Lebensdaten
1796 – 1885
Geburtsort
Übigau bei Torgau
Sterbeort
New York
Beruf/Funktion
Ägyptologe ; Orientalist ; lutherischer Theologe
Konfession
-
Normdaten
GND: 117459666 | OGND | VIAF: 39713963
Namensvarianten
  • Seyffarth, Gustav
  • Seyffahrt, Gustav
  • Seyffart, Gustav
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Zitierweise

Seyffarth, Gustav, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117459666.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Traugott August (1762/63–1831, aus Sitzenroda b. T., Dr. theol., ev. Pfarrer in Ü., 1797 Sup. in Liebenwerda, 1809 in Stöntzsch u. Herzberg, 1812 in Belzig, 1822 in Freiberg (s. Hamberger-Meusel; NND IX, 1833), S d. N. N., Pfarrer in Sitzenroda, Oberpfarrer in Belgern;
    M Johanna Dorothea Hertel.

  • Biographie

    Nach dem Besuch der Fürstenschule St. Afra in Meißen studierte S. Theologie und klass. Philologie an der Univ. Leipzig, wo er 1823 mit einer gräzistischen Dissertation („De sonis literarum graecarum tum genuis tum adoptivis“) promoviert wurde. 1825 erhielt S. in Leipzig eine ao. Professur für Philosophie und 1830 eine Nominalprofessur für Archäologie, die er bis 1855 innehatte. Nach seiner Emeritierung wanderte er in die USA aus, wo er für drei Jahre in St. Louis am Concordia College biblische und historische Fächer unterrichtete, bevor er sich 1859 als Privatgelehrter nach New York zurückzog; dort arbeitete er an der Astor Library, predigte in Yorksville und war Mitbegründer eines theol. Seminars in Donsville. Im amerik. Sezessionskrieg bezog S. entschieden Stellung gegen die Sklaverei.

    Mit S. und seinem Lehrer Friedrich August Wilhelm Spohn (1792–1824), seit 1819 Prof. für griech. und röm. Literatur in Leipzig, sind die Anfänge der dt. Ägyptologie als akademischer Disziplin verbunden. Spohn befaßte sich intensiv mit dem Studium des Koptischen sowie mit der Entschlüsselung des Ägyptischen. Sein fast vollendet hinterlassenes Manuskript „De lingua et literis veterum Aegyptiorum“ wurde 1825/31 postum von S. herausgegeben. Wie Spohn war auch S. ein erbitterter Gegner von Jean-François Champollion (1790–1832), dem 1822 die Entzifferung der Hieroglyphen gelungen war. S.s Leben stand im Zeichen unausgesetzter Polemik, insbesondere gegenüber den Befürwortern des Champollion’schen Entzifferungsansatzes. Nach S. war das Demotische die älteste Form der ägypt. Schrift, das Hieratische und das Hieroglyphische dagegen spätere, aus dem Demotischen entwickelte Schriftformen, wogegen Champollion zu Recht die umgekehrte Reihenfolge rekonstruiert hatte. Sowohl S. wie auch Champollion waren vom phonetischen Silbencharakter der Hieroglyphen überzeugt. Zwar übernahm S. Champollions Erkenntnis, daß das Ägyptische Einkonsonantenzeichen besitzt, leugnete aber das Vorhandensein von Ideogrammen und Determinativen, wodurch er sich zunehmend innerhalb der wissenschaftlichen Welt isolierte. Im Gegensatz zu Champollion ließ S. ausschließlich die sog. Silbenzeichen, also Mehrkonsonantenzeichen, gelten. S.s Entdeckung der Mehrkonsonantenzeichen, die zusammen mit den Einkonsonantenzeichen, den Wortzeichen (Logogrammen) und den Deutzeichen (Determinativen) das Gerüst des komplexen ägypt. Schriftsystems bilden, blieb unbeachtet und|wurde unabhängig von S. erst von Karl Richard Lepsius (1810–84), dem Vollender des Champollion’schen Entzifferungssystems, noch einmal gemacht. Als S. 1855 nach einer Anzahl kleinerer Streitschriften in zwei Büchern erstmals eine systematische Darstellung seiner Lehren publizierte (Grammatica Aegyptiaca, Erste Anleitung zum Uebersetzen aegyptischer Literaturwerke; Theologische Schriften der alten Aegypter nach dem Turiner Papyrus zum erstenmal übersetzt), war die Entwicklung längst über ihn hinweggegangen.

    Während seiner Leipziger Zeit entfaltete S. eine vielseitige Lehrtätigkeit, so hielt er u. a. im Sommersemester 1825 unter dem Titel „Elementa linguae aegyptiacae tum recentioris tum veteris“ die erste ägyptologische Vorlesung. 1826–28 besuchte S. die damals wichtigsten ägypt. Sammlungen in Europa (Berlin, München, Turin, Mailand, Verona, Livorno, Rom, Neapel, Paris, London u. Leyden) und fertigte dabei ca. 10 000 Abschriften ägypt. und kopt. Texte, v. a. Papyri, an, ein immenses Material, das als „Bibliotheca Aegyptiaca Manuscripta“ (New York) 14 Foliobände füllt. Auf dieser Studienreise gelang es S., den Turiner Königspapyrus fast vollständig aus vielen Fragmenten zusammenzusetzen. 1841 hielt S. erstmals in Deutschland an der Leipziger Univ. eine Vorlesung über „Allgemeine Religionsgeschichte“. 1846 wurde er als Gründungsmitglied in die kgl. Sächs. Gesellschaft der Wissenschaften berufen.

    Bleibendes Andenken gebührt S. als Begründer der Leipziger ägypt. Universitätssammlung. So konnte er 1842 die sächs. Regierung zum Ankauf des anthropoiden Holzsarges des Hedbastiru bewegen, als Grundstock für das künftige Leipziger ägypt. Universitätsmuseum. Als S. 1846/47 und 1851/53 das Leipziger archäol. Museum kommissarisch verwaltete, betrieb er eine systematische Erwerbungspolitik zugunsten ägypt. Altertümer und legte das erste Inventar der Antikensammlung an.

  • Werke

    Weitere W u. a. De Hieroglyphica Aegyptiorum scriptura, 1825;
    Rudimenta hieroglyphica, 1826;
    Brevis defensio hieroglyphices inventae a Fr. Aug. Guil. Spohn et G. S., 1827;
    Thesaurus Copticus, 1829;
    Unumstößl. Beweis, daß im J. 3446 v. Chr. d. Sündfluth geendet u. d. Alphabet aller Völker entstanden sei, Ein Btr. z. wahren Zeitrechnung u. Kulturgesch., 1839;
    – The Literary Life of Gustavus S., New York 1886 (Autobiogr.);
    Nachlaß:
    Leipzig, UB;
    New York, The Brooklyn Mus.

  • Literatur

    K. Knortz, G. S., Eine biogr. Skizze, 1886;
    G. Ebers, G. S., sein Leben u. d. Versuch e. gerechten Würdigung seiner Thätigkeit auf d. Gebiet d. Ägyptologie, in: Zs. d. Dt. Morgenländ. Ges. 41, 1887, S. 193–231;
    R. Krauspe, Ägypt. Mus. d. Karl-Marx-Univ. Leipzig, 1976, ³1987 (P);
    E. Blumenthal, Ägyptologie in Leipzig bis z. zweiten Weltkrieg, in: Progressive Traditionen d. Orientalistik an d. Univ. Leipzig, Wiss. Zs. d. Karl-Marx-Univ. Leipzig 28, Ges.- u. Sprachwiss. R., H. 1, 1979, S. 119–21;
    dies., Altes Ägypten in Leipzig, Zur Gesch. d. Ägypt. Mus. u. d. Ägyptol. Inst. an d. Univ. Leipzig, 1981, S. 3–7;
    A. Grimm, Zimmer mit Aussicht oder Wir entziffern nicht mehr, wir lesen, Eine wiss.geschichtl. Collage z. Entzifferungsgeschichte der Hieroglyphen 1800–1850, in: Kon-Texte, Akten d. Symposions „Spurensuche – Altägypten im Spiegel seiner Texte“, München 2.-4. 5. 2003, hg. v. G. Burkard u. a., 2004, S. 7–36;
    ders., Im Banne der Hieroglyphen oder Auf der Suche nach d. verlorenen Sprache, Friedrich v. Schlichtegroll u. d. Slg. ägypt. Altertümer d. Kgl. Bayer. Ak. d. Wiss. zu München, in: R.A.M.S.E.S. 4, 2008, S. 54;
    Appletons' Cyclopaedia of American Biogr., 1888/89;
    O. F. Adams, A Dict. of American Authors, 1897;
    J. Ch. Roseland, American Lutheran Biographies, 1903;
    Herringshaw's National Library of American Biogr., 1909–14;
    DAB;
    W. R. Dawson, E. P. Uphill u. M. L. Bierbrier, Who Was Who in Egyptology, ³1995.

  • Porträts

    Öl/Lwd. v. G. A. Hennig, 1837 (Leipzig, Slgg. d. Univ.), Abb. in: Krauspe, Ägypt. Mus. (s. L), S. 2.

  • Autor/in

    Alfred Grimm
  • Zitierweise

    Grimm, Alfred, "Seyffarth, Gustav" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 296-297 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117459666.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA