Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Augsburger Kaufmanns- und Patrizierfamilie
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 120455374 | OGND | VIAF: 5762785
Namensvarianten
  • Stetten, von
  • Stetten
  • Stetten, von

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Zitierweise

Stetten, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd120455374.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Die Familie ist erstmals 1445 in Augsburg nachweisbar, als der aus Frankfurt stammende Hans I. († 1476/77), ein Handelsdiener der Meuting-Gesellschaft, durch seine Heirat mit einer Tochter Ulrich Meutings das Augsburger Bürgerrecht erwarb. Sein Sohn Michael ( 1525) erlangte durch Heirat mit einer Schwester des Großkaufmanns Hans Baumgartner d. Ä. 1484 nicht nur Zutritt zur exklusiven Herrentrinkstube, sondern auch die Möglichkeit zur Beteiligung an Montanunternehmungen der Knoll-Baumgartner-Gesellschaft in Salzburg und Tirol (nachgewiesen f. d. J. 1493). Mit seinem Bruder Hans II. († 1526), Rat und Kammermeister Kg., seit 1508 Ks. Maximilians I., arbeitete er um 1500 bei Finanzgeschäften zusammen. Nachdem bereits Michael 1516 in den Kreis der 20 größten Augsburger Steuerzahler aufgerückt war, konnten seine Söhne Georg I. (1489–1562), Lukas (1493–1545) und Christoph I. (1506–56) ihre Stellung in der reichsstädtischen Oberschicht durch erfolgreiche Handelstätigkeit und vorteilhafte Eheschließungen weiter festigen. Alle drei Brüder, die 1538 in das Patriziat aufgenommen wurden, begannen ihre Laufbahn als Handelsdiener in der bedeutenden Christoph-Herwart-Gesellschaft. Georg schied 1516 nach seiner Heirat mit Susanna (1497–1548), einer Tochter Ulrich Fuggers d. Ä., ebenso aus dieser Firma aus wie Lukas 1525 nach seiner Eheschließung mit Veronika Gassner, der Witwe Ulrich Fuggers d. J. Während Lukas kinderlos starb, erwarben Georg und sein Sohn Georg II. (1520–73), Schwiegersohn des Großkaufmanns Bartholomäus Welser (1484–1561), umfangreichen Grundbesitz im Umland von Augsburg, zu dem u. a. die Schlösser Boxberg und Burgwalden gehörten. Dieser Besitz ging allerdings wieder verloren, weil sich ihr Nachkomme Albrecht ( 1614) durch alchemistische Experimente hoch verschuldete. Christoph I. war zunächst für die Herwart-Gesellschaft in Antwerpen und um 1530 in Lissabon tätig, seit Mitte des 16. Jh. ist er als selbständiger Kaufmann belegt. Sein Enkel David I. (1553–1638) arbeitete für die Handelsgesellschaft seiner Onkel Sigmund und Daniel Höchstetter und führte die Firma nach deren Tod 1583 zeitweilig erfolgreich weiter. 1625 übergab er das Geschäft an seine Söhne Paul I. (1583–1643), der 1608 Anna |Österreicher (1586–1651) aus einer der reichsten Augsburger Familien geheiratet hatte und während der schwed. Besatzung Augsburgs (1633–35) an der Spitze des Stadtregiments stand, und David II. (1595–1675). Sie gehörten zu den wenigen Augsburger Patriziern, deren Vermögen den 30jährigen Krieg ohne große Verluste überdauerte. Ihre Handelsbeziehungen reichten nach Venedig und Amsterdam, und ihre Nachkommen führten die Geschäfte zumindest bis ins frühe 18. Jh. erfolgreich weiter.

    Nachdem der Westfälische Frieden die konfessionelle Parität zwischen Katholiken und Protestanten in Augsburg hergestellt hatte, spielten die seit der Reformation ev. S. auch im politischen und gesellschaftlichen Leben der Stadt eine führende Rolle. Im 18. Jh. stellten sie vier der neun ev. Inhaber des höchsten reichsstädtischen Amtes, des Stadtpflegers. Paul IV. (1705–68), der seit 1738 in der Stadtverwaltung Karriere machte, gründete 1746 eine gelehrte Gesellschaft, war an der Gründung des Zucht- und Arbeitshauses 1755 beteiligt und verfaßte eine auf intensivem Quellenstudium basierende Geschichte der Reichsstadt Augsburg von ihren Anfängen bis 1649. Sein Sohn Paul V. (1731–1808), bekannt als Paul der Jüngere, hat die Geschichte Augsburgs in den letzten Jahrzehnten der Reichsfreiheit stark geprägt. Seit 1770 Mitglied des Rates, bekleidete er zahlreiche Ämter und wurde 1792 Stadtpfleger. Angesichts einer schwierigen Lage des wichtigen Textilgewerbes und des zerrütteten Zustands der Stadtfinanzen analysierte er in zahllosen Gutachten und Denkschriften Mißstände in Verwaltung und Finanzwesen und schlug Reformen vor. Er engagierte sich in der 1779 neuformierten reichsstädtischen Kunstakademie, bei der Schulreform und der Administration wohltätiger Stiftungen. Neben literarischen Texten verfaßte er eine Reihe stadt- und familiengeschichtlicher Werke. Als reichsstädtischer Patriot hielt er bei aller Aufgeschlossenheit für Reformen grundsätzlich an der tradierten Verfassung, der politischen Vorrangstellung des Patriziats und der konfessionellen Parität fest. Die mit seinem Vetter Johann Ferdinand (1723–77) verheiratete Anna Barbara Ammann (1754–1805) stiftete 1803 als kinderlose Witwe 90 000 fl. für eine „Bürgerliche Töchterschule“ samt Internat, die 1806 den Lehrbetrieb aufnahm und als Anna Barbara v. Stettensches Institut bis heute besteht.

    Die politische und wirtschaftliche Bedeutung der Familie erstreckt sich bis in das 19. Jh. Nach der Mediatisierung der Reichsstadt wurde Albrecht (1736–1817), ein jüngerer Bruder Pauls V., einer der beiden Bürgermeister der nunmehr bayer. Stadt. Sein Enkel Paul (1790–1872) übernahm 1832 das Bankhaus seines Onkels Friedrich v. Halder und war 1839 einer der beiden größten Augsburger Gewerbesteuerzahler. Er beteiligte sich 1835 an der Gründung der Bayer. Hypotheken- und Wechselbank, engagierte sich für den Bau der Eisenbahnlinien München-Augsburg und Augsburg-Nürnberg, gründete 1851/52 mit Johann Carl Ebbecke die Mechanische Baumwollspinnerei und Weberei Kempten und 1853 die Kunstmühle Augsburg AG. Sein Sohn und Nachfolger Carl (1822–96) beteiligte sich an weiteren industriellen Unternehmungen und an der Gründung der Augsburger Bank (1871). 1906 verkaufte dessen Sohn Fritz (1854–1945) das Bankhaus von Stetten an die Dresdner Bank.

  • Werke

    W zu Paul IV.: Gesch. d. Heil. Röm. Reichs Freyen Stadt Augspurg (. . .), 2 Bde., 1743/58;
    zu Paul V.: Gesch. d. adelichen Geschlechter in d. freyen Reichs-Stadt Augsburg (. . .), 1762;
    Erll. d. in Kupfer gestochenen Vorstellungen, aus d. Gesch. d. Reichsstadt Augsburg (. . .), 1765;
    Lebensbeschreibungen z. Erweckung bürgerl. Tugend, 2 Bde., 1778/82;
    Kunst-, Gewerb- u. Handwerksgesch. d. Reichs-Stadt Augsburg, 2 Bde., 1779/88;
    Beschreibung d. Reichs-Stadt Augsburg nach ihrer Lage, jetzigen Vfg., Handlung u. d. zu solchen gehörenden Künsten u. Gewerben (. . .), 1788;
    Selbstbiogr., Die Lebensbeschreibung d. Patriziers u. Stadtpflegers d. Reichsstadt Augsburg (1731–1808), Bd. 1: Die Aufzeichnungen zu d. J. 1731 bis 1792, bearb. v. B. Rajkay u. Ruth v. Stetten, hg. v. H. Gier, 2009 (P). Qu P. v. Stetten V., Neues Ehrenbuch oder Gesch. d. adeligen Geschlechts d. v. S. in d. H. Röm. Reichs Städten Augsburg u. Frankfurt am Main (. . .) (Ms. 1766, Hausarchiv Stetten 405);
    A. Haemmerle (Hg.), Das Hausarchiv derer v. S., Urkk., Hss., Stammbücher, 1937;
    ders. (Hg.), Derer v. S. Geschlechterbuch MDXXXXVIII, 1955;
    K. O. Müller (Hg.), Qu. z. Handelsgesch. d. Paumgartner v. Augsburg (1480–1570), 1955, S. 51* u. 225 f.

  • Literatur

    ADB 36;
    A. Mayr, Die gr. Augsburger Vermögen in d. Zeit v. 1618 bis 1717, 1931, S. 92–97;
    F. Herre, Paul v. S. d. Ältere u. d. Jüngere, in: Lb. Bayer. Schwaben III, 1954, S. 314–45;
    S. Merath, Paul v. S. d. Jüngere, Ein Augsburger Patrizier am Ende d. reichsstädt. Zeit, 1961;
    W. Zorn, Handels- u. Ind.gesch. Bayer.-Schwabens 1648–1870, 1961;
    I. Bátori, Paul v. S. d. Jüngere, Augsburger Staatsmann in schwieriger Zeit, in: Zs. d. Hist. Ver. f. Schwaben 77, 1983, S. 103–24;
    M. Bregenzer, Anna Barbara v. S., Ein Btr. z. ihren Stiftungen u. ihrer Biogr., ebd. 87, 1994, S. 143–62;
    W. Reinhard (Hg.), Augsburger Eliten d. 16. Jh., Prosopographie wirtschaftl. u. pol. Führungsgruppen, bearb. v. M. Häberlein u. a., 1996, S. 867–77;
    M. Häberlein, Brüder, Freunde u. Betrüger, Soz. Beziehungen, Normen u. Konflikte in d. Augsburger Kaufmannschaft um d. Mitte d. 16. Jh., 1998;
    G. v. Trauchburg, u. Gärten Augsburger Patrizier, 2001;
    Augsburger Kunstak. in reichsstädt. Zeit, hg. v. J. Mančal, Ausst.kat. Augsburg 2010, S. 24–34;
    Augsburger Stadtlex.

  • Autor/in

    Mark Häberlein
  • Zitierweise

    Häberlein, Mark, "Stetten" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 306-308 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd120455374.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA