Lebensdaten
1732 – 1800
Geburtsort
Nortorf (Kreis Steinburg, Holstein)
Sterbeort
Kiel
Beruf/Funktion
Pädagoge ; Philosoph ; Professor in Kiel
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116379375 | OGND | VIAF: 15518437
Namensvarianten
  • Ehlers, Martin
  • Ehlers, Martinus

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Ehlers, Martin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116379375.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Delff (1705–70);
    M Gesa Leverent ( 1760);
    Wilster 9.4.1760 Helene Marg., T des Archidiakonus Wilh. Eckhoff in Wilster;
    1 S, 4 T u. a. Henriette (1782-1857, Anton Thibaut, 1772-1840 o. Prof. f. Röm. Recht in K., s. ADB 37).

  • Biographie

    Erst mit 19 Jahren fing E. an, Latein zu lernen. Er betrieb an der Universität Göttingen philologische, philosophische und theologische Studien, studierte 6 Sprachen und wurde als Schüler J. M. Gesners ein zeitlebens begeisterter Verehrer der alten Sprachen. Durch ihn kam er mit den Anfängen des Neuhumanismus in Berührung, was ihn später vom|Aufklärungsutilitarismus J. B. Basedows und seines „Philanthropinum“ trotz mancher Berührungen unterscheiden sollte. 1760 wurde er Rektor an der Lateinschule in Segeberg (Holstein). Hier entstand seine pädagogische Hauptschrift „Gedanken von den zur Verbesserung der Schulen notwendigen Erfordernissen“ (Altona und Lübeck 1766). 1768-71 war er Rektor am Gymnasium in Oldenburg (Holstein), wo er die in methodischer Hinsicht bedeutsame Schrift „Gedanken vom Vokabellernen beim Unterricht in Sprachen“ (Altona 1770) herausgab. Er, der von sich sagte, daß er „gar kein Wortgedächtnis“ habe und „doch, ohne auch nur einen erträglich guten Unterricht zu haben, und unter erschwerenden Umständen jede Sprache mit Lust und Eifer“ lernte, wird zum berufenen Methodiker der alten und neuen Sprachen, mit einem echt ganzheitlichen Verfahren, der „Expliziermethode“, die das Lesen von Texten (zum Beispiel der Bibel) voranstellt und erst daran Grammatisches und Sachliches explizieren läßt. 1771-76 Rektor am Gymnasium in Altona, trat er mit Klopstock, H. Voß und M. Claudius in enge Verbindung. Nachdem er Berufungen nach Petersburg, Weimar, Stralsund nicht gefolgt war und kurz zuvor in Göttingen den Dr. phil. erworben hatte, wurde er 1776 ordentlicher Professor der Philosophie in Kiel. Hier lehrte er neben J. N. Tetens und C. L. Reinhold bis zu seinem Tod. J. H. Campe, J. J. Hecker und Basedow steht er nahe, ohne daß man seine große und warmherzige Erzieherpersönlichkeit mit der bequemen Formel des eklektischen Aufklärers abtun kann. In der Forderung einer vertieften Lehrerbildung geht er wie Hecker von pietistischen Gedanken aus. Ähnlich wie Basedow fordert er „Schulmeisterseminare“, sogar mit Handfertigkeitsunterricht und Übungsschule. Im Gegensatz zu den Pietisten tritt er für musikalische und Kunsterziehung und für die Bedeutung des Spiels ein. Auch in den philosophischen Schriften steht hinter dem oberflächlichen Schein des Eklektizismus eine Wirklichkeitsauffassung, die über den abstrakten Einseitigkeiten gegensätzlicher Standpunkte die reichere Ganzheit des Wirklichen selbst zur Geltung bringt. So begründet er die Willensfreiheit, indem er den „eigenen Ideengang“ und die damit untrennbar verbundene Tätigkeit mit unter die bedingenden „Umstände“ zählt, wobei „die Ideen just das Wichtigste von den Umständen in sich enthalten“. Damit aber steht er, ähnlich wie Tetens, Kant näher als seine älteren Beurteiler dachten.

  • Werke

    Weitere W Slg. kleiner, das Schul- u. Erziehungswesen betr. Schrr., Flensburg u. Leipzig 1776; Betrachtungen üb. d. Sittlichkeit d. Ver- gnügungen, 2 Bde., ebd. 1778, ²1790;
    Über d. Lehre v. d. menschl. Freiheit u. üb. die Mittel, zu e. hohen Stufe moralischer Freiheit zu gelangen, Dessau 1782; Staatswiss. Aufss., Kiel 1791.

  • Literatur

    ADB V; J. O. Thieß, M. E., 1800;
    F. Kelle, M. E.s päd. Reformbestrebungen, Diss. Leipzig 1907;
    K. Hugelmann, Ein Stammbuch aus d. Kreise Karl Leonh. Reinholds (Jena u. Kiel 1792-95), 1910, S. 21, 43 ff.; Lex. d. jetzt lebenden Schlesw.-Holst. u. Eutin. Schriftsteller, hrsg. v. B. Kordes, Schleswig 1797 (W).

  • Porträts

    Wachsbild v. J. Ch. W. Wunderlich, um 1795 (Kiel, Landesbibl.), Abb. in Schlesw.-Holst. Kunstkal., 1917, S. 27.

  • Autor/in

    Ferdinand Weinhandl
  • Zitierweise

    Weinhandl, Ferdinand, "Ehlers, Martin" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 347-348 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116379375.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Ehlers: Martin E., geb. 6. Jan. 1732 in Nortorf in der Wilstermarsch (Holstein), 9. Jan. 1800, hatte in Kiel studirt, wo er auch die Magisterwürde der Philosophie erwarb, und wurde 1760 Rector der Schule zu Segeberg in Holstein, übernahm dann 1769 die Leitung des Gymnasiums zu Oldenburg, von wo er aber bereits 1771 in gleicher amtlicher Thätigkeit nach Altona umsiedelte, und folgte 1776 einem Rufe an die Universität Kiel als ordentlicher Professor der Philosophie, in welcher Stellung er hauptsächlich durch seine Vorlesungen über Pädagogik erfolgreich bis zu seinem Tode wirkte. Erörterungen über das Erziehungswesen überhaupt waren auch in den ersten zwei Jahrzehnten seiner fruchtbaren Schriftsteller-Laufbahn der überwiegende Gegenstand (eine Aufzählung seiner zahlreichen Schriften findet sich bei Meusel, Lexikon der teutschen Schriftsteller, Bd. III. S. 44 ff.). Er zeigt sich dabei als ein vielseitig gebildeter Schulmann, welcher mit klarem Denken und sittlicher Gesinnung manchen Kampf gegen üblichen Schlendrian führte, seine „Gedanken von den zur Verbesserung der Schulen nothwendigen Erfordernissen" (1766) und „Gedanken von Vokabellernen beym Unterricht in Sprachen“ (1770), sowie seine „Sammlung kleiner das Schul- und Erziehungswesen betreffender Schriften“ (1776) sind bei aller Breite der Darstellung reich an einsichtsvollen Grundsätzen und feinen pädagogischen Beobachtungen. Er schloß sich der neuen durch Basedow begonnenen Strömung an und betheiligte sich in solchem Sinne auch an Campe's Revisionswerke. In dieser Richtung lag für ihn auch die Brücke zu philosophischen Schriften, welche allerdings weniger geeignet sind, ihm auf diesem Gebiete eine hervorragende Bedeutung zu sichern. Er ist eklektischer Aufklärer ohne Tiefe und ohne Schärfe des Denkens, ein gemüthvoller Menschenfreund von sittlich braver Gesinnung und freimüthigem Streben nach Wahrheit, ein umständlicher Moralist, welcher für Verbesserung und hiermit Beglückung der Menschheit schwärmt, ja auch der Philosophie überhaupt nur eben diesen praktischen Zweck setzt. Mit einiger Vorliebe nennt er Wolff, Mendelssohn, Garve, auch Baumgarten, aber an Kant's Schriften geht er geschlossenen Auges vorbei. Sein Hauptwerk „Betrachtungen über die Sittlichkeit der Vergnügungen“ (1779, zweite Aufl. 1790) ist eine oft peinlich breite psychologisch-ethische Casuistik und die Schrift „Von der Freyheit des Menschen“ (1782) beschränkt sich auf die Darlegung der moralischen Vervollkommnung. Der Verwirklichung seines kosmopolitischen Bildungsideals sollten dienen seine „Winke für gute Fürsten, Prinzenerzieher und Volksfreunde“ (2 Bde. 1786 f.), und der lebhafte Antheil, welchen er an dem Wohle und Wehe der Menschheit nahm, veranlaßte ihn auch zur Besprechung populärer Gegenstände, wie besonders im „Schleswig-Holsteinischen gemeinnützigen Handkalender“ (1787—92) oder zu Erörterungen über Geld und Staatsbilanz, über Fabrikwesen, über Preßfreiheit und dergl. In seinen „Staatswissenschaftlichen Aufsätzen“ (1791) zeigt er sich als Anhänger der damaligen gegen das positive Recht spröden Naturrechtslehre und schließt sich unter eklektischer Benutzung stoisch-ciceronischer Anschauungen vielfach an Feder und|auch an Höpfner an; mit philanthropischer Sympathie folgte er den Ereignissen der französischen Revolution und erwartete von der Beseitigung der Despotie und von der politischen Stärkung des dritten Standes eine auf sittlicher Grundlage erwachsende Volksbeglückung. Bezüglich der Religion befand er sich nicht auf dem grundsätzlichen Standpunkte der Aufklärer, sondern verblieb auf dem positiven Boden des lutherischen Bekenntnisses, welches er rationalistisch mit Natur und Vernunft in Einklang zu bringen suchte; ja er war so engherzig confessionell, daß er den Grundsatz der Toleranz gegenüber den Katholiken als schlechterdings unzulässig bezeichnete.

  • Autor/in

    Prantl.
  • Zitierweise

    Prantl, Carl von, "Ehlers, Martin" in: Allgemeine Deutsche Biographie 5 (1877), S. 699-700 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116379375.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA