Lebensdaten
1852 – 1928
Geburtsort
Blankenhain bei Weimar
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Pressereferent im Auswärtigen Amt
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116440708 | OGND | VIAF: 52441783
Namensvarianten
  • Hammann, Otto
  • Hammann, O.

Porträt(nachweise)

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Zitierweise

Hammann, Otto, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116440708.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Eduard, Fabrikbes. in Wallendorf/Thür.;
    M Luise Theuß;
    Urur-Gvv Joh. Wolfg. Hammann, Begründer d. Porzellanfabrik Wallendorf 1764, Gotthelf Greiner ( 1797), Glas- u. Porzellanfabr. (s. NDB VII);
    - 1) 1879 Erna v. Bönninghausen, 2) 1904 Lucie Genelli;
    5 K aus 1).

  • Biographie

    Nach dem juristischen Studium in Leipzig, Heidelberg und Jena (Dr. iur. 1875) wurde H. Referendar in Weimar, wandte sich aber bald|der freien Schriftstellerei zu. Er begann mit belletristischen Aufsätzen, nicht ohne lyrisches Talent, das er auf seinen früh verstorbenen Sohn vererbte. Seit den 80er Jahren widmete sich H. ausschließlich der politischen Publizistik. Er schrieb Artikel für ausländische Zeitungen, leitete vorübergehend eine offizielle Korrespondenz und arbeitete in der Redaktion eines kurzlebigen konservativen Organs, des Deutschen Tageblattes, mit. Bismarck blieb er auch nach der Entlassung treu, nahm aber auch die Verbindung mit der Wilhelmstraße auf. 1892 wurde Reichskanzler von Caprivi auf seine Begabung aufmerksam, 1893 übertrug er H. den Posten des Pressereferenten im Auswärtigen Amt. 24 Jahre leitete H. als Ministerialdirektor die Presseabteilung im Auswärtigen Amt. Gleichzeitig war er persönlicher Pressereferent des jeweiligen Reichskanzlers.

    Die amtliche Pressepolitik bestand damals darin, den offiziellen Standpunkt in Zeitungen des In- und Auslandes zur Geltung zu bringen, beziehungsweise die Presse in geeigneter Form zu informieren. Es hing von den Regierungsstellen ab, wie weit sie das Bedürfnis empfanden, die Öffentlichkeit zu unterrichten. Im allgemeinen neigte der Obrigkeitsstaat dazu, den Journalisten zu mißtrauen und den Einfluß der Presse zu unterschätzen. Damals war der Apparat noch sehr schwerfällig und der deutsche Weltnachrichtendienst rückständig. Großbritannien und Frankreich waren in dieser Hinsicht weit überlegen. Bestechungen in- und ausländischer Presseorgane galten in Deutschland als unehrenhaft. Die im Ausland verbreitete Meinung, daß die kaiserliche Regierung durchaus in der Lage gewesen wäre, die Presse nach ihrem Belieben zu dirigieren, beruhte auf einem Irrtum. Ihr Einfluß erstreckte sich nur auf offizielle und halboffizielle Organe. Im übrigen bestand völlige Pressefreiheit. Es wurde mit Kritik an der inneren und auswärtigen Politik nicht gespart. Nationalistische Pressehetze hat dem Auswärtigen Amt genausoviel Sorge bereitet wie Regierungen anderer Mächte.

    Die Bewegungsfreiheit von H. war nur beschränkt. Es hing von dem jeweiligen Reichskanzler oder von dem Staatssekretär des Auswärtigen ab, wie weit er über ausreichende Informationen verfügte und eigene Initiative entfalten konnte. Es war seine Aufgabe, solche Informationen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Pressekonferenzen waren damals noch unbekannt; sie kamen erst im Kriege auf. H. arbeitete mit einigen der angesehensten Journalisten wie mit Huhn von der „Kölnischen Zeitung“ und mit Stein von der „Frankfurter Zeitung“ zusammen. Es gehörte auch zu seinen Verpflichtungen, die in- und ausländische Presse genau zu verfolgen und der Regierung die notwendigen Unterlagen zu geben. Auch bei der Formulierung der Parlamentsreden der Reichskanzler wirkte er mit.

    H. besaß das Vertrauen der drei Reichskanzler, unter denen er gearbeitet hat. Am erfolgreichsten war seine Tätigkeit zur Zeit des Fürsten Bülow, da sich dieser am intensivsten mit der öffentlichen Meinung und ihrer Beeinflussung befaßte. Bülow verstand etwas von Regie, allerdings kam es ihm besonders darauf an, die eigene Person in ein helles Licht zu bringen. Mit Holstein stand sich H. anfänglich gut, da ihn dieser laufend über den Gang der auswärtigen Politik ins Bild setzte. Während der ersten Marokkokrise geriet H. jedoch in einen ernsten Konflikt mit Holstein, als er sich weigerte, einen scharfen Artikel in der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung zu bringen. Holstein, der ihn seitdem mit Haß verfolgte, hätte am liebsten das Pressereferat unter seinen persönlichen Einfluß gebracht. Unter Bülows Nachfolger, Bethmann Hollweg, gestaltete sich die Zusammenarbeit weniger glücklich. H. schätzte Bethmann als Menschen hoch ein, aber er beklagte es, daß der Informationsdienst des Auswärtigen Amtes in Verfall geriet. Bethmann hatte kein Interesse an einer unmittelbaren Wirkung auf die Öffentlichkeit. Auch der Staatssekretär des Auswärtigen, von Kiderlen-Wächter, hielt nicht viel von der Presse. Zu seinem eigenen Schaden informierte er die Öffentlichkeit während der zweiten Marokkokrise von 1911 nur sehr mangelhaft. Sehr lästig wurde für H. die zielstrebige Propaganda, die vom Reichsmarineamt ausging. Tirpitz hatte sich einen eigenen Informationsdienst aufgebaut. Nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges versiegten viele Informationsquellen des Auslandes, besonders in Übersee. Die Zensur wurde von den Generalkommandos ausgeübt, die vom Pressewesen nur wenig oder gar nichts verstanden. H. hat sich anfänglich mit einer kleinen Gruppe ausgesuchter Mitarbeiter noch eine gewisse Unabhängigkeit zu wahren gewußt. 1916 schied er jedoch aus, da er kaum noch Informationen erhielt. Das Kriegspresseamt geriet völlig unter die Kontrolle der Obersten Heeresleitung.

    Im Rahmen des Möglichen ist H. seiner Aufgabe gerecht geworden. Er war nicht ohne Ehrgeiz, aber bei seinem anständigen Charakter hielt er sich von Intrigen fern. Er hatte historisches Verständnis, Menschenkenntnis und politisches Fingerspitzengefühl. H. vertrat stets abgewogene, gemäßigte Ansichten.

    Nach dem Kriege wurde er durch Veröffentlichungen zur Zeitgeschichte weiteren Kreisen bekannt. Sie standen im Zeichen der Kriegsschuldfrage. H. bemühte sich um den Nachweis, daß die deutsche Regierung niemals ernstlich an einen Eroberungskrieg gedacht habe. Besonders unterstrich er die Friedensliebe des Kaisers, obwohl er ihm sonst sehr kritisch gegenüberstand. Er leugnete dabei nicht die schweren Fehler und Versäumnisse, deren sich nach seiner Überzeugung die deutsche Außenpolitik schuldig gemacht hatte. Die Flottenpolitik hielt er für durchaus falsch. Seine Darstellung ist in mancher Hinsicht durch neuere Forschungsergebnisse überholt. Sie verdient aber auch heute noch Beachtung, da H. in interne Vorgänge eingeweiht war. Er führt auch häufig wichtige Pressestimmen an, die nicht überhört werden dürfen. Die Würdigungen der Staatsmänner seiner Zeit, wie zum Beispiel Bethmann Hollwegs und Holsteins, gehören, noch immer zu den besten, die wir besitzen. Immer ist er bestrebt, gerecht und objektiv zu urteilen.|

  • Auszeichnungen

    WGR.

  • Werke

    W u. a. Erinnerungen I, Der neue Kurs, 1918, II, Zur Vorgesch. d. Weltkrieges, 1918, III, Um den Kaiser, 1919;
    Der mißverstandene Bismarck, 1921;
    Bilder aus d. letzten Kaiserzeit, 1922;
    Dt. Weltpol. 1890-1912, 1925.

  • Literatur

    E. Zechlin, in: Voss. Ztg., Nr. 20 v. 31.1.1927;
    F. Heilbron, in: Neue Zürcher Ztg. v. 19.6.1928;
    ders., in: DBJ X, S. 93-108 (W, u. Tl. 1928, L);
    W. Eser, in: Hdb. d. Ztg.wiss., 1939 ff., Sp. 1586-91;
    W. Vogel, Die Organisation d. amtl. Presse- u. Propagandapol. d. dt. Reiches v. d. Anfängen unter Bismarck bis z. Beginn d. J. 1933, = Sonder-H. 8/9 d. Ztg.wiss. 16, 1941 (L).

  • Autor/in

    Otto Graf zu Stolberg-Wernigerode
  • Zitierweise

    Stolberg-Wernigerode, Otto Graf zu, "Hammann, Otto" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 589-591 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116440708.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA