Lebensdaten
1590 – 1658
Geburtsort
Elberfeld
Beruf/Funktion
reformierter Theologe
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 104092033 | OGND | VIAF: 15199473
Namensvarianten
  • Sibelius, Kaspar
  • Sibelius, Caspar
  • Sibelius, Kaspar
  • mehr

Verknüpfungen

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Aus dem Register von NDB/ADB

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Sibelius, Caspar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd104092033.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Sibelius: Kaspar S., reformirter Theolog, ausgezeichneter theologischer Schriftsteller, besonders auf katechetischem und homiletischem Gebiete, hervorragend in seiner Zeit in der Leitung der kirchlichen Angelegenheiten sowie in der Fürsorge für die nach den Niederlanden geflüchteten reformirten Prediger, geboren am 9. Juni 1590 auf einem bei Elberfeld gelegenen Bauerngute, am 1. Januar 1658 zu Deventer. Sein Vater Peter Sibelius war ein Garnbleicher und Leinenhändler, seine Mutter eine Tochter des Reformators des Wupperthales, Peter Lo. Von fünf Söhnen widmeten sich drei dem Predigerstande, denn die Geschichte des Reformators und mit ihr die Vorliebe für genannten Stand lebte in den Enkeln fort. Kaspar S. erhielt seine Vorbildung in der lateinischen Schule zu Elberfeld, welche er mit den besten Zeugnissen zu Ostern 1605 verließ, um in die Prima zu Herborn einzutreten. Bereits bei der Herbstpromotion des folgenden Jahres wurde er von dem Pädagogearchen Georg Pasor zu den akademischen Vorlesungen entlassen. Der berühmte Piscator, der nassauische Bibelmann, ward hierauf sein Hauptlehrer in der Theologie. Ostern 1608 bezog er die Universität Leiden, wo er unter der trefflichen Leitung des Professors Franz Gomarus sich in die reichhaltige Litteratur reformirter Theologie einführen ließ und zu seinem hiesigen Privatstudium Calvin's Institutio, die Loci von Wolfgang Musculus, Peter Martyr, Stephan Szegedin sowie die theologischen Tractate des Beza, Franz Junius, Wilhelm Perkins u. a. machte. Mit Eifer legte er sich, da ihm die Hinterlassenschaft der Mutter die pecuniären Mittel gewährte, eine ausgesuchte Bibliothek an. Die Vorlesungen des bekannten Jacob Arminius über messianische Weissagungen schärften seine Unterscheidungsgabe inbetreff aller Abweichungen von der biblischen Wahrheit und legten ihm die Nothwendigkeit der Prüfung der Geister nahe. Es war mehr als bedenklich, daß Arminius seinen jugendlichen Zuhörern die Lectüre bedeutsamer arianischer, antitrinitarischer und jesuitischer Theologen aufs angelegenste empfahl. Seine akademischen Studien beschloß S. mit einer öffentlichen Vertheidigung mehrerer Thesen über die Prädestination unter dem Vorsitze des Gomarus am 15. Juli 1609, worauf er auf den Rath seines Vaters und des Elberfelder Pastors Peter Curtenius sich in sein Vaterland zurückbegab. Die Zeitverhältnisse schienen seit dem am 25. März|genannten Jahres erfolgten Tode des unter Leitung der Jesuiten gestandenen blödsinnigen Herzogs Johann Wilhelm für die Evangelischen in den Jülich-Cleve-Bergischen Landen sich günstig zu gestalten. Auf dem Landtage zu Düsseldorf (am 22. Juli 1609) gaben die Fürsten, welche die Regierung dieser Territorien als erbberechtigt gemeinschaftlich angetreten hatten, den Ständen von Cleve und Berg die Zusicherung, die römisch-katholische, wie auch jede andere christliche Religion, die im römischen Reich in Gebrauch und Uebung, zuzulassen und zu erhalten. S., von den Gemeinden Randerath und Geilenkirchen im Jülichschen zum Pastor gewählt, folgte diesem Rufe, nachdem er sich von dem Moderamen der Bergischen Synode zu Elberfeld hatte examiniren und die Hände auflegen lassen. Unter der eifrigen Pflege dieses ihres jugendlichen Hirten wuchsen diese beiden Gemeinden sichtlich, trotz der Unbilden des nunmehr entbrannten Jülichschen Erbfolgekrieges, in welchem S. sich öfters allerlei feindlichen Verfolgungen ausgesetzt fand. Inzwischen hatte der in seinem Amte so eifrige junge Prediger die Aufmerksamkeit der Synode der Jülichschen reformirten Kirche auf sich gezogen. Diese ließ ihn auf Wunsch des Gouverneurs der Stadt Jülich, Friedrich Pithan, unterm 20. August 1611 zum Pastor nach Jülich berufen, wo er sechs Jahre unter mancherlei Bedrückungen, denen die Reformirten nach Eroberung dieser Stadt sich ausgesetzt fanden, eine sehr segensreiche Thätigkeit entfaltete. Die Gemeinde nahm unter ihm zu; dreihundert Römische traten, durch Sibelius' Predigten gewonnen, zu ihr über. An dem regen Synodalwesen, wozu im Jülichschen die am 3. und 4. Juli 1571 zu Bedbur von den Gemeinden unter dem Kreuze oder den geheimen deutschen und Fremdengemeinden gehaltene erste Synode den Grund gelegt, nahm S. den lebhaftesten Antheil, wie ihn denn die zweite Generalsynode der gesammten reformirten Kirchen der drei Fürstenthümer Jülich, Cleve, Berg und der Grafschaft Mark, welche im September 1611 zu Duisburg gehalten wurde, als einen der vier dazu abgeordneten Prediger des Herzogthums Jülich sah. Er nahm bereits eine solche Stellung ein, daß ihn der in der Geschichte der reformirten Kirche jener Tage so bedeutsame Hofprediger des pfälzischen Kurfürsten Friedrich V., Abraham Scultetus (s. d. A.) auf seiner Rückreise aus England in Jülich aufsuchte und aufs freundschaftlichste mit ihm verkehrte. Eine Mission, welche ihm von dem Commandanten Pithan und seinem Presbyterium übertragen worden, führte ihn nach dem Haag, um von den Generalstaaten eine regelmäßige Unterstützung zum Gehalte des Pastors von Jülich, das die Gemeindeglieder infolge der Kriegsbedrückungen nicht mehr gut aufbringen konnten, zu erwirken. Hier lernte er den bekannten remonstrantischen Prediger Johannes Utenbogaert kennen, dessen Versuche, ihn für seine Partei zu gewinnen, S. mit seinem offenherzigen Wesen in geschickter Weise vereitelte, so daß derselbe ihm die gesuchte Hülfe für seine Amtsbrüder im Jülichschen nicht einmal abschlagen konnte. Auf der Rückreise erfuhr er in Nymwegen, wo ihn die Presbyter um eine Gastpredigt baten, seitens der dasigen drei arminianisch gesinnten Pastoren allerlei Unbilden, um ihm den etwaigen Gedanken, einen Beruf zum vierten Prediger dieser Gemeinde anzunehmen, zu verleiden. S. dankte angesichts solcher Amtsbrüder freiwillig für den ihm wirklich angebotenen Beruf.

    Inzwischen war am 11. August 1617 zu Deventer Pastor Jeremias Plancius der Pest erlegen und der Vogt von Gelderland, Dr. u. j. Friedrich van de Sande, welcher von der schlechten Behandlung, die S. in Nymwegen von den Remonstranten erfahren, wußte, empfahl ihn zu dessen Nachfolger. Am 27. October genannten Jahres hielt S. seine Antrittspredigt in Deventer über Luc. 24, 29: Herr, bleibe bei uns u. s. w. Der greise Prediger Thomas Roothusius führte ihn dabei in seinen Dienst ein. Das Predigen in holländischer Sprache bereitete|ihm keine Schwierigkeit, da er schon als Student in Leiden dieselbe hatte kennen lernen und sich zu diesem durch die Bande gemeinsamen Glaubens befreundeten Volke schon damals stark hingezogen fühlte. Der Stand der Gemeinde in Deventer war in der Zeit, da S. daselbst einzog, ein höchst betrübter. Mit richtigem Blicke hatte er die Kriegsunruhen, welche sein Heimathland durchzogen, als das Vorspiel eines großen deutschen Bürgerkrieges erkannt. Gern war er den Greueln eines solchen aus dem Wege gegangen. In Deventer traf er nun die schrecklichsten Verheerungen der Pest an; dabei bearbeiteten die Remonstranten durch allerlei Mittel die Reformirten, sich zu separiren. Inzwischen beschimpften Römische, Ubiquitisten, Anabaptisten und andere Secten die Reformirten auf allerlei Weise. S., von Jugend auf in Controversen geübt, bekämpfte dieselben mit dem größten Erfolge, ohne sich dabei eines streitsüchtigen Zelotismus schuldig zu machen. Wir verstehen das, wenn wir in Erwägung ziehen, daß S., obwohl den streng orthodox reformirten Standpunkt allezeit vertretend, ein äußerst gemüthvoller, ja liebenswürdiger Mensch war, welcher mit dem Feuer seiner vollen Ueberzeugung auch den Gegner leicht zu entwaffnen wußte. Auf dem Landtage der Overysselschen Stände bediente sich daher Prinz Moritz von Oranien vor allen seiner, um durch ihn auch die Pastoren von Zwoll für die Berufung einer Nationalsynode zu gewinnen. Bislang ist das Verdienst, was S. an der Beruhigung der großen Aufregung der Geister auf dem kirchlichen Gebiete der Niederlande in jener Zeit, sowie an dem Zustandekommen der zu diesem Zwecke berufenen großen Nationalsynode zu Dortrecht, einer wirklich ökumenischen Synode der reformirten Kirche, sich erworben, noch zu wenig anerkannt worden, was wohl seinen Grund in dem oberflächlichen, meist verächtlichen Aburtheilen über diese Synode hat, zu welchem sich die meisten Schriftsteller durch die remonstrantischen, die geschichtlichen Thatsachen trübenden und entstellenden Berichte hinreißen lassen. Unter den zu dieser Synode Deputirten befand sich auch S., der mit größter Aufmerksamkeit den Verhandlungen derselben folgte. Einen wesentlichen Antheil an dem Aufblühen des höheren Schulwesens in Deventer hat S. gehabt, indem er für Berufung tüchtiger Lehrkräfte an das im J. 1619 neu eingerichtete Pädagogium sorgte und dahin wirkte, daß im J. 1630 ein akademisches Gymnasium daselbst gegründet wurde. Viel größer ist aber sein Verdienst zu nennen, welches er sich durch seine Theilnahme an der Revision der von der Dortrechter Synode beschlossenen neuen holländischen Bibelübersetzung erworben hat. Längere Zeit, vom Jahre 1632 an, brachte er mit der Revision der ihm zugegangenen Theile des Neuen Testamentes in angestrengtester Thätigkeit zu. Dabei hatte sich der Kreis seiner Correspondenz immer weiter ausgedehnt. Vornehmlich waren es die Glaubensgenossen aus Deutschland, welche ihn in ihren Anliegen um Empfehlung bei den Hochmögenden baten; auch wegen ihres Bekenntnisses vertriebene Prediger. sowie verirrte Amtsbrüder, wie der ehemalige Reeser Pastor Absalon v. Kessel; der Schwager Sibel's, Philipp Eilbracht, welcher zu den Römischen in den schrecklichen Kriegswirren übergetreten war und nun wegen seiner Rückkehr zur reformirten Kirche der nöthigen Instruction bedurfte. Aber auch Remonstranten, welche zur genannten Kirche sich wieder in rechter Erkenntniß der Wahrheit wenden wollten, wie der seitherige Prediger Johannes Schotler zu Kampen, schrieben vertrauensvoll an S. Selbst der verbannte reformirte Erzbischof von Caschel, Archibald Hamilton, verschmähte es nicht, sich wegen Erleichterung seines Exils an ihn zu richten.

    Als Prediger erwarb sich S. bei seiner Gemeinde wie auch auswärts, da seine Homilien über ganze Bücher der Schrift durch den Druck veröffentlicht wurden, einen bedeutenden Ruf. Nicht leicht findet man aber auch in jener Zeit unter den gelehrten Theologen der reformirten Kirche einen auf das praktische|Leben der Gemeindeglieder mehr bedachten als S. Sein Gebetbuch in holländischer Sprache, zuerst 1633 erschienen und dann öfters, etwas bis dahin unter den Reformirten der Niederlande Unerhörtes, erwarb sich bald eine Menge Freunde. Seine lateinischen Meditationen über den trefflichen Heidelberger Katechismus, vier starke Quartbände, sind wahrhaft classisch zu nennen. Es herrscht darin, wie überhaupt in allen Schriften Sibelius', eine Klarheit des Denkens und der Präcision des Ausdrucks, welche den Leser, dem es um positives Wissen geht, höchst angenehm berühren. S. war mit ungetheiltem Herzen sein Leben hindurch Theologe. Es schmerzte ihn daher sehr, als er 1648 infolge eines Schlaganfalles um seine Emeritirung einkommen mußte. Leider starb auch bald darauf sein einziges Kind, die Wittwe eines Pastors, deren Sohn sein Universalerbe wurde.

    Das landläufige Urtheil, das man in Deutschland so oft hört: Calvinisten können nur abstracte Menschen sein, hat S. unter anderen gründlich widerlegt. Schwerlich wird man bei einem Menschen ein reicheres Gemüth finden. Das zeigt ganz deutlich seine Selbstbiographie, welche in lateinischer Sprache geschrieben sich auf der Deventer Stadtbibliothek befindet. Dieselbe ist für die Geschichte seiner Zeit von großem Werthe. Sie ist erfüllt von hohen und prächtigen allgemeinen Gedanken und Gnomen. Wahre Freundschaft schätzte er sehr. Von dem Predigtamte hatte S. eine so hohe Meinung, daß er den Vornehmen auf die Frage, was mit ihren Söhnen anzufangen? empfahl, sie jenem zu widmen. Das Alter ehrte er ungemein. Auch interessirte er sich sehr für die Christianisirung der Eingeborenen auf den niederländischen Colonien, wie man denn in seiner Lebensgeschichte mehrere Missionsnachrichten über die Thätigkeit des Predigers Robert Junius auf der von der ostindischen Compagnie in Besitz genommenen Insel Formosa u. a. findet.

    • Literatur

      Selbstbiographie. — Herzog's Realencyklopädie, 1. u. 2. Ausgabe, woselbst ein vollständiges Verzeichniß der Schriften von Sibelius. —
      A. J. van der Aa, Biogr. Woordenboek.
      B. Glasius, Godgeleerd Nederland.
      W. Tijdeman, C. Sibelius, in leven predicant te Deventer.
      Cuno, Franc. Junius. Amsterdam 1891. —
      Ev. ref. Kirchenzeitung. 1876. —
      J. Revii Daventria illustrata. Lugd. Bat. 1651. — J. Leusden, Philol. hebraeomixtus.

  • Autor/in

    Cuno.
  • Zitierweise

    Cuno, "Sibelius, Caspar" in: Allgemeine Deutsche Biographie 34 (1892), S. 122-125 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104092033.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA