Lebensdaten
1746 – 1830
Geburtsort
Cleve
Sterbeort
Darmstadt
Beruf/Funktion
Architekt ; Ingenieur ; Erfinder
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 104158506 | OGND | VIAF: 217236437
Namensvarianten
  • Müller, Johann Helfrich (bis 1810)
  • Müller, Johann Helfrich von
  • Müller, Johann Helfrich (bis 1810)
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Zitierweise

Müller, Johann Helfrich von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd104158506.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Lorenz Friedrich M. (1715-96), Architekt u. Ing. in hess. u. preuß. Diensten, seit 1760 Oberbaudir. d. Landgfsch. Hessen-Darmstadt (s. ThB), S d. Helfrich (1686–1759), Architekt, Oberbaudir. d. Landgfsch. Hessen-Darmstadt (s. ThB), u. d. Juliane Hegel (1692–1760);
    M Maria Magdalena Josepha (1726–1800), T d. Johann Gottfried Hambloch (1692–1764), Dr. iur., kurpfälz. Rat in Düsseldorf, u. d. Anna Gertrudis Fehr (1703–47/48); 12 jüngere Geschw, u. a. Franz v. M. (hess. Adel 1810), brit. Oberstlt.;
    Vt Helfrich Peter Sturz (Stürz) (1736–79), Journalist, Schriftst. (s. ADB 37);
    Dauernheim (Oberhessen) 1781 Johanetta Catharina (1761–1830), T d. Gutsbes. Esaias Fabrice v. Westerfeld (1709–79) auf Westerfeld, u. d. Elisabeth Katharine Schröder (1724–65);
    3 S, 2 T (1 jung †), u. a. Friederike (1784–1841, Ludwig Frhr. v. Gall, 1769–1815, hessen-darmstädt. Gen.major. s. NDB VI*);
    E Louise Freiin v. Gall (1815–55, Levin Schücking, 1814–83, Romanautor, s. ADB 32), Schriftst. (s. L); Vorfahre Jacob (s. 1).

  • Biographie

    M. besuchte das Darmstädter Pädagog, wo er den wenige Jahre älteren Georg Christoph Lichtenberg kennenlernte. 1762 wurde er Artilleriekadett in Gießen und hörte daneben an der Universität, u. a. den Mathematiker und Christian Wolff-Schüler Andreas Böhm. Auf Wunsch des Vaters brach M. die wissenschaftliche Ausbildung ab und machte sich, z. T. im Selbststudium, mit der Baukunst vertraut. 1769 übernahm er eine Ingenieurstelle bei Prinz Georg Wilhelm, Bruder von Landgf. Ludwig IX. 1774 wechselte er in die Dienste des regierenden Fürsten und war bis zur Pensionierung 1820 für die Landgrafschaft, das spätere Ghzgt. Hessen-Darmstadt, tätig, zuletzt als Direktor des Oberbaukollegs. Seit 1790 leitete M. die westliche Stadterweiterung von Darmstadt, bei der ein Klassizismus Berliner Prägung Anwendung fand; die Arbeiten wurden später von Georg Moller fortgesetzt. Von seinen Werken existiert in Darmstadt nur noch der Marktbrunnen.

    Seit den 1770er Jahren befaßte sich M. mit diversen Erfindungen (u. a. Brennspiegel, Luftpumpe, Luftpistole, Entfernungsmesser, Barometer), von denen er einige publizierte. 1793 konstruierte er eine transportable Waage für schwere Lasten, die sich in der Praxis bewährte. 1813 fertigte der Hofmechaniker Hector Rößler nach seinen Plänen eine äquatoriale Sonnenuhr (Hess. Landesmus., Darmstadt). Bis ins hohe Alter grübelte M. über ein perpetuum mobile nach. Seine bedeutendste Entwicklung ist eine trommelförmige Rechenmaschine für die vier Grundrechenarten (Hess. Landesmus.). Sie wurde nach seinen Entwürfen angefertigt und am 24./25.6.1784 in Anwesenheit Lichtenbergs der Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen vorgeführt. Ob M. das von ihm realisierte Staffelwalzen-Konzept Philipp Matthäus Hahn verdankt, selbst erfand oder vielleicht über den Weg Leibniz–Wolff–Böhm erhielt, ist ungeklärt. Mit seiner Maschine, die dank auswechselbarer Anzeigenscheiben in mehreren Zahlensystemen arbeitete, erstellte M. forstwirtschaftliche Rechentafeln (1788), das vermutlich erste mathematische Werk, das mit mechanischer Hilfe zustandekam. In Briefen an Lichtenberg und den Göttinger Mathematiker Albrecht Meister aus dem „annus mirabilis“ 1784 finden sich Ideen für eine druckende Addiermaschine und für eine Differenzmaschine zur halbautomatischen Produktion mathematischer Tafeln. M. scheint auch an die Stereotypie für den Druck von Tafeln gedacht zu haben.

    In seinen Werken und Schriften tritt M. als fleißiger, kreativer und praktisch begabter Mann hervor, der in der überschaubaren Gesellschaft Hessen-Darmstadts trotz fehlenden akademischen Grades die Chance zum Aufstieg nutzte. Stets spürbare ständische Barrieren und persönliche Schicksalsschläge – die drei erwachsenen Söhne und der Schwiegersohn starben vor ihm – verdüsterten jedoch sein Leben. Mit seinen bürgerlichen Tugenden, seiner moralischen Integrität und seinem Fortschrittsglauben nahm M. das Ingenieurideal späterer Jahrzehnte vorweg; manche seiner mathematischen Ideen waren ihrer Zeit weit voraus und weisen bereits in die Epoche des Computers.

  • Werke

    J. H. M.s Beschreibung seiner neu erfundenen Rechenmaschine, nach ihrer Gestalt, ihrem Gebrauch u. Nutzen, hrsg. v. Ph. E. Klipstein, 1786;
    Neue Tafeln, welche d. cub. Gehalt u. Werth d. runden, beschlagenen u. geschnittenen Bau- u. Werkholzes enthalten, 1788;
    Lebensbeschreibung d. Obristen u. Oberbaudir., auch Dir. d. Oberbaukollegs J. H. v. M., mitgeteilt v. W. Diehl, in: Hess. Chronik 17, 1930, S. 1-21. – Unveröff.: Zwei Mss. üb. Rechenmaschinen (Hess. Landesmus., Darmstadt);
    Geneal.-autobiogr. Ms. (Fam.bes.).

  • Literatur

    O. Weber, Ein „Computer“ d. 18. Jh., in: Photorin 3, 1980, S. 13-36;
    R. Bülow, Ein Entwurf f. e. Differenzmaschine aus d. J. 1784, in: Sudhoffs Archiv 73, 1989, S. 219-22;
    M. Lindgren, Glory and Failure, The Difference Engines of J. M., Charles Babbage and Georg and Edvard Scheutz, 1990 (P);
    Strieder;
    ThB;
    Pogg. II. – Zu Louise v. Gall: NDB VI*;
    H. Powell, Louise v. Gall, Her World and Work, 1993;
    DLB.

  • Autor/in

    Ralf Bülow
  • Zitierweise

    Bülow, Ralf, "Müller, Johann Helfrich von" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 313-314 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104158506.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA