Lebensdaten
1823 – 1903
Geburtsort
Fischenthal Kanton Zürich
Sterbeort
Fischenthal Kanton Zürich
Beruf/Funktion
Bankgründer ; Textilfabrikant
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 129585688 | OGND | VIAF: 3556768
Namensvarianten
  • Keller, Johann Jakob
  • Fischenthal Keller, Johann Jakob von
  • Keller, J. J.
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Zitierweise

Keller, Johann Jakob, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd129585688.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hans Jakob (1793–1843), Bauer u. Weber in F., seit 1828 Weberei-Verlagsunternehmer, S d. Bauern Hans Rudolf in F. u. d. Barbara Schoch;
    M Anna Weber (1793–1848);
    B Caspar, Jean, beide Mitarbeiter K.s;
    - 1) 1845 Anna (1822–55), T d. Kaspar Rüegg (1790–1869) aus F. u. d. Anna Keller (1787–1846), 2) 1855 od. 1856 Anna Karolina (1817–57), T d. Hans Heinrich Peter (1780–1858) u. d. Christiane Catharina Muschenmoser (1778–1850), 3) 1859 Anna Barbara (1833–99), T d. Hans Ulrich Güttinger u. d. Elsbeth Frauenfelder (?);
    1 S, 3 T aus 1), u. a. Jacques, 1 S, aus 2), 2 S aus 3), alle Mitarbeiter K.s.

  • Biographie

    Bald nach K.s Geburt begann der Vater ein Weberei-Verlagsunternehmen, das sich zunächst gut anließ, jedoch 1839 in Konkurs geriet. K., der damals die Stadtschule Winterthur besuchte und Theologie studieren wollte, mußte nach Hause zurückkehren. Gemeinsam mit dem Vater baute er das Verlagsgeschäft neu auf und führte es nach dessen frühem Tode zusammen mit der Mutter weiter. Nachdem er eine Zeitlang vorwiegend Handstickereien vertrieben hatte, erwarb er 1860 die Konzession für eine mechanische Weberei in Mühlebach-Fischenthal und erbaute 1863 eine Spinnerei in Gibswil, an der vorübergehend auch seine Brüder Caspar und Jean beteiligt waren. Mit Hilfe des ältesten Sohnes Jacques und später auch der jüngeren Söhne vermochte K. in den beiden folgenden Jahrzehnten das Unternehmen stetig zu vergrößern. 1883 übertrug er ihnen die Firma.

    K.s eigentliche Bedeutung liegt in der auf seine Initiative zurückgehende Gründung der Zürcher Kantonalbank, die ihm den Namen „Bankvater“ einbrachte. Die Gründung dieser heute viertgrößten Schweizer Bank ist nur aus wirtschaftspolitischen Entwicklungen zu erklären. Zürich war bis 1856 ein sehr bescheidener Bankplatz. Zwei ältere dort ansässige Banken interessierten sich nur wenig für die Kreditbedürfnisse des Handwerks, des Gewerbes und der Landwirtschaft. Wohl entstand 1856, nachdem der Bau der Eisenbahnen die ersten großen Finanzgesellschaften hervorgebracht hatte, die Schweizerische Kreditanstalt in Zürich, doch dachte ihr Gründer, Alfred Esther, vor allem an Handels- und Industriegeschäfte. Das Bedürfnis nach Kleinkrediten wurde damit nicht erfüllt. In der 2. Hälfte der 1860er Jahre bahnte sich eine politische Umwälzung im Sinne der Erweiterung demokratischer Volksrechte an. K., der seit 1854 dem Großen Rat angehörte und unter anderem durchgesetzt hatte, daß alle Abstimmungen im Kanton geheim durchgeführt wurden, war seit langem der wichtigste Befürworter der Gründung einer Kantonalbank als Staatsbank gewesen und verstand es nun, dieses Projekt als einen Hauptpunkt in ein Paket von Forderungen einzubringen, die nach dem Wunsche der Reformpartei durch eine neue Staatsverfassung verwirklicht werden sollten. Die von einem Verfassungsrat ausgearbeitete neue Kantonsverfassung, welche auch die Gründung einer Kantonalbank vorsah, wurde vom Zürcher Volk am 18.4.1869 gutgeheißen; das entsprechende Spezialgesetz trägt das Datum des 7.11.1869. Im Ausschuß, der über das Gesetz beriet, saß K. neben dem Winterthurer Bankexperten Dr. Lange, der über seine Erfahrungen bei den Schulze-Delitzschen Volksbanken in Deutschland berichten konnte. Am 17.11.1869 wählte der Kantonsrat den Bankrat, wobei K. Vizepräsident wurde. Er sollte dieses Amt bis 1899 ausüben.

    Am 15.2.1870 öffneten sich die Schalter der Kantonalbank, die – nach den Worten K.s – „das Volk von alten Abhängigkeiten befreien und die Macht der Reichen einschränken“ sollte. Ihr Grundkapital betrug 6 Millionen Franken, wovon eine Hälfte durch Staatsmittel, die andere durch Einzahlungen von Obligationen aus dem Publikum beschafft werden sollte. K. steuerte „seine“ Bank sicher durch die Schwierigkeiten der ersten Jahre. Es bedurfte gewaltiger Anstrengungen, um das Bankgeschäft zum Blühen zu bringen; nach den Bestimmungen des Kantonalbankgesetzes waren landauf landab Filialen zu errichten. Heute (1976) beträgt die Bilanzsumme der Bank 13, 5 Milliarden Franken. Dem Hauptsitz in Zürich sind 70 Zweigstellen zugeordnet.

    Die Zürcher Kantonalbank war nicht die einzige bedeutende Leistung K.s. Die erste Tat, die ihn in der Öffentlichkeit bekannt machte, war eine Denkschrift von 1850 über die mißliche Lage seiner schwer verschuldeten Heimatgemeinde Fischenthal. Er erreichte durch Spenden und – nachdem er 28jährig Gemeindepräsident geworden war – durch eine bessere Verwaltung, daß die Gemeinde innerhalb weniger Jahre ein kleines Vermögen besaß. Als zwischen 1870 und 1880 die Tösstalbahn von Winterthur nach Bauma und weiter nach Wald erbaut wurde, stand er dem Unternehmen nach Kräften bei. Während 24 Jahren saß er im Nationalrat, ergriff bei Zoll- und Handelsfragen häufig das Wort und trat unermüdlich für eine allgemeine und obligatorische Unfall-, Kranken- und Altersversicherung ein, Forderungen, deren Erfüllung er nicht mehr erlebte. Von seinen Grundgedanken über eine eidgenössische Staatsbank sind einige in das Statut der 1906 gegründeten Nationalbank eingegangen. Als Sozialpolitiker war er überzeugt, daß die Verbesserung der Lage der Arbeiterschaft weder durch politische Agitation noch durch Streiks herbeigeführt werden könne, wohl aber durch vernünftiges Verständnis und gegenseitige Achtung der Sozialpartner.

  • Literatur

    M. Schnyder, in: Schweizer Pioniere d. Wirtsch. u. Technik 25, 1971 (P).

  • Autor/in

    Hans Rudolf Schmid
  • Zitierweise

    Schmid, Hans Rudolf, "Keller, Johann Jakob" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 459-460 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129585688.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA