Lebensdaten
1581 oder 1579 – 1634
Geburtsort
Nürnberg
Sterbeort
Nürnberg
Beruf/Funktion
Komponist
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 119007576 | OGND | VIAF: 32190428
Namensvarianten
  • Staden, Johann
  • Stade, Johann
  • Stade, Johannes
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Zitierweise

Staden, Johann, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119007576.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hans ( 1612), aus Münster (Westfalen), Briefmaler, Formschneider u. Schachtelhändler, seit 1566 Bürger in N. (s. Nürnberger Künstlerlex.);
    M Elisabeth ( 1583), T d. Hans Löbele; seit 1584 Stief-M Clara (1567–1631, 2] Christoph Buel [Buhl, Buhel], 1574–1631, Jur., Kapellmeister, Komp., Ratsregistrator in N., s. Nürnberger Künstlerlex.), T d. Mathes Rosenmann u. d. Barbara N. N.;
    1) Nürnberg 1604 Walpurg (1578–1627), T d. Johann Reißner (um 1550–1606, Pfarrer in Segringen, seit 1588 in Ebermergen, 2) Nürnberg 1629 Rosina (1592–1639), T d. Alexander Ulmann ( vor 1630), Lautenist in N. (s. Nürnberger Künstlerlex.), u. d. Dorothea Stöcklein;
    7 S aus 1) u. a. Johann (1606–27), Musiker (s. MGG²), Sigmund Theophil (s. 2), Adam (1614–59), Kanzleischreiber, Dichter, Musiker (s. MGG²), Paul(us) (1619–34), Organist in N. (alle s. Nürnberger Künstlerlex.), 4 T aus 1) u. a. Magdalena (um 1606/10–80, David Schedlich, um 1607–87, aus St. Joachimsthal, Komp., als Nachf. v. S. Organist an St. Lorenz in N., s. Nürnberger Künstlerlex.).

  • Biographie

    Jugendzeit und Ausbildung S.s liegen im Dunklen; nach Angaben von Johann Gabriel Doppelmayr (1730) soll er sich jedoch bereits als 18jähriger an der Orgel ausgezeichnet haben. Bei seiner Eheschließung 1604 ist er als Hoforganist des Mgf. Christian v. Brandenburg-Bayreuth nachgewiesen; 1612–14 war er vermutlich in derselben Position in Dresden. 1616 wurde S. als Organist in seine Heimatstadt berufen. Er wirkte zunächst an der Orgel von Heiliggeist, sodann bis 1618 an St. Lorenz und schließlich bis zu seinem Lebensende an St. Sebald. S. galt als der kompetenteste Musiker in seiner Heimatstadt; er hatte des öfteren dem Rat eingesandte Kompositionen zu begutachten. 1619 traf er zu einer Orgelprobe in Bayreuth mit Heinrich Schütz (1585–1672), Samuel Scheidt (1587–1654) und Michael Praetorius (um 1570–1621) zusammen. Zu S.s Schülern zählen neben seinen Söhnen die Nürnberger Organisten David Schedlich, sein späterer Schwiegersohn, und Johann Erasmus Kindermann (1616–55). Die von ihm begründete Schultradition reicht bis zu Johann Pachelbels Sohn Wilhelm Hieronymus. 1634 fiel S. einer Pestepidemie zum Opfer.

    S. war ein produktiver Autor: Er brachte 1606–18 fünf Sammlungen mit weltlichen Gesängen heraus, in seiner Nürnberger Zeit 17 Sammlungen mit geistlicher Musik, die teils zur liturgischen Verwendung, teils zur häuslichen Erbauung dienen sollten. Als repräsentativ hierfür darf die „Kirchen-Music“ (1625/26) mit 2–24stimmigen Sätzen sowie ihr Gegenstück, die „Hauß-Music“ (4 T., 1623–1628; erw. Nachdr. I–IV, 1646) mit überwiegend 4stimmigen Sätzen gelten.

    S. gehört zu den ersten dt. Komponisten, die den seinerzeit aktuellen Stil der ital. Concertopraxis übernahmen, bei der ein durchgehender Basso continuo den mehrstimmigen Satz grundiert und Gelegenheit zu solistischen Partien und instrumentalen Zusätzen gibt (eine Anleitung zum Generalbaß im 2. Band der „Kirchen-Music“). S. war nie in Italien, sondern beschaffte sich nachweislich ital. Vorbilder (Giovanni Gabrieli, Claudio Monteverdi) zum diesbezüglichen Studium.|Freilich ist ein Großteil seiner Kompositionen noch in der traditionellen motettischen Anlage gehalten. Während S.s mehrstimmige dt. Gesänge sowie sein Instrumentalwerk (Ensemble- u. Orgelmusik) sich im Rahmen der zeitgenössischen Produktion halten, stehen seine Generalbaßlieder in ihrer zurückhaltenden, am Sanglichen orientierten Machart am Beginn einer spezifisch Nürnberger Liedtradition, die das gesamte 17. Jh. über Bestand hatte. Ein erheblicher Teil von S.s Werk ist nur mehr unvollständig erhalten.

  • Werke

    Weitere W Neue Teutsche Lieder nach Art der Villanellen, beyneben etlicher Balletti oder Täntz, 1606;
    Neue Teutsche Geistliche Gesäng, 1609;
    Neue Teutsche Lieder ( . . . ) samt etlichen Galliarden und Couranten, 1609;
    Venus Kräntzlein, 1610;
    Harmoniae sacrae, pro festis praecipuis totius anni, 1616;
    Neue Pavanen, Galliarden, Curranten, Balletten, Intraden und Canzonen, 1618;
    Harmoniarum sacrarum continuatio, 1621, ²1628;
    Harmonicae Meditationes Animae, 1622;
    Opusculum Novum von Pavanen, Galliarden, Alemanden . . . sampt einer Fantasia, 4st., 1625;
    Davids-Harpffe, 1627, ²1643;
    Harmoniae novae sacrarum cantionum, 1628;
    Hertzen-trosts-Musica, 1630;
    Musicalischer Freuden- und Andachtswecker, 1630;
    Hertzens Andachten Geistlicher Gesänglein, ( . . . ) Darbey auch die sieben Busspsalmen Davids, 1631;
    Harmoniae variatae sacrarum cantionum, 1632;
    Geistlicher Music-klang, 1633;
    Operum Musicorum Posthumorum Pars Prima, Quae Continent Sonat: Pavan: Canzon: Symphonias, 1643;
    – 25 Orgelsätze in d. vermutl. aus Augsburg stammenden sogenannten „Turiner Tabulatur“ (Turin, Biblioteca nazionale);
    – E. Schmitz (Hg.), J. S., Ausgew. Werke, 2 Bde., DTB VII/1 u. VIII/1, 1906/07 (Biogr., P).

  • Literatur

    L ADB 35;
    J. G. Doppelmayr, Hist. Nachrr. v. d. nürnberg. Mathematicis u. Künstlern, 1730, Nachdr. 1972;
    H. H. Eggebrecht, Arten d. Gen.baß im frühen u. mittleren 17. Jh., in: Archiv f. Musikwiss. 14, 1957, S. 61–82;
    U. Martin, Die Nürnberger Musikgesellschaften, in: Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt Nürnberg 49, 1959, S. 185–225;
    H. Zirnbauer, Lucas Friedrich Behaim, d. Nürnberger Musikherr d. Frühbarock, ebd., 50, 1960, S. 330–51;
    ders., Der Notenbestand d. Reichsstädtisch Nürnbergischen Ratsmusik, 1959;
    ders., O. Mischiati, L`intavolatura di Torino, in: L`organo 4, 1963, S. 1–150;
    W. Dupont, Werkausgg. Nürnberger Komponisten, 1971, S. 285–97;
    C. D. Newman, Keyboard dances and variations in Turin, Biblioteca Nazionale, MS Foa 8, Diss., Univ. of North Carolina, Chapel Hill, 1981;
    S. B. Collins, J. S., His life and times, DMA Univ. of Texas, Austin 1987;
    W. Braun, Konzertante Kanzonette u. Musiktheater, in: M. Engelhardt (Hg.), In Teutschland noch gantz ohnbekandt, Monteverdi-Rezeption u. frühes Musiktheater im dt.sprachigen Raum, 1996, S. 283–306, bes. S. 297–306;
    ders., Johann Sauberts Glaubensmusik in zeitgenöss. Tonsätzen, in: R. Steiger (Hg.), Die Quellen Johann Sebastian Bachs, Bachs Musik im Gottesdienst, 1998, S. 205–10;
    ders., Thöne u. Melodeyen, Arien u. Canzonetten, Zur Musik d. dt. Barockliedes, 2004, S. 180–84;
    MGG (P);
    MGG²;
    Riemann;
    New Grove (P);
    New Grove² (P).

  • Porträts

    | Kupf. v. J. Pfann, 1640, Abb. in MGG;
    New Grove;
    New Grove²;
    Gem. auf d. Behaimschen Spinettdeckel, Öl/Holz, 1619 (Nürnberg, German. Nat.mus.), Abb. in: A. Tacke, Der Behaimsche Spinettdeckel v. 1619, in: D. Krickeberg (Hg.), Der „schöne“ Klang, Studien z. hist. Musikinstrumentenbau in Dtld. u. Japan unter bes. Berücksichtigung d. alten Nürnberg, 1996, S. 143–57.

  • Zitierweise

    Röder, Thomas, "Staden, Johann" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 782-783 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119007576.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Staden: Johann St., ein tüchtiger Componist des 17. Jahrhunderts, der um 1579 in Nürnberg geboren und am 15. November 1634 ebendort beerdigt worden ist. In den Monatsheften für Musikgeschichte XV, 101 ff. befindet sich die Biographie und Bibliographie dieses Tonmeisters, und darauf fußend, gestaltet sich das Leben desselben in Kürze wie folgt: Im J. 1606 treffen wir ihn als fürstl. brandenburgischen Hoforganisten am Hofe des Markgrafen Christian von Baireuth, und zwar war sein Wohnort bis zum Jahre 1610 in Kulmbach, später in Baireuth. Er verließ aus nicht bekannten Gründen die Stellung und ging in seine Vaterstadt Nürnberg in der Hoffnung, durch persönliche Einwirkung eine gut bezahlte Organistenstelle zu erhalten. Er verstand es auch sehr wohl, sich den Vätern der Stadt angenehm und nützlich zu erweisen, und so finden wir ihn bereits 1618 als angestellten Organisten an St. Lorenz und 1620 an der Hauptkirche St. Sebald, wo er Zeit seines Lebens blieb. St. war ein außerordentlich fruchtbarer Componist, der seine Werke auch zu verwerthen wußte und trotz der schlimmen Zeit des dreißigjährigen Krieges entweder einen Verleger fand oder auf eigene Kosten die oft recht umfangreichen Werke herausgab. Walther hat uns einen Ausspruch Staden's aufbewahrt, der recht bezeichnend für seine Denkungsart ist; er soll nämlich den Spruch im Munde geführt haben „Italiener nicht Alles wissen, Teutsche auch etwas können“. Es war die Zeit der Entwickelung des Sologesanges und Gesanges mit Instrumentalbegleitung, der in Italien gegen 1600 seine Entstehung fand und in kurzer Zeit der Musikausübung eine ganz andere Wendung gab, so daß der frühere mehrstimmige Gesang ohne Begleitung fast vernachlässigt wurde. In Italien bildete sich die Oper und die weltliche Cantate ausschließlich aus, während in Deutschland die Oper nur schwer Eingang fand und die Componisten die neue Musikart auf die geistliche Motette und Cantate anwendeten, doch immer mit Verwendung des Chores und Benützung der Choralmelodien. Hierdurch entstand ein ganz eigenartiger Musikstil, der mit der Musik der Italiener nur die Gemeinsamkeit des sogenannten Generalbasses hatte. Staden's zahlreiche Werke sind zum Theil nur in Fragmenten erhalten, und es ist daher nicht möglich, sich ein Bild seiner Compositionsthätigkeit in chronologischer Weise zu bilden. Erst vom Jahre 1621 liegt mir ein vollständiges Werk vor, betitelt: Harmoniarum sacrarum etc. (s. Monatsh. S. 108). Es beginnt mit einstimmigen Gesängen mit einem Bassus continuus, die wenig Anziehendes enthalten und in denen die Singstimme mehr recitativisch als melodisch gebildet ist, sich also genau in der Weise der italienischen Cantaten bewegt. Erst in den zweistimmigen Gesängen mit Bassus continuus entwickelt St. ein selbständigeres und interessanteres Tongemälde. Hier findet man bereits ein melodisches Motiv, welches er nicht nur festhält und contrapunktisch behandelt, sondern auch in geschickter Weise fortzuführen versteht, wodurch er einen abgerundeten Tonsatz schafft, der für die damalige Zeit gegen andere Arbeiten einen wesentlichen Fortschritt zeigt. Ebenso sind die vierstimmigen Tonsätze behandelt. Auch fügt er hin und wieder eine Einleitungssymphonie von einigen Takten hinzu, die den Chorsatz immer wieder unterbricht und zwei- bis dreimal wiederkehrt. Nr. 18 ist ein Hochzeitsgesang über den Text: Surge, propera zu 7 Stimmen gesetzt, davon sind 5 Vocal- und 2 Instrumentalstimmen, zu denen noch der Bassus continuus kommt. Selten läßt er die Instrumente zum Chore treten, dagegen benützt er sie in den Ritornellen. Auch hier überrascht das Festhalten des Motivs. Seine „Hertzens Andachten“ von 1631 sind 4 stimmig behandelt und Note gegen Note gesetzt, also ebenso wie der deutsch-evangelische Choral, nur tritt bei St. das Textrhythmische noch in den Vordergrund und belebt seine Chorsätze. Die Oberstimme zeichnet sich aber nicht durch eine melodische Führung aus, sondern macht weit mehr den Eindruck des recitirenden Wortes. An diese schließen sich die 7 Bußpsalmen für 1 Stimme mit Baß an. Sie zeigen entgegen den ersten Sätzen eine innige und gefühlvolle melodische Führung der Singstimme bei Innehaltung der größten Einfachheit. Noch ist mir eine Sammlung von Instrumentalstücken, die 1643 nach seinem Tode erschienen, bekannt geworden. Sie bestehen aus einsätzigen kurzen Sonaten, Ballets, Symphonien, Canzonen, Pavanen und anderen stets ganz kurzen Sätzen. Auch hier ist das Bestreben zu erkennen, den Sätzen eine Musikform zu geben, die ihnen Einheit und Abrundung verleiht. So ist z. B. gleich die erste Sonate, die aus 62 Tacten besteht, genau in der späteren Rondoform geschrieben; das Hauptthema wiederholt sich viermal, stets von Zwischensätzen mit anderen Themen unterbrochen. Nur der Tonartenwechsel fehlt, und statt die Dominantentonart als Nächstliegende zu wählen, geht er mehrfach nach der Unterdominante. Dennoch bleibt es immerhin beachtenswerth, in dieser frühen Zeit der Instrumentalmusik so festgezeichnete Formen zu finden.

  • Autor/in

    Rob. Eitner.
  • Zitierweise

    Eitner, Robert, "Staden, Johann" in: Allgemeine Deutsche Biographie 35 (1893), S. 366-367 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119007576.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA