Lebensdaten
1855 – 1928
Geburtsort
Schäßburg (Segesvár, Sighişoara, Siebenbürgen)
Sterbeort
Dresden
Beruf/Funktion
Schauspielerin ; Frauenrechtlerin ; Politikerin ; Schriftstellerin
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 117676802 | OGND | VIAF: 244211175
Namensvarianten
  • Bacon, Marie (geborene)
  • Stritt, Marie (verheiratete)
  • stritt, marie
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Stritt, Marie (verheiratete), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117676802.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus im 17. Jh. aus konfessionellen Gründen aus England über Flandern u. Franken n. Siebenbürgen ausgewanderter Fam.;
    V Joseph Martin Bacon (1820–85, RA in Sch., 1878–84 Abg. d. ungar. RT, S d. Joseph (1783–1847), Jur., Senator in Sch., u. d. Elisabeth Schuster (1801–81;
    M Therese (1824–1911), Mitinitiatorin d. siebenbürg. Frauenbewegung, Streiterin f. Mädchenbildung, T d. Michael Wenrich, Jur., Senator u. Bgm. in Sch., u. d. Theresia Josefa Simonis (1805–94;
    Ur-Gvv Joseph Mathias Bacon (* 1735), Chirurg, ließ sich um 1770 in Sch. nieder, Senator ebd.;
    9 Geschw (6 früh †) u. a. Josef Bacon (1857–1941), Dr. med., Arzt, Stadtphysikus in Sch., Kurator d. ev. Kirchengde., Gründer d. Heimatmus. ebd.;
    1879 Albert Stritt (1847–1908, aus Königsberg (Pr.), Schausp., Opernsänger, Prof. am Konservatorium d. Ges. d. Wiener Musikfreunde (s. Eisenberg; Dt. Zeitgenossen-Lex., 1905; BJ 13, Tl.; Kutsch-Riemens; Kosch, Theater-Lex.; Altpreuß. Biogr. IV/3), S e. Sattlermeisters;
    1 S Walter (1882–1941), Dr. med., prakt. Arzt, Geburtshelfer u. Chirurg in Chemnitz, 1 T Friederike (1880–1947, Vortragskünstlerin, Leiterin e. Schule f. Schauspiel u. Redekunst in D.

  • Biographie

    S. wurde in einer angesehenen, bürgerlichen Familie der intellektuellen Oberschicht Siebenbürgens geboren. Die liberalen und fortschrittlichen Eltern ermöglichten dem wißbegierigen Mädchen nach einem kurzen Schulbesuch einen ungewöhnlich gründlichen und umfangreichen Unterricht durch Privatlehrer, da Mädchen zur damaligen Zeit der Besuch eines Gymnasiums verwehrt war. 1874–76 absolvierte S. in Wien die Schauspielschule des Konservatoriums der Gesellschaft der Wiener Musikfreunde und gehörte dann zu den ersten professionell ausgebildeten Schauspielerinnen. 1876–81 war sie Hofschauspielerin am ghzgl. Hoftheater in Karlsruhe, anschließend Mitglied des Frankfurter Stadttheaters. Nach der Geburt ihrer beiden Kinder Anfang der 1880er Jahre löste sie ihr festes Engagement auf und trat bis 1889 nur noch selten bei Gastspielen etwa in Hamburg oder am Dresdner Hoftheater auf; seit 1890 lebte sie mit ihrer Familie in Dresden.

    Angeregt u. a. durch ihre Mutter, nahm S. dort Kontakt mit der bürgerlichen Frauenbewegung auf und zählte bald zu deren wichtigsten Protagonistinnen. Ihr Hauptinteresse galt in den 1890er Jahren der Frauenrechtsfrage: Mit der Gründung einer ersten Frauenrechtsschutzstelle in Dresden, die Frauen und Mädchen eine unentgeltliche Beratung u. a. in arbeits- oder mietrechtlichen Fragen und Hilfe bei der Anfertigung von Schriftsätzen bot, setzte sie 1894 Maßstäbe und initiierte damit eine reichsweite Frauenrechtsschutzbewegung, durch die bis zum 1. Weltkrieg 130 derartige Rechtsschutzstellen institutionalisiert wurden. Außerdem war S. kurz vor der Wende zum 20. Jh. die treibende Kraft im Kampf der Frauenbewegung gegen das zur Kodifikation anstehende Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), durch das den Frauen weiterhin alle zivilen Rechte vorenthalten werden sollten. Mit dem sog. „Frauenlandsturm“ gegen das BGB organisierte sie die erste realpolitische Massenbewegung von Frauen in Deutschland, die allerdings keinen Erfolg erzielte.

    In der Folgezeit konzentrierte S. ihr Engagement auf den „Bund Deutscher Frauenvereine“ (BDF), erlangte dort innerhalb kurzer Zeit eine wichtige Position und war – als Nachfolgerin Auguste Schmidts (1833–1902) – in der Hochphase der bürgerlichen Frauenbewegung 1899–1910 dessen Vorsitzende. Sie hatte wesentlichen Anteil an der Formulierung der Programmatik des BDF sowie an seiner Entwicklung zu einer bedeutenden Dachorganisation der Frauenbewegung. Gleichzeitig war S. 1899–1910 auch Herausgeberin und 1910–21 Redakteurin von dessen weitverbreiteter Zeitschrift „Centralblatt des Bundes Deutscher Frauenvereine“ (seit 1913 u. d. T. Die Frauenfrage, Zbl. d. Bundes Dt. Frauenvereine), wodurch sie die Entwicklung der Frauenbewegung auch publizistisch maßgeblich beeinflußte.

    Nach ihrem Ausscheiden aus dem BDF engagierte sich S. in der Frauenstimmrechtsbewegung, die das aktive und passive Wahlrecht für Frauen forderte. Auch hier wurde sie zu einer der herausragenden Persönlichkeiten. 1911–19 war sie Vorsitzende des Deutschen (Reichs-)Verbandes für Frauenstimmrecht, bis dieser sich nach der Erlangung des Frauenwahlrechtes 1919 auflöste.

    Auf internationaler Ebene fungierte S. in der Frauenbewegung 1904–08 als Vorstandsmitglied des International Council of Women (ICW) und 1913–20 der International Alliance of Women (IAW). Am Ende ihres politischen Lebens war sie als überzeugte Demokratin Mitglied der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und 1920–22 Stadträtin in Dresden.

    Zeitlebens eine der wenigen Grenzgängerinnen und Vermittlerinnen zwischen dem gemäßigtem und dem radikalen Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung, war S. jedoch auch in besonderem Maße in die Kämpfe und Auseinandersetzungen zwischen diesen beiden Richtungen um die inhaltliche Ausrichtung, Organisation und Taktik der Frauenbewegung verstrickt.

  • Werke

    Weitere W etwa 170 Publl., v. a. Zss.art., zudem Monogrr., Aufss., Vortrr., Herausgaben u. Überss., u. a. Frauen-Landsturm, Flugbl. gegen d. Entwurf z. BGB, 1896;
    Rechtsschutz f. Frauen, in: H. Lange u. G. Bäumer (Hg.), Hdb. d. Frauenbewegung, II. T., 1901, S. 123–33;
    Die Einheitlichkeit in d. Frauenbewegung, 1907;
    Die Staatsbürgerin, Mschr. d. Dt. Reichsverbandes f. Frauenstimmrecht (Red. 1918–19);
    Übers.:
    Charlotte Perkins Gilman, Mann u. Frau, Die wirtschaftl. Beziehungen d. Geschlechter als Hauptfaktor d. socialen Entwicklung, 1901, ²1913 (Women and economics, 1898).

  • Literatur

    I. Freudenberg, in: Die Frau, 8. Jg., H. 7, 1901, S. 419–22;
    A. Plothow, Die Begründerinnen d. dt. Frauenbewegung, 1907;
    E. Schüller, M. S. – eine „kampffrohe Streiterin“ in d. Frauenbewegung (1855–1928), Mit d. erstmaligen Abdr. d. unvollendeten Lebenserinnerungen v. M. S., 2005 (Gesamtverz. d. W, Nachrufe, Qu, L, P);
    M. Storm, M. S. (1855–1928 als Präsidentin d. Internat. Frauen-Kongresses 1904 (…), in: Über Grenzen hinweg, Zur Gesch. d. Frauenstimmrechtsbewegung u. z. Problematik d. transnat. Beziehungen in d. dt. Frauenbewegung, Ergebnisse d. internat. Symposions d. Dt. Staatsbürgerinnen-Verbandes e.V. am 3. /4. Sept. 2004, hg. v. I. Hundt, 2007, S. 164–80;
    Eisenberg;
    Dt. Zeitgenossen-Lex., 1905;
    Wi. 1928;
    DBJ II, Tl. (L);
    Lex. d. Frau;
    Frankfurter Biogr.;
    Kosch, Theater-Lex.;
    G. Dölle, in: Demokrat. Wege;
    ÖBL.

  • Autor/in

    Elke Schüller
  • Zitierweise

    Schüller, Elke, "Stritt, Marie" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 558-559 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117676802.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA