Lebensdaten
1846 – 1925
Geburtsort
Grätz bei Wollstein (Provinz Posen)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Jurist
Konfession
jüdisch?
Normdaten
GND: 119317370 | OGND | VIAF: 27380969
Namensvarianten
  • Mosse, Albert

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Zitierweise

Mosse, Albert, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119317370.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    B Rudolf (s. 1);
    1883 Caroline (1859–1934) aus B., T d. Justizrats N. N. Meyer;
    3 S, 2 T, Walter (1886–1973), Rechtsanwalt u. Justitiar in B., Schriftst., emigrierte 1933, Doz. an d. Theol. Fakultäten in Yale u. Princeton, Hans (1888–1916, ⚔), Jurist, Erich (Eric) (1891–1963), Dr. med., Psychologe u. expressionist. Schriftst. (Ps. Peter Flamm), Dramaturg am Lessing-Theater in B., emigrierte 1933, Psychiater in New York (s. BHdE II), Martha (1884–1977), Dr. iur, bis 1933 Polizeirätin, dann in d. jüd. Gemeinde in B. tätig, wurde durch Intervention d. japan. Botschaft vor d. Deportation in e. Vernichtungslager gerettet u. überlebte im KZ Theresienstadt (1943–45), 1948-53 Oberreg.rätin b. d. Kriminalpolizei in B. (s. L), Dorothea (1885–1965, Erwin Panofsky, 1892–1968, Kunsthistoriker, s. BHdE II);
    Gr-N Wolfgang Panofsky (* 1919), Prof. d. Physik in Stanford (Kalifornien, USA).

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Gymnasiums in Lissa und Guben studierte M. – finanziell unterstützt von seinen älteren Brüdern Salomo und Theodor – seit 1865 Rechtswissenschaft in Berlin, bestand 1868 die Referendarprüfung, trat als Gerichtsauskultator in den Staatsdienst ein. Am Krieg 1870/71 nahm er als Freiwilliger teil. 1873 legte er das Assessorexamen ab, war zunächst beim Stadtgericht und seit 1875 als Hilfsrichter beim Kreisgericht in Berlin beschäftigt, wurde 1876 Kreisrichter in Spandau, 1879 Stadtrichter in Berlin, noch im selben Jahr Amtsrichter, 1886 Landrichter und 1888 Landgerichtsrat, die bis dahin höchste für einen ungetauften Juden erreichbare Stellung im preuß. Justizdienst.

    Schon als junger Jurist hatte M. auf Empfehlung seines Lehrers Rudolf Gneist Kontakte zur japan. Gesandtschaft geknüpft. Während seiner Zeit als Richter in Berlin hielt er regelmäßige Vorträge über deutsches öffentliches Recht vor japan. Juristen und Diplomaten. Seit 1886 war er – zunächst mit einem Dreijahresvertrag – als juristischer Berater für die japan. Regierung tätig, die sich nach einer längeren Amerika- und Europareise des Staatsrats Fürst Ito (1882–84) entschlossen hatte, ihr Rechtssystem nach deutsch-preuß. Vorbild zu modernisieren. Auf Einladung von Ito, der 1885 Ministerpräsident geworden war, und Innenminister Yamagata, dessen Berater Hirata ein Gneist-Schüler war, hielt sich M. von Mai 1886 bis März 1890 mit seiner Familie in Tokio auf. Er war dort maßgeblich an den Vorbereitungen für eine moderne Verfassung beteiligt und wirkte mit bei der Ausarbeitung einer Anzahl wichtiger Gesetze über die Selbstverwaltung der Provinzen, Kreise und Gemeinden, die sich an die preuß. Reformgesetze des von Ito bewunderten Frhr. vom Stein anlehnten. Seit Januar 1887 wurden alle damit zusammenhängenden Fragen auf der Grundlage eines von M. vorgelegten Entwurfs in einem von Yamagata geleiteten Ausschuß beraten, im April 1888 wurde das neue Gesetz über „Organisation der Verwaltung von Städten und Dörfern“ offiziell verkündet.

    M. hielt auch wöchentliche Vorträge am Kaiserhof und beriet die japan. Regierung bei der Revision ihrer internationalen Verträge. Als Kenner einer Vielzahl von Rechtsmaterien verstand er es geschickt, die für eine Übernahme in die japan. Rechtsordnung am besten geeigneten deutschen und preuß. Gesetzesregelungen auszuwählen und anzupassen. M., der fast alle japan. Minister, darunter den von ihm hochgeschätzten Außenminister Aoki, juristisch beriet (u. a. zu Fragen des Post- und des Presserechts, der Ausländergerichtsbarkeit und des Strafrechts), war der einflußreichste europ. Jurist in einer entscheidenden Phase der Neugestaltung der japan. Rechtsordnung. Nach der Verkündung der japan. Verfassung (1889) wurde er auf Anregung des deutschen Gesandten in Tokio, Theodor v. Holleben, wegen seiner Verdienste um die Gestaltung der „Grundzüge des japan. Staatslebens nach deutschem Muster“ 1890 als erster jüdischer Jurist im Deutschen Reich zum Oberlandesgerichtsrat ernannt.

    Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war M. seit Ende 1890 am Oberlandesgericht in Königsberg tätig und wirkte hier seit 1904 auch als o. Honorarprofessor für Zivilprozeß- und Handelsrecht an der Universität. Als Neubearbeiter des vielbenutzten Kommentars zum Handelsgesetzbuch von F. Litthauer (13.-17. Aufl., 1905–27) genoß er großes wissenschaftliches Ansehen, bemühte sich jedoch trotz hervorragender Beurteilungen vergeblich um eine Versetzung in ein höheres Richteramt. 1907 kam er um seine Pensionierung ein, kehrte nach Berlin zurück und widmete sich dort seit 1908 als unbesoldeter Stadtrat und Stadtältester kommunalpolitischer Tätigkeit, insbesondere der Feuersozietät und der Verkehrs- und Hochbaudeputation. Als Verkehrsdezernent und juristischer Berater der Stadtverwaltung gestaltete er wichtige Verträge über Eingemeindungen, das Straßenbahnwesen (1911) und die Elektrizitätsversorgung Berlins. Seit 1914 organisierte er eine Kriegshilfs- und Kriegskreditkasse. M. wurde 1919 zum Stadtältesten ernannt und gehörte dem Vorstand des Deutschen Städtetages an. Er war Vizepräsident des Verbands deutscher Juden sowie Vorsitzender des Kuratoriums der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin.|

  • Auszeichnungen

    Geh. Justizrat (1901);
    Dr. iur. h. c. (Königsberg 1903).

  • Werke

    A. u. Lina M., Fast wie mein eigen Vaterland, Briefe aus Japan 1886–89, 1995.

  • Literatur

    Allg. Ztg. d. Judentums 1916, S. 475 f. (P);
    Dt. Juristen-Ztg. 30, 1925, S. 954 f.;
    L. Baeck, Gedenkrede auf A. M., in: 44. Ber. d. Hochschule f. d. Wiss. d. Judentums in Berlin, 1927, S. 25 ff.;
    S. Kaznelson, Juden im dt. Kulturbereich, 1959;
    E. Hamburger, Jews in Public Service under the German Monarchy, in: Leo Baeck Institute Yearbook IX, 1964, S. 206-38 (P);
    ders., Juden im öffentl. Leben Dtld.s 1848-1918, 1968;
    R. F. Hackett, Yamagata Aritomo in the Rise of Modern Japan, 1838–1922, 1971, S. 107-13;
    E. G. Lowenthal, Juden in Preußen, 1981;
    W. E. Mosse, A. M., A Jewish Judge in Imperial Germany, in: Leo Baeck Institute Yearbook 28, 1983, S. 169-84 (P);
    Wininger;
    Enc. Jud. 1971;
    Altpr. Biogr. IV. |

  • Quellen

    Qu. Gedenkbuch d. Ältesten d. Stadt Berlin seit Einführung d. Städteordnung v. 19.11.1808, Nr. 73 (Landesarchiv Berlin). |

  • Nachlass

    Nachlaß: Leo Baeck Institute, New York. – Zu Martha: H. Göppinger, Juristen jüd. Abstammung im „Dritten Reich“, ²1990, S. 105, 352; R. Hilberg, The Destruction of the European Jews, II, 1985, S. 460 ff.; ders., Täter, Opfer, Zuschauer, 1992.

  • Porträts

    Bildarchiv Preuß. Kulturbes. (Hrsg.), Juden in Preußen, 1981.

  • Autor/in

    Hans Jaeger
  • Zitierweise

    Jaeger, Hans, "Mosse, Albert" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 216-218 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119317370.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA