Hagenow, Friedrich von
Hagenow, Friedrich von
- Lebensdaten
- 1797 – 1865
- Sterbeort
- Greifswald
- Beruf/Funktion
- pommerischer Topograph ; Geologe ; Mineraloge ; Kartograf
- Konfession
- evangelisch?
- Normdaten
- GND: 117642746 | OGND | VIAF: 19982389
- Namensvarianten
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- Hagenow, Friedrich von
- Hagenow, Karl Friedrich von
- Hagenow, Carl Friedrich von
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Thesaurus des Consortium of European Research Libraries (CERL)
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
Objekt/Werk(nachweise)
Orte
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Biographie
Hagenow: Friedrich v. H., auf dem Gebiete der Alterthumskunde und Geologie als Forscher und Techniker rühmlich bekannt, geb. am 19. Januar 1797 als ältester Sohn des Rittergutsbesitzers Karl v. H. zu Langenfelde bei Loitz, † am 18. October 1865 zu Greifswald. Schon von früher Jugend an für die Naturwissenschaften angeregt, studirte er von 1809—12 auf der Landesuniversität namentlich angewandte Mathematik und Technologie und sollte dann nach väterlichem Wunsch die Landwirthschaft praktisch ausüben. Zuvor arbeitete er jedoch nach dem Tode des Vaters von 1812—14 auf dem mecklenburgischen Justizamt Dargun im ökonomischen und cameralistischen Fache und diente 1817—18 als Freiwilliger bei den Gardeschützen in Berlin, woselbst er nebenbei Thaer's und Reckleben's Vorlesungen besuchte. Von 1818—23 lebte er auf einem rügischen Pachtgute und verheirathete sich in dieser Stellung. Weil es ihm jedoch an Neigung und Uebung für das beschränkte Gebiet der landwirthschaftlichen Praxis gebrach, und bei seltenen natürlichen Anlagen sein großer Eifer für Naturkunde und vaterländische Geschichte immer mehr hervortrat, verlegte er seinen dauernden Wohnsitz von Rügen nach Loitz, um sich dort ganz seinen Lieblingsstudien und deren praktischer Anwendung widmen zu können. Während dieser Zeit schrieb er seine Abhandlung über die Runensteine in Strelitz, vollendete mehrere Maschinen und Instrumente für die Universität Greifswald, sowie die triangularische Aufnahme der Insel Rügen, mit deren Hülfe er 1830 die große Specialkarte und noch mehrere Karten dieser Insel herausgab. Wegen solcher Leistungen von der phil. Facultät zu Greifswald zum Doctor promovirt und seit 1832 dorthin übergesiedelt, begründete er daselbst am Ryckflusse eine Kreideschlemmfabrik, die erste in Deutschland, mit selbst erfundenen und ausgeführten Maschinen und hielt auf der landwirthschaftlichen, 1876 aufgehobenen, Akademie Eldena von 1835—38 zahlreich besuchte Vorlesungen über angewandte Mathematik. Inzwischen vollendete er die trigonometrische Aufnahme von ganz Neuvorpommern, gab 1839 die erste Auflage seiner Karte von Neuvorpommern und Rügen, lithographirt von C. A. Hube, heraus und wurde 1843 zum Regierungs-Conducteur ernannt. In der Folge 1845 durch den Tod seiner Mutter in den Besitz des Tertialgutes Nielitz und auf diese Art zum Genuß eines bedeutenden Einkommens gelangt, gab er seine obenerwähnte praktische Thätigkeit auf, verkaufte auch 1850 die Kreidefabrik und widmete sich seit dieser Zeit ausschließlich wissenschaftlichen Forschungen. Schon seit 1825 in Verbindung mit dem Oberpräsidenten Dr. Sack, dem Stifter der Gesellschaft für pommersche Geschichte und Alterthumskunde, und ein sehr thätiges Mitglied dieses Vereins, begründete er 1826 mit Kosegarten und Schildener die rügisch-pommersche Abtheilung in Greifswald und beschrieb seine ausgedehnten Sammlungen von Alterthümern in den Jahresberichten und Baltischen Studien. Seit dem 25. Mai 1836 war er auch als correspondirendes Mitglied des Vereins für mecklenburgische Geschichte thätig und trat in ein inniges Freundschaftsverhältniß mit dem Geheimen Archivrath Dr. Lisch und dem Freiherrn Albrecht Maltzan|auf Peutsch. Neben diesen historischen Forschungen widmete er sich mit noch höherem Eifer der Naturwissenschaft auf ornithologischem Gebiete, später der Geologie und Paläontologie. Besondere Erwähnung verdient ein im VII. Jahrg. d. Balt. Stud. I, p. 267 veröffentlichter Bericht über Auffindung eines antidiluvianischen Menschenskeletts in einer pommerschen Mergelgrube, eine Entdeckung, welche in neuerer Zeit namentlich durch französische Forschungen bestätigt worden ist. In demselben Jahre erschien (in Leonhard's und Bronn's neuem Jahrbuche für Mineralogie etc.) die erste Abtheilung seiner Monographie der rügianischen Kreideversteinerungen, deren 2. und 3. Abtheilung 1840 und 1842 in derselben Zeitschrift veröffentlicht wurden. Später setzte er nicht nur das Sammeln derselben mit dem größten Eifer fort, sondern erwarb auch 1853 käuflich die Sammlung von Richter zu Bollinken bei Stettin, durch welche Vereinigung er dieses Gebiet vollständig zu beherrschen vermochte. Seine Monographie über die rügianischen Kreideversteinerungen blieb leider unvollendet, weil ihn die aufgehäufte Fülle des Materials am Abschluß hinderte. Nur zu den Bryozoen hat er in „Genitz' Grundriß der Versteinerungskunde“ (Dresden 1846) und in „Geinitz, Das Quadersandsteingebirge“ (Freiberg 1849—50) einige Nachträge gegeben. Reiche Ausbeute machte H. auf wiederholten Reisen, 1844 nach Scandinavien, 1846 nach Schonen und Seeland. Inzwischen hatte er zur Erleichterung des Zeichnens der Petrefacten ein sinnreich construirtes Instrument, den Dikatopter, erfunden, welcher bald in allgemeinen Gebrauch kam. Mit Hülfe dieses Instruments kam 1851 seine Arbeit über „Die Bryozoen der Mastrichter Kreidebildung“ (Cassel bei Th. Fischer) zu Stande, ein Werk mit 12 Kupfertafeln, die zu dem Schönsten gehören, was bis dahin in mikroskopischer Zeichnung geleistet worden ist. In Folge dieser Arbeiten traten die bedeutendsten Gelehrten dieses Fachs: A. v. Humboldt, Leop. v. Buch u. A. mit ihm in einen Briefwechsel, aus welchem man die hohe Werthschätzung dieser Koryphäen der Wissenschaft für den Nachstrebenden ersieht, ebenso ehrten ihn die Monarchen und gelehrten Gesellschaften Europa's durch Auszeichnungen jeglicher Art. Mastricht besuchte er auf einer Reise nach Paris 1851, auf der ihn der berühmte englische Geolog Charles Lyell durch Belgien begleitete. In der französischen Hauptstadt trat er mit Michelin, v. Verneuil, d'Orbigny und dem Römer’schen Brüderpaar in nähere Verbindung, ein Zusammenwirken, welches für sein Studium der Versteinerungen und anderer geologischen Formationen sehr günstig wirkte. Seine geologischen Studien in Pommern umfaßten mit besonderer Vorliebe die Stettiner Tertiärgesteine, sowie die im Kamminer Kreise und auf Wollin auftauchenden Jurabildungen, welche er bereits 1842 auf einem Ausflug nach Kammin und Fritzow bei Soltin und auf der Insel Gristow entdeckte; über die mit Dr. Wessel 1852 dorthin unternommene Reise berichtete er im 5. Bande der Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft, und auch die 1853 in den würtembergischen und fränkischen Jura unternommene Reise stand damit in Verbindung. Hervorragenden Antheil nahm er an der 1850 zu Greifswald tagenden Versammlung der deutschen Naturforscher und Aerzte. Im J. 1854 benutzte er seine Cur im Bad Ischl, um in der nächsten Umgegend zu sammeln und von dort aus weitere Excursionen in gleicher Absicht zu machen. Zu Wien wohnte er am 16. Juni einer Sitzung der Akademie der Wissenschaften bei und legte dort sein für die Münchener Ausstellung bestimmtes combinirtes Dikatopter vor, wofür ihm vom Kaiser die große goldene Medaille übersandt wurde. Leider entwickelte sich in Folge der Anstrengung seiner Augen beim Gebrauche des Dikatopter bei ihm eine zunehmende Erblindung, welche seinen autoptischen Studien auf genanntem Gebiet ein Ende setzte und die Vollendung eines größeren Werkes über die Paläontologie der baltischen Küstenländer unterbrach, dessen Abbildungen|bereits fertig waren. Neben denselben bethätigte er sein Interesse für Geschichte und Archäologie fort und fort im eifrigen Sammeln von Alterthümern und widmete sich zugleich dem Studium der Wappenkunde. Auch erfand er die Kunst, alte, in Wachs, Lack oder Papier abgedruckte Siegel selbst nach halbzerstörten Exemplaren in neuen Stempeln wieder herzustellen und begründete eine in ihrer Art einzige Sammlung solcher Stempel, bereitete auch in dieser Beziehung eine größere Arbeit zum Drucke vor, welche er als „Sigilloplastik“ bezeichnete. Trotz des immer mehr schwindenden Augenlichts blieb er mit seinen Lieblingswissenschaften in geistigem Zusammenhang, indem er sich die einschlagenden Hauptwerke vorlesen ließ; davon zeugt auch der 1863 für die Gesellschaft der deutschen Naturforscher und Aerzte verfaßte Bericht über seine zu Fritzow gemachten Beobachtungen. Im Manuscript blieb eine bis zum J. 1819 reichende Selbstbiographie und ein „Lehrbuch der Sigilloplastik“ zurück. Seine letzte durch den Druck veröffentlichte Arbeit ist gleich der allerersten wieder antiquarischen Inhalts und handelt mit Bezug auf derartige im Ryck gemachte Entdeckungen über Pfahlbauten in Neuvorpommern (Strals. Zeitg. 1865, Nr. 63, Beil.; Jahrb. d. V. für mecklenb. Gesch. XXX. S. 105). Den übrigen Theil seiner Muße füllte er durch kleine poetische Versuche aus, zu denen er namentlich durch die Dichtungen von Fr. Reuter angeregt war. Thätig bis zum letzten Athemzug, erlag er einem Brustkrampf in der Nacht vom 17.—18. October 1865. Seine zahlreichen Sammlungen gelangten theils an das Stralsunder Provinzial-Museum, theils an das Museum nach Stettin.
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Literatur
Pyl, Nekrolog: Balt. Studien XXI. 2. S. 1—8. — Dr. E. Boll, Dr. Fr. v. Hagenow, Neubrandenburg 1865.
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Autor/in
Häckermann. -
Zitierweise
Häckermann, Adolf, "Hagenow, Friedrich von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 10 (1879), S. 349-351 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117642746.html#adbcontent