Dates of Life
1794 – 1872
Place of birth
(Bad) Cannstatt
Place of death
Ludwigsburg (Württemberg)
Occupation
Orgelbauer
Religious Denomination
evangelisch
Authority Data
GND: 119262347 | OGND | VIAF: 27877607
Alternate Names
  • Walcker, Eberhard Friedrich
  • Walcker, Eberhard F.
  • Walcker, Eberhard Franz

Relations

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Places

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Citation

Walcker, Eberhard Friedrich, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119262347.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogy

    V Johann Eberhard (1756–1843), Orgelbauer in C., S d. Jakob Leonhard (Walker) (1729–77), Seidenfabr. in Berg (beide s. Einl.), u. d. Susanna Dorothea Guzzenbauer (Guggenbauer?), aus Untertürkheim;
    M Elisabeth Katharina (1765–1838), T d. Johann Georg Ganzhorn, Kupferschmied, 1763 Bürger in C., u. d. Juliana Rosina Schuler, Sattlers-T;
    Tante-v Maria Catharina (* 1799, N. N., Orgelbauer;
    Ur-Gvm Johann Georg Ganzhorn ( v. 1763), Bgm. in Sindelfingen;
    1) Ludwigsburg 1821 Beate Luise (1793–1843), T d. Johann Gottlieb Weigle, Rotgerber, Weißgerberobermeister in L., u. d. Anna Maria Braun, 2) Eßlingen oder Ludwigsburg 1844 Maria Wilhelmine Gottliebe (* 1817), T d. Gottlieb Friedrich v. Stump(p) (1791–1849, württ. Personaladel 1841), 1816 Stiftungsrechnungsrevisor in Kirchheim unter Teck, 1821 Stadtschultheiß in Schorndorf, 1828–30 Oberamtmann in Aalen, 1830–32 in Künzelsau, 1832–34 in L., 1837–45 in Eßlingen, zuletzt in Cappel b. Oehringen, 1825–31 u. 1838–44 Abg. d. württ. LT, Rr.kreuz d. württ. Mil.verdienstordens, 1841 Rr.kreuz d. Ordens d. württ. Krone (s. Biogr. Hdb. Württ. LT), u. d. Christiane Jakobine Magdalena Kinzelbach (1792–1830), Lehrers-T;
    3 S aus 1) u. a. Eberhard Heinrich (1828–1903), Friedrich (1829–95), beide Orgelbauer (beide s. Einl.), 1 T aus 1), 5 S aus 2) u. a. Carl (1845–1908), Paul (1846–1928), Eberhard (1850–1926), alle Orgelbauer (alle s. Einl.), 3 T aus 2).

  • Biographical Presentation

    W. erlernte in der kleinen Werkstatt seines Vaters in traditionell-handwerklicher Weise den Orgelbau. Neben der Lateinschule seiner Heimatstadt besuchte er ab 1808 die Malschule in Stuttgart. Ferner wurde er in der Arbeit des Wagenlackierers sowie der Herstellung von Lack-Firnis unterwiesen. 1820 gründete W. einen eigenen Hausstand und machte sich in Ludwigsburg selbständig; Anfang Jan. 1821 erhielt er hier das Bürgerrecht. Einer der ersten Aufträge war im selben Jahr der Orgelneubau für die Stuttgarter Garnisonskirche. 1833 lieferte er ein Instrument mit 74 Registern für die Frankfurter Paulskirche, und damit ein Monumentalwerk, das ihm als Jungunternehmer den internationalen Durchbruch ermöglichte. Es folgten neben Arbeiten in der näheren Umgebung bald Aufträge u. a. für St. Petersburg (1839), Reval (Tallinn, 1842), Zagreb (Agram, 1855) und in die USA (Boston, Music Hall, 1862, u. a. m.). Nach 1842 war zeitweise W.s Gehilfe Heinrich Spaich (1810–1908) an der Firma beteiligt; um 1843 zählte das Unternehmen ca. 25 Mitarbeiter. Unter W.s Leitung verließen bis 1872 über 250 Orgeln den Betrieb.

    W. hatte als Kind die Auswirkungen des 1. Koalitionskriegs und die nach der Säkularisation schlechte Auftragslage für den Bau von Kirchenorgeln erlebt. Noch in der väterlichen Werkstatt war er 1807 dem vielseitig begabten Abbé Joseph Vogler (1749–1814) begegnet, dessen technische und musikalische Experimente zur Vereinfachung und Verbesserung der Orgel ihn anregten. Mit seinen für einen Handwerkersohn ungewöhnlich breiten Grundkenntnissen verband W. insbesondere auch die Kompetenz, sich stets selbst weiterzubilden; hinzu kamen Arbeitseifer, Geschick und Erfindergeist. Die Erfahrung mit unzulänglichen Instrumenten und kaum überlebensfähigem Kleingewerbe führten W. zu umfangreichen Experimenten und vielfachen Neuerungen. So wurden die Abläufe im Orgelbau konsequent zunächst manufakturmäßig, später soweit möglich industriell organisiert. Erfolgreich entwickelte W. die Registerkanzellenlade (Kegellade) als zentrales Steuerungssystem für geringeren Tastendruck weiter. Stabilen Wind erreichte er durch eine verbesserte Konstruktion der Blasebälge (Kastenbälge). Vor allem diese beiden Komponenten erleichterten es, Großorgeln wie für die Stuttgarter Stiftskirche (1839) oder das Ulmer Münster (1857) zu bauen und zu spielen.

    Musikalisch orientierte sich W. zunächst am bewährten Modell süddt. Orgeln mit gewichtigem Plenum und breiter Grundstimmenpalette. Letzterer fügte er neu konstruierte, extrem leise Register und sog. „durchschlagende Zungenstimmen“ hinzu. Unter diesen dem Harmonium ähnlichen Klangfarben ist die Physharmonika das bekannteste Instrument, dessen in Hoffenheim b. Sinsheim erhaltenes Exemplar von 1846 bis heute häufig kopiert wird. Ab 1850 dominierten orchestrale Klänge W.s Instrumente. Anstatt wie früher alle Teilwerke bis zur Klangkrone zu führen, bestimmte Terrassendynamik nun die Gewichtung der Manuale untereinander. Den in der Hochromantik gewünschten dynamisch regelbaren Orgelton erreichte er durch Schwellwerke: Ein Teil der Orgel wurde in einer Kammer aufgestellt, deren bewegliche Jalousien durch ein Pedal vom Spieltisch zu steuern waren; dadurch konnte der Klang – ähnlich dem des Orchesters – an- und abschwellen. Nicht durchgesetzt haben sich in einigen großen Orgeln von W. eingebaute doppelte Pedalklaviaturen. Zu vielen Instrumenten entwarf W. selbst teilweise bemerkenswerte Prospekte, u. a. für Reval (Tallinn, 1839) und Ulm (1857).

    Trotz vieler positiver Zeugnisse sowie technischer wie musikalischer Fortschritte war der wirtschaftliche Erfolg wechselhaft. Künstlerischen Neuerungen und höchster Qualität räumte W. oberste Priorität ein, was sich mitunter negativ auf die Bilanz niederschlug. Hinzu kamen die bei Großaufträgen und Lieferungen in ferne Länder typischen Unwägbarkeiten. Dennoch ist W. als wohl bedeutendste Orgelbauer-Persönlichkeit im Mitteleuropa des 19. Jh. anzusehen. Das zeigen nicht nur die Größe und Anzahl seiner Werke, mit denen er Weltruhm erlangte, sondern auch der Kreis seiner Schüler, die teilweise eigene, weltweit bekannte Orgelbaufirmen gründeten, so Georg Friedrich Steinmeyer (1819–1901) und Carl Gottlieb Weigle (1810–82).

    Mittelgroße Orgeln der frühen Jahre sind in Schramberg (1843), Hoffenheim (Stadt Sinsheim, Nordbaden, 1846) und Neuhausen b. Stuttgart (1854) erhalten. Während die meisten Instrumente in Städten inzwischen ersetzt wurden, erfuhren die Werke in der Kathedrale zu Zagreb oder für die Boston Music Hall teilweise erhebliche Veränderungen; das letztere befindet sich heute in einer eigens errichteten Music Hall in Methuen (Massachusetts, USA). Ein aussagekräftiges Beispiel für W.s Typus der hochromantischen Orgel steht in Waldkirch (Br.) (1869); es enthält eine besonders schöne durchschlagende Klarinette.

  • Literature

    |ADB 40;
    F. Moosmann u. R. Schäfer, E. F. W. (1794–1872), 1994 (P);
    D. Dahlmann, Nemcy v Rossii, vstreč i na perekrestke kul’tur (Die Deutschen in Rußland), 2011, bes. S. 127–47;
    H. Fischer u. Th. Wohnhaas, E. F. W. (1794–1872), in: Lb. Schwaben 13, 1977, S. 247–66 (L, P), erweitert in: H. H. Eggebrecht (Hg.), Orgelwiss. u. Orgelpraxis, FS z. zweihundertj. Bestehen d. Hauses W., 1980, S. 160–97 (W-Verz. u. Verz. d. Mitarbeiter, L, P);
    Riemann;
    Breslau-Lex.;
    MGG;
    MGG².

  • Author

    Markus Zimmermann
  • Citation

    , "Walcker, Eberhard Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie (), S. [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119262347.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographical Presentation

    Walcker: Eberhard Friedrich W., berühmter Orgelbauer, geboren am 3. Juli 1794 in Cannstatt (Württemberg), — Gedenktafel am Geburtshause, Lammgasse Nr. 3 — in Ludwigsburg am 4. October 1872, war der Sohn des Orgelbauers Johann Eberhard W. und der Elisabeth Katharina geb. Ganzhorn. Der Vater war, ein geschickter Orgelbauer und genoß deswegen verdientes Ansehen in seinem Vaterlande, aber seine bescheidenen, beinahe dürftigen Verhältnisse und die Ungunst der Kriegsjahre, wobei Württemberg unter den fortwährenden Durchzügen furchtbar zu leiden hatte, machten es ihm nur selten möglich, neue Werke zu bauen, er mußte sich mit Reparaturen und Stimmen begnügen. Von früh auf zeigte der aufgeweckte Eberh. Friedr. eben so große Begabung als Neigung für die Kunst seines Vaters; der Widerstand der einseitig praktischen Mutter, welche in dem Sohne keinen Concurrenten des Vaters haben, den Sohn aber auch nicht in einem, ihrer Anschauung nach wenig lohnenden Beruf sehen wollte, nöthigte ihn, nachdem er die lateinische Ortsschule besucht hatte, in ein Lack- und Firnißgeschäft als Lehrling einzutreten. Aber der gewaltige Zug seiner Begabung brach sich doch Bahn; er trat in die Werkstätte seines Vaters ein, der ihn schon vorher Sonntags im Orgelbau unterrichtet hatte, und half ihm besonders bei dem Bau der neuen Orgel in Schwaiger (1817). Auf kleine Verbesserungen führte ihn sein erfindungsreicher Geist und sein praktischer Sinn schon damals, aber die eigentliche Aufgabe und Bedeutung seiner Kunst erkannte er erst, als der bekannte Orgelspieler Abt Vogler auf einer seiner Kunstreisen auch nach Cannstatt kam; für die Orgelconcerte, die Vogler dort und in der Umgegend gab, half ihm W., auf welchen man ihn aufmerksam gemacht, die Orgeln herrichten; von Vogler wurde er auf die Nothwendigkeit eines tüchtigen theoretischen Studiums der Physik aufmerksam gemacht, wie andererseits die Zufriedenheit des Meisters den jungen frommen Künstler in dem Entschlusse sehr bestärkte, welchen er damals schon aussprach, dies Instrument auf eine solche Stufe der Ausbildung zu bringen, daß es seiner Ausgabe, würdigen Antheil am Gottesdienst zu nehmen, würdig entspreche. Der Vater, welcher das Talent des Sohnes richtig erkannte, übertrug ihm die selbständige Herstellung einer kleinen Orgel von 10 Registern für die Kirche in Kochersteinsfeld; es war das „Meisterstück“ Walcker's, der bald darauf (1821) sich von seinem Vater, der seinen Schwiegersohn Laukuff ins Geschäft genommen hatte, trennte und ein eigenes Geschäft in Ludwigsburg (im „Loch") anfing; mit eisernem Fleiße überwand der einfache und sparsame Mann, der über sehr wenig Mittel gebot (sein Vater hatte ihm 200 fl. gegeben) alle Schwierigkeiten; die Orgel, welche er für die Garnisonskirche in Stuttgart baute, fiel vorzüglich aus, sein Name wurde zunächst in der engeren Heimath bekannt und da mit dem Frieden auch die Geschäfte sich immer mehr hoben, fehlte es ihm nicht an Bestellungen. Aber einen Weltruf bekam er, als er 1833 die 74-stimmige Orgel in der Paulskirche in Frankfurt a/M. fertig stellte; die Großartigkeit seines Entwurfes und die zweckmäßige Verwendung der Aliquoten nach Vogler's System hatten ihm bei der Concurrenz den Vorzug verschafft; er rechtfertigte das in ihn gesetzte Vertrauen aufs glänzendste und der bescheidene Mann hat in hübscher Weise erzählt, wie der tiefe summende Ton in einem Kamine ihm den Weg zeigte, einen ebenso tiefen einer 32-füßigen Pfeife zu entlocken (s. den ansprechenden Aufsatz von Klaiber im Daheim 1864). Von allen Gegenden der Welt kamen nun großartige Aufträge; in den 51 Jahren, während welchen er an der Spitze des sich immer mehr vergrößernden Geschäftes stand, gingen 283 Orgelwerke aus demselben hervor, in allen Theilen Europas, Amerikas (60 Stück), Australiens (Sidney) sind sie zu finden (vgl. Kümmerle, Encyclopädie der evangelischen Kirchenmusik 5, 28 ff., wo ein Verzeichniß der bedeutendsten dieser Werke angegeben ist). Das größte derselben schuf er für das Münster in Ulm mit 95 (101 ?) klingenden Registern. Dem einstimmigen Urtheile nach sind sie ausgezeichnet durch reine Intonation und herrliche Tonwirkung, sowie durch die vorzügliche Spielmechanik. Keine der neueren Verbesserungen ließ der sorgsam auf alles achtende Mann unberücksichtigt, wie er z. B. auch den neu aufkommenden Elektromagnetismus anwandte. Sein größtes, hervorragendes Verdienst liegt in der Anwendung der sog. Kegelladen (Springwindladen mit Kegelventilen). Ein älterer württembergischer Orgelbauer Hausdörfer hatte ähnliche gebaut, und es ist nicht unwahrscheinlich, daß der alles beobachtende Mann auch sie zu Gesicht bekam; aber sie waren in Vergessenheit gerathen. W., der seine in den russischen Ostseeprovinzen aufzustellenden Orgeln vor Feuchtigkeit schützen wollte, führte sie ein, aber ganz verändert und verbessert, sodaß sie nun erst eigentlich praktisch brauchbar wurden; auch die Spieltische und die sog. Pistonbälge hat er eingeführt. — Reiche Ehren und verdientes Ansehen lohnten die großartige Thätigkeit des Mannes; das Frankfurter Bürgerrecht, das man ihm nach Vollendung des Orgelwerkes angeboten hatte, lehnte er ab, er wollte seine Heimath nicht verlassen; Medaillen von Württemberg, Baiern, Frankreich (Erfindungsmedaille) und Orden wurden ihm zu theil, er wurde Mitglied der württemb. Handelskammer; das Vertrauen seiner Mitbürger rechtfertigte er durch eifrige Thätigkeit in Armen-, Gemeinde- und Kirchensachen, mit Rath und That|war der ausgezeichnete Mann, der seine Einfachheit und Anspruchslosigkeit bis zu seinem Tode bewahrte, stets bereit willigst bei der Hand. Am 30. Januar 1821 hatte er Beate Weigle von Ludwigsburg geheirathet, im J. 1828 wurde ihm sein Sohn Heinrich, 1829 Friedrich, 1835 die Tochter Beate Gottliebin geboren; 1842 hatte er seinen Schwager Spaich als Theilnehmer in sein Geschäft genommen, später seine Söhne, welche dasselbe mit großem Erfolge weiter führten. 1844 trat er in zweite Ehe mit Maria geb. Stumpp. Im October 1872 starb W. nach längeren Leiden; sein Bild mit den ernsten markigen Zügen ziert mit Recht das Gewerbemuseum in Stuttgart, denn der vorzügliche Mann war eine Zierde seines Vaterlandes und einer seiner ersten Industriellen und endlich auch der Lehrer vieler bedeutender Orgelbauer (Haas, Weigle, Lütkemüller, Steinmeyer).

    • Literature

      Gewerbeblatt aus Württemberg, 1873, S. 409 ff. — Wangemann, Geschichte der Orgel, 1881, S. 347 ff. (soll sein Urtheil in der mir nicht zu Gebote stehenden Auflage von 1887 wesentlich geändert haben). —
      Kümmerle (s. oben). — Württembergische Neujahrsblätter, herausgeg. v. J. Hartmann, N. F. 1, 11 u. besonders ein nur im Manuscript vorhandener, mir gütigst zum Gebrauch überlassener, sehr eingehender und genauer Vortrag von Prof. Dr. O. Schanzenbach in Stuttgart über Walcker.

  • Author

    Theodor Schott.
  • Citation

    Schott, Theodor, "Walcker, Eberhard Friedrich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 40 (1896), S. 657-659 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119262347.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA