Lebensdaten
1720 oder 1722 – 1792
Geburtsort
Riga
Sterbeort
Sankt Petersburg
Beruf/Funktion
Oberst ; Wirklicher Geheimer Rat ; Generaldirektor des Reichsmedizinischen Kollegiums ; Theatergründer in Riga
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 138707812 | OGND | VIAF: 90967879
Namensvarianten
  • Vietinghoff genannt Scheel, Otto Hermann von
  • Vietinghoff, Otto Hermann von
  • Vietinghoff genannt Scheel, Otto Hermann von
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Zitierweise

Vietinghoff, Otto Hermann von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd138707812.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Vietinghoff: Otto Hermann v. V., russischer Staatsmann, Begründer des Rigaer Theaters, aus uraltem deutschem Adelsgeschlecht, war in Riga am 3. December 1722 geboren, trat in frühen Jahren in den russischen Militärdienst, kämpfte unter dem Oberbefehl des Feldmarschalls Grafen Lascy in Persien und nahm an den Feldzügen gegen Schweden und Preußen theil. Als Oberst nahm er, 35 Jahre alt, seinen Abschied, verheirathete sich mit der Gräfin Anna Ulrike von Münnich, Großtochter des Feldmarschalls Grafen Münnich, und trat als livländ. Regierungsrath in den Civildienst. Er ließ sich 1756 in Riga nieder und verwaltete von hier aus seinen umfangreichen Landbesitz und trieb seine kaufmännischen|Speculationen, Staatsmann und Geschäftsmann zugleich. V. war nach dem Generalgouverneur die erste Person in der Provinz und stand dank seinem hohen Amt, seinen Familienverbindungen, seinen Beziehungen zum kaiserlichen Hof und seinem großen Reicythum im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens. Fein gebildet, ein Fr-der Künste, an der Seite einer am Petersburger Hof aufgewachsenen durch Luxus verwöhnten Gemahlin, war V. bemüht, in seinem Hause den Künsten und der Geselligkeit eine Stätte zu bieten. Aus eigenen Mitteln unterhielt er ein Orchester von vierundzwanzig Musikern (unter ihnen befanden sich der Geiger Feige, der Cellist Pitscher und der Flötist Adam), und zu den musikalischen Soireen in seinem Hause lud er Adel, Beamtenthum und Vertreter der Bürgerschaft ein. Das größte Verdienst erwarb sich V. durch die Gründung eines ständigen Theaters in Riga. Im J. 1783 schrieb im Hinblick hierauf ein Reisender über Riga: „Was waren die Lieblingsvergnügungen dieser glänzenden Stadt noch vor wenigen Jahren? Fürstliche Schmausereien, die die Geldbörse der reichsten Männer entnervten und wobei nicht selten der denkende Kopf unterlag. Kartenblätter, die Pest der Conversation, lagen auf allen Tischen; wer nicht mitspielte, nicht mit die Zeit verdarb, gehörte in das Fach der Pagoden, und jedes Codille, jedes Solo erhellten die schwarzen Flaschen des Champagners und Burgunders. Kein Wunder, wenn mancher sein Geld und seinen Verstand zugleich verlor.“ — Vietinghoff's Einfluß verfeinerte die Sitten.

    Bis in die sechziger Jahre des 18. Jahrh. schlugen die reisenden Schauspielergesellschaften, die nach Riga verschlagen wurden, in einem Rathsspeicher an der Küterpforte ihr Quartier auf. Auf Vietinghoff's Anregung wurde 1768 ein besonderes Theatergebäude in dürftiger Ausstattung am Paradeplatz eröffnet. Eine Epoche für das Theaterleben Rigas aber bedeutete es, als V. sich mit einem Aufwand von zwöltausend Ducaten ein glänzendes Haus an der Königsstraße erbauen ließ, nach seinen eigenen Worten in der einzigen Absicht: „anständigen Vergnügungen auch ein anständiges Haus zu verschaffen, und die Sachen dergestalt zu arrangieren, daß das Theater, der Ball und die Clubbe auf einen dauerhaften Fuß gesetzt werden könnten". Im Herbst 1782 war der Bau schon soweit gediehen, daß „der große Saal nebst zwei großen und einigen kleinen Zimmern völlig fertig und zu publiquen Divertissements aptirt“ waren. In diesen Räumen wurde das Theater am 15. September 1782 mit Lessing's „Emilia Galotti“ eröffnet. V. führte die Direction auf seinen eigenen Namen; durch Meyrer und Koch hatte er eine tüchtige Schauspielergesellschaft anwerben lassen. Einige Jahre später (December 1787) nahm die Gesellschaft der „Muße“ das ganze Gebäude einschließlich des Theaters von V. in Miethe und überließ es unentgeltlich dem Director Meyrer zu Theatervorstellungen. Was V. begonnen hatte, setzte die Gesellschaft der „Muße“ fort, die 1815 Eigenthümerin des Hauses wurde und volle 75 Jahre, bis 1863, in ihrem Gebäude der darstellenden Kunst eine Freistätte geboten hat. 1787 war V. nach Petersburg übergesiedelt, wo ihn die Kaiserin Katharina II. zum Senateur und Generaldirector des Medicinalcollegiums ernannt hatte. V. starb in St. Petersburg am 24. Juni 1792. Seine Familie war in Riga wohnen geblieben. Unter seinen Kindern hat den Ruhm des Vaters die Tochter Barbara Juliane v. Krüdener in den Schatten gestellt, die Verfasserin der Valerie und Prophetin der heiligen Allianz (s. A. D. B. XVII. 196—212).

    • Literatur

      Eckardt, Die balt. Provinzen Rußlands, S. 299—304. — (R. Büngner), Die Gesellschaft der Muße in Riga 1787—1887. — Rudolph, Rigaer Theater- und Tonkünstler-Lexikon, S. 251.

  • Autor/in

    Ar. Buchholtz.
  • Zitierweise

    Buchholtz, Arend, "Vietinghoff, Otto Hermann von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 39 (1895), S. 684-685 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd138707812.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA