Lebensdaten
1796 – 1857
Geburtsort
Ehningen bei Böblingen (Württemberg)
Sterbeort
Ludwigsburg
Beruf/Funktion
Fabrikant ; Erfinder von Phosphorreibzündhölzern
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 137711999 | OGND | VIAF: 81860341
Namensvarianten
  • Kammerer, Jakob Friedrich
  • Kammerer, Jacob Friedrich
  • Cammerer, Jakob Friedrich
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Zitierweise

Kammerer, Jakob Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd137711999.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Stephan (1767–1815), Siebmachermeister u. Weinwirt in L., aus Siebmacherfam. in Holzgerlingen u. E.;
    M Anna Margarethe Sattler (1760–1826);
    1) 1820 Ludowika Friederike ( 1830), T d. Sporers Karl Riegert, 2) Ludwigsburg 1831 Karoline Friederike Keck (1807–46), illeg. T d. Kabinettsmeisters Michael Keck u. d. Agnes Margarethe Schwarz, 3) 1847 Johanna, T d. Küblers Heinrich Paar in L.;
    7 K aus 1) (3 früh †), 5 K aus 2) (2 früh †), u. a. Sophie ( Gazan de la Perriere), Sängerin, Emilie ( Dr. med. Friedrich Wilhelm Wedekind), 1 S aus 3);
    E Frank Wedekind ( 1918), Schriftsteller.

  • Biographie

    K. erlernte wie sein Vater die Siebmacherei und führte nach dessen Tod das väterliche Geschäft in Ludwigsburg zusammen mit der Mutter weiter, wobei er sich besonders dem Verkauf über Land widmete. 1823 pachtete er eine größere Wirtschaft und nahm den Weinausschank im Hause („Katharinenpläsier“) wieder auf. Zur Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage beschäftigte sich K. auch mit der Hutmacherei und erwarb 1824 ein württembergisches Patent auf die „ausschließliche Verfertigung von Sommerhüten und Kappen aus Fischbein, Weiden und Spanischrohr“ mit einer von ihm erfundenen Maschine und nach eigenem Fabrikationsverfahren. K. war stets interessiert an Neuheiten und erwies sich besonders bei der Erprobung neuer Rohstoffe und Chemikalien auf ihre Verarbeitungsmöglichkeiten hin als sehr geschickt. So schuf er ein Verfahren zur Auflösung von Gummi zwecks Imprägnierung von Textilgewebe. Seit 1830 bot er in seinem Ladengeschäft die 1823 von J. W. Döbereiner erfundenen „Döbereiner’schen Platin-Zündmaschinen“ an und bald weitere neue Modelle, zum Beispiel die „Congreve’schen Zündhölzer“, die die Aera der Feuerzeug- und Zündholzerfindungen und die technische Massenproduktion dieser Artikel einleiteten. Indessen geriet K. in Beziehung zu einem revolutionären, offensichtlich republikanischen Zirkel, der „Montagsgesellschaft“, wurde deshalb am 1.7.1833 verhaftet und auf den Hohenasperg gebracht. Aufgrund seiner schlechten Gesundheit wurde er am 31. 10. wieder entlassen, während sich sein Prozeß über 5 Jahre hinschleppte. In der erzwungenen Mußezeit auf dem Hohenasperg soll K. die aus dem leicht entzündlichen, in seiner gefährlichen Giftwirkung noch nicht erkannten gelben Phosphor und aus Kaliumchlorat bestehende Zündmasse für seine Zündhölzer erfunden haben. Er hatte sich schon vorher, mindestens seit 1832, mit deren Herstellung beschäftigt und brachte seine Phosphorzündhölzer vor allem über das Nürnberger Kaufhaus Leuchs & Co. in den Handel. Obwohl sich K. diese Erfindung nicht patentieren ließ, und trotz großer Konkurrenz blühte sein kleiner Betrieb auf und hatte 1836/37 schon 40 Beschäftigte. Andererseits geriet K. durch die Feuergefährlichkeit seiner Vorräte an Phosphor und Zündmasse ständig mit Nachbarn und Behörden in Konflikt. Deshalb verlegte er nach einem Brand (1837) seinen Betrieb vor die Stadt („vor dem Asperger Tor“) und übergab das Ladengeschäft einem Kommissionär. Als K.s politischer Prozeß am 17.2.1838 vor dem Kriminalsenat in Esslingen mit seiner Verurteilung zu 2 Jahren Festungshaft endete, entzog sich K. der Strafe durch die Flucht. Er überließ seiner Frau die Weiterführung der Fabrik und wandte sich zusammen mit seinem Stiefschwager W. Seitter zuerst nach Straßburg und 1839 oder 1840 nach Riesbach bei Zürich, wo er in einem gemieteten Gebäude die Zündholzfabrikation wiederaufnahm. Als hier ebenfalls ein Feuer ausbrach, erbaute er 1841 eine den behördlichen Sicherheitsvorschriften Rechnung tragende eigene Fabrik „im Seefeld“. Er vergrößerte sein Warensortiment durch Herstellung von Gichtpapier, Fliegenleim, Fleckenwasser, Stiefelwichse, Gelatine für pharmazeutische Zwecke und „limonade gazeuse“. Obwohl K. 1842 die württembergische Staatsbürgerschaft wiedererhielt, holte er seine Familie aus Ludwigsburg, übertrug die Leitung der dortigen Fabrik an W. Seitter (seit 1850 an seinen Sohn Hermann) und fand in Riesbach seine neue Heimat. Etwa um 1850 stellte K. dann die Zündholzfabrikation ein. Er nahm sich der aus Deutschland kommenden politischen Flüchtlinge hilfreich an und war 1849/50 Hauptkassier der Hilfsgesellschaft für politische Flüchtlinge aus Deutschland. Trotz guter Entwicklung seiner beiden Fabriken geriet er schließlich in wirtschaftliche Not. Als sich bei ihm geistige Störungen einstellten, wurde K. in einer Anstalt untergebracht, erst in Winnenden, danach in Ludwigsburg.

  • Literatur

    G. Schwienig. in: Dt. Zündwarenztg. 1916, S. 143-45, 184 f.;
    W. Niemann, in: Archiv f. Gesch. d. Math. 8, 1918, S. 206-21 (P);
    M. Mengeringhausen, in: Ill. Technik f. Jedermann, 1927, S. 706;
    H. Helberg, 100 J. Phosphorreibzündholz, Ein Gedenkbl. f. J. F. K., 1935 (P);
    Ferchl;
    Pogg. I.

  • Autor/in

    Otto Krätz
  • Zitierweise

    Krätz, Otto, "Kammerer, Jakob Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 84-85 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd137711999.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA