Lebensdaten
1901 – 1963
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
Bad Harzburg
Beruf/Funktion
sozialdemokratischer Politiker ; Jurist ; Innenminister von Nordrhein-Westfalen
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118869140 | OGND | VIAF: 32794403
Namensvarianten
  • Menzel, Walter
  • Menzel, Walther

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Zitierweise

Menzel, Walter, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118869140.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gustav (1871–1955), Lehrer, später Ministerialdir. im preuß. Kultusmin., S d. Hermann Gottfried (* 1841) u. d. Christine N. N.;
    M Emma (1872–1932), T d. Wilhelm Kunze (* 1843) aus Niedersteinberg (Schlesien) u. d. Christiane Döring (* 1845);
    Bielefeld 1932 Emmy (1908–89), Dipl.-Psychologin u. Psychoanalytikerin, T d. Carl Severing (1875–1952), preuß. Innenmin. 1920-26 u. 1930-32, Reichsinnenmin. 1928-30 (s. Rhdb.), u. d. Emma Twelker (1880–1945);
    2 S, 1 T, u. a. Hans M.-Severing (* 1946), Dr. phil., Kunstpädagoge.

  • Biographie

    M. fand frühzeitig den Zugang zur Sozialdemokratie. Mit 18 Jahren schloß er sich der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ) an, 1920 wurde er Mitglied bei den Jungsozialisten, 1921 trat er in die SPD ein. Nach dem Abitur an einer Oberrealschule (1920) studierte er in Freiburg, Breslau und Berlin Jura und Nationalökonomie. 1923 legte er am Berliner Kammergericht sein Referendarexamen ab; zwei Jahre später promovierte er an der Univ. Breslau mit einer Arbeit über die Zulässigkeit von Sondergerichten nach Artikel 105 der Weimarer Reichsverfassung. Nach dem Assessorexamen (1927) war M. zunächst sechs Monate als Amtsrichter in Potsdam und anschließend als Regierungsassessor am Polizeipräsidium in Essen tätig, bevor er 1928 als Finanzrat in das preuß. Finanzministerium berufen wurde. 1931 wurde M., erst 30jährig, Landrat in Weilburg/Lahn. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten setzte seiner Laufbahn im Staatsdienst zunächst ein Ende. Nach der Entlassung im Frühjahr 1933 und längerer Arbeitslosigkeit konnte M. 1934 in Berlin eine Praxis als Rechtsanwalt eröffnen. Als Verteidiger setzte er sich auch für Verfolgte des NS-Regimes ein.

    Nach dem Krieg arbeitete M. in Berlin kurze Zeit für die Amerikanische Kontrollkommission. Auf Empfehlung seines Schwiegervaters, des früheren preuß. und Reichs-Innenministers Carl Severing, wurde er im September 1945 in die Provinzialregierung von Westfalen in Münster berufen, wo er das Generalreferat Inneres übernahm und Stellvertreter des Oberpräsidenten Rudolf Amelunxen wurde. Am 1.9.1946 trat M. das Amt des Innenministers und stellvertretenden Ministerpräsidenten in der Regierung des neu gebildeten Landes Nordrhein-Westfalen an. Auch in der Koalitionsregierung unter dem Ministerpräsidenten Karl Arnold behielt er diese Funktion bei. Anfang August 1950, als Arnold nach dem Scheitern der Koalitionsverhandlungen ein reines CDU-Übergangskabinett bildete, schied M. zusammen mit den anderen SPD-Ministern aus der Landesregierung aus.

    Seinen raschen Aufstieg in der Nachkriegszeit verdankte M. neben seiner persönlichen und politischen Integrität nicht zuletzt dem Umstand, daß er durch seine Qualifikation als Verwaltungsfachmann und Verfassungsexperte über eine Kombination von Eigenschaften verfügte, die gerade in der Wiederaufbau-Phase für seine Partei von besonderer Bedeutung war. In seiner politischen Haltung war M. vom Erlebnis des Scheiterns der Weimarer Demokratie geprägt, wobei für ihn die Ursachen in der Ohnmacht einer mit zu geringen Kompetenzen ausgestatteten Zentralregierung lagen. Als überzeugter Unitarier stieß er mit seinen Plänen für den staatlichen Neuaufbau nicht selten an die von den Besatzungsbehörden gezogenen Grenzen. Bei der politischen Säuberung des Verwaltungsapparates vertrat M. als Innenminister in Nordrhein-Westfalen eine wesentlich konsequentere Haltung als die brit. Militärregierung. Die Polizei, die von der Besatzungsmacht dezentralisiert und unter die Aufsicht kommunaler Ausschüsse gestellt worden war, überführte er Schritt für Schritt in die Zuständigkeit des Landes. Dagegen konnte er sich mit seinem Konzept zur Einführung einer sog. unechten Magistratsverwaltung für die Kommunen, nach dem ein aus haupt- und ehrenamtlichen Ratsherren zusammengesetzter Magistrat die Verwaltung leiten sollte, nicht durchsetzen.

    Eine herausragende Rolle fiel dem Verfassungsexperten M. bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes zu. Seit 1946 Mitglied des SPD-Parteivorstandes und Vorsitzender des Verfassungspolitischen Ausschusses der SPD, hatte er bereits im März 1947 „Richtlinien für den Aufbau der Deutschen Republik“ vorgelegt, die dann auf dem SPD-Parteitag in Nürnberg im Juli 1947 beschlossen wurden. Danach sollte einer mit weitgehenden Kompetenzen ausgestatteten Zentralgewalt nur ein schwacher „Reichsrat“ gegenüberstehen. Nach M.s Vorstellungen sollten Gesetzgebungskompetenz und Finanzhoheit Bundesangelegenheiten sein, die Zuständigkeit der Länder auf Verwaltungsaufgaben und kulturelle Angelegenheiten beschränkt bleiben. In einer Fortführung dieser „Richtlinien“, in der im August 1948 verabschiedeten „Westdeutschen Satzung“, vermied M. in Übereinstimmung mit der Haltung der SPD in der Einheitsfrage noch sorgfältig jeden Hinweis auf den Staatscharakter eines Zusammenschlusses der drei Westzonen. Erst|der kurz darauf fertiggestellte „Zweite Menzel-Entwurf“, der bereits die Bezeichnung „Grundgesetz“ trug, war den neuen Verhältnissen angepaßt. Er lag dem Parlamentarischen Rat, dem M. als Abgeordneter und stellvertretender SPD-Franktionsvorsitzender angehörte, am 2.9.1948 vor. Die Vorstellungen der SPD über Zusammensetzung und Kompetenzen einer künftigen Ländervertretung stießen im Parlamentarischen Rat vor allem auf den Widerstand der CSU. In einem informellen Gespräch zwischen M. und dem bayer. Ministerpräsidenten Hans Ehard Ende Oktober 1948 wurde ein Kompromiß vorbereitet, der anstelle des von der SPD favorisierten Senatsmodells einen Bundesrat mit suspensivem Veto vorsah. Der Bundesrat, über dessen Kompetenzen in der folgenden Debatte über die Finanzverfassung erneut heftig diskutiert wurde, erhielt seine endgültige Form allerdings erst nach der Zurückweisung des Verfassungsentwurfs durch die Alliierten, die darin noch immer zu starke unitarische Tendenzen verwirklicht sahen. An der Ausarbeitung einer endgültigen Lösung war M. wesentlich beteiligt. Bei der Gestaltung der Verfassung für Nordrhein-Westfalen, für die M. dem Landtag schon im November 1947 einen ersten Entwurf zugeleitet hatte, konnten die Sozialdemokraten zwar die Einrichtung eines Staatsrats verhindern, nicht aber die von der CDU-Zentrums-Mehrheit angestrebte Festschreibung der Konfessionsschule und der konfessionellen Lehrerausbildung.

    Nach dem Ende der Großen Koalition in Düsseldorf blieb M. bis 1954 Mitglied des Landtags. Bereits seit 1949 gehörte er dem Bundestag an, der ihn 1951 zum Vorsitzenden des Verfassungsausschusses wählte. Seit 1952 amtierte er auch als einer der Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, wobei er insbesondere für die Koordinierung der Bund-Länder-Politik und die Kontakte zu den Länderfraktionen zuständig war. Im Rahmen seiner parlamentarischen Arbeit vertrat M. die Position seiner Partei in der Wiederbewaffnungsdebatte, wandte sich gegen die Militarisierung des Bundesgrenzschutzes und die Pläne der Bundesregierung zur Notstandsgesetzgebung. 1957 übernahm er eine führende Rolle in der vor allem von SPD und Gewerkschaften getragenen Anti-Atombewegung. Als Vorsitzender des Arbeitsausschusses „Kampf dem Atomtod“ trat er gegen die atomare Aufrüstung ein und entwickelte ein Konzept für die Schaffung atomwaffenfreier Zonen und die Vernichtung der atomaren Kampfmittel. Den Wandel, den die SPD in Fragen der Außenpolitik vollzog und der zu einer veränderten Beurteilung atomarer Bewaffnung im Rahmen einer neuen sicherheitspolitischen Konzeption führte, betrachtete M. mit wachsender Distanz. Nachdem er vor den Bundestagswahlen 1961 auf seinen Wahlkreis Dortmund verzichtet hatte, gelangte er über die Landesliste erneut in das Bonner Parlament, dem er bis zu seinem Tod angehörte.

  • Werke

    Korreferat üb. d. Verwaltungsaufbau innerhalb d. brit. Zone, Gehalten im Haupt- u. Verfassungsausschuß d. Zonenbeirats in d. Godesberger Sitzung am 13.6.1946;
    Der Aufbau d. dt. Republik, 1947;
    SPD u. Grundgesetz, 1949;
    Verwaltungsreform? Schlagworte d. Regierung u. Vorschläge d. Sozialdemokratie, Rede im Landtag Nordrhein-Westfalen am 8.6.1952, 1952. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Nordrhein-Westfäl. Hauptstaatsarchiv, Düsseldorf (s. Paul, Inventar).

  • Literatur

    K. Günther, W. M., in: W. Först (Hrsg.), Zwischen Ruhrkampf u. Wiederaufbau, 1972, S. 153-58;
    W. Bierbach, W. M., in: W. Först (Hrsg.), Aus dreißig J., Rhein.-westfäl. Politiker-Porträts, 1979, S. 186-98 (P);
    ders. (Hrsg.), Der Bund u. d. Länder, Btrr. z. Entstehung d. Bundesrepublik Dtld., 1989;
    D. Düding, Ehard, M. u. d. Staatsform. Der Kompromiß üb. d. Föderalismus, in: Gesch. im Westen, Jg. 4, H. 2, 1989, S. 135-44;
    G. Hirscher, Sozialdemokrat. Vfg.pol. u. d. Entstehung d. Bonner Grundgesetzes, Eine biograph.-theoret. Unters. z. Bedeutung W. M.s, 1989;
    W. Benz (Hrsg.), Bewegt v. d. Hoffnung aller Deutschen, Zur Gesch. d. Grundgesetzes, Entwürfe u. Diskussionen 1941-1949, 1979;
    H. K. Rupp, Außerparlamentar. Opposition in d. Ära Adenauer, Der Kampf gegen d. Atombewaffnung in d. fünfziger Jahren, 1970.

  • Autor/in

    Ilse Fischer
  • Zitierweise

    Fischer, Ilse, "Menzel, Walter" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 107-108 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118869140.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA