Lebensdaten
1725 – 1789
Geburtsort
Leipheim bei Ulm
Sterbeort
Göttingen
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe ; Pädagoge
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 117577979 | OGND | VIAF: 67246769
Namensvarianten
  • Miller, Johann Peter
  • Miller
  • Miller, Ioannes Petrus
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Zitierweise

Miller, Johann Peter, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117577979.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Martin (1693–1747), Pfarrer in L., dann Prediger am Münster in Ulm, S d. Johann Peter (1665–1740), Prediger in Ulm, u. d. Anna Katharina Heilbrunner;
    M Maria Magdalena Rauschenmayer (1695–1761);
    Ov Johann Peter (1705–81), Rektor d. Ulmer Gymnasiums, Altphilologe, veröffentlichte mehrere Lehrbücher (s. ADB 21);
    Vt Gottlob Dieterich v. M. (bayer. Personaladel, 1753–1822), studierte seit 1771 in G. Rechtswissenschaften, führte 1772/73 d. Journal des „Hains“, 1774 Ulmischer Subdelegationssekr. d. Visitation d. Reichskammerger. in Wetzlar, später Oberjustizrat in Ulm u. Oberappellationsger.rat in München (s. Goedeke IV, 1);
    – ⚭ Sophie Christiane Weygand aus Halle; kinderlos;
    N Johann Martin (s. 2).

  • Biographie

    M. besuchte das Ulmer Gymnasium und studierte seit 1745 in Helmstedt. Sein gleichnamiger Onkel vermittelte ihn an den Helmstedter Theologen Johann Lorenz v. Mosheim, dessen persönlicher Sekretär er wurde. Mit Mosheim, der 1747 Kanzler der jungen Univ. Göttingen wurde, zog M. nach Göttingen, wo er 1749 bei dem Schulreformer und Altphilologen Johann Matthias Gosner mit einer Arbeit über die Armenfürsorge und -erziehung sein philologisches Studium abschloß. 1750 wurde M. als Rektor des Gymnasiums nach Helmstedt berufen, 1756 wechselte er in gleicher Funktion an das unter Franckeschem Einfluß stehende Gymnasium in Halle. Nach seiner Promotion zum Dr. theol. an der dortigen Universität nahm er 1766 den Ruf auf eine Professur für ev. Dogmatik und Polemik in Göttingen an, den er der gleichzeitigen Berufung zum Direktor des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin vorzog. M.s theologische Lehre war geprägt von der Dogmatik und Ethik Mosheims; in eigener Überarbeitung gab er Mosheims Vorlesungen zur Ethik („Sittenlehre“) in vier Bänden (1762–70, holländ. 1776/77, dän. 1780-82, schwed. 1781) heraus; sie war auf Ausgleich bedacht zwischen luth. Orthodoxie und Pietismus einerseits und der Aufklärungstheologie andererseits. Auf dieser|Basis wurde er zum maßgeblichen Anreger der beginnenden Aufklärungspädagogik, die sich unter seinem Schüler E. C. Trapp schließlich zu einer eigenständigen Disziplin entwickelte. Noch bevor sich in den 70er Jahren die philanthropistische Erziehungsbewegung durchzusetzen begann, schrieb M. ein bisher in der pädagogisch-historischen Forschung weithin unberücksichtigt gebliebenes erstes Systemwerk der Pädagogik: „Grundsätze einer weisen und christlichen Erziehungskunst“ (1769 u. ö.). Vor allem aber gab M. entscheidende Anregungen für eine äußere („Die Hoffnung besserer Zeiten für Schulen“, 1765) und innere Schulreform. In erster Hinsicht setzte er sich für die Einrichtung von Real- und Industrieschulen (Armenschulen) ein sowie für die Einrichtung von Seminarien für die schulpraktische Ausbildung von Theologen an der Universität, die in der Mehrzahl das Lehramt an den höheren Schulen versahen, sowie für die seminaristische Ausbildung von Lehrern für das niedere Lehramt. Für diese Neuerungen gestaltete er die Waisenhauseinrichtung in Göttingen, die der Theologischen Fakultät zugeordnet war, seit 1766 um; sie diente ihm als „Musterschule“ (im Sinn der Franckeschen Pädagogik) für die „Catechisierübungen“ der angehenden Theologen. Mit Hinsicht auf die innere Schulreform veröffentlichte er 1778 eine „Anweisung zur Catechesierkunst“ (mehrfach bis 1790), die als Grundlagenwerk für die aufklärerische „sokratische Lehrart“ bezeichnet werden muß und für die das Zusammenunterrichten und ihre Gesprächsstruktur einen qualitativen Umbruch in der Erziehungsmethode markiert. Schließlich ist M.s Initiative zur Entwicklung einer speziellen Kinder- und Jugendliteratur zu erwähnen, für die er mit zahlreichen Schriften, vor allem aber durch seine „Historisch-moralische Schilderungen zur Bildung eines edlen Herzens in der Jugend“ (5 Bde., 1754 u. ö.), den Grund gelegt hat.

  • Werke

    Weitere W u. a. De scholastica institutione bene ac. sapienter ad privatam cuiusque et publicam utilitatem componenda, 1750;
    De catechetico vuteris ecclesiae docendi genere, 1751;
    versch. lat. u. griech. Lehrbücher Chrestomatia latina, 1755, fünf weitere Aufll.;
    Anweisung z. griech. Sprache, 1759 u. 1776;
    Erbaul. Erz. d. vornehmsten Bibl. Geschichten, 1759, 1769, 1785 (schwed. 1771, 1775, 1786, finn. 1774);
    Anweisung z. Wohlredenheit, nach d. erlesensten Mustern franz. Redner, 1767, 1777;
    Systemat. Anleitung z. Kenntnis auserlesener Bücher in d. Theol. u. in d. damit verbundenen Wiss., 1773, 1775, 1781;
    Lehrb. d. ganzen christl. Moral, 1774.

  • Literatur

    ADB 21;
    S. Baur, Charakteristik der Erziehungsschriftst. Dtld.s, 1790, S. 289-92;
    R. W. Keck, J. P. M.s „Grundsätze e. weisen u. christl. Erziehungskunst“, in: Vj.schr. f. wiss. Päd., 1969, S. 306-18;
    ders., Die Aufklärungsuniv. Göttingen u. d. Btr. M.s für d. Lehrerbildungsgesch., in: Informationen erziehungs- u. bildungshist. Forschung, H. 20/21, 1983, S. 65-98;
    BBKL. – Zu Gottlob Dieterich Martin: Gedichte, in: „Für Klopstock“. S. 50-53, 163-65;
    Der Göttinger Hain, hrsg. v. A. Kelletat, 1967, S. 313 ff., 386;
    Hs. Bundesjournal (Göttingen, Niedersächs. Staats- u. Univ.bibl., Signatur Cod. Ms. philol., 204k);
    2 Briefe, in: E. Metelmann, Zur Gesch. d. Göttinger Dichterbundes 1772–74, Neudr. 1965.

  • Porträts

    Stich v. J. M. Bernigeroth (1765) nach e. Gem. v. G. Sporleder (Wolfenbüttel, Hzg.-August-Bibl.);
    Stich v. S. G. Kütner (1775) nach e. Gem. v. J. H. Tischbeind. Ä. (ebd.).

  • Autor/in

    Rudolf W. Keck
  • Zitierweise

    Keck, Rudolf W., "Miller, Johann Peter" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 513-514 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117577979.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Miller: Johann Peter M., lutherischer Theolog und Pädagog des 18. Jahrhunderts, geb. den 26. April 1725 zu Leipheim bei Ulm, den 29. Mai 1789 in Göttingen. — Nachdem er den ersten Unterricht von seinem Vater Johann Michael Miller, Prediger in Leipheim, später in Ulm ( 1747, s. Weyermann, Neue Nachrichten von Ulmischen Gel. S. 332) erhalten, besuchte er das Ulmer Gymnasium, an welchem damals sein gleichnamiger Onkel J. P. Miller (geb. 1705, 1781), ein ausgezeichneter Philolog, Historiker und Pädagog die Stelle eines Subrectors bekleidete. Nach Vollendung der Gymnasialstudien bezog er, 20 Jahre alt, die Universität Helmstädt, wo er 1745—1747 Philologie, Philosophie und Theologie studirte und besonders an den Theologen J. L. von Mosheim sich anschloß. Mit diesem ging er 1747 als Hauslehrer seiner jüngeren Kinder nach Göttingen, wurde hier 1748 Magister, 1751 als Rector an die Schule zu Helmstädt, 1756 aber in gleicher Eigenschaft an das Gymnasium zu Halle berufen. Nachdem er hier 10 Jahre lang im Segen gewirkt, folgte er 1766 einem Ruf als ordentlicher Professor der Theologie an die Universität Göttingen, wo er (unter Ablehnung eines an ihn ergangenen ehrenvollen Rufes zum Oberconsistorialrath und Director des Grauen Klosters in Berlin) 23 Jahre lang mit großem Beifall und Erfolg wirkte, bis er am 26. Mai 1789 auf dem Katheder inmitten seiner Schüler vom Schlage getroffen wurde, der seinem Leben nach wenig Tagen ein Ende machte. Seine Vorlesungen umfaßten Dogmatik, Moral, Polemik, Pastoraltheologie, Einleitung in die theologische Litteratur, theilweise auch Erklärung des Neuen Testamentes; auch leitete er katechetische Uebungen der Studirenden im Göttinger Waisenhaus, um dessen Verwaltung er sich als geübter Pädagog und aufrichtiger Kinder- und Armenfreund große Verdienste erwarb. Auch seine fruchtbare und umfassende litterarische Thätigkeit bewegte sich meist auf denselben Gebieten. — Als pädagogischer Schriftsteller machte er sich verdient durch seine „Chrestomathia latina“, die in den Jahren 1755—80 sechs Auflagen erlebte; ferner durch seine gern gelesenen „Historisch-moralischen Schilderungen", 1753—64, 2. Aufl. 1781—89 in 5 Theilen; durch seine „Erbaulichen Erzählungen der biblischen Geschichten“, 1759—85 in 4 Auflagen erschienen und ins Schwedische und Finnische übersetzt; endlich durch seine „Grundsätze der Erziehungskunst“, Göttingen 1769 und 1771, wie er denn auch zu den Ersten gehörte, welche Vorlesungen über Pädagogik an einer deutschen Universität gehalten haben. — Unter seinen theologischen Schriften sind es besonders seine Arbeiten auf dem Gebiete der Moral, durch die er sich einen Namen gemacht hat: und zwar zuerst seine Fortsetzung von Mosheim's Sittenlehre der h. Schrift, Theil 6—9, 1762—70; dann sein Auszug aus allen neun Theilen der Mosheim’schen Sittenlehre, 1763 und 77, auch ins Schwedische, Dänische, Holländische übersetzt; seine „Einleitung in die Moral“, 1772, „Lehrbuch der Moral“, 1774 und viele kleinere Abhandlungen über verschiedene ethische Fragen und Begriffe. Im Vergleich mit Mosheim hat er mehr gelehrtes Beiwerk, steht aber an Originalität wie an Formvollendung hinter ihm zurück. Aber auch Lehrbücher der Dogmatik, der Polemik, Anweisungen zur Wohlredenheit, zur Katechisirkunst, zur theologischen Bücherkunde, Kirchengeschichtliches, Schriften über Armenwesen und Mission ("De eo, quod circa curam pauperum observandum est“, 1749, „De missionibus pie sapienterque regundis“, 1787) hat der fleißige und vielseitig interessirte Mann geschrieben, hat eine Sammlung von kleineren Schriften und Reden Mosheim's besorgt, hat mit seinem Collegen Leß ein Gesangbuch herausgegeben (1779) und Beiträge zu verschiedenen Zeitschriften geliefert. Miller's theologischer Standpunkt ist der einer moderirten, toleranten, theilweise schon stark zum Latitudinarismus und Rationalismus sich neigenden Orthodoxie; er selbst will orthodox sein in der Ethik wie in der Dogmatik (vgl. seine Schrift „De orthodoxia cum dogmatica tum ethica conjungenda“, 1766); aber er erklärt offen, auch ein heterodoxer Theolog könne dennoch ein guter gläubiger Christ sein; denn der Sinn des Evangeliums sei sanftmüthig und nachsichtig; die dogmatische Lehrform könne nicht unveränderlich sein, jedes Menschenalter fordere ein neues System. Ja er ging in seiner Toleranz und Humanität soweit, daß er in seiner Moral die häufige Anwendung der Todesstrafe nicht billigte, in seiner Dogmatik aber sich offen zu der Ansicht bekannte, daß tugendhafte Heiden, wie Sokrates, Epictet, Antonin etc. „wohl schwerlich ewig verdammt sein können“. Aber nicht blos in der Wissenschaft, sondern auch in seinem Leben bethätigte er seinen milden und duldsamen, liberalen und liebenswürdigen Sinn (vgl. seine Rede „De theologo amabili“ 1768), war überall zum Rathen, Helfen und Wohlthun bereit, ein treuer und uneigennütziger College (wie er denn z. B. selbst kinderlos, eine ihm zugedachte Gehaltserhöhung einem kinderreichen Collegen zuwandte, seine Honorarien der Wittwenkasse schenkte etc.), ein echter Studentenvater und „Candidatenmakler“, wie man ihn nannte, freigebig gegen Arme und Armenanstalten, denen er auch testamentarisch einen Theil seines Vermögens zuwandte.

    • Literatur

      Vgl. über sein Leben Weyermann, Nachrichten von Ulmischen Gelehrten, Ulm 1798, S. 404 ff.; Hirsching, Hist.-lit. Handbuch V, 17 ff.; H. Döring, Gel. Theol. II, 536 ff.; Meusel's Lexikon IX, 178 ff.; Pütter-Salfeld, Göttinger Gel.-Geschichte II, 118 ff.; III, 61 (wo auch ein vollständiges Verzeichniß seiner 63 Schriften und Programme). Ueber seinen theologischen Standpunkt vgl. Gaß, Gesch. der prot. Dogmatik IV, 183; G. Frank, Gesch. der prot. Theol. III, 119; über seine Moral Wuttke, Ethik I, 238; über seine Verdienste um die Pastoraltheologie Palmer in der theol. Real.-Enc. XI, 178 ff.

  • Autor/in

    Wagenmann.
  • Zitierweise

    Wagenmann, Julius August, "Miller, Johann Peter" in: Allgemeine Deutsche Biographie 21 (1885), S. 749-750 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117577979.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA