Lebensdaten
um 1253 – 1290
Beruf/Funktion
Herzog von Schlesien-Breslau
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 124928269 | OGND | VIAF: 50712442
Namensvarianten
  • Heinrich IV. von Breslau
  • Heinrich IV. von Schlesien-Breslau
  • Heinrich von Pressela
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Zitierweise

Heinrich IV., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd124928269.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hzg. Heinrich III. v. Sch. ( 1266);
    M Jutta v. Masowien ( n. 1257);
    Vt Hzg. Heinrich V. v. Sch.-B. u. Liegnitz ( 1296, s. NDB VIII), Hzg. Heinrich I. (III.) v. Sch.-Glogau ( 1309, s. NDB VIII);
    - ⚭ Mechthild ( n. 23.6.1290), T d. Mgf. Otto v. Brandenburg ( n. 1290); kinderlos.

  • Biographie

    Hauptsächlich in Prag erzogen, stand H. anfangs ganz unter dem Einfluß König Ottokars II. von Böhmen; die Vormundschaft führte zuerst sein Onkel EB Wladislaw von Salzburg, dann der Böhmenkönig selbst. H. beteiligte sich 1271 an einem Feldzug Ottokars gegen Ungarn und sandte ihm 1276 Hilfstruppen gegen Rudolf von Habsburg. Ottokars Niederlage erschütterte H.s Stellung; er wurde von seinem Onkel Boleslaw II. von Liegnitz gefangengenommen und erst über böhmische Intervention gegen territoriale Zugeständnisse freigelassen (1277). Nach Ottokars Tode gewann H., der sich zeitweilig Hoffnungen auf die Regentschaft in Böhmen machte, die Grafschaft Glatz. Erfolgreich in den dynastischen Kämpfen der nächsten Jahre, vor allem gegen Heinrich V. von Schlesien, nahm er sein Land als Reichsfürst von Rudolf zu Lehen (wahrscheinlich 1280). Nach dem Tode Herzog Leskos des Schwarzen von Krakau und Sandomir (1288) berief ihn eine starke Partei in Kleinpolen unter dem Einfluß der deutschen Bürgerschaft zur Krakauer Herzogswürde, die er in wechselvollem Krieg gegen Boleslaw von Plock und Wladislaw Lokietek bis zu seinem Tode zu behaupten vermochte. Ob er nach der polnischen Königswürde strebte, ist ungewiß. Mit Bischof Thomas II. von Breslau

    (1270-92) geriet er in einen erbitterten Streit wegen der kirchlichen Immunitätsforderungen und der Zehnten der deutschrechtlichen Dörfer. Schlesiens Weltklerus und Ordensgeistlichkeit standen vorwiegend auf seiner Seite, doch ergriff der polnische Episkopat gegen ihn Partei (Synode von Lęczyca 1285). Polnisch-nationale Antipathien gegen die schlesisch-deutschen Minoriten und gegen die den Peterspfennig verweigernden deutschen Ansiedler fielen dabei ins Gewicht. Wahrscheinlich Ende 1287 kam es zu einem Ausgleich; sterbend erfüllte der kinderlose Herzog die kirchlichen Forderungen durch das große Privileg für das Bistum Breslau, das die geistliche Landeshoheit im Neiße-Ottmachauer Territorium begründete. Das Herzogtum Breslau vermachte er letztwillig Heinrich von Glogau; es fiel jedoch infolge des Widerstandes der Vasallen und der Breslauer Bürgerschaft an Heinrich von Liegnitz.

    Daß H. mit zwei Liedern und Bild Eingang in die Nachträge der Heidelberger (sogenannten Manesseschen) Liederhandschrift (C) und mit einem der beiden Lieder sogar anonym in spätere mittel- und niederdeutsche Liedersammlungen (F, m) fand, hat er wohl nur einer musischen Mode zu verdanken, die im Umkreis verwandter und befreundeter Fürstenfamilien von Böhmen, Schlesien und Brandenburg in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts entstand. C übernimmt sie geschlossen in ihrer ersten Nachtrags-Gruppe: König Wenzel II. von Böhmen, H., Markgraf Otto IV. von Brandenburg, Markgraf Heinrich III. von Meißen – sozial eingereiht gleich hinter den programmatisch an den Anfang gestellten höchsten Repräsentanten der Minne-Liedkunst: Kaiser Heinrich VI., „König Konrad der Junge, König Tyro von Schotten und Fridebrant sein Sohn“. Das kultur- und literaturgeschichtlich hochinteressante Phänomen dieser Verfasserschaften und Überlieferungen ist gleichwohl noch kaum auszudeuten. Hängt die Minnesang- „Renaissance“ im Osten mit dem literarsozialen Repräsentations-Denken zusammen, das auch die Anordnung der Weingartner und Heidelberger Codices (B und C) verursacht? Spielen noch nachwirkende Beziehungen zum späten Staufer-Hofkreis in Deutschland, was Form und Inhalt dieser Lieder nahelegen könnte? (H.s Ur-Großmutter, die heilige Hedwig, war Andechserin.) Ist es ein bewußtes Anschließen an deutsche Fürstenkultur, wie auch H.s Grabmal in der Breslauer Kreuzkirche bezeugt, für die der Minnesang und die Versdichtung deutscher Sprache überhaupt freilich nur stellenweise eine Rolle spielten? Sicher bestimmend war das Beispiel Böhmens zu dieser Zeit, gerade auch in seiner Pflege deutscher Literatur.

    Die zwei H. zugeschriebenen Lieder sind bescheiden in Form und Inhalt, wenn auch durchaus nicht einfallslos. Sie rufen wie seine Grabmalsfigur die – gewollte – Vorstellung eines „edlen Ritters“ hervor.

  • Literatur

    J. Gottschalk, St. Hedwig, Hzgn. v. Schlesien, 1964, S. 242-44, 252-55;
    Vf.-Lex. d. MA II, V; s. a. L zu
    Heinrich I. v. Schlesien ( 1346).

  • Autor/in

    Heinrich Appelt, Hugo Kuhn
  • Zitierweise

    Appelt, Heinrich; Kuhn, Hugo, "Heinrich IV." in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 394-396 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124928269.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Heinrich IV. Herzog von Schlesien, Herr von Breslau, geboren etwa 1253 in der herzoglichen Burg auf der Dominsel, gestorben den 23. Juni 1290. Sein Vater Heinrich III. hatte auf Andrängen seines Adels sein Land zwischen seinem Sohne und seinem Bruder dem Erzbischofe von Salzburg Wladislaw getheilt (daß eine solche Theilung erfolgt sei, hat neuerdings Löschte in der schles. Zeitschr. XII 64 sehr wahrscheinlich gemacht), doch führte der Erzbischof, da H. bei dem Tode seines Vaters (1266) noch minderjährig war, zunächst die Regierung über das ganze Land. Der junge Prinz, der sich schon vorher mehrfach bei seinem Oheime dem Böhmenkönig Ottokar aufgehalten, hat nach 1266 noch enger an diesen sich angeschlossen, der dann auch, als Wladislaw 1270 starb, die Vormundschaft weiter führte. 1272, wo H. wieder nach Breslau zurückgekehrt war, um hier noch Studien obzuliegen, erscheint ein vielgenannter Ritter wallonischer Abkunft Simon (Galliens) als sein Tutor, wenn gleich der junge Herzog bereits 1271 selbständig Urkunden ausstellt. 1271 im April nimmt er an dem Feldzuge Ottokars gegen Ungarn Theil. 1276 wird er auf Betrieb seines Oheims Boleslaw in seinem Schlosse Jeltsch unweit Ohlau überfallen und nach Burg Lähnhaus geschleppt, wo er 22 Wochen in Haft bleibt; ein zu seiner Befreiung von den Breslauern ausgerüstetes Heer wird von Boleslaws Sohn Heinrich bei Protzan unweit Frankenstein am 24. April 1277 auf's Haupt geschlagen, doch gelingt es König Ottokar die Freilassung des Herzogs auszuwirken, als deren Preis derselbe ein Dritttheil der einst von seinem Oheime Wladislaw ererbten Lande, die heutigen Kreise Striegau und Neumarkt an Boleslaw abtreten muß. An dem Entscheidungskampfe des Böhmenkönigs gegen König Rudolf nimmt H. mit anderen schlesischen Fürsten Theil und|erhebt nach Ottokars Tode unter Berufung auf einen mit diesem abgeschlossenen Erbvertrag Ansprüche auf die Grafschaft Glatz, welche Letzte ihm dann auch König Rudolf zuspricht. Ebenso einigt Markgraf Otto der Lange von Brandenburg, dem H. die Vormundschaft über Ottokars Sohn streitig zu machen versucht, sich mit dem Herzoge, bestätigt demselben den Besitz von Glatz und gibt ihm sogar seine Tochter Mathilde zur Gemahlin. Ueber weitere Fehden Heinrichs mit seinen schlesischen Vettern und den Nachbarherzögen geben die Quellen wohl Andeutungen, lassen aber den eigentlichen Zusammenhang nicht erkennen. Dies gilt auch von dem Auftritte im Schlosse zu Baritsch bei Jauer am 9. Febr. 1281, wo H. die angeblich zu einer Berathung hierher geladenen Herzöge Heinrich von Liegnitz, Heinrich von Glogau und Premisl von Großpolen gefangen nimmt und sie nach Breslau führt, um sie dort in Haft zu halten. Wir wissen davon nichts Näheres, als daß die Fürsten bald wieder frei wurden und Premisl bei dieser Gelegenheit das Wieluner Land an H. abtritt. Die letzten Lebensjahre des Herzogs sind erfüllt von heftigen Kämpfen um den Besitz Krakaus. Als nämlich am 30. Septbr. 1288 der Herzog von Krakau und Sendomir, Lesko der Schwarze stirbt, ohne Erben zu hinterlassen, wählt der polnische Adel Boleslaw von Masowien als Herzog, die deutschgesinnte Bürgerschaft Krakaus aber ladet Herzog H. von Breslau ein, sich des Landes zu bemächtigen, und als dieser mit einem Heere herbeieilt, öffnen ihm die Bürger die mächtige Zunft der Fleischer an der Spitze die Thore Krakaus, auch die Burg wird ihm durch einen Adeligen Sulko (von Meseritz) in die Hände gespielt und H. führt seitdem bis an sein Lebensende den Titel eines Herzogs von Krakau und Sendomir. Doch auch die Polen, von Wladislaw Lokietek, dem Herzog von Kujawien angeführt, rüsten ein neues Heer, und als die Verbündeten Heinrichs dessen Kriegsmacht aus Krakau, wo eine Besatzung zurückgeblieben ist, zurückführen, gerathen sie bei Siewierz (einer damals zu Schlesien gehörigen Stadt, die heut zu Russisch-Polen gerechnet wird) in einen Hinterhalt und erleiden am 26. Febr. 1289 eine schwere Niederlage. Der junge Herzog Primko von Steinau fällt; Boleslaw von Oppeln wird verwundet und gefangen, der Bischof von Krakau von dem Adel unterstützt, setzt jetzt auch die Uebergabe Krakaus an Wladislaw durch. Wohl rüstet H. von seinen getreuen Bürgern, namentlich den Breslauern unterstützt von Neuem, aber seine Truppen werden wiederum bei Skala und Swietnicz geschlagen, und polnisch-russische Heerhaufen verwüsten Oberschlesien bis nach Neiße und Grottkau hinauf. Aber die Deutschen in Schlesien, vornehmlich die Breslauer rüsten ein neues Heer, mit welchem dann, während H. selbst bereits krank darniederliegt, sein Vetter Heinrich von Liegnitz am 24. August 1289 über die Polen siegt und in Folge davon auch Krakau wieder einnimmt. Bischof Paul von Krakau wird gefangen, Herzog Wladislaw gelingt es in der Verkleidung eines Mönches zu entfliehen und H. bleibt nun bis an seinen Tod im ungestörten Besitze von Krakau. Besonders aber muß noch eines andern Kampfes gedacht werden, welchen er über die Grenzen weltlicher und geistlicher Gewalt lange Jahre hindurch mit dem Bischofe von Breslau Thomas II. (von 1270—1292) führte, und in welchem er an dem energischen und ausdauernden Kirchenfürsten einen ebenbürtigen Gegner fand. Tief eingreifende Differenzen zwischen den Herzögen und Bischöfen, namentlich über die Frage der Zehnten, die Form ihrer Erhebung resp. ihrer Ablösbarkeit in Gelde, hatten in Schlesien eigentlich schon seit der Zeit Heinrichs I. am Anfange des XIII. Jahrh. fort und fort obgewaltet, und unter der Regierung des energischen, zuweilen auch wohl gewaltthätigen Heinrichs IV., glaubte Bischof Thomas II. mannigfachen Grund zu Beschwerden zu haben. Im J. 1276 hatte eine auf 6 Jahre geschlossene gütliche Uebereinkunft einen Waffenstillstand herbeigeführt; aber noch vor Ablauf dieser Frist|hatten sich die Gegensätze nur noch verschärft, so daß der Bischof den Herzog in den Bann gethan hatte, und der päpstliche Legat Philipp Bischof von Fermo sollte nun 1282 durch einen neuen Schiedsspruch die Streitigkeiten beilegen. Da dieser Spruch aber den landesherrlichen Rechten des Herzogs in unbilliger Weise zu nahe trat, so fügte sich Dieser nicht, sondern appellirte an den Papst, und als der Bischof den Schiedsspruch veröffentlichte, auch an den Erzbischof von Gnesen und belangte außerdem den Bischof vor dem Gericht der Barone wegen 65 Dörfern im Neißeschen und Ottmachauischen Gebiete, deren sich die Bischöfe zu Unrecht angemaßt hätten (vermuthlich weil selbige eigentlich auf dem von den Herzögen zum Zweck der Landesvertheidigung reservirten Grenzlerritorium sich befanden) und erlangte auch hier ein ihm günstiges Urtheil, das dann wiederum der Bischof nicht anerkannte, welcher Letztere vielmehr den Herzog wegen Nichtbeobachtung des Schiedspruches als dem Banne und der überaus hoch gegriffenen Conventionalstrafe von 1000. Mark Goldes verfallen bezeichnete. Derselbe konnte aber bei der Mehrzahl des schlesischen Clerus, den Aebten der großen Stifter, ja selbst bei mehreren Mitgliedern seines Domkapitels die Anerkennung des Bannes nicht durchsetzen, da man vorher erst die Entscheidung des Papstes abwarten zu müssen meinte. Und während der Bischof aus Breslau flüchten und in der Burg des Kirchenlandes, dem festen Ottmachau, Schutz suchen mußte, ward in Breslau, trotz des Interdiktes der Gottesdienst in der herkömmlichen Weise abgehalten und alle Anstrengungen des Bischofs vermochten es nicht, den schlesischen Clerus und auch die Ordensgeistlichkeit auf seine Seite zu ziehen (nur die Dominicaner gingen endlich zu ihm über), noch selbst die römische Curie, bei welcher ein herzoglicher Procurator mit Geldmitteln ausgestattet wirksam zu operiren wußte, zu einer entschiedenen Erklärung zu seinen Gunsten zu bewegen, während indessen der Herzog auch das Kirchenland besetzte, selbst Ottmachau im April 1285 in seine Gewalt brachte und den Bischof nöthigte in Ratibor bei dem dortigen Herzog Premislaw eine Zuflucht zu suchen. Etwas besser wurde des Bischofs Situation dadurch, daß der Gegensatz der Nationalitäten in seinen Kampf mit dem Herzog hineingezogen wurde. Unter den Ordensgeistlichen, welche zum Herzog hielten, standen die Minoriten obenan, und gerade von diesen traten damals 8 der 12 schlesischen Minoritenkonvente von der polnischen zur schlesischen Kirchenprovinz über und erregten dadurch wie durch ihre grundsätzliche Ausschließung von Polen den Unwillen der polnischen Prälaten. Aufs Neue wurden die alten Klagen laut, daß die deutschen Ansiedler die Zahlung des in Polen üblichen Peterspfennigs, welchen Deutschland nicht kannte, verweigerten, wovon außer dem Breslauer Bischofe auch der von Lebus zu leiden hatte. So kam es denn, daß jetzt eine Synode der polnischen Kirchenprovinz zu Lenczyc den 15. Januar 1285 sich gegen den Herzog erklärte, und den Bann bestätigte. Unter dem 29. Juni 1285 wandten sich auch die polnischen Bischöfe an den Papst mit dem Verlangen von der Gesammtheit der polnischen Herzöge eine bewaffnete Execution gegen Herzog H. zu erlangen. Obwohl nun aber auch der Papst Honorius IV. endlich unter dem 28. März 1286 die Proklamirung der Bannsentenzen gegen Herzog H. verfügte, so änderte das an der Sachlage nur wenig, und selbst der Erzbischof von Gnesen zeigte wenig Neigung zu schroffem Vorgehen gegen den mächtigen schlesischen Fürsten, dessen Vettern, die Herzöge von Liegnitz, Glogau und Oppeln, sich nun auch (seit 1287) eifrig um Herstellung einer gütlichen Uebereinkunft bemühen. Doch scheitert dieselbe vor Allem an der hartnäckigen Unnachgiebigkeit des Bischofs, und Herzog H. IV. entschließt sich endlich den Bischof ganz aus Schlesien zu vertreiben. Er belagert Ratibor, wo dieser eine Zuflucht gefunden und Thomas sieht sich bald zur Ergebung gedrängt. Aber als er (vermuthlich im Anfange des J. 1288) zu diesem Zwecke|in Begleitung der wenigen Domherren, die noch bei ihm ausgehalten hatten, sich in das Lager des Herzogs begiebt, findet er bei diesem seinem schnell versöhnten Gegner eine höchst ehrerbietige Aufnahme und Gelegenheit zu einem Vergleiche, der ihn wieder in den Besitz der verlorenen Lande und Güter setzt. Und zum Gedächtniß des glücklich wiederhergestellten kirchlichen Friedens stiftet der Bischof zugleich in dankbarer Erinnerung an die ihm in seiner Bedrängniß gewährte Zuflucht zu Ratibor ein Collegiatstift, das er dem streitbaren Bischof Thomas von Canterbury weiht, der Herzog ein gleiches, nur ungleich großartiger angelegtes zu Breslau auf der Dominsel dem heil. Kreuze geweiht, mit 5 Prälaturen und 12 Canonikaten, welches er auf das Freigebigste mit Gütern und Einkünften ausstattet, erbaut auch die stattliche Kreuzkirche, in welcher ja dann er auch selbst seine letzte Ruhestätte und ein prächtiges Denkmal erhalten hat. Der natürlich dem geistlichen Stande angehörende Chronist, der uns von dem Ausgange des langen Streites berichtet (bei Stenzel Ss. rer. Siles. I. 114), bemüht sich den Eindruck des vollständigen Sieges, der dem Herzog zu Theil geworden, dadurch zu verwischen, daß er den Letzteren bei der persönlichen Zusammenkunft mit dem Bischof als ganz reuevoll zerknirscht darstellt, woran die ganze Situation und das Vorausgegangene schwer glauben läßt. Dagegen findet das gesammte Leben und Wirken Heinrichs einen höchst überraschenden Abschluß durch das, was bei seinem Tode am 23. Juni 1290 erfolgte. An diesem seinem Todestage von Herzog H. ausgestellt finden sich nämlich zwei äußerst merkwürdige Urkunden, nämlich einmal ein großes Privileg für das Bisthum Breslau, in welchem jener alle Besitzungen desselben von allen Diensten und Lasten befreit, den Bischöfen für das eigentliche Kirchenland, nämlich die Gebiete von Neiße und Ottmachau alle herzoglichen Rechte abtritt und so die Landeshoheit, welche die Breslauer Bischöfe dann viele Jahrhunderte hindurch ausgeübt haben, begründet und zweitens eine Art von letztwilliger Verfügung darüber, wie es mit seinen Landen gehalten werden soll, welche auf eine Zersplitterung des Ganzen hinausläuft und zwar in befremdlichster Form. Während nämlich Derjenige seiner Vettern, der ihm am Nächsten gestanden und sein Heer zum Siege geführt hatte, Heinrich von Liegnitz ganz enterbt wird, erhielt Heinrich von Glogau das Herzogthum Breslau in voller Ausdehnung, das so schwer erkämpfte Krakau mit Sendomir, mit den zahlreichen Deutschen, die H. einst herbeigerufen, wird ohne Weiteres den Polen überantwortet, Glatz an den Böhmenkönig zurückgegeben, das Krossensche Gebiet einem Vetter, dem Landgrafen Friedrich von Thüringen bestimmt, und außerdem wird neben verschiedenen Schenkungen an die Geistlichkeit, auch die Stiftung eines Nonnenklosters für 100 Jungfrauen auf der Dominsel an der alten herzoglichen Burg in Aussicht genommen. So auffallend uns nun beide Urkunden erscheinen, insofern sie eine vollkommene Verläugnung alles dessen enthalten, was der Herzog mit Energie sein Leben lang gethan und erstrebt hat, so gewährt doch eine unbefangene kritische Prüfung der beiden Dokumente, von deren einem, dem Bisthumsprivileg, das Original uns noch vorliegt, nicht hinreichenden Grund, um dieselben für Fälschungen zu erklären, und obwol die Möglichkeit nicht ausgeschlossen erscheint, daß der Zustand des auf dem Tode liegenden Fürsten zur Erschleichung der beiden Dokumente gemißbraucht worden sei, so ist doch auch eine totale Sinnesänderung des Herzogs auf dem Todtenbette nicht undenkbar. Jedenfalls ist der beabsichtigte Zweck mit den beiden Urkunden erreicht worden. Denn wenn gleich das Testament nur zum kleinsten Theile ausgeführt worden ist und der Widerstand der Vasallen und namentlich der Breslauer, nicht Heinrich von Glogau, sondern Heinrich von Liegnitz das schlesische Herzogthum zugewendet hat, so ward doch in den dadurch entzündeten inneren Kämpfen um das Erbe Heinrichs die Macht|seines Nachfolgers viel zu sehr geschwächt und gebrochen, als daß derselbe hätte daran denken können, die neuen umfassenden Vorrechte der geistlichen Gewalt anzutasten, und auch die deutsche Partei in Kleinpolen und Krakau blieb den Polen preisgegeben; die großartige Perspective, welche H. der deutschen Germanisation eröffnet, war für immer dahin. Von H. ist noch zu erwähnen, daß er auch als Dichter Ruhm erlangt hat. Die Manessische Sammlung der Minnesänger enthält zwei, durch poetischen Werth und durchgebildete Technik ausgezeichnete Lieder des Herzogs Heinrich von Pressella, die füglich wohl nur ihm zugeschrieben werden können.

    • Literatur

      Das Quellenmaterial über Heinrichs IV. Regierungszeit ist zusammengestellt in den von Grünhagen bearbeiteten schlesischen Regesten (Cod. dipl. Siles. VII.), die Urkunden den Kampf mit Bischof Thomas betreffend in Stenzels Urk. zur Gesch. des Bisth. Breslau. Eine Biographie Heinrichs IV., sowie eine eingehende, durch mehrere Abbildungen illustrirte Beschreibung des Grabdenkmals in der Kreuzkirche gibt Luchs in seinen schles. Fürstenbildern Bog. 10. Als Anhang dazu findet sich dort auch ein Aufsatz von H. Rückert: Der Minnesinger Heinrich von Breslau.

  • Autor/in

    Grünhagen.
  • Zitierweise

    Grünhagen, Colmar, "Heinrich IV." in: Allgemeine Deutsche Biographie 11 (1880), S. 607-611 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124928269.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA