Lebensdaten
1524 – 1601 oder 1596
Geburtsort
Büderich bei Wesel
Sterbeort
Büderich bei Wesel
Beruf/Funktion
Arzt
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 124555322 | OGND | VIAF: 74788000
Namensvarianten
  • Solenander, Reinerus
  • Solenander, Reinerts
  • Gathmann, Reiner (eigentlich)
  • mehr

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Zitierweise

Solenander, Reiner, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd124555322.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    S. studierte mit einem Stipendium Hzg. Wilhelms III. v. Jülich-Kleve-Berg 1539–42 Heilkunde in Löwen, anschließend bis 1549 in Bologna, Pisa, Rom und Neapel und an einigen Hochschulen in Frankreich. Während dieser Zeit latinisierte er seinen Namen. In den „Bagni Della Villa“ in Lucca war S. um 1542 als Badearzt an den warmen salzigen Schwefelquellen tätig. Mit seiner Beschreibung „De caloris fontium medicatorum causa et temperatione libri duo“ (1558), in der er auch versuchte, die Entstehung von Mineralquellen zu erklären, gehört S. zu den frühen Balneologen der Renaissance. Im Streit zwischen den Anhängern des Paracelsus und denen Galens bezog er in der „Apologia qua Julio Alexandrino respondetur pro Argenterio“ (1556) Position zugunsten des Giovanni Argenterio, der Paracelsus gegen den Galenisten Julius Alexandrinus verteidigte. Um 1559 in seine Heimat zurückgekehrt, wurde S. 1559 von Hzg. Wilhelm V. (der Reiche) von Jülich-Kleve-Berg (1516–92) zu seinem Leibarzt ernannt. Als solcher begleitete er den Herzog 1566 auf den Reichstag nach Augsburg und 1573 nach Königsberg. 1566 erlitt der Herzog einen Schlaganfall, dessen Folgen S. mit diätetischen Maßnahmen lindern konnte. Der Erbprinz, Hzg. Johann Wilhelm, litt an Depressionen und periodischem „Wahnsinn“. S. beschrieb zusammen mit Johannes Weyer (1515–88) und dessen Söhnen Galenus und Lambert Wolf in einem Gutachten von 1589 den hoffnungslosen Gesundheitszustand Johann Wilhelms, nachdem 1588 auch Verfolgungswahn hinzukam. Ein Ansinnen des Hofmarschalls Wilhelm v. Waldenfels gen. Schenkern, die seit 1585 mit Johann Wilhelm verheiratete Herzogin Jacoba (1558–97 ermordet) zu vergiften, da diese des Ehebruchs verdächtigt wurde, lehnte S. in einem Brief vom 6.1.1595 ab. Unmittelbar darauf quittierte er sein Amt als hzgl. Leibarzt und zog sich nach Büderich zurück. Er publizierte seine med. Erfahrungen und Kenntnisse in dem Werk „Consiliorum medicinalium sectiones quinque“ (1558, erw. Neuaufl. 1609). S. bekämpfte Aberglauben und Quacksalbertum, lehnte die kirchliche Teufelsaustreibung (Exorcismus) ab, und wandte sich, wie Johannes Weyer, der seit 1550 ebenfalls als hzgl. Leibarzt in Kleve wirkte, gegen die Hexenverfolgungen.

  • Werke

    Weitere W Reliquae quatuor ab auctore jam recens additae, 1596, ²1609.

  • Literatur

    ADB 34;
    Zs. d. Berg. Gesch.ver. 2, 1865, S. 172–76;
    I. Bloch, Der Rhein. Arzt S. u. d. Geisteskrankheit Albert Friedrichs v. Preußen, in: Klin. therapeut. Wschr. 1922, Nr. 17 u. 18;
    A. Wackerbauer, Der Rhein. Arzt S. u. sein Werk, Diss. Düsseldorf 1933;
    ders., R. S., ein niederrhein. Arzt, Leibarzt am Düsseldorfer Hof, in: Düsseldorfer Jb. 37, 1932/33, S. 96–140;
    ders., Dr. R. S., Ein niederrhein. Arzt aus Büderich (1524–1601), in: Unsere Heimat [Wesel-Büderich] 17, 2001, S. 3–47;
    M. de Montaigne, Tagebuch e. Reise nach Italien, 1993, S. 203;
    Zedler 38 u. 56;
    BLÄ.

  • Autor/in

    Klemens Dieckhöfer
  • Zitierweise

    Dieckhöfer, Klemens, "Solenander, Reiner" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 549 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124555322.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Solenander: Reiner S., Arzt, geboren zu Büderich am Niederrhein 1524, empfing die erste Schulbildung in dem benachbarten Wesel, studirte, mit Unterstützung seines Landesherrn, des Herzogs Wilhelm III. von Jülich-Cleve-Berg, Heilkunde drei Jahre in Löwen und sieben Jahre in Bologna, Pisa,|Rom, Neapel und auf einigen französischen Hochschulen. Er kehrte nach der Heimath zurück und gewann als Arzt bald solches Ansehen, daß der Herzog 1559 den 35jährigen zum Leibarzt ernannte. Als solcher begleitete er seinen Herrn unter andern 1566 auf den Reichstag zu Augsburg und 1573 nach Königsberg, wohin der Herzog seine Tochter Maria Eleonora zur Vermählung mit dem Herzog von Preußen, Albrecht Friedrich, führte. Zahlreich sind die Zeugnisse der Zeitgenossen, aus denen hervorgeht, daß S. hohes Ansehen genoß als Arzt und Mensch und daß bedeutende Männer, mit denen er in Berührung kam, ihm ihre Freundschaft schenkten. Seine Schriften sind: „Apologia qua Julio Alexandrino respondetur pro Argenterio.“ Florenz 1556; „De caloris fontium medicatorum causa, et temperatione libri duo.“ Leyden 1558; „Consiliorum medicinalium sectiones quinque.“ Leyden 1571 und Hanau 1609. Diese mir in der zweiten Auflage vorliegende Schrift, ein starker Folioband, zeigt den Verfasser als der rohen und abergläubischen Heilkunde jener Zeit weit voraus. Mehr aber als durch schriftstellerische Thätigkeit ist er eine bleibende Zierde seines Standes dadurch geworden, daß er der Versuchung mannhaften Widerstand leistete, in einem Staatsverbrechen der herrschenden mächtigen Partei behilflich zu sein. Das war, als am cleveschen Hofe der Humanismus der spanisch-katholischen Reaction weichen mußte. Die Herzogin Jacoba (s. A. D. B. XIII, 567 f.) stand ihr im Wege, und das Haupt der spanischen Partei, der Hofmarschall Wilhelm von Waldenfels, gen. Schenckern, forderte S. auf, die Herzogin zu vergiften. In der ablehnenden Antwort an den Hofmarschall vom 6. Jan. 1595 sagte er so: „..... die Herzogin ist noch nicht gehörlicher Maßen verurtheilt, einen aber mit dergleichen Tranck und Süpplein hinzurichten, ist ärger und unverantwortlicher, als jemand mit dem Schwerte töbten lassen. Ich gewiß wolte lieber meines Amtes ja Lebens verlustig werden, als dazu behülflich seyn, und meiner bisher von Gott reich gesegneten Kunst solchen gräulichen Schandfleck anhängen und aus einem Hoff-Apothecker einen Abdecker und Büttel machen helfen. Es haben die Teutschen bis hierher solche schändliche Künste vor ein großes Bubenstück erachtet, Gott verhüte, daß dergleichen welsche Practiquen ja nicht bey uns eingeführet und wir dadurch bey der Christenheit auch infam gemacht werden, dan ob die H. Jacoba zum Tode, nach rechtmäßiger Ueberweisung verdammet, ist mir ganz unwissend, ich habe von keinem Urthel gehört, viel weniger etwas gesehen, werde mich auch die übrige wenige Tage meines Lebens hierzu nicht bereden lassen. Data est medicina ab ipso Deo mortalibus in salutem, non ad internecionem. Die heimliche Westphälische Executionen sind nunmehr Gottlob verboten, und laufen auch den Heydnischen Rechten selbst zuwider, daß demnach billig ein jeder ehrlicher Mann, dem Gott und sein Gewissen lieb ist, einen Schreck dafür hat und sich dessen entstehet.“ Die 39jährige Herzogin Jacoba wurde zwei Jahre später Morgens in ihrem Bette todt ausgefunden, ohne krank gewesen zu sein, höchst wahrscheinlich erdrosselt. Daß nach jener Absage Solenander's an den mächtigen Hofmarschall sein Verbleib als Leibarzt des blödsinnigen regierenden Herzogs Johann Wilhelm, des Gatten der Jacoba, nicht wohl möglich war, ist klar. Er verließ den Dienst am Hofe und zog zurück nach seinem Heimathsorte Büderich, wo er am 5. Januar 1601 starb. In der reformirten Willibrodiskirche zu Wesel wurde er beerdigt, wo gegen Ende des Jahrhunderts der Prediger von Dorth seine Grabschrift copirte.

    • Literatur

      Melchior Adam, Vitae Germanorum medicorum. Heidelberg 1620. — Th. v. Haupt, Jacobe, Herzogin zu Jülich. Biographische Skizze. Coblenz 1820. —
      Original-Denkwürdigkeiten eines Zeitgenossen am Hofe Johann Wilhelm's III. Düsseldorf 1834. Von E. K. und F. C. —
      Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins. Bonn. II, 172; XIII, 30 u. 88; XXIII, 17|u. 21. — W. Teschemacher, Vitae et Elogia virorum qui familiae nobilitate, doctrina atque virtute etc. etc. Cliviae, Juliae, Montium, Marcae et Ravensbergiae provincias unitas floruerunt. Ms. 48. Düsseldorfer Staats-Archiv. Abschrift von der Hand des A. v. Dorth, reform. Predigers zu Wesel um 1660 bis 1680.

  • Autor/in

    C. Binz.
  • Zitierweise

    Binz, G., "Solenander, Reiner" in: Allgemeine Deutsche Biographie 34 (1892), S. 563-565 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124555322.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA