Lebensdaten
1879 – 1919
Geburtsort
Sillein (Žilina, Slowakei)
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Psychoanalytiker ; Schriftsteller
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 119045036 | OGND | VIAF: 56731436
Namensvarianten
  • Tausk, Victor
  • Tausk, Viktor
  • Tausk, Victor

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Tausk, Viktor, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119045036.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann († 1916), Lehrer, Journalist in Zagreb, später in Sarajevo;
    M Emilie Roth; 8 jüngere Geschw;
    Sarajevo 1900 1908 Martha (1881–1957), Pol., Frauenrechtlerin, Buchhalterin in Zagreb, 1919 als einzige Frau Delegierte in d. Landesverslg. d. Steiermark, 1920–27 Mitgl. d. LT d. Steiermark, dann Mitgl. d. österr. Bundesrats, Redakteurin d. Zs. Frauenrecht, emigrierte 1939 in d. Niederl. u. n. Brasilien, zuletzt in Nijmegen (s. L), T d. Moritz Frisch († 1913), Drucker, Verl., Mitgl. d. SDAP, Mitgründer d. Druckerei d. Arbeiter-Ztg. in W., u. d. N. N. ( 1903);
    2 S Marius (1902–90, Norah, T d. Hans Hellmer, Kunstkritiker in Graz, S d. Edmund Rr. v. Hellmer, 1850–1935, Bildhauer, Prof., 1905–07 Rektor d. Ak. d. bildenden Künste in W., HR, s. ÖBL), Arzt, Endokrinol., 1926 Betriebsleiter d. pharmazeut. Fabrik Organon, forschte an d. Synthese v. Cortison u. Organpräparaten, Isolieren d. Testosteron, ao. Prof. f. theoret. Endokrinol. in Utrecht, Ehrenmitgl. d. Dt. Ges. f. Endokrinol. 1969, Sociedad de Obstretricia y Ginecologia, Buenos Aires, d. Ges. f. Endokrinol., Barcelona u. d. arab. Ärzteges., Damaskus, Rr. d. Ordens d. niederl. Löwen 1949, Goldene Medaille d. Hoogewerff-Stiftung 1963, Dr. med. h. c. Univ. Graz 1972, seit 1970 M. T.-Preis d. Dt. Ges. f. Endokrinol. (s. W), Victor Hugo (* 1904).

  • Biographie

    T. wuchs in einer dt.sprachigen, nichtreligiösen jüd. Familie in Sarajevo auf, wo er das Gymnasium besuchte. Nachdem er 1897 in Varaždin sein Abitur erhalten hatte, studierte er bis 1902 Rechtswissenschaften in Wien und war anschließend Auskultant beim Obergericht für Bosnien und Herzegowina in Sarajevo. Kurz nach seiner Eheschließung 1900 konvertierte er zum Christentum, das er allerdings nie ausübte. 1903 übersiedelte er mit seiner Familie nach Mostar und war in einer Anwaltskanzlei tätig. Nach der Trennung von seiner Frau 1905 ging T. nach Wien und schrieb Theaterstücke (Halbdunkel, 1905) und Kurzgeschichten (Husein Brko, 1906). 1906 zog er nach Berlin, wo er als Journalist (u. a. für das „Berliner Tageblatt“) arbeitete und Martin Buber und Frank Wedekind kennenlernte. Während eines Sanatoriumsaufenthalts in Ahrweiler 1907 wurde T. auf das Werk Sigmund Freuds aufmerksam und nahm zu Freud Kontakt auf. Auf dessen Anraten begann T. 1908 ein Medizinstudium in Wien, bei dem ihn Freud und andere Psychoanalytiker finanziell unterstützten. Seit 1909 Mitglied der von Freud gegründeten „Wiener Psychoanalytischen Vereinigung“, hielt T. noch im selben Jahr seinen ersten Vortrag „Erkenntnistheorie und Psychoanalyse“ und übernahm in der Folgezeit Einführungskurse in die Psychoanalyse für Ärzte und Studierende. Nach Abschluß seines Studiums (Dr. med. 1914) ließ sich T. in Wien als Nervenarzt nieder. 1915 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen und als Arzt in Spitälern an der Ostfront eingesetzt. 1918 kehrte T. nach Wien zurück, arbeitete als Psychoanalytiker und nahm als Vortragender am 5. Internationalen Psychoanalytischen Kongreß in Budapest teil. Kurz nach seiner Verlobung mit einer ehemaligen Patientin, der Konzertpianistin Hilde Loewi ( 1976), 1919 beging T. in seiner Wiener Wohnung Selbstmord.

    Bekanntheit erlangte T. u. a. als Kontrahent Freuds. Ihre anfängliche gegenseitige Wertschätzung wich – vermutlich aufgrund einer|Art Übertragungsneurose einer Vaterproblematik und einer komplizierten Dreiecksbeziehung zu Lou Andreas-Salomé (1861–1937), mit der T. seit 1912 eng befreundet war, – einer angespannten Atmosphäre zwischen beiden. Als T. 1919 eine Analyse bei Freud beginnen wollte, verwies dieser ihn an seine eigene Patientin und Schülerin Helene Deutsch (1884–1982), die durch Freud veranlaßt ihre Analyse mit T. kurz vor dessen Tod abbrach.

    T. wird heute international zu den Pionieren der psychoanalytischen Schizophrenielehre gezählt. Seine Beobachtungen der Kriegsneurosen während seiner Zeit als Lazarettarzt wertete er in seinem Aufsatz „Zur Psychologie der Deserteure“ (in: Internat. Zs. f. Psychoanalyse 4, 1916, S. 193–204, 229–40) aus. Als T.s wichtigste Schrift gilt die Abhandlung „Über die Entstehung des „Beeinflussungsapparates“ in der Schizophrenie“ (ebd. 5, 1919, S. 1–33, engl. 1933, span. 1945, dt. Neuausg. als Monogr., 2008), in der er die Versuche von Kranken schildert, die Veränderung ihrer Selbst- und Fremdwahrnehmung zu erklären.

  • Werke

    Onanie, in: Vierzehn Btrr. z. e. Diskussion d. „Wiener Psychoanalyt. Vereinigung“, 1912, S. 48–68;
    Entwertung d. Verdrängungsmotivs durch Recompense, in: Internat. Zs. f. Psychoanalyse 1, 1913, S. 230–39;
    Zur Psychol. d. Kindersexualität, ebd., S. 444–58;
    Ibsen the druggist, in: The Psychoanalytic Quarterly 3, 1934, S. 137–41;
    Œuvres psychanalytiques, eingel. v. T. Neyraut-Sutterman, Nachwort v. J. Gillibert, 1975;
    Gesammelte psychoanalyt. u. lit. Schrr., hg. v. H.-J. Metzger, 1983;
    Sexuality, War and Schizophrenia, Collected psychoanalytic papers, hg. v. P. Roazen, 1991;
    zu Martha:
    Fernambuk u. Anderes, 1930.

  • Literatur

    S. Freud, V. T., Nachruf (1919), in: ders., Gesammelte Werke 12, 1999, S. 316–18;
    ders. u. L. Andreas-Salomé, Briefwechsel, hg. v. E. Pfeiffer, 1980;
    K. R. Eissler, Talent and Genius, The fictitious case of T. contra Freud, 1971;
    ders., V. T.`s suicide, 1983, franz. 1988;
    M. Kanzer, An autobiographical legacy of V. T., in: Internat. Journal of Psychoanalysis 52, 1971, S. 423–30;
    P. Roazen, Brother Animal, The story of Freud and T., 1973, dt. 1973, Neuausg. 2002 (P);
    B. Nitzschke, Kafka d. Psychoanalyse, in: Die Zeit Nr. 28 v. 6. 7. 1984;
    G. Steinlechner, Fallgeschichten, Krafft-Ebing, Panizza, Freud, T., 1995;
    G. A. Ross, Le suicide maniaque de V. T., in: Cliniques méditerranéennes 2, 2002, Nr. 66, S. 155–74;
    A. Bronner (Hg.), Vienna Psychological Soc., The first 100 Years, 2008 (P);
    Biogr. Lex. Psychoanalyse;
    Kosch, Lit.-Lex. ³ (W, L);
    Hdb. österr. Autoren jüd. Herkunft;
    Heuer;
    zu Martha:
    B. Dorfer, Die Lebensreise d. M. T., Soz.demokratie u. Frauenrechte im Brennpunkt, 2007;
    BHdE I.

  • Autor/in

    Andrea Bronner
  • Zitierweise

    Bronner, Andrea, "Tausk, Viktor" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 811-812 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119045036.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA