Lebensdaten
1780 – 1842
Geburtsort
Bökendorf bei Brakel Kreis Höxter
Sterbeort
Würzburg
Beruf/Funktion
Verwaltungsjurist ; Sammler neugriechischer Volkslieder ; Politiker ; Schriftsteller
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119419173 | OGND | VIAF: 8197539
Namensvarianten
  • Haxthausen, Werner Freiherr von (bis 1837)
  • Haxthausen, Werner Moritz Maria Freiherr von (bis 1837)
  • Haxthausen, Werner Moritz Maria Graf von
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen im NDB Artikel

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Haxthausen, Werner Graf von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119419173.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    B August (s. 1);
    1825 Elisabeth Freiin v. Harff (1787–1862) aus Köln, richtete 1853 Badebetrieb in d. Mineralquellen v. Neuhaus ein (heute Bad Neustadt/Saale);
    T Maria ( Hermann Frhr. v. Brenken).

  • Biographie

    H. wurde in der Familie von Friedrich Leopold Graf zu Stolberg zusammen mit dessen Söhnen von dem Theologen Bernhard G. Kellermann unterrichtet. Das Studium der Rechtswissenschaften und der Medizin begann er in Münster. Nach einem längeren Aufenthalt bei Verwandten in Böhmen (1803/04) übernahm er zunächst eine Dompräbende in Paderborn, ging dann aber nach Paris, wo er vornehmlich orientalistische Studien trieb. Diese setzte er in Göttingen und 1810 in Halle fort. Dort gewann er Zugang zu dem Kreis um Johann Fr. Reichardt und H. Steffens. Wohl schon in Göttingen hatte er Jakob und Wilhelm Grimm kennengelernt. An den politischen Bestrebungen des „Tugendbunds“ und den geheimen Vorbereitungen des Freiherrn W. von Dörnberg zu einem bewaffneten Aufstand im Königreich Westfalen war er aktiv beteiligt. Nach dem Mißlingen dieses Plans von den Franzosen geächtet, mußte er über Norwegen und Schweden nach England fliehen. In London erwarb er sich durch ärztliche Tätigkeit und mit naturphilosophischen Vorträgen seinen Lebensunterhalt. 1813 nahm er als Adjutant des Generals Wallmoden am Befreiungskrieg teil. In Paris und beim Wiener Kongreß knüpfte oder erneuerte er Beziehungen zu dem Freiherrn vom Stein, E. M. Arndt, S. Boisserée, J. Görres und dem Freiherrn von Laßberg. Für seine Studien zur neugriechischen Volksdichtung war vor allem die Verbindung zu Bartholomäus Kopitar wichtig. Unter dem Oberpräsidenten der Rheinprovinz Friedrich Graf zu Solms-Laubach wurde H. 1815 Regierungsrat in Köln. Im Winter 1825/26 lebte Annette von Droste zu Hülshoff bei ihrem ersten rheinischen Aufenthalt in seinem Hause. Von H., der schon früh ihre dichterische Begabung erkannt hatte, empfing sie die Anregungen zu ihren orientalisierenden Gedichten. 1826 schied H. aus dem Dienst aus, übernahm die|Verwaltung der Familiengüter in Bökendorf und wandte sich erneut politischen Zeitfragen zu. Im westfälischen Provinziallandtag war er 1833 Vorsitzender des Ausschusses für das bäuerliche Erbfolgegesetz. Seine Denkschrift „Über die Grundlagen unserer Verfassung“ (1833, ²1881, Porträt) zog ihm in Preußen heftige Angriffe zu. Das veranlaßte ihn 1837, sich auf das von ihm erworbene Gut Neuhaus bei (Bad) Neustadt/Fränk. Saale zurückzuziehen.

    H. pflegte vielfältige freundschaftliche, politische und literarische Beziehungen, die archivalisch noch kaum erschlossen sind. Wie seinem Bruder August kommt auch ihm ein Platz in der Geschichte der romantischen Bemühungen um die Volksdichtung zu. Seine orientalistischen Studien führten ihn wohl zuerst in Wien zur Sammlung neugriechischer Volkslieder, die er in den folgenden Jahren mit Hilfe verschiedener griechischer Gewährsleute vermehrte. 1815 machte er Goethe bei einem Besuch in Wiesbaden mit den Originalen und seinen metrischen Übersetzungen bekannt. Goethe fand darin seine Gedanken zur Theorie der Ballade bestätigt; auch die produktive Anregung war bedeutend, sie führte ihn später zur eigenen Nachdichtung „Neugriechisch-epirotischer Heldenlieder“. Trotz der lebhaften, unter anderem durch Heinrich von Treitschke und Barthold Georg Niebuhr bezeugten Anteilnahme der Zeitgenossen, des Angebots einer gemeinsamen Veröffentlichung mit den serbischen Volksliedern Jakob Grimms und einer erneuten Aufforderung Goethes in „Kunst und Altertum“ (1823) vermochte H. nicht zum Abschluß seiner Arbeit zu gelangen. Es blieb bei einem langen Antwortbrief an Goethe, in dem H. seine Auffassungen vom Wesen der Volkspoesie darlegte (gedruckt bei Schulte Kemminghausen, s. Werke). Erst 1935 wurde die Sammlung nach den erhaltenen Handschriften kritisch herausgegeben.

  • Werke

    Weiteres W Neugriech. Volkslieder, ges. v. W. v. H., Urtext u. Übers. hrsg. v. K. Schulte Kemminghausen u. G. Soyter, 1935.

  • Literatur

    ADB XI;
    H. v. u. zu Brenken, Lebensskizze, in: W. v. H., Über d. Grundlagen unserer Vfg., ²1881;
    Briefwechsel zw. Goethe u. Therese v. Jakob, hrsg. v. R. Steig, in: Goethe-Jb. XII, 1891, S. 33-77;
    H. Hüffer, Annette v. Droste-Hülshoff u. ihre Werke, ³1911 bearb. v. H. Cardauns, S. 20 ff. u. ö.;
    J. Gotthardt, Aus d. Jugendzeit W.s v. H., in: Hist. pol. Bll. 152, 1913, S. 511 ff.;
    E. Arens, W. v. H. u. s. Verwandtenkreis als Romantiker, 1927 (P);
    K. Dietrich, Goethe u. d. neugriech. Volksdichtung, in: Hellas-Jb. 1929;
    A. Klein, W. v. H. u. s. rhein. Freundeskreis, in: Ann. d. Hist. Ver. f. d. Nd.rhein, H. 151/52, 1952, S. 470-73;
    ders., W. v. H., 1780-1842, u. s. Freundeskreis am Rhein, ebd. 155/56, 1954, S. 160-83;
    W. Schulte, Volk u. Staat, Westfalen im Vormärz u. in d. Rev. 1848/49, 1954, S. 407, 766, 784;
    ders., Westfäl. Köpfe …, 1963, S. 108 (P);
    A. Schaefer, Goethe in Wiesbaden 1814 u. 1815, in: Goethe, NF d. Jb. d. Goethe-Ges. 27, 1965, S. 105;
    Kosch, Lit.-Lex.

  • Porträts

    Ölgem. v. K. B. Beckenkamp, 1818 (Haus Wewer, Slg. v. Brenken), Abb. b. W. Leesch, Heimatchronik d. Kr. Höxter, 1966;
    v. Ludw. E. Grimm, 1841 (ebd.), Abb. b. Schulte, Westfäl. Köpfe, S. 108, s. L u. in: Westfalen 23, 1938, Abb. 51.

  • Autor/in

    Adalbert Elschenbroich
  • Zitierweise

    Elschenbroich, Adalbert, "Haxthausen, Werner Graf von" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 141-142 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119419173.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Haxthausen: Werner Moritz Maria Freiherr v. H., geb. am 18. Juli 1780 zu Bökendorf als der vierte unter acht Söhnen, Bruder des Vorigen. Seine Erziehung erhielt er theils im elterlichen Hause, theils im Hause des Grafen Leopold von Stolberg, der ihn ungemein liebte. Von 1800—1803 studirte H. in Münster, später in Prag, die Rechtswissenschaft und nebenbei aufs eifrigste die alten und neuen Sprachen. 1804 übernahm er ein Canonicat in Paderborn, welches ihm Zeit genug ließ zu eingehenden orientalischen Sprachstudien. Joh. v. Müller, der ihn damals kennen lernte, bewunderte seine außerordentlichen Sprachkenntnisse, seinen Fleiß und Scharfsinn, die ebenso groß seien als seine Bescheidenheit und Simplicität. 1809 ging H. zum Abschlusse seiner sprachlichen Studien nach Göttingen, doch die Noth des Vaterlandes rief ihn bald zurück. Er betheiligte sich an den gefahrvollsten Unternehmungen gegen die Fremdherrschaft und wurde bald die Seele der patriotischen Erhebung im Königreich Westfalen. Als Mitglied des Tugendbundes und als Theilnehmer an der Dörnbergschen Erhebung von den Franzosen geächtet, begab er sich nach Halle, um unter Wahl's Leitung Persisch zu treiben und sich zugleich medicinischen Studien zu widmen, in der Hoffnung, durch Vermittlung seines Freundes, des Grafen Münster, damaligen hannoverschen Gesandten in London, als Arzt bei der englischen Expedition nach Indien Verwendung zu finden. In Halle wurde er mit W. Grimm, der Familie Reichard und besonders mit H. Steffens eng befreundet. Letzterer, der nach seinem eigenen Geständnisse von ihm mannichfache Anregung empfing, nennt ihn eine der merkwürdigsten Persönlichkeiten der Zeit. Trotz der französischen Achterklärung kam H. 1811 nach Bökendorf zurück, er wurde jedoch verrathen und mußte, da ein hoher Preis auf seinen Kopf gesetzt war, unter großer Lebensgefahr flüchten. Er floh über Schweden nach London, wo er sich als Arzt unter dem Namen Albrock niederließ und gern gehörte Vorlesungen über Naturphilosophie hielt. Der Herzog von York verschaffte ihm 1812 eine Stelle als Arzt im Dienste der ostindischen Compagnie mit einem Gehalte von 1000 Pfund und der Verpflichtung im nächsten Frühjahr seine Stellung anzutreten. Durch den unglücklichen Rückzug Napoleons aus Rußland wurde H. in andere Bahnen gelenkt. Mit den übrigen Flüchtlingen nach Deutschland zurückgekehrt, machte er unter dem General Wallmoden den Feldzug gegen Davoust und die Dänen mit und nahm an der Belagerung Hamburgs Theil. Als Major und Ritter des Guelfenordens verabschiedet, wurde er 1815 durch den ihm befreundeten Grafen Solms-Laubach, den neuen Oberpräsidenten der Rheinprovinz, als Regierungsrath nach Köln berufen. Hier trat er in nähere Verbindung mit E. M. Arndt, den beiden Boisserée, Görres, E. v. Groote, den beiden Schlegel und interessirte sich lebhaft für altdeutsche Kunst und Litteratur. 1825 zog er sich ins Privatleben zurück, um die Verwaltung seiner väterlichen Güter zu übernehmen; 1833 war er als ritterschaftlicher Deputirter auf dem westfälischen Landtage und präsidirte dem Ausschusse für die Berathung des bäuerlichen Successionsgesetzes. In dieser Zeit erregte er durch eine Schrift „Ueber die Grundlagen unserer Verfassung“, welche als Manuscript für Freunde erschien, großes Aufsehen und zog sich viele Anfeindungen zu. 1837 siedelte er nach Neuhaus bei Neustadt in Franken über und wurde bald darauf von dem König von Baiern in den erblichen Grafenstand erhoben. Er starb am 30. April 1842 zu Würzburg. H. war außerordentlich beanlagt und hatte sich durch ernste Studien ein gediegenes und vielseitiges Wissen erworben, er verstand nicht weniger als 16 Sprachen. Sein unruhiger Geist und die ungünstigen Zeitverhältnisse gestatteten ihm leider nicht, von seinen schönen Gaben vollen Gebrauch zu machen. Seine griechischen Volkslieder, die er aus dem Munde griechischer Matrosen gesammelt und später ins Deutsche metrisch übertragen hatte, erschienen nie, so dringend ihn auch Goethe, der die Sammlung 1815 zu Wiesbaden kennen und schätzen gelernt, zu ihrer Veröffentlichung aufforderte. Ebensowenig gewann H. es über sich, seine großen litterarischen Pläne, an denen er Jahre lang gearbeitet, auszuführen, oder auch nur etwas von seinen vielen Gedichten, die sich durch Gedankengehalt und Formschönheit auszeichneten, drucken zu lassen.

    • Literatur

      F. L. A. M. Freiherr v. Haxthausen. Ein Versuch von Freundeshand. Als Manuscript gedruckt. Hannover 1868. S. 11 ff. — Freundesbriefe von Wilhelm und Jacob Grimm. Mit Anm. herausgegeben von Al. Reifferscheid. S. 193 ff. —
      Gütige Mittheilungen der Freifrau v. Brenken, geb. Gräfin von Haxthausen (der Tochter Werners v. H.). —
      Joh. v. Müller, Werke, VIII. 332. —
      Steffens, Was ich erlebte, VI. 122 ff. 337 ff. — J. v. Görres, Gesammelte Briefe, III. 421 ff.

  • Autor/in

    Al. Reifferscheid.
  • Zitierweise

    Reifferscheid, Alexander, "Haxthausen, Werner Graf von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 121-122 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119419173.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA