Lebensdaten
1897 – 1972
Geburtsort
Charlottenburg bei Berlin
Sterbeort
St. Petersburg (Florida, USA)
Beruf/Funktion
Publizist ; Journalist ; Verbandsfunktionär ; Autor ; Schriftsteller ; Korrespondent
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 119321211 | OGND | VIAF: 27878951
Namensvarianten
  • Felix Burger
  • Kay Richard Gilbert
  • Kurt Randloff; Hermann Walter
  • mehr

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Zitierweise

Grossmann, Kurt Richard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119321211.html [06.10.2024].

CC0

  • Kurt Grossmann war als Publizist und langjähriger Generalsekretär der Deutschen Liga für Menschenrechte ein prominenter Gegner der Nationalsozialisten. 1933 emigriert und ausgebürgert, engagierte er sich intensiv für vom NS-Regime verfolgte Flüchtlinge. 1939 ging er in die USA und war von 1943 bis 1965 für bedeutende jüdische Interessenverbände tätig.

    Lebensdaten

    Geboren am 21. Mai 1897 in Charlottenburg bei Berlin
    Gestorben am 2. März 1972 in St. Petersburg (Florida, USA)
    Konfession jüdisch
    Kurt Grossmann (ganz links), BArch / Bildarchiv (InC)
    Kurt Grossmann (ganz links), BArch / Bildarchiv (InC)
  • Lebenslauf

    21. Mai 1897 - Charlottenburg bei Berlin

    - 1913 - Charlottenburg bei Berlin

    Schulbesuch (ohne Abschluss)

    Leibniz-Oberrealschule

    1914 - Berlin

    kaufmännische Ausbildung, später Angestellter (unterbrochen durch Kriegsdienst)

    Handelshaus Kosterlitz

    1916 - 1918 - Ost- und Westfront

    Kriegsdienst

    September 1918 - September 1919

    britische Kriegsgefangenschaft; Verwendung als Dolmetscher

    1920 - 1923 - Berlin

    Angestellter

    Darmstädter und Nationalbank

    Mai 1923 - 1926 - Danzig

    Prokurist; seit 1924 stellvertretender Direktor

    Internationale Bank

    Juni 1926 - Februar 1933 - Berlin

    Generalsekretär

    Deutsche Liga für Menschenrechte (DLM)

    28.2.1933 - Prag

    Flucht

    1933 - 1938 - Prag

    Mitarbeiter

    Demokratische Flüchtlingsfürsorge

    25.8.1933

    Ausbürgerung durch das NS-Regime

    August 1938 - Juli 1939 - Paris

    Emigration; Aufbau einer neuen Sektion

    Demokratische Flüchtlingsfürsorge

    22.8.1939 - New York City

    Emigration

    1939 - New York City

    freiberuflicher Journalist

    u. a. „Aufbau“

    1943 - 1950 - New York City

    Executive Assistent

    World Jewish Congress

    1944

    US-amerikanischer Staatsbürger

    Frühjahr 1952 - 1965 - New York City

    Mitarbeiter in der Öffentlichkeitsarbeit

    Jewish Agency

    1957 - 1965 - New York City

    Mitarbeiter

    Conference on Jewish Material Claims Against Germany

    1965 - 1972 - New York City

    Ruhestand; Publizist

    2. März 1972 - St. Petersburg (Florida, USA)
  • Genealogie

    Vater Hermann Grossmann gest. 24.2.1909 aus Ostpreußen; Kaufmann
    Mutter Rahel Grossmann, geb. Freundlich gest. 1935 aus Ostpreußen
    Schwester Margarethe (Magret) Sommer, geb. Grossmann geb. 1895 verh. mit Richard Sommer (1887–1957)
    Heirat 31.1.1925 in Danzig
    Ehefrau Elsa Grossmann, geb. Mecklenburger geb. 8.10.1897 aus Danzig; vor der Heirat Schreibkraft in der britischen Cunard Steamship Company; 24.3.1937 Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft; 1940–1944 Mitarbeiterin des International Rescue and Relief Committees in New York City; 12.6.1945 US-amerikanische Staatsbürgerin
    Sohn Walter Gilbert, geb. Grossmann geb. 9.10.1925 24.3.1937 Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft; im November 1944 durch Einzug in die Armee US-amerikanischer Staatsbürger
    Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.

    Grossmann, Kurt Richard (1897 – 1972)

    • Vater

      Hermann Grossmann

      gest. 24.2.1909

      aus Ostpreußen; Kaufmann

      • Großvater väterlicherseits

      • Großmutter väterlicherseits

    • Mutter

      Rahel Grossmann

      gest. 1935

      aus Ostpreußen

      • Großvater mütterlicherseits

      • Großmutter mütterlicherseits

    • Schwester

      Margarethe Sommer

      geb. 1895

      verh. mit Richard Sommer (1887–1957)

    • Heirat

      in

      Danzig

      • Ehefrau

        Elsa Grossmann

        geb. 8.10.1897

        aus Danzig; vor der Heirat Schreibkraft in der britischen Cunard Steamship Company; 24.3.1937 Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft; 1940–1944 Mitarbeiterin des International Rescue and Relief Committees in New York City; 12.6.1945 US-amerikanische Staatsbürgerin

  • Biografie

    Einer jüdischen Familie aus Ostpreußen entstammend, wuchs Grossmann in Charlottenburg bei Berlin auf, wo er bis 1913 eine Oberrealschule besuchte. 1914 begann er in einer im Kolonialwarenhandel tätigen Berliner Firma eine kaufmännische Lehre, die durch seinen Einsatz als Kriegsfreiwilliger seit März 1916 und seine Kriegsgefangenschaft bis September 1919 unterbrochen wurde. Von 1920 bis 1926 arbeitete Grossmann in Banken, zuletzt als stellvertretender Direktor der Internationalen Bank in Danzig, und beschäftigte sich zugleich intensiv mit den Interessen der Kriegsveteranen und Fragen der Völkerverständigung. Als Organisator international beachteter Gedenkveranstaltungen für die Toten des Ersten Weltkriegs (1921/22) in Berlin und vier Konferenzen zur deutsch-polnischen Verständigung (1923–1926) in Danzig brachte er es zu einiger Bekanntheit.

    Im Juni 1926 als Nachfolger von Otto Lehmann-Rußbüldt (1873–1964) zum Generalsekretär der Deutschen Liga für Menschenrechte (DLM) gewählt, wurde Grossmann Ziel heftiger politischer Anfeindungen, v. a. nachdem sich die DLM auf den Rechtsbeistand für linksliberale Publizisten konzentrierte. Zu nennen ist hier im Besonderen die Unterstützung der des Landesverrats bezichtigten Angeklagten Carl von Ossietzky (1889–1938) und Walter Kreiser (1898–1958) in dem Aufsehen erregenden Weltbühne-Prozess von 1931. Die DLM und Grossmann griffen in ihren Veröffentlichungen die Weimarer Justiz an, der sie vorwarfen, Angeklagte der politischen Rechten zu milde und Angeklagte der politischen Linken zu streng zu behandeln.

    Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme floh Grossmann am 28. Februar 1933 nach Prag und verlor mit der ersten Ausbürgerungsliste vom 25. August 1933 die deutsche Staatsbürgerschaft. Im Prager Exil bei der Demokratischen Flüchtlingsfürsorge tätig, die tausende Emigranten materiell und organisatorisch unterstützte, ging Grossmann im August 1938 nach Paris und siedelte ein Jahr später mit seiner Familie nach New York City über. Die Folgezeit war von finanziellen Schwierigkeiten geprägt, da Grossmann den Lebensunterhalt durch Gelegenheitsarbeiten, u. a. als Vertreter von Leuchtreklame, bestreiten musste. Daneben arbeitete er freiberuflich unter wechselnden Pseudonymen für deutsche Exilzeitungen, darunter das von Manfred George (1893–1965) geleitete Blatt „Aufbau“.

    Im April 1943 wechselte Grossmann als Executive Assistent zum Word Jewish Congress (WJC) und erhielt – u. a. aufgrund von Referenzen Albert Einsteins (1879–1955) und Paul Tillichs (1886–1965) – 1944 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft. Für den WJC widmete er sich erneut der Flüchtlingsarbeit und veröffentlichte mit dem polnischen Soziologen Arieh Tartakower (1897–1982) das Werk „The Jewish Refugee“ (1944), in dem er seine flüchtlingspolitischen Erfahrungen zusammenfasste und unterschiedliche Lösungsansätze für das Problem der jüdischen Flüchtlinge formulierte. Neben der Einwanderung in das unter britischem Mandat stehende Palästina votierten Grossmann und Tartakower für eine weltweite Ansiedlung jüdischer Flüchtlinge und – ganz im Sinne des WJC – für eine Beteiligung jüdischer Organisationen an diesen Bemühungen.

    Im Auftrag des WJC reiste Grossmann nach Ende des Zweiten Weltkriegs u. a. in das besetzte Deutschland – eine Reise, die ihn desillusionierte, da er die Gefahr des Nationalsozialismus als nicht gebannt ansah und keine Chancen auf eine berufliche Zukunft im Nachkriegsdeutschland sah. 1950 überwarf er sich mit dem WJC über die Ausrichtung der Nachkriegsmaßnahmen und seine persönliche Stellung in der Organisation. Im November 1950 entlassen, war Grossmann auf die finanzielle Unterstützung seiner als Sozialarbeiterin tätigen Frau angewiesen, ehe er 1952 eine Anstellung in der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der New Yorker Abteilung der Jewish Agency fand, für die er bis 1965 arbeitete. In zahlreichen Artikeln rief er zur Annahme des 1952 unterzeichneten Luxemburger Wiedergutmachungsabkommen zwischen Israel und der Bundesrepublik auf.

    Seit 1957 zugleich für die Conference on Jewish Material Claims Against Germany tätig, bereiste er erneut mehrfach die Bundesrepublik. Neben seiner Arbeit für jüdische Interessengruppen trat Grossmann mit historischen Studien hervor, von denen die dem deutschen Widerstand gegen den NS-Staat gewidmete Schrift „Die unbesungenen Helden“ (1957) und die Biografie „Ossietzky. Ein deutscher Patriot“ (1963) besonders stark rezipiert wurden.

  • Auszeichnungen

    1927 Mitglied im Zentralverband der Angestellten
    1963 Albert-Schweitzer-Buchpreis, gestiftet von Helmut Kindler (1912–2008)
    1972 Carl-von-Ossietzky-Medaille (aufgrund des Todes von Grossmann nicht verliehen)
    1972 Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (aufgrund des Todes von Grossmann nicht verliehen)
  • Quellen

    Nachlass:

    Hoover Institution, Stanford University (Kalifornien, USA).

    Leo Baeck Institute, Center for Jewish History (New York City, USA).

  • Werke

    Monografien und Herausgeberschaften:

    13 Jahre „republikanische“ Justiz, 1932.

    Der gelbe Fleck. Ein Bericht vom Frühjahr 1933, 1933. (Pseudonym Hermann Walter)

    Deutschland am Hakenkreuz. Dokumente des Hunnenfaschismus, 1933. (anonym) (Onlineressource)

    Juden in brauner Hölle. Augenzeugen berichten aus SA-Kasernen und Konzentrationslagern, 1934. (Pseudonym Felix Burger)

    Menschen auf der Flucht. Drei Jahre Fürsorgearbeit für die deutschen Flüchtlinge, 1936.

    Fünf Jahre! Flucht, Not und Rettung, 1938.

    Peace and the German Problem, 1943.

    Kurt Grossmann/Ariel Tartakower, The Jewish Refugee, 1944.

    The Jewish DP Problem. It's Origin, Scope and Liquidation, 1951.

    Ten Years. American Federation of Jews from Central Europe, Inc. 1941–1951, 1952. (Hg.)

    Germany's Moral Debt. The German-Israel Agreement, 1954.

    Michael Wurmbrand. The Man and his Work, 1956. (Hg.)

    Die unbesungenen Helden. Menschen in Deutschlands dunklen Tagen, 1957, 2., veränd. u. erg. Aufl. 1961, Taschenbuchausg. 1984.

    Germany and Israel. Six Years Luxemburg Agreement, 1958.

    The Ghosts of Yesterday Return. An Appraisal on Anti-Semitism in West Germany, 1959.

    Erich Fromm/Kurt Grossmann/Hans Herzfeld, Der Friede. Idee und Verwirklichung. The Search for Peace. Festgabe für Adolf Leschnitzer, 1961.

    Ossietzky. Ein deutscher Patriot, 1963, Taschenbuchausg. 1973.

    Die Ehrenschuld. Kurzgeschichte der Wiedergutmachung, 1967.

    Emigration. Geschichte der Hitler-Flüchtlinge 1933–1945, 1969.

    Bibliografie:

    Lothar Mertens, Unermüdlicher Kämpfer für Frieden und Menschenrechte. Leben und Wirken von Kurt R. Grossmann, 1997, S. 310–409.

  • Literatur

    N. N., Kurt Grossmann, a Correspondent, in: New York Times v. 4.3.1972, S. 30.

    Lothar Mertens, Unermüdlicher Kämpfer für Frieden und Menschenrechte. Leben und Wirken von Kurt R. Grossmann, 1997. (P)

    Lothar Mertens, Kurt Grossmann. Individueller Einsatz für die deutsch-polnische Verständigung, in: Sachor. Zeitschrift für Antisemitismusforschung, jüdische Geschichte und Gegenwart 7 (1997), S. 56–59.

    Bruno Jahn (Bearb.), Die deutschsprachige Presse. Ein biographisch-bibliographisches Handbuch, Bd. 1, 2005, S. 372.

    Sebastian Musch, Zwischen Bermuda und Palästina. Arieh Tartakowers und Kurt R. Grossmanns Suche nach Rettung für jüdische Flüchtlinge (1944), in: Zeithistorische Forschungen 15 (2018), S. 576–582. (Onlineressource)

  • Onlineressourcen

  • Autor/in

    Sebastian Musch (Osnabrück)

  • Zitierweise

    Musch, Sebastian, „Grossmann, Kurt Richard“ in: NDB-online, URL: https://www.deutsche-biographie.de/119321211.html#dbocontent

    CC-BY-NC-SA