Lebensdaten
1907 – 1930
Geburtsort
Bielefeld
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
NSDAP-Politiker ; SA-Sturmführer
Konfession
lutherisch
Namensvarianten
  • Wessel, Horst Ludwig Georg Erich
  • Wessel, Horst
  • Wessel, Horst Ludwig Georg Erich

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Zitierweise

Wessel, Horst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz140936.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ludwig (1879–1922), Dr. theol., luth. Pfarrer in Bielefeld, Mülheim/Ruhr u. St. Nicolai in Berlin-Mitte, 1919 Vors. d. Reichsbürgerrats, S d. Georg (1849–1909), aus Dehrenberg (Kr. Hameln), Bahnhofsgastwirt in Hess.-Oldendorf (Reg.bez. Kassel), u. d. Auguste Sophie Wilhelmine Giffhorn (1856–1935), aus Heßlingen/Fuhlen b. Hess.-Oldendorf;
    M Margarete (1881–1970), T d. Erich Richter (1841–1911), aus Hannover, luth. Pfarrer in Aerzen b. Hameln, u. d. Johanne Caroline Pauline Blaurock ( 1849), aus Gusow (Märk.-Oderland);
    B Werner (1910–29), Schüler, SA-Mann, Schw Ingeborg (Inge) (1909–93), Ärztin (s. L).

  • Biographie

    W., erstgeborener Sohn eines ev. Pfarrers, der während des 1. Weltkriegs als Militärgeistlicher u. a. im besetzen Belgien und Litauen durch seine nationalistischen Kriegspredigten bekannt geworden war, trat 1922 der Bismarckjugend bei und wurde bald darauf Mitglied im vom ehemaligen Korvettenkapitän Hermann Ehrhardt (1881–1971) geleiteten rechtsextremen „Bund Wiking“. Nach dem Abitur am Luisenstädtischen Gymnasium in Berlin immatrikulierte sich W. 1926 an der Univ. Berlin für Rechtswissenschaften und wurde Mitglied im Corps Normannia Berlin, 1928 auch im Corps Alemannia Wien zu Linz. In die NSDAP und SA trat W. im Dez. 1926 ein. Unter dem Berliner Gauleiter Joseph Goebbels (1897–1945) war W. 1928 „Straßenzellenleiter“ der NSDAP-Sektion Berlin-Alexanderplatz, ehe er im Mai 1929 die Führung des SA-Trupps 34 in Berlin-Friedrichshain übernahm. Nach eigenen Angaben|warb er in den kommenden Monaten viele ehemalige Kommunisten für die Nationalsozialisten. Im Sommer 1929 schrieb W. eine Art politische Autobiographie, die er „Politika“ nannte. 1929 war er zweithäufigster Redner der NSDAP im Gau Berlin-Brandenburg nach Goebbels. Am 14. 1. 1930 wurde W. in einer von ihm als Untermieter bewohnten Wohnung in der Großen Frankfurter Straße 62, Berlin, niedergeschossen und starb am 23. 2. 1930 an den Folgen seiner schweren Kopfverletzung. Die Attentäter aus Kreisen der KPD sowie der berufsmäßigen Kriminalität wurden 1930 vom Berliner Landgericht I zu mehrjährigen Haft- bzw. Geldstrafen verurteilt.

    Wirkungsvoller als W.s Biographie war sein Nachruhm als bekanntester politischer „Märtyrer“ der NSDAP. Bereits W.s Beerdigung am 1. 3. 1930 nutzte die Partei zu einer politischen Kundgebung. Das von W. gedichtete politische Kampflied „Die Fahne hoch“ (Horst-Wessel-Lied) avancierte im Laufe des Jahres 1930 zur Parteihymne der NSDAP und wurde 1933 de-facto zu einer zweiten Nationalhymne, welche verpflichtend nach dem „Lied der Deutschen“ zu singen war. In einem zweiten „Horst-Wessel-Prozeß“, der alle Züge eines Schauprozesses trug, wurden 1934 zwei angebliche Beteiligte am Überfall auf W. zum Tode verurteilt und 1935 hingerichtet. W. wurde als Vorbild für die männliche dt. Jugend glorifiziert. Sein Leben diente als Vorlage für einen Spielfilm (H. Westmar, Einer v. vielen, 1933) und war Gegenstand verherrlichender Romane, Erinnerungs-, Kinder- und Jugendbücher. Der Vorname Horst gehörte Mitte der 1930er Jahre zu den beliebtesten männlichen Vornamen in Deutschland. In der zweiten Hälfte des 20. Jh. galt W. hingegen als Inbegriff des kriminellen SA-Schlägers, ein Bild, das maßgeblich von der antifaschistischen Literatur der 1930er Jahre geprägt wurde. Die beiden Todesurteile des zweiten Prozesses von 1934 wurden 2009 vom Landgericht Berlin aufgehoben.

  • Werke

    W M. Gailus u. D. Siemens (Hg.), „Hass u. Begeisterung bilden Spalier“, H. W.s pol. Autobiogr., 2011.

  • Literatur

    L H. H. Ewers, H. W., Ein dt. Schicksal, 1932;
    E. Czech-Jochberg, Das Jugendbuch v. H. W., 1933;
    E. Reitmann, H. W., Leben u. Sterben, 1933;
    Ingeborg Wessel, Mein Bruder Horst, Ein Vermächtnis, 1934;
    B. Brecht, Die H.-W.-Legende (1935), in: Neue Dt. Lit., Mschr. f. schöne Lit. u. Kritik, 1957, S. 47– 55;
    I. Lazar, Der Fall H. W., 1980;
    Th. Oertel, H. W., Unters. e. Legende, 1988;
    H. Knobloch, Der arme Epstein, Wie d. Tod zu H. W. kam, 1993;
    J. Hillesheim u. E. Michael, Lex. nat.-sozialist. Dichter, 1993, S. 457–64 (P);
    H. R. Brittnacher, Martyrer im Braunhemd, Hanns Heinz Ewers: H. W., Ein dt. Schicksal (1932), in: Ch. Caemmerer u. W. Delabar (Hg.), Dichtung im Dritten Reich?, Zur Lit. in Dtld. 1933–1945, 1996, S. 215–30;
    S. Behrenbeck, Der Kult um d. toten Helden, Nat.sozialist. Mythen, Riten u. Symbole 1923–1945, 1996;
    M. Gailus, Vom Feldgeistlichen d. Ersten Weltkrieges z. pol. Prediger d. Bürgerkriegs, Kontinuitäten in d. Berliner Pfarrerfam. Wessel, in: ZfG 50, 2002, H. 9, S. 773–803;
    M. Vierkant, Märtyrer u. Mythen, H. W. u. Rudolf Heß, Nat. sozialist. Symbolfiguren u. neonazist. Mobilisierung, 2008;
    H. Luckey, Personifizierte Ideol., Zur Konstruktion, Funktion u. Rezeption v. Identifikationsfiguren im NS u. im Stalinismus, 2008, S. 35–94;
    D. Siemens, H. W., Tod u. Verklärung e. Nat.sozialisten, 2009, engl. 2013;
    Qu Jagiellonen-Bibl. Krakau (Polen) (Original-Ms. d. „Politika“).

  • Porträts

    P Photogr., anonym, 1929 (BA, Bildarchiv, Bild 119–0025B, aus d. Hauptarchiv d. NSDAP);
    Pho-togr. in SA-Uniform v. Heinrich Hoffmann, 1929 (BA, Bildarchiv, Bild 146-1978-043-14).

  • Autor/in

    Daniel Siemens
  • Zitierweise

    Siemens, Daniel, "Wessel, Horst" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 884-885 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz140936.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA