Lebensdaten
1914 – 1998
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Jurist ; Funktionär der CDU (Ost) ; Präsident des Obersten Gerichts der DDR
Konfession
-
Normdaten
GND: 125603096 | OGND | VIAF: 62515356
Namensvarianten
  • Toeplitz, Heinrich Theodor
  • Toeplitz, Heinrich
  • Toeplitz, Heinrich Theodor

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Toeplitz, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd125603096.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Georg (g), Dr. iur., Vf. v. „Die Grundgeschäftswirkungen d. auf allg. Gütergemeinschaft gerichteten Ehevertrages n. d. Rechte d. BGB“, Diss. Greifswald 1906, Ger.assessor in Breslau;
    M Margarete Sticher (* 1891);
    1947 Ruth Gaudlitz (1921–2010), Stenotypistin, techn. Zeichnerin, seit 1950 Mitgl. d. CDU (Ost), Stadtverordnete in Ost-Berlin, 1954–87 Mitgl. d. DFD-Bundesvorstands;
    1 S, 2 T.

  • Biographie

    T. besuchte bis 1923 die Volksschule und danach das Gymnasium in Breslau (Abitur 1932), studierte anschließend in Leipzig und Breslau Rechts- und Staatswissenschaften und wurde 1934/35 zum Militärdienst (zuletzt Gefreiter) eingezogen. 1936 bestand er die erste jur. Staatsprüfung in Breslau, wo er 1937 zum Dr. iur. promoviert wurde. Als „Halbjude“ väterlicherseits wurde er nicht|zur Assessorprüfung zugelassen und versuchte 1938 in Österreich (Wien) und Jugoslawien erfolglos, sich eine kaufmännische Existenz aufzubauen. Nach Kriegsausbruch nach Deutschland zurückgekehrt, war er als Rechtsanwalt und in Industriebetrieben tätig. Da er vom Kriegsdienst ausgeschlossen war, wurde er von April 1944 bis Kriegsende in der „Organisation Todt“ in Frankreich und in den Niederlanden zu Bauarbeiten verpflichtet. Im Mai 1945 geriet er für drei Monate in sowjet. Gefangenschaft.

    Seit 1945 lebte T. in Berlin, arbeitete als Referendar und Hilfsrichter, legte 1947 die zweite jur. Staatsprüfung ab und wurde im selben Jahr Mitarbeiter beim Stadtrat für Justiz. Er trat 1949 in Ost-Berlin der CDU bei und wurde 1950 deren stellv. Generalsekretär. Die DDR-Regierung berief ihn 1950 als Staatssekretär in das von Max Fechner (1892–1973), seit 1953 von Hilde Benjamin (1902–89) geleitete Ministerium der Justiz. Für die CDU war er 1951–90 Abgeordneter der DDRVolkskammer und seit 1986 Mitglied des Auswärtigen Ausschusses. Dem Politischen Ausschuß und seit 1960 dem Präsidium des Hauptvorstands der CDU gehörte er 1952–89 an und war 1966–89 stellv. Parteivorsitzender. 1955–87 leitete er den zentralen Untersuchungsausschuß der CDU. T. war Mitglied, 1951–53 stellv. Vorsitzender des Zentralvorstands der 1947 gegründeten „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ (VVNBdA e. V.). Nach dessen Auflösung in der DDR 1953 war er Mitbegründer des „Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer“ und hatte dort 1953–90 ununterbrochen führende Positionen inne. Die „Fédération Internationale des Résistants“ (FIR – Bund d. Antifaschisten) berief ihn 1954 in ihren Generalrat.

    Die Volkskammer der DDR wählte T. 1960 als Nachfolger Kurt Schumanns (1908–89) zum Präsidenten des Obersten Gerichts (OG). In dieser Funktion leitete er das Präsidium und das Plenum, die jeweils Beschlüsse und Richtlinien mit bindender Wirkung gegenüber den nachgeordneten Gerichten fassen konnten. T. bekannte sich zur Rechtspolitik der SED und setzte sich für einheitliche, zentral gelenkte Rechtsprechung ein. Als Präsident konnte er in jedem anhängigen Verfahren, so auch bei erstinstanzlichen, nicht anfechtbaren Prozessen vor dem 1. Strafsenat, den Vorsitz übernehmen. Sie dienten v. a. in den Anfangsjahren des OG dazu, politische Gegner auszuschalten und die DDR als antifaschistisch-demokratischen Staat darzustellen. T. leitete 1962 gegen den Fluchthelfer Harry Seidel (* 1938) ein internationale Proteste auslösendes Verfahren, in dem lebenslanges Zuchthaus verhängt wurde. Dieselbe Strafe verkündete er 1963 wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ in Abwesenheit gegen den ehemaligen Staatssekretär von Bundeskanzler Adenauer, Hans Globke (1898–1973). In einem Schauprozeß verurteilte er 1966 den KZ-Arzt von Auschwitz, Horst Fischer (1912–66), wegen Kriegsverbrechen und Mord zum Tode; Fischer wurde 1966 hingerichtet. T. wurde im Juni 1986 aus Altersgründen als Präsident des OG verabschiedet, sein Nachfolger wurde Günter Sarge (* 1930).

    Trotz öffentlicher Empörung angesichts seiner leitenden Funktionen in der DDR-Justiz berief die Volkskammer T. im Nov. 1989 zum Leiter eines zeitweiligen Ausschusses, der Korruption und Amtsmißbrauch durch ehemalige DDR-Staats- und Parteifunktionäre überprüfen sollte. Im April 1995 wurde er vor dem Berliner Landgericht wegen Rechtsbeugung angeklagt, ein Strafverfahren fand wegen Verhandlungsunfähigkeit nicht statt. Seine Publikationen rechtfertigen die Staats- und Rechtsordnung der DDR, wissenschaftlicher Wert ist ihnen nicht beizumessen.

  • Auszeichnungen

    A VVO in Bronze (1955), Silber (1957), Gold (1970), Ehrenspange (1984);
    Banner d. Arb. (1964);
    Verdienstmedaille d. NVA in Gold (1965);
    Dr. iur. h. c. (Leipzig 1979);
    Held d. Arb. (1984);
    Gr. Stern d. Völkerfreundschaft in Gold (1989);
    Mitgl. d. Zentralvorstands d. Ges. f. Dt.-Sowjet. Freundschaft (1971);
    Präs. d. Freundschaftsges. DDR-Italien (1975–90), d. Liga f. Völkerfreundschaft d. DDR (1979) u. d. Vereinigung d. Jur. d. DDR (1962–85);
    d. T. in versch. Biogrr. zugeschriebene Lenin-Orden d. UdSSR ist nicht belegt.

  • Werke

    W Begriff u. Wesen d. abhängigen Aktienges. nach d. Aktiengesetz v. 30. Jan. 1937, Diss. Breslau 1937/38;
    Was bedeutet uns Christen d. Marxismus-Leninismus?, 1953;
    Oberstes Ger. d. DDR, höchstes Organ wahrhaftiger demokrat. Rechtsprechung, 1970;
    Aus Reden u. Aufss. 1952–1973, 1974;
    Der Bürger u. d. Ger., 1978.

  • Quellen

    Qu BA 55 SAPMO; Landesarchiv Berlin, C Rep.118; Fragebogen d. Magistrats d. Stadt Berlin, Hauptausschuß „Opfer d. Faschismus“ v. 11. 11. 1945, P II 3725.

  • Literatur

    L K. W. Fricke, Pol. u. Justiz in d. DDR, 1979;
    H. Benjamin (Leiterin e. Autorenkollektivs), Zur Gesch. d. Rechtspflege d. DDR, 1949–1961, 1980;
    A. Gängel, Das Oberste Ger. d. DDR, in: H. Rottleuthnert u. a. (Hg.), Steuerung d. Justiz in d. DDR, 1994;
    F. Werkentin, Pol. Strafjustiz in d. Ära Ulbricht, 1995;
    ders., Recht u. Justiz im SED-Staat, 1998;
    R. Beckert, Die erste u. letzte Instanz, Schauu. Geheimprozesse vor d. Obersten Ger. d. DDR, 1995;
    K. A. Mollnau, Recht u. Juristen im Spiegel d. Beschlüsse d. Politbüros u. d. Sekr. d. ZK d. SED, 2003;
    K. Marxen (Hg.), Inszenierungen d. Rechts,|Schauprozesse, Medienprozesse u. Prozeßfilme in d. DDR, 2006;
    ders. (Hg.), Strafjustiz u. DDR-Unrecht, Bd. 5/1 u. 5/2, Rechtsbeugung, unter Mitarb. v. B. Burghardt, 2007;
    Biogr. Hdb. SBZ/DDR (L); Wer war wer DDR.

  • Porträts

    P Photogrr. (BA, Bilddatenbank)

  • Autor/in

    Rudi Beckert
  • Zitierweise

    Beckert, Rudi, "Toeplitz, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 328-330 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd125603096.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA