wegen seines die Apanagen regelnden Bestandtheils und dem Herzog von Braunschweig wegen seiner das Gesammthaus angehenden Bestimmungen vorgelegt werden mußte und an der einen wie an der andern Stelle einzelne Aenderungen erfuhr. Der König war die letzten Jahre seiner Regierung nicht mehr der fröhliche zufriedene Herr, der King sailor, der Seemannskönig, der sich seines Königthums und seiner Popularität freute, wie die deutschen Beobachter anfangs von ihm berichteten. Die politischen Kämpfe hatten ihn ernüchtert und das Steigen und Fallen der Volksgunst kennen gelehrt. Gleichgültiger geworden, ließ er die Dinge gehen, wie es Gott gefiel. Wo er zum Unmuth neigte, griff die Königin Adelheid mildernd ein. Vermöge ihres großen Einflusses hatte sie es bewirkt, daß zwischen ihm und seinem Bruder Cumberland ein wenigstens äußerlich gutes Einvernehmen bestand, wie sie auch Cumberland und den zweitjüngsten Bruder, den Herzog von Sussex, mit einander versöhnt hatte. Wie der König aber von sich selbst in einer Denkschrift sagen durfte, er habe während der ganzen Dauer des Whigministeriums jeden Versuch, direct oder indirect mit den Gegnern in Verbindung zu treten, unterlassen, der seinen Dienern den geringsten Anlaß zu Eifersucht oder Mißtrauen hätte geben können, so rühmte ihm auch der preußische Gesandte, Heinrich v. Bülow, nach, wie er an dem Könige stets einen wirklich theilnehmenden und sicheren Freund, nicht im königlichen, sondern im rein bürgerlichen Sinn gefunden habe. Seit Beginn des Jahres 1837 war König Wilhelm leidend. Schon die Eröffnung des Parlaments hatte er wider seine Gewohnheit nicht mehr selbst vorgenommen. Nachdem er noch einmal, wie er es sich gewünscht, den Jahrestag von Waterloo erlebt hatte, starb er am 20. Juni. Den besten König, den wir uns nur wünschen mochten, haben wir verloren, schrieb Dahlmann am 1. Juli, und seine wenige Monate später verfaßte Schrift: 'Zur Verständigung' begann mit den Worten: als der gute König Wilhelm gestorben war. Durch die Reden, welche am 22. Juni die Vertreter der Regierung wie die Führer der Parteien im Parlamente dem Verstorbenen widmeten, zieht sich die Trauer um den Heimgang eines Fürsten, der gerade, wohlmeinend, selbstlos seinem Staate und Volke gedient hatte. Da die beiden Töchter des königlichen Paars schon im Kindesalter verstorben waren und der nächstfolgende Sohn K. Georg's III., der Herzog von Kent, seinen Vater nicht überlebt hatte, so folgte in England die Tochter des Herzogs von Kent, die eben volljährig gewordene Prinzessin Victoria; in Hannover, wo Frauen zwar an sich successionsfähig, aber erst nach Aussterben des Mannsstammes folgen konnten, der nächstberechtigte jüngere Bruder, der Herzog Ernst August von Cumberland. In Hannover traf die Kunde von dem Regierungswechsel in die Zurüstungen zu der hundertjährigen Jubelfeier der Universität Göttingen. Zu den Vorbereitungen für das Fest gehörte der im J. 1835 begonnene Bau einer Aula, zu der K. Wilhelm 3000 Pfd. Sterl. geschenkt hatte, und die Errichtung einer Statue des Königs, die die Stadt Göttingen durch den Bildhauer E. v. Bandel in Hannover ausführen und auf dem Platz vor dem neuen Gebäude, dem nach dem König zubenannten Wilhelmsplatze, aufstellen ließ. Als Kunstwerk wenig gelungen, drückt sie doch den Dank des Volkes aus für die Regierung eines Königs, der seinem Lande die Segnung verfassungmäßiger Ordnung bringen wollte. Als während des Universitätsjubiläums am 17. September 1837 vor dem neuen Könige, Ernst August, der von den Fenstern der Aula zusah, die Uebergabe der Statue stattfand, soll er sich, als die Hülle fiel, unwillig abgewandt haben. Die Statue trug am Postamente die von Otfried Müller verfaßte|Inschrift: Pater patriae. „The Patriot King“ hatte ihn Lord Grey genannt. Dem Lobe seines geraden Wesens und seines guten Willens ist es üblich, ein Bedauern über seinen Mangel an politischen Gaben beizufügen. Mögen ihm auch die höchsten Herrschertugenden gefehlt haben, er hat doch zur rechten Zeit die Nothwendigkeit erkannt — ein Ruhm, den er nicht mit vielen Fürsten theilt —, an die bestehenden politischen Einrichtungen die bessernde Hand zu legen. In England und Hannover hat er das bewährt, und hier wie dort ist es gelungen, maßvolle Reformen einzuführen. Was ihm gefehlt hat, war das zuversichtliche Ausharren bei dem einmal als recht und zweckmäßig Erkannten. Die radicalen und demagogischen Elemente, welche der zweijährige Kampf um die Reformbill mit an die Oberfläche getrieben hatte, machten ihn besorgt, ob man nicht die alten und geheiligten Institutionen des Landes in Gefahr gebracht habe, wie er das in einer Denkschrift ausgeführt hat, die von guter politischer Bildung und Ueberlegung und von nobler Gesinnung zeugt, so wenig das auch ihr Veröffentlicher, Ch. F. v. Stockmar, Wort haben will, der dem König nicht günstig gesinnt ist, ebenso wenig als es der König den Coburgern war. Die Besorgniß, in seiner Reform zu weit gegangen zu sein, gab ihm dann auch den Versuch von 1834 ein, den ihm die Engländer nahezu als politisches Verbrechen anrechnen. Triumphirend verzeichnen sie ihn als den letzten Versuch eines englischen Königs, gegen die Mehrheit des Parlaments zu regieren. Und doch war K. Wilhelm dabei von einem Gedanken geleitet, der die Zukunft für sich hatte: der Lossagung von der alten Parteieinseitigkeit und der Nothwendigkeit der Verschmelzung der starren Gegensätze zum Heile des Vaterlandes. Ein Programm, das kein anderer durchführte als der einst von K. Wilhelm IV. berufene Führer jenes Cabinets von 1834, Sir Robert Peel.

    • Literature

      Fitzgerald, Life and Times of William IV. 2 voll. 1884. Encyclopaedia Britannica. — Buckingham, Memoirs of the courts and cabinets of William IV. and Victoria. 2 voll. 1861. —
      Pauli, Geschichte Englands, Thl. 1 und 2 (Leipzig 1864 u. 1867). —
      Ders., Sir Robert Peel (in den Aufs. z. engl. Gesch. Neue Folge, Leipzig 1883); Prinz Albert (in den Aufs. z. engl. Gesch. Leipzig 1869). —
      v. Treitschke, Deutsche Gesch. IV, 104 ff., 157 ff., 657 ff. —
      Springer, Dahlmann I, 419, 317 ff. —
      Gneist, Engl. Verfassungsgeschichte (1882), S. 718; Engl. Verwaltungsrecht der Gegenwart (1883) I, 161. —
      E. v. Stockmar, Denkwürdigkeiten aus den Papieren des Frhrn. Chr. Fr. v. Stockmar (Braunschweig 1872), S. 273 ff., 319 ff. — Gabriele v. Bülow, Tochter Wilhelm v. Humboldts (Berlin 1893), S. 267, 277, 377, 383. —
      K. Janicke in der Zeitschr. d. histor. Vereins für Niedersachsen. Ihrg. 1890, S. 226 ff., 1891, S. 235 ff. — Meine Aufsätze über Stüve in den Preuß. Jahrbüchern XXX—XXXII.

  • Author

    F. Frensdorff.
  • Citation

    Frensdorff, Ferdinand, "Wilhelm IV." in: Allgemeine Deutsche Biographie 43 (1898), S. 13-20 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118632906.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA