Lebensdaten
1829 – 1888
Geburtsort
Kirchhosbach bei Kassel
Sterbeort
Bournemouth (England)
Beruf/Funktion
Farbstoffchemiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116835362 | OGND | VIAF: 74613894
Namensvarianten
  • Grieß, Johann Peter
  • Grieß, Peter
  • Grieß, Johann Peter
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Zitierweise

Grieß, Peter, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116835362.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Heinrich (1799–1870), Bauer, S d. Hufschmieds Joh. Gg. in Kirchhosbach u. d. Dor. Elisabeth Jungk;
    M Catharine Elisabeth (1803–60), T d. Bauern Phil. Gliem in Kirchhosbach u. d. Anna Gertrude Schellhase;
    1869 Louisa Anna ( 1886), T d. Arztes Dr. Mason in Burton-on-Trent/England;
    2 S, 2 T.

  • Biographie

    Als einziger Erbe eines Landwirts besuchte G. nach der Dorfschule, auf der er sich gute botanische Kenntnisse erwarb, eine private landwirtschaftliche Schule auf der Domäne Beberbeck bei Hofgeismar, anschließend die Höhere Gewerbeschule in Kassel. Hier erhielt er den ersten Unterricht in Chemie. Er zeigte jedoch keine Neigung für die Landwirtschaft. Nach kurzem Studienaufenthalt 1850-51 in Jena ging er nach Marburg, um bei starkem Interesse für philosophische Vorlesungen die noch vorhandenen Lücken in seiner Schulausbildung auszufüllen. Angehöriger einer sogenannten „Fortschritts-Verbindung“, genoß er die akademische Freiheit so weit, daß er 1853 auf ein Jahr von der Universität Marburg relegiert wurde. Er ging daraufhin nach München, hörte, ohne immatrikuliert zu sein, bei Liebig, stürzte sich 1855 abermals in das Marburger Studentenleben, brach dann aber aus finanziellen Gründen sein Studium ab, um in der Oehlerschen chemischen Fabrik in Offenbach am Main zu arbeiten. Als er 1857 durch einen Fabrikbrand stellungslos wurde, kehrte er als völlig Gewandelter nach Marburg zurück, wo ihn sein früherer Lehrer H. Kolbe trotz großer Bedenken wieder aufnahm und wo er nun „morgens der Erste und abends der Letzte im Laboratorium war“ (A. W. Hofmann).

    Während dieser Zeit kam G. zu einer der bedeutsamsten Entdeckungen auf chemisch-organischem Gebiet. Durch Einwirkung von salpetriger Säure auf ein aromatisches Amin gelang ihm die Synthese einer um ein Stickstoffatom reicheren Verbindung, die Ausgangssubstanz einer Fülle weiterer Stoffe wurde. Die Schwierigkeit ihrer Darstellung, aber auch ihre Bedeutung lag in ihrer außerordentlichen Reaktionsfähigkeit. Neue Industriezweige entfalteten sich, und die Grundlage zur größten Gruppe künstlicher organischer Farbstoffe, der „Azo-Farbstoffe“, war geschaffen. – In einer von Marburg aus 1858 veröffentlichten „vorläufigen Notiz“ (Liebigs Annalen 106) verwendet G. bereits die Bezeichnung „Diazo-Verbindungen“. Er hat sich sein ganzes Leben mit ihnen beschäftigt, ab 1858 im Royal College of Chemistry in London als Assistent des damaligen Leiters A. W. Hofmann, der den mittellosen Studenten dorthin eingeladen hatte. Auch als G. 1862 in die berühmte Brauerei Allsopp and Sons in Burton-on-Trent eintrat, nutzte er jede freie Stunde für die Chemie der von ihm entdeckten Körperklasse.

    G. Untersuchungen ihrer Reaktionen brachten über die technischen Anwendungen hinaus auch für die präparative Chemie und die Aufklärung von Konstitutionen reichen Ertrag Die Darstellung der Azo-Farbstoffe durch „Kupplung“ der Diazo-Verbindungen mit aromatischen Aminen und Phenolen fand als „Grießsche Methode“ unmittelbar Eingang in die Farbstofftechnik. Mit Phenol als Kupplungskomponente erhielt G. den ersten Oxy-azo-Farbstoff. Durch zweimalige Reaktion gelangte er zu Disazo-Farbstoffen. Untersuchungen des Chrysoïdin-Farbstoffes ergaben das allgemein gültige „Chrysoïdin-Gesetz“: Von den drei isomeren Phenylendiaminen kuppelt nur dasjenige, bei dem die beiden Amino-Gruppen in meta-Stellung zueinander stehen. Waren die ersten Azo-Farbstoffe zum Färben von Wolle und Seide unmittelbar geeignet, so besaßen sie doch wenig Affinität zur Baumwolle. Soweit basischer Natur, wie zum Beispiel das Chrysoïdin, mußten sie auf tannierte Baumwolle gebracht werden. G. wurde nun auch zum Erfinder der „direkt ziehenden“, der „substantiven“ Farbstoffe. Indem er Tetrazo-Verbindungen des Benzidins auf Phenole, Amine und deren Sulfosäuren, darunter auch auf Naphthionsäure, einwirken ließ, schuf er Substanzen, die die Färbung ungebeizter Baumwolle möglich machten.

    1878 erhielt G. das erste deutsche Patent auf Azo-Farbstoffe. Die Bedeutung seiner Entdeckung wurde von der Fachwelt, auch in Deutschland, voll gewürdigt. Doch hat G. Angebote, nach Deutschland zurückzukehren, stets abgelehnt, da seine Kinder nicht wie er selbst die Heimat verlieren sollten.|

  • Auszeichnungen

    Dr. phil. h. c. (München 1877), Mitgl. d. Royal Society.

  • Werke

    Weitere W u. a. Vorläufige Notiz üb. d. Einwirkung v. salpetriger Säure auf Amindinitro- u. Aminitrophenylsäure, in: Ann. d. Chemie u. Pharmacie 106, 1858, S. 123-25;
    Über e. neue Kl. organ. Verbindungen, in welchen Wasserstoff durch Stickstoff vertreten ist, 1.-4. Abh., ebd. 113, 1860, S. 201-17, 117, 1861, S. 1-67, 121, 1862, S. 257-80, 137, 1866, S. 39-91;
    Über einige Abkömmlinge d. Uramidodracylsäure, in: Berr. d. dt. chem. Ges. 5, 1872, S. 855-57;
    Neue Unterss. üb. Diazo-Verbindungen, 1.-13. Mitt., ebd. 7-21, 1874-88;
    Noch e. Wort üb. d. Chrysoïdin, ebd. 10, 1877, S. 388-91;
    Über einige Azo-Verbindungen, ebd. 12, 1879, S. 426-28;
    Über ß-Naphtoldisulfosäuren u. Dioxynaphtalindisulfosäure, ebd. 13, 1880, S. 1956-60;
    Notiz üb. Benzidinsulfosäure, ebd. 14, 1881, S. 300 f.;
    Über d. Einführung d. Diazo-Gruppe in sog. aromat. Para-Verbindungen, ebd. 17, 1884, S. 338-41;
    Über d. Einwirkung aromat. Diamine auf Zuckerarten, ebd. 20, 1887, S. 281 f., 2205-13 (mit G. Harrow);
    Notiz üb. d. Anwendung v. Diazo-Verbindungen z. Nachweisung organ. Substanz im Wasser, ebd. 21, 1888, S. 1830-32;
    Über Benzidin- u. Benzidinsulfonsulfosäuren, ebd. 22, 1889, S. 2459-74 (mit C. Duisberg);
    Zusammenfassung üb. d. Diazo- Verbindungen, in: Proceedings of the Royal Society 13, London 1864, S. 375-84.

  • Literatur

    ADB 49;
    A. W. Hofmann, in: Berr. d. dt. chem. Ges. 24 (3), 1891, S. 1008-57;
    Emil Fischer, ebd., S. 1058-78 (P);
    H. Caro, ebd., S. I-XXXVIII;
    R. Wizinger-Aust, in: Angew. Chemie 70, 1958, S. 199-204;
    A. Wingler, P. G., Leben und Wirken e. großen Farbstoff-Chemikers, 1959;
    H. Großmann, P. G., in: Das Buch d. großen Chemiker, hrsg. v. G. Bugge, II, 1930, S. 217-28;
    Pogg. III, IV, VI.

  • Autor/in

    Berthold Peter Anft
  • Zitierweise

    Anft, Berthold Peter, "Grieß, Peter" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 66-67 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116835362.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Grieß: Johann Peter G. wurde am 6. September 1829 zu Kirchhosbach, einem Dörfchen in der Nähe von Kassel, als Sohn des Schmiedes Johann Heinrich G. geboren. Sein Vater war ziemlich begütert und besaß außer seiner Schmiede mehrere Aecker. Bereits in der Dorfschule legte der Knabe eine bedeutende Begabung an den Tag, so daß sein Vater sich veranlaßt sah, ihm von dem Dorfgeistlichen einige Privatstunden geben zu lassen. Er beabsichtigte den Sohn zu einem tüchtigen, gebildeten Landwirth zu erziehen und suchte ihn schon frühzeitig für diesen Beruf zu interessiren. Trotzdem Johann Peter den Aufgaben des Ackerbaues gerade keinen besonderen Geschmack abgewinnen konnte, vermochte sein Vater sich nicht zur Aufgabe seines Lieblingsplanes, den Sohn zu einem Landwirth heranbilden zu lassen, zu entschließen; und so finden wir ihn in seinem 15. oder 16. Lebensjahre in einer angesehenen landwirthschaftlichen Privatschule wieder, die der Amtmann Ulrich auf der von ihm gepachteten Domäne Beberbeck bei Hofgeismar errichtet hatte. Von hier siedelte er jedoch bald an die polytechnische Schule nach Kassel über, die damals unter Winkelblech's Leitung stand, bei dem G. den ersten Unterricht in der Chemie erhielt. Die Nachrichten, die wir über diese Zeit haben, sind sehr spärlich. Sicher ist nur, daß er damals großes Interesse und auch bedeutende Kenntniß der Botanik besaß. Auch soll er sich in Kassel für das Examen vorbereitet haben, um zu dem kurz zuvor in Kurhessen eingeführten einjährigfreiwilligen Dienst zugelassen zu werden. Angeblich soll er auch wenige Monate ohne sonderlichen Gefallen als Husar gedient haben. Dank den in Kurhessen damals herrschenden Zuständen gelang es seinem Vater, ihn für 600 Thaler vom Militärdienste loszukaufen. Sicher wissen wir erst wieder, daß er das Wintersemester 1850/51 und das Sommersemester 1851 an der Universität Jena zubrachte. Hier besuchte er mit Vorliebe die botanischen Vorträge von Matthias Schleiden, sonst scheint er jedoch ganz im Studentenleben aufgegangen zu sein. Ob er auch die Vorlesungen von Wackenroder, der damals Professor der Chemie in Jena war, besucht hat, bleibt zweifelhaft. Sicher ist, daß er großes Interesse für die Chemie nicht an den Tag legte.

    Von Jena ging G. im Herbst 1851 nach Marburg, wo er sich indessen auch nicht wesentlich um das Studium der Naturwissenschaften gekümmert zu haben scheint. Fleißiger besuchte er nur die Vorträge des jungen Physikers Hermann Knoblauch, der 1849 von Berlin nach Marburg gekommen war. Mit besonderer Vorliebe gab er sich damals philosophischen Studien unter der Leitung von Eduard Zeller und Theodor Waitz hin. Im übrigen scheint er das lustige Leben auch hier fortgesetzt zu haben. Er war als ein vergnügter Kneipcumpan bekannt, der manchen dummen Streich mit seinen Kameraden verübte, manches Mal auch den Carcer mit seinem Besuche beehrte. Am 1. December 1853 wurde wegen Burgfriedenbruchs über ihn die Relegation auf ein Jahr verhängt.

    Er ging dann nach München, wo er einige Zeit bei Liebig und Carriere Vorlesungen hörte, ohne indessen an der Universität immatriculirt gewesen zu sein. Nach kurzer Zeit jedoch kehrte er wieder nach Hessen zurück, wo er sich theils bei seinem Vater, theils wieder in Marburg aufhielt, wozu ihm durch Ministerialerlaß im October 1854 nach Verbüßung einer Carcerstrafe die|Erlaubniß ertheilt wurde. 1855 wurde er auch wieder immatriculirt und bald sehen wir ihn wieder in dem alten Freundeskreise. — Er gehörte der seit 1846 bestehenden Fortschrittsverbindung Franconia an. —

    Inzwischen hatten sich jedoch seine Geldverhältnisse wesentlich verschlechtert, da sein Vater einen großen Theil seines Besitzthums bereits für ihn verausgabt hatte und nicht mehr in der Lage war, ihn reichlich zu unterstützen. Demgemäß mußte er ernstlich daran denken, sich einen Erwerb zu verschaffen. Jetzt also, im zwölften Semester, begann er erst seine Studien auf das Gebiet der Chemie zu concentriren und auch zeitweilig im chemischen Laboratorium zu arbeiten. Auf Empfehlung seines Lehrers Kolle erhielt er im Herbst 1856 eine Stelle in der Oehler’schen Fabrik zu Offenbach a. M., einer der ältesten Anlagen für Theerdestillation in Deutschland. Seine dortige Thätigkeit war jedoch nicht von langer Dauer, da die Fabrik bereits kurze Zeit nach seiner Ankunft infolge einer Entzündung von Benzol völlig abbrannte. Nach seiner Entlassung ging er nach Marburg zurück, wo er wiederum im Kolle’schen Laboratorium arbeitete. Es war inzwischen mit ihm eine völlige Umwandlung vorgegangen. Aus dem leichtlebigen Bruder Studio war ein strebsamer junger Mann von seltenem Eifer und Arbeitskraft geworden, der ganz im Gegensatz zu früher völlig zurückgezogen von jedem Verkehr kümmerlich lebte und nur mit allen Kräften bestrebt war, seine Schulden zu bezahlen. Bei der Erweiterung und Ausbildung seiner chemischen Kenntnisse kam ihm die Freundschaft mit Rudolf Schmitt sehr zu statten, der bisher Repetent am Stuttgarter Polytechnikum, damals als erster Assistent ans Marburger chemische Universitätslaboratorium kam. In dieser Zeit entstand seine erste Veröffentlichung über die Einwirkung von salpetriger Säure auf Amidinitro- und Aminitrophenylsäure. Gelegentlich dieser Arbeiten wurde er durch Kolle mit A. W. v. Hofmann bekannt gemacht, der sich damals zu Besuch in Deutschland aufhielt. Bei seiner Rückkehr nach London nahm dieser G. als supernumerären Assistenten an das Royal College of Chemistry mit. Hier setzte G. seine in Marburg begonnenen Arbeiten zur Erforschung der aromatischen Diazoverbindungen fort, deren endgültiges Ergebniß er der Royal Society im J. 1864 vorlegen konnte. Außerdem arbeitete er mit seinem Freunde Leibius noch über die Verbindung des Cyans mit den Amidosäuren und mit Martins über das Aethylenplatinchlorid.

    In London verkehrte G. viel in dem Hause seines Chefs, wo er den in der Brauerei von Alsopp & Sons in Burton angestellten Dr. Heinrich Böttiger kennen lernte. Böttiger weilte oft in London, um mit Hofmann zusammen Untersuchungen für seine Brauerei vorzunehmen, wobei ihnen G. treffliche Dienste leistete. Infolge Böttiger's eifrigen Bemühungen gelang es G. endlich im J. 1862 als Chemiker zu Alsopp & Sons zu kommen. Dadurch war es ihm nun schließlich gelungen, sich eine Lebensstellung zu schaffen, die ihn vor materiellen Sorgen schützte. Anfangs fiel es ihm herzlich schwer, sich in seine Stellung hineinzufinden, denn es wartete seiner viel Arbeit, die auf einem ganz anderen Gebiete wie seine früheren Studien lag und ihn zeitweise zwang, dieselben ganz aufzugeben. Doch bald hatte er sich vollkommen in seine neue Lage gefunden, und seine in jener Zeit erschienenen Arbeiten legen ein beredtes Zeugniß für seinen Fleiß ab. Im September 1869 vermählte er sich mit der Tochter des in Burton ansässigen Arztes, Louisa Anna Mason. Jedoch nach kurzer Zeit schon begann seine Gattin zu kränkeln und fast andauernd bettlägerig zu werden. So kam es, daß G., der seine Frau zärtlich liebte und seine ganze freie Zeit zu ihrer Pflege und Erheiterung verwandte, sich fast ganz von jedem geselligen Verkehr zurückzog.

    Um so mehr nahm er jedoch Gelegenheit, sich wissenschaftlich zu bethätigen. Sein Hauptverdienst um die Wissenschaft bilden die Entdeckung und genauere Erforschung der aromatischen Diazoverbindungen. Die betreffenden Arbeiten beginnen im J. 1858 und haben ihn mit geringen Unterbrechungen bis an sein Lebensende beschäftigt. Für den Ausbau der aromatischen Gruppe waren sie von unschätzbarem Werth. Seine diesbezüglichen grundlegenden Versuche hat G. in vier großen Abhandlungen beschrieben, welche in den Jahren 1860 bis 1866 in den Annalen der Chemie und Pharmacie erschienen und den Titel führen: „Ueber eine neue Klasse organischer Verbindungen, in denen Sauerstoff durch Stickstoff vertreten ist“. Mit seinen Versuchen hat G. eine so erschöpfende Studie der aromatischen Diazokörper geliefert, daß seinen Nachfolgern nicht viel zu thun übrig blieb. Meist sind seine Methoden in unveränderter Form mit großem Erfolge zum Ausbau der aromatischen Gruppe benutzt, nur in wenigen Fällen sind sie modificirt oder verbessert worden. G. war Mitglied der Royal Society und der englischen und der deutschen chemischen Gesellschaft, bei denen er wiederholt als Vorstandsmitglied fungirte. Im J. 1877 wurde er in München gelegentlich der fünfzigjährigen Jubelfeier der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Aerzte, der er persönlich beiwohnte, von der Münchener philosophischen Facultät zum Ehrendoctor ernannt.

    Von seinen Berufsarbeiten ist keine Kunde auf uns gekommen, aber aus gelegentlichen Andeutungen seinen Freunden gegenüber läßt sich entnehmen, daß er auch auf diesem Gebiete große praktische Erfolge erzielt hatte. Ein Schlaganfall setzte am 30. August 1888 seinem ereignißreichen Leben plötzlich ein Ende, als er sich gerade zur Erholung in dem Seebade Bournemouth aufhielt.

    Da seine wichtigen Arbeiten in Zeitschriften zerstreut sind, scheint es angezeigt, sie hier zusammenfassend aufzuführen. Liebig's Annalen. 1858, 106: „Vorläufige Notiz über die Einwirkung von salpetriger Säure auf Amidinitro- und Aminitrophenylsäure"; 1859, 109: „Neue Abkömmlinge der Phenylsäure"; 1860, 113: „Verbindungen des Cyans mit den Amidosäuren"; 1861, 120: „Ueber Diazobenzoesäure"; 1864, 131: „Zur Kenntniß des Azobenzols"; 1865, 134: „Dem Alizarin isomere Verbindungen aus Naphthalin", 135: „Hyperbromide der Diazosäuren"; 1870, 154: „Diamidonitrophenylsäure", „Azobenzolschwefelsäure“, „Diamidobenzoesäure"; 1873, 166: „Bildung der Metanitrobenzoesäure beim Nitriren der Benzoesäure"; 1874, 172: „Entschwefelung der Schwefelharnstoffbenzoesäure (Dicarboxylsulfocarbanilid)“. — London. Phil. Transact. 1865: „New series of bodies in which N is substituted for H“. — London. Royal Soc. Proceedings, 1857/59: „New nitrogenous derivatives of the phenyl and benzoyl series"; 1860: „On a new method of substitution and on the formation of Jodobenzoic, Jodotoluylic and Jodoanisic acids"; 1860: „New compounds produced by the substitution of Nitrogen for Hydrogen"; 1861: „On a new class of organic Bases in which Nitrogen is substituted for Hydrogen"; 1862: „Reproduction of non-nitrogenous acids from amidic acids"; 1863: „On som new Compounds obtained by Nitrogen-substitution and new alcohols derived therefrom. — Erlenmeyer's Zeitschrift. 1862: „Neue Körper aus der Benzoesäuregruppe"; 1865: „Umwandlung der Anthranilsäure in Benzoesäure“, „Jodphenylsäure"; 1866: „Oxybenzaminsäure"; 1866/67: „Neue Substitutionsprodukte der Benzoesäure"; 1867: „Ueber das Triamidoazobenzol als Bestandtheil des Phenylenbrauns"; 1867/68: „Einwirkung des Cyans auf Amidosäuren“. — Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 1: „Oxyhippursäure und Jodhippursäure; Zwei neue organische Basen"; 2: „Einwirkung des Harnstoffs auf aromatische|Amidosäuren und auf Glykokoll", „Diazocyanbenzol“, „Einwirkung des Cyans auf Anthranilsäure“, „Abkömmling der Uramidobenzoesäure (auch 5)"; 3: „Benzkreatin"; 4: „Isomere Jodbenzoesäure"; 5: „Abkömmling der Uramidodakrylsäure"; 5: „Aromatische Amidosäuren mit Alkoholradicalen (auch 6, 12)"; 6: „Trimethylbenzbetaïn und Trimethylanisbetaïn"; 7: „Einwirkung von Jodmethyl auf Diamidobenzoesäure", „Einwirkung der salpetrigen Säure auf Aethylanilin", „Neue Bildungsweise des Benzkreatins", „Einwirkung von Salpeter-Schwefelsäure auf Orthonitrobenzoesäure"; 7—16: „Ueber Diazoverbindungen"; 8: „Kreatinartige Verbindungen aus der aromatischen Gruppe", „Nitrobenzoesäure", „Cyanphenylalkohol“, „Neue Bildungsweise des Metacyananilins“, „Neue Synthese des Betaïns"; 9: „Einwirkung des Blutlaugensalzes auf Diazobenzol, Phenolbidiazobenzol und analoge Verbindungen", „Zersetzung der Oxäthylcarbimidamidobenzoesäure mit salpetriger Säure", „Constitution der Diazobenzoesäureverbindungen"; 10: „Einwirkung der Diazoverbindungen auf tertiäre Amine", „Orthoazobenzoesäure"; 11: „Metadiamidobenzol als Reagenz auf salpetrige Säure", „Benzoesäurederivate", „Einwirkung einiger Diazosulfosäuren auf Phenole"; 12: „Dreifach methylirte Sulfanilsäure und Amidosalicylsäure", „Einwirkung von Jodmethyl auf Asparagin", „Einwirkung von Cyanverbindungen auf Diazobenzol"; 13: „Trimethylphenolammoniumbasen", „Trimethylnitrophenolammonium", „Orthobenzglycocyamidin“, „Neue Art von Ammoniumverbindungen“, „β-Naphthalindisulfosäure und Dioxynaphthalindisulfosäure"; 14: „Verbindung der Diazobenzoesäure und anderer aromatischer Diazosäuren mit Phenolen"; 15: „Einwirkung von Cyan auf Picraminsäure"; 18: „Vorkommen von Cholin in Hopfen und Bier"; 20: „Einwirkung der aromatischen Diamine auf die Zuckerarten"; 21: „Versuche über die Verwendbarkeit des Formaldehyds für synthetische Zwecke", „Zur Kenntniß des Hexamethylentetranim". — Erdmann's J. f. prakt. Chemie. 97: „Amidodiphenylimid"; 109: „Neue Zersetzungsproducte der Diazobenzoesäure", „Neue Abkömmlinge aromatischer Amidosäuren"; 111: „Ein neues Phenylendiamin"; 112: „Uramidobenzoesäure"; 113: „Zwei neue isomere Sulfosäuren der Amidobenzoesäure“, „Derivate der Uramidobenzoesäure“.

  • Autor/in

    Oppenheimer.
  • Zitierweise

    Oppenheimer, Carl, "Grieß, Peter" in: Allgemeine Deutsche Biographie 49 (1904), S. 547-550 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116835362.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA