Lebensdaten
1580 – 1637
Geburtsort
Heiligenstadt (Thüringen)
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Reichsvizekanzler ; Reichshofratsvizepräsident ; kaiserlicher Geheimer Rat
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 11730638X | OGND | VIAF: 49999642
Namensvarianten
  • Stralendorf, Peter Heinrich Freiherr von
  • Strahlendorff, Peter Heinrich Freiherr von
  • Stralendorff, Peter Heinrich Freiherr von
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Zitierweise

Stralendorff, Peter Heinrich Freiherr von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11730638X.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus seit d. 13. Jh. nachweisbarer meckl. Adelsfam.;
    V Leopold (Lippold) (1540/45–1623, Frhr. 1607 mit Aufnahme in d. böhm Herrenstand, luth., seit 1572/73 kath.), studierte Jura, 1562 in Rostock immatrikuliert, Reichsvizekanzler, seit 1574 in H. ansässig, 1600 Amtmann in Prozelten/Main, 1603–10 ksl. Geh. Rat, 1607 Reichsvizekanzler (s. ADB 36; Biogr. Lex. Meckl. IV), S d. Ulrich v. S. (1506–76, Grundbes. in Goldebee u. Neu Peensberg, u. d. Metta v. Oertzen ( v. 1550);
    M Margaretha († 1613), T d. Peter v. Dernbach gen. Graul (luth.), nassau. Burgmann in Herborn, später Gefolgsmann d. Lgf. Philipp I. v. Hessen, u. d. Clara Klauer v. u. zu Wohra;
    Om Balthasar v. Dernbach (Dermbach) OSB (um 1547–1606, Fürstabt v. Fulda, Melchior v. Dernbach (s. ADB II; BBKL I), fuld. Hofmarschall, ksl. Rat, Amtmann zu Brückenau u. Rockenstuhl (beide s. NDB 20*); jüngere Geschw u. a. B Wolfgang Leopold ( v. 1638), ksl. Kammerherr, S.s Erbe, 2 Schw; – ledig;
    N Ferdinand Leopold († 1649), Peter Ulrich († 1649).

  • Biographie

    S. wurde 1605 zum Reichshofrat am Wiener Hof bestallt, wo bereits sein Vater als geschätzter Ratgeber Ks. Rudolfs II. dem Geheimen Rat angehörte. Hier war S. mit Gesandtschaften und mit der Politik gegenüber den Kurfürsten befaßt. Erst Ferdinand II., noch als König von Böhmen, übertrug ihm Aufgaben, die über das normale Arbeitsfeld eines Reichshofrats deutlich hinausgingen. Seit 1618/19 gestaltete S. maßgeblich die Beziehungen zu Kursachsen. Im böhm.-pfälz. Konflikt betraute ihn Ferdinand II. mit rechtlichen Fragen v. a. der Reichsacht, ferner mit der Übertragung der Kurwürde auf Maximilian I. von Bayern. Zunächst verzögerte S. diese, wodurch er den Unwillen des Herzogs auf sich zog, allerdings schrieb S. am 22. 9. 1621 eigenhändig die geheime Belehnungsurkunde, von der am Wiener Hof sonst nur der Beichtvater Martin Becanus (1563–1624) und der Obersthofmeister Johann Ulrich v. Eggenberg (1568–1634) wußten. Ferdinand II. vertraute S. offenbar bereits in hohem Maß. Dieser blieb in den pfälz.-bayer. Angelegenheiten der führende Berater, sowohl bei der öffentlichen Kurbelehnung 1623 wie bei der schrittweisen Integration Maximilians I. in das Kurkolleg bis 1627.

    Ferdinand II. honorierte S.s Bedeutung für die ksl. Reichspolitik mit den Ernennungen zum Vizepräsidenten des Reichshofrats (1620), zum Geheimen Rat und zum Reichsvizekanzler (25. 9. 1627). In diesem Amt, dessen Geschäfte er schon seit 1623 führte, hielt S. die Fäden der Reichspolitik in der Hand, die sich seit Mitte der 1620er Jahre auf die Aktionen Wallensteins und den norddt. Raum konzentrierte. S. unterstützte Wallenstein bei dessen Belehnung mit Mecklenburg gegen den Widerstand Maximilians I. und anderer Reichsfürsten. Jedoch trat dadurch keine Entfremdung ein, da der Realpolitiker S. in der Ausgestaltung des Restitutionsedikts und in der Mantuanischen Politik bereitwillig Anregungen aus München aufnahm. Beim Regensburger Kurfürstentag 1630 vermittelte er verhandlungs- und federführend zwischen dem Kaiser und den kath. Kurfürsten, schlug aber auch eine Brücke zu Kursachsen. S. trat dafür ein, nach Wallenstein den bayer. Kurfürsten mit dem ksl. Generalat zu beauftragen, wozu es jedoch nicht kam. In der Notlage 1632 befürwortete er die Wiederberufung Wallensteins. Nach dessen Tod erstellte der treue Diener Habsburgs die unter dem Titel „Staatschrift“ seit Okt. 1634 verbreitete politisch heikle Dokumentation. Diese sollte das Handeln des Kaisers rechtfertigen, indem sie Wallenstein als Rebellen brandmarkte. Zu dieser Zeit führte S. bereits intensive Gespräche, um einen allgemeinen Frieden vorzubereiten, seit 1633 in einer dichten Korrespondenz mit Lgf. Georg von Hessen-Darmstadt, später mit Kursachsen. Den Krieg zu beenden, war S. ein persönliches Anliegen, für das er auch konfessionspolitische Positionen preisgab. Bei den Beratungen zum Prager Frieden bewährte er sich, obwohl durch Gicht beeinträchtigt, als bestinformierter, umsichtiger Verhandlungsführer. Den Friedensvertrag unterzeichnete und verlas er 1635 selbst „cum applausu et summa admiratione“. Ferdinand III. bestätigte ihn am 24. 3. 1637 in seinen Ämtern.

    S. repräsentiert den Typus des „Zweiten Mannes“ an der Seite eines Herrschers, der die Politik in Beratung und Ausführung nicht nur gestaltete, sondern auch lenkte. Er ist nicht einer bayer. „Faktion“ zuzurechnen, wie älteren Meinungen folgend noch Golo Mann meinte, und er war auch nicht Gefolgsmann Wallensteins. Vielmehr wurde er als kompetenter, einflußreicher Ansprechpartner sowohl von Maximilian I. wie von Wallenstein geschätzt. Die Verbindung zum Münchner Hof war besonders eng, aber nicht reibungsfrei. S. vertrat unbeirrt das Interesse des Kaiserhofs, an dem er von 1621 bis zu seinem Tod die Schlüsselfigur der Reichspolitik war. Ferdinand II. belohnte seine Dienste mit Ämtern und Besitz in Böhmen, Mähren und in Hessen-Darmstadt. S.s Erbe fiel, da er kinderlos verstarb, an seinen Bruder. Mit dem Tod von dessen beiden Söhnen erlosch 1649 die Linie Goldebee-Gamehl der S.

  • Quellen

    H. Hallwich, Briefe u. Akten z. Gesch. Wallensteins 1630-[1634], 1912; Briefe u. Akten z. Gesch. d. Dreißigj. Krieges, NF I/1–II/10, 1966–97; Documenta Bohemica Bellum Tricennale Illustrantia II–V, 1972–77.

  • Literatur

    ADB 36;
    H. Hallwich, Fünf Bücher Gesch. Wallensteins, 1910;
    L. Gross, Die Gesch. d. dt. Reichshofkanzlei v. 1559 bis 1806, 1933;
    O. v. Gschließer, Der Reichshofrat, 1942;
    H. F. Schwarz, The Imperial Privy Council in the Seventeenth Century, 1943;
    G. Mann, Wallenstein, 1971;
    D. Albrecht, Maximilian I. v. Bayern 1573–1651, 1998;
    E. Ortlieb, Im Auftrag d. Kaisers, Die ksl. Kommissionen d. Reichshofrats u. d. Regelung v. Konflikten im Alten Reich (1637–1657), 2001;
    A. Jendorff, Verwandte, Teilhaber u. Dienstleute, Herrschaftl. Funktionsträger im Erzstift Mainz 1514–1647, 2003;
    Th. Brockmann, Dynastie, Ks.amt u. Konfession, Politik u. Ordnungsvorstellungen Ferdinands II. im Dreißigj. Krieg, 2011;
    B. Opfermann, Gestalten d. Eichsfeldes, 1999;
    H. Th. Gräf, in: Biogr. Lex. Mecklenburg IV, 2004, S. 273–76 (Qu, L, P); – zur Fam.:
    F. Stuhr, Stammtafeln d. Geschl. v. S., 1917.

  • Porträts

    Kupf. in: F. Ch. Khevenhüller, Conterfet Kupfferstich (…) deren jenigen vornehmen Ministren u. Hohen Officieren (…), 1722, S. 102, u. Biogr. Lex. Mecklenburg IV, S. 273.

  • Autor/in

    Maximilian Lanzinner
  • Zitierweise

    Lanzinner, Maximilian, "Stralendorff, Peter Heinrich Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 469-470 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11730638X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA