Lebensdaten
1808 – 1883
Geburtsort
Hamburg
Beruf/Funktion
Arzt ; Zoologe
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 117212253 | OGND | VIAF: 57386394
Namensvarianten
  • Stannius, Hermann Friedrich (in Mecklenburg)
  • Stannius, Friedrich Hermann
  • Stannius, Hermann
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Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Stannius, Hermann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117212253.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Stannius: Friedrich Hermann St., ein ausgezeichneter und bahnbrechender Forscher, wird von Rostock aus öfter Hermann Friedrich genannt, weil in Mecklenburg der erste Taufname der Rufname zu sein pflegt. Er wurde als Sohn des aus Gattersleben stammenden Kaufmanns Johann Wilhelm Julius St. am 15. März 1808 in Hamburg geboren, wo sein Bruder Wilhelm St. später portugiesischer Generalconsul und zugleich portugiesischer Consul am großherzoglich mecklenburgischen Hofe war. St. besuchte die Gelehrtenschule des Johanneums zu Hamburg bis Ostern 1825, daß er in Schulpforta gewesen sei, scheint ein irriger Schluß aus seiner spätern Neigung zu sein, als guter Lateiner gern mit alten Portanern zu verkehren. Vom Johanneum aus wurde er am 1. Mai 1825 in die Matrikel des Akademischen Gymnasiums, der bekannten, erst 1883 geschlossenen Hamburger Halbuniversität als stud. med. aufgenommen, ging von da Ostern 1828 nach Heidelberg und von dort nach Breslau, wo er am 26. November 1831 zum Dr. med. promovirte. Er wurde darauf Assistenzarzt am Friedrichstädtischen Krankenhause zu Berlin, zugleich mit Ausübung der Praxis in der Stadt und mit mannichfacher wissenschaftlicher Beschäftigung, die zum Theil schon auf seine späteren zoologisch-zootomischen Arbeiten hinwies. Noch in Breslau gab er mit Schummel „Beiträge zur Entomologie“ 1832 heraus, dann 1836 in Berlin „Die Geschichte der Cholera bis zu ihrem ersten Auftreten in Frankreich“ und übersetzte aus dem Englischen J. Clark's „Lungenschwindsucht“. Dazu begann er schon damals sein gepriesenes „Lehrbuch der Allgemeinen Pathologie“, dessen 1. Theil 1837 erschien, das nachher aber nicht fortgesetzt ist, und übersetzte P. Rayer's theoretisch-praktische Darstellung der Hautkrankheiten aus dem Französischen, deren drei Bände von 1837—39 erschienen. Auf diese Leistungen hin wurde er am 3. October 1837 als ordentlicher Professor der Medicin an die Universität Rostock berufen. Damit beginnt seine tiefgreifende, weit über den Kreis der damals überaus kleinen Universität hinüberreichende Thätigkeit. Die dortige medicinische Facultät war, wie auch die übrigen, sehr mangelhaft, eigentlich nur bruchstückweise besetzt. Medicinische Institute, die diesen Namen verdienten, gab es nur in rohesten Anfängen, und eben vorher erst hatte die Energie und die selbst eigene Kosten nicht scheuende Uneigennützigkeit des wackeren Karl Friedrich Strempel (s. d.) etwas Besseres zu schaffen begonnen. An die Namen Strempel und St. knüpft sich das erste Aufblühen der Facultät. St. mußte Physiologie, vergleichende und pathologische Anatomie und allgemeine Pathologie zusammen übernehmen; er wurde Director des neuen, eigentlich erst von ihm noch zu gründenden „Institutes für vergleichende und pathologische Anatomie und Physiologie“, er schuf sich selber erst den Anfang einer rasch wachsenden vergleichend-anatomischen Sammlung. Das Interesse, welches er dafür zu erwecken wußte, wirkte alsbald fördernd unter den|Aerzten des Landes, aber auch unter den zahlreichen Schiffern der Stadt, die ihm häufig Gethier, darunter einmal werthvolle Exemplare lebender großer Klapperschlangen, zuführten. Dabei mußte er sich die ersten Jahre mit einem vom physikalischen Museum erborgten Mikroscop behelfen. Da er einsah, daß das Leben und die pathologischen Vorgänge der Thiere dieselben Erscheinungen im Menschen zu erkennen und zu deuten, oder wenigstens auf deren Spur zu führen, geeignet sein müßten, so wandte er den Haupttheil seiner Arbeit der anatomischen Untersuchung der Thiere zu, vorzugsweise der des Nervensystems, und der Verrichtungen einzelner Organe, wie des Herzens, der Nieren in gesunden und kranken Zuständen. Dafür konnte er sich nicht mit dem todten Thiere begnügen, er ging also zum Versuch am lebenden, zur Vivisection, über. So wurde sein Institut das erste zootomisch-physiologische in Deutschland — und fand bald weitverbreiteten Ruf und Nachahmung; St. selbst aber ist auf diesem Wege einer der namhaftesten Mitbegründer der neueren Medicin geworden. Für seine Thieruntersuchungen lieferten ihm die aus der fischreichen Warnow und der Ostsee stets leicht zu erhaltenden Fische das reichste und bedeutsamste Material. Nach einem „Lehrbuch der Anatomie der Wirbelthiere“, das 1846 in Berlin erschien, folgte daher schon 1849 in Rostock das damals Aufsehen erregende „Peripherische Nervensystem der Fische“. Aber alle diese Studien und Arbeiten bezog er doch stets auf die wissenschaftliche Begründung der Medicin als seinen Hauptzweck. Die Zahl seiner, zum Theil überaus bedeutungsvollen Schriften aufzuzählen, ist hier nicht der Ort, die Titel allein füllen in Blanck's Mecklenburgischen Aerzten fast zwei Seiten (169—171); sie bildeten, soweit sie nicht selbständig erschienen, von 1832 bis 1852 Zierden in Hecker's preuß. medic. Zeitung, Hecker's Litterar. Annalen, Casper's Wochenschrift, Hufeland's Journal der prakt. Heilkunde, J. Müller's Archiv der Anatomie, dem Archiv f. physiol. Heilkunde, Froriep's Notizen. Eine Anzahl bedeutender Artikel von ihm stehen in R. Wagner's Handwörterbuch der Physiologie, dem Berliner encyklopädischen Wörterbuch der medicinischen Wissenschaften, Schmidt's Encyklopädie der gesammten Medicin.

    Neben dieser wissenschaftlich-schriftstellerischen Thätigkeit war er als akademischer Lehrer im höchsten Grade wirksam. Wie er im Beobachten und Erkennen klar und durchdringend, so war er auch in der Sprache von knapper und schlagender Kürze und führte dazu auch seine Schüler. Nie duldete er Halbheit oder Verdecken und Verstecken hinter Redensarten, auch kein Herumtasten aufs Ungewisse. Auf diese Weise konnte er auch seine damals neuen und fast Schrecken erregenden, in der Stadt vielfach verschrieenen Versuche am lebenden Thier mit möglichster Präcision und dadurch Schonung vollführen und duldete sie nicht anders bei seinen Hörern.

    Am 29. Sept. 1838 war er zum Mitgliede der Großherzoglichen Medicinalcommission ernannt, am 16. Februar 1860 wurde er Obermedicinalrath. Im Interesse seines Instituts, namentlich zur Beschaffung von wissenschaftlichem Material und Vorräthen für die Sammlungen hatte er schon 1838 über Hamburg Helgoland aufgesucht, 1851 war er nach Kopenhagen, noch 1857 nach Holland gegangen, dann fiel er in zunehmendes schweres Leiden. Die pathologischen Vorlesungen waren mit dem betreffenden Theile der Sammlungen inzwischen aus seinem Wirkungskreise ausgeschieden und auf den neuberufenen Professor C. Th. Ackermann übergegangen; Michaelis 1862 mußte er auch die physiologischen Vorlesungen aufgeben, diese übernahm Professor C. Bergmann ( am 30. April 1865 in Genf). Ihm fiel 1863 auch die Leitung des Instituts zu, als über St. unheilbare Umnachtung des Geistes hereinbrach. St. hat von da an fast noch 20 Jahre in der Irrenheil- und Pflegeanstalt auf dem Sachsenberge bei Schwerin gelebt, wurde aber nominell noch eine Reihe von Jahren in der Liste der Professoren zu Rostock und der mecklenburgischen Aerzte fortgeführt. Er starb am 15. Januar 1883 auf dem Sachsenberge. — Sein Sohn ist der kaiserl. deutsche Berufsconsul Dr. jur. St. in Smyrna.

    • Literatur

      A. Blanck, Die mecklenb. Aerzte. — Sillem, Die Matrikel des Akad. Gymn. in Hamburg (1891) S. 173, Nr. 3326 und S. 207. —
      Nekrol. im Corr.-Bl. d. Leopoldina 1883.Dr. M. Braun, Zoologie, vergleich. Anatomie und die entsprech. Sammlungen bei den Univ. Bützow und Rostock (Rostock 1891), S. 33—36, Stannius' Bild: das. S. 34.

  • Autor/in

    Krause.
  • Zitierweise

    Krause, "Stannius, Hermann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 35 (1893), S. 446-448 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117212253.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA