Lebensdaten
1622 – 1685
Geburtsort
Komorn (Ungarn)
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Kapuziner ; Bischof von Wien ; Erster Minister
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 120092662 | OGND | VIAF: 57436615
Namensvarianten
  • Sinelli, Emerich
  • Sennel, Emerich
  • Sinelli, Johann Anton (Taufname)
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Emerich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd120092662.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Michael S., aus Rom, Fleischer.

  • Biographie

    E., ein Mann von großem geistigem Format, oblag den humanistischen Studien an der Lateinschule zu Linz, hörte anschließend in Ingolstadt Philosophie und bat nach Vollendung seines Studiums um Aufnahme in den Kapuzinerorden. E., der sich schon während des Probejahres durch seine tiefe Frömmigkeit, sein offenes Wesen und seine Uneigennützigkeit auszeichnete, widmete sich später den theologischen Studien, und nach deren Abschluß gelang es diesem klugen und beredten Mönch durch seine zwingende Überzeugungskraft unschwer, viele tausend Andersgläubige zu bekehren. Diese Ergebnisse designierten ihn für ein Predigeramt in Prag, wo er 7 Jahre mit dem größten Erfolg wirkte. Nach und nach erwarb E. die Gewogenheit und Hochschätzung Kaiser Leopolds I. Seit 1659 hat er sich wohl in Wien aufgehalten und wurde hier mit höheren Ordensämtern betraut – 13 Jahre Guardian, 7 Jahre Definitor. 1671 fand die Ernennung E.s zum Missionspräfekten im Bereich der Wiener Nuntiatur statt. Immer häufiger zog der Kaiser E. ob seiner vortrefflichen Geistesgaben bei Staatsgeschäften und in politischen Angelegenheiten zu Rate. 1680 wurde der Wiener Bischofsstuhl vakant. Die Neubesetzung mit einer geeigneten Persönlichkeit lag dem Kaiser sehr am Herzen und es gelang ihm, den Papst zu bewegen, der Ernennung E.s zum Bischof von Wien (1680) zuzustimmen. Der Kaiser bedurfte E.s Beistand immer mehr, und so deklarierte er ihn 1682 zum „Geheimen Konferenzrat“ und am 17.11.1682 zum Ersten Minister. Von diesem Zeitpunkt an lag wohl der gesamte Staatsapparat in den Händen E.. Anfang 1685 wandte sich Kaiser Leopold an den Papst mit der Bitte, E. den Purpur zu verleihen. – Schon in frühen Jahren war E. des Kaisers engster Berater und eine äußerst einflußreiche Persönlichkeit. Aus den Jahren 1668-85 ist der Nachwelt eine sehr umfangreiche Korrespondenz des Kaisers mit E. überliefert, die uns den schlüssigsten Beweis über die hervorragende Bedeutung dieses Mannes liefert. Die Beziehungen zwischen Leopold und seinem Minister waren innig, auf vollstem gegenseitigem Vertrauen aufgebaut und es kam nie vor, daß der Kaiser eine Entscheidung, in welcher Angelegenheit auch immer, fällte, ohne E.s Gutachten gehört zu haben.

  • Literatur

    ADB VI;
    E. Pufendorfs Ber. üb. Kaiser Leopold, s. Hof u. d. österr. Pol. 1671-74, hrsg. v. K. G. Helbig, 1862, S. 73 ff.;
    J. Kopallik, Regg. z. Gesch. d. Bischöfe u. Erzbischöfe Wiens, 1894, S. 321 ff.;
    G. Guillot, Le Père Emerick, religieux des Frères Mineurs Capucins, évêque de Vienne et ministre de l'empereur Léopold Ier (1659-85), in: Etudes Franciscaines 17, Paris 1907, S. 641-58;
    E. Tomek, Das kirchl. Leben u. d. christl. Charitas in Wien, in: Gesch. d. Stadt Wien V, 1914, S. 272 ff. (P);
    ders., Zwei Kapuziner als Befreier Wiens (P. E. Sinelli u. P. Markus v. Aviano), in: Franziskuskal., 1933, S. 91-97;
    Ch. Koller, P. E. Sinelli, …, in: Franziskus-Jubiläums-Kal., 1927, S. 73-88;
    M. a Pobladura, Historia Generalis ordinis Fratrum Minorum Capuccinorum, pars secunda (1619-1761), 1, 2, Rom 1948;
    Lex. Capuccinum 1525-1950, ebd. 1951, Sp. 1579. – Qu.:
    E. Pufendorf, Wiener Tagebuch aus d. J. 1671-74, Cod. 643 d. Haus-, Hof- u. Staatsarchivs Wien;
    Acta, die Beförderung d. Patris Emerici Sinelli, …, z. Bischof zu Wien betr. (1680 u. 81), ebd.;
    J. M. Testarello della Massa, Kurze doch eigentl. Beschreibung auf waß weiße d. kayserl. Residenz u. Haubtstatt Wienn in Österreich anfängl. z. christl. Glauben bekehrt… nebst Beschreibung aller Kirchen daselbst, Cod. 8227 d. Nat.bibl. Wien.

  • Porträts

    Gem. v. Frater Cosmas im Wiener Konvent;
    Gem., 1680 (Nat.bibl. Wien).

  • Autor/in

    Helga Kirchberger
  • Zitierweise

    Kirchberger, Helga, "Emerich" in: Neue Deutsche Biographie 4 (1959), S. 477 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd120092662.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Emmerich: Pater (Johann Anton Sennel oder Sinell) E., geboren zu Komorn am 29. Juni 1622, Sohn des Fleischhauers Michael Sennel (oder Sinell), besuchte die unteren Schulen in Linz, hörte Philosophie in Ingolstadt und trat 21 Jahre alt in den Kapuziner-Orden. Im J. 1644 vollendete Johann Anton Sinell sein Probejahr im neu gestifteten Noviciat des Kapuzinerklosters zu Gmunden und legte, 23 Jahre alt, die feierlichen Gelübde ab. Von nun an erscheint er stets nur unter seinem Klosternamen Pater E. Zunächst finden wir ihn als Missionsprediger in Niederösterreich bestrebt, die Anhänger des lutherischen Glaubensbekenntnisses in den Schoß der römischen Kirche zurückzuführen. Darauf predigte er 7 Jahre in Prag; dann wieder durch 22 Jahre zu Wien in der Schottenkirche. Hier besprach er auch manche bei Hofe eingerissene Mißbräuche, geißelte insbesondere den Mangel an Gerechtigkeitssinn, die Habsucht und den Eigennutz einzelner Würdenträger. Einer der so Angegriffenen ließ ihm auflauern und ihn thätlich bedrohen. Der so Mißhandelte wandte sich an den Kaiser um Genugthuung. Sie ward ihm zu Theil. Leopold I. verhieß ihm seinen besonderen Schutz, ermunterte ihn, mit allem Freimuthe wie bisher zu predigen. Immer mehr gewann der anspruchlose Mönch die Gunst des der Geistlichkeit sehr ergebenen Kaisers. Der Einfluß des Gewissensrathes überwog auch in weltlichen Dingen sehr oft den der Minister. Die allgemeine Aufmerksamkeit lenkte sich auf den Kapuziner, die fremden Minister bewarben sich um sein Wohlwollen, hervorragende Personen suchten ihn in seiner Zelle im Kapuzinerconvente auf. Fast jeden Tag schrieb Kaiser Leopold I. einen Brief an Pater E., seinen Liebling. Nachdem derselbe schon früher in seinem Orden verschiedene Stellen, als Definitor, Custos und Guardian bei Maria der Engel in Wien bekleidet hatte, wurde er nach dem Tode des Bischofs Wilderich v. Walderdorf am 17. Novbr. 1680 vom Kaiser zum Bischof von Wien ernannt, vom Papst Innocenz XI. bestätigt. Die wichtigsten Ereignisse der Zeit seines Bisthums sind die Wien verheerende Pest und die zweite Belagerung der Stadt durch die Türken. Nach dem Sturze des Fürsten Lobkowitz thatsächlich der erste Minister, blieb er, bis an sein Lebensende eine der einflußreichsten Persönlichkeiten am Wiener Hofe, ein stiller, bescheidener, verschwiegener Mann, keine Gunstbezeugung für sich, keine für Andere verlangend, eingeweiht in alle Geheimnisse und Intriguen des Hofes, ein Gegner der Jesuiten. Er war der Einzige, der es wagte, für den in Ungnade gefallenen Minister Lobkowitz sein Fürwort beim Kaiser einzulegen. Er starb am 23. Febr. 1685. In seinem Nachlasse wurde außer Kleinodien von hohem Werthc eine Baarsumme von 45000 fl. vorgefunden. Kein Zureden hatte ihn vermocht, eine letztwillige Anordnung darüber zu treffen. Er sagte, daß er auch als Bischof das durch seine Ordensregeln vorgeschriebene Gebot der Armuth beobachten wolle. Sein Grabmal soll sich in der Stephans-Kirche zu Wien befinden.

    • Literatur

      Schier (P. Xystus), Die Bischöfe und Erzbischöfe von Wien (Graz 1777); Wolf (Adam), Fürst Wenzel Lobkowitz (Wien 1869); Acten des Wiener Haus-, Hof- und Staats-Archivs.

  • Autor/in

    Felgel.
  • Zitierweise

    Steffenhagen, "Emerich" in: Allgemeine Deutsche Biographie 6 (1877), S. 86-87 unter Emmerich [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd120092662.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA