Lebensdaten
1471 – nach 1529
Geburtsort
Groningen (Friesland)
Beruf/Funktion
humanistischer Dichter
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118892371 | OGND | VIAF: 306237892
Namensvarianten
  • Canthor, Jacobus
  • Canter, Jacobus
  • Canthor, Jacobus
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Zitierweise

Canter, Jacobus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118892371.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jhs. ( 1497), Schüler v. Joh. Wessel u. enger Freund Rudolf Agricolas, „artium liberalium et legum civilium doctor“, um 1489 Jurist u. Bürger in Groningen, Astronom, der 1487 Celtis sein Prognostikon schrieb u. seine Söhne u. Töchter selbst unterrichtete;
    M Abele;
    B Jhs., Astronom u. Mediziner, Andreas, bis 1505 Stadtpoet Köln, Petrus (Agrippa v. Nettesheim rühmt in der Briefvorrede seiner Kommentarien zu Raymundus Lullus die Brüder als dessen Verehrer u. Andreas insbes. als seinen Lehrer in der Kunst aller Künste des Lullus), 2 Schwestern.

  • Biographie

    C., der jüngste der frühreifen Brüder, denen bis an den Kaiserhof der Ruf, gelehrte Wunderkinder zu sein, vorausging, galt seinen Zeitgenossen neben seinem als Dichter schwächeren Bruder Andreas als einer der besten neulateinischen Poeten seiner niederdeutschen Heimat. Seine weitere Ausbildung erlangte er im Zisterzienserkloster Aduard und bei den Brüdern vom gemeinsamen Leben in Deventer, wo damals auch Erasmus und Mutian zur Schule gingen. Später bezeichnete er sich selbst ausdrücklich als Schüler des Albrecht Krantz (in der Kölner Ausgabe von dessen Saxonia 1520). 1483 beschenkte R. Agricola den C. mit der Löwener Lucan-Ausgabe. Seit 1487 oblag er in Köln dem Rechtsstudium. 1489 wirkte er als Lehrer in Antwerpen, und da trugen ihm drei dort herausgegebene Schriften ein Freundschaftsangebot des Erasmus ein. Im August 1489 erregte der von Celtis für etwas geschwätzig gehaltene C. auf seiner Durchreise nach Italien in Köln durch seine rhetorischen Leistungen allseits Bewunderung. Aus Italien zurückkehrend, weilte er 1491 zu Augsburg bei dem humanistischen Stadtarzt A. Occo, 1492 bei Celtis in Ingolstadt. Als echter fahrender Humanist muß C. darauf nach Krumau/Moldau, seit den Tagen des Aeneas Silvius ein kultureller Sammelpunkt Böhmens, und Wien weitergezogen sein, wo ihm 1494 der poeta laureatus zuteil ward. 1495 erschien C. mit seinem Bruder Johann in Mainz, stand dort mit D. Gresemunddem Jüngeren und Johann Cuspinianus in Verkehr und steuerte zu dem lebendigen und plastischen Faschingsdialog Gresemunds einige Verse bei. Von 1497 bis Mitte 1500 wieder zu Krumau/Moldau im Schuldienst tätig, bat der „artium doctor“ C. von dort im November 1497 Celtis um ein poetisches Epitaph für seinen Vater und im April und Juni 1498 brieflich um Aufnahme als Mitglied in die Sodalitas Danubiana und knüpfte auch Beziehungen zu Bohuslaus von Hassenstein an. 1500 tauchte er wieder in Köln auf und bezog für eigene für die Kapelle des Rats gedichtete lateinische Inschriften ein Honorar. 1505 gehörte er zu dem Kölner Reichstagskreis der Trithemius, Sibutus und Ulsenius. Dort lernte ihn Ulrich von Hutten kennen, der C. in seinen Sommer 1510 geschriebenen „Klagen gegen die Lötze“ in Zusammenhang mit den Kölner Universitätslehrern und Poeten Gouda und Remaclus als „erfahrenen, auch im Lied starken Dichter“ pries (II, 10. Elegie, 188). Daß C. damals schon längere Zeit, und zwar in engerem Umgange mit Hermann von dem Busche, in|Köln gelebt haben muß, ergibt sich aus Epigrammen Busches. Spätestens 1506 kehrte C. in seine niederdeutsche Heimat zurück, wo er die Pfründe als Pastor von Groß-Faldern und vicarius perpetuus des Kreuz-Altars der Großen Kirche in Emden erhielt und bestimmt bis Ende 1528 dort wohnte. Mit der radikalen Änderung des friesischen Kirchenwesens unter Graf Enno II. verließ dann der altgläubige C., der noch 1526/27 in Emden mit Euricius Cordus und dem Organisten Petrus Aegidius aus Valenciennes verkehrte, die Stadt.

    Von des jungen C. dichterischem Werk, das nach den vielfachen Erwähnungen seiner Zeitgenossen recht wirkungsreich gewesen sein muß, finden sich nur noch Bruchstücke überliefert, meist Beiträge in Veröffentlichungen anderer. Die intolerante, humanistenfeindliche Denkart der Emdener Reformatoren und ihrer Nachfolger, wie zum Beispiel des Ubbo Emmius, schmähte C. und war einer Überlieferung ungünstig. Seine seinerzeit bekannteste, vor 1495 entstandene und heute verschollene Dichtung „Osculum“, die ihm großen poetischen Ruf eintrug, war wohl eine Nachahmung von des Philipp Beroaldus „Panthias Kuß“. Der zum älteren Humanismus zählende C. und ebenso sein Bruder Andreas trugen um 1500 in erheblichem Maße zur Verbreitung und Festigung humanistischer Formen und Gedanken in ganz Deutschland bei. Erasmus gedachte der Brüder rühmlich in seinem Briefe vom 24.9.1521 an Bernhard Bucho zum Haag.

  • Werke

    Bei Gerardus Leeu in Antwerpen 1498 (nicht 1471); Opusculum vitae et passionis Christi ejusque genetricis ex revelationibus S. Birgittae, Secretum de contemptu mundi (des Petrarca, v. C. hrsg., 1498 nochmals in Deventer aufgelegt), Probae Falconiae centones de Christo (aus Vergil-Versen);
    bei Erhard Ratdolt in Augsburg 1491 (nicht 1481): Decem tractatus astronomiae (d. Guido Bonatus, von C. hrsg.), Osculum (vor 1495 ?).

  • Literatur

    Ubbo Emmius, Rerum Frisicarum historiae libri X, Leiden 1616, S. 925;
    C. Meiners, Lebensbeschreibung berühmter Männer a. d. Za. d. Wiederherstellung d. Wiss. (im Leben Agrippas von N.) I, 1795, S. 399-400;
    G. Chr. F. Mohnike, Ulr. Hutten's Klagen gegen Wedeg Loetz u. dessen Sohn, 1816, S. 290/91, 494-97;
    J. Aschbach, Gesch. d. Wiener Univ. II, 1877, S. 194, 437;
    Dirks, J. C., in: Groningsche volksalmanak II (für 1891), S. 1 ff.;
    Koelhoffsche Chronik d. Stadt Köln (zum Jahre 1489), in: Die Chroniken d. dt. Städte, XIV, 1877, S. 876;
    G. Bauch, Aus d. Gesch. d. Mainzer Humanismus, in: Btrr. z. Gesch. d. Univ. Mainz u. Gießen, 1907, S. 27, 37, 39, 74, 78;
    F. Ritter, Joh., Joachim u. Jac. C., in: Jb. d. Ges. f. bildende Kunst u. vaterländ. Altertümer zu Emden, 18. Bd., 1913/14, S. 123-28;
    G. Ellinger, Gesch. d. neulat. Lit. im 16. Jh. I, 1929, S. 400;
    H. Rupprich, Der Briefwechsel d. K. Celtis, 1934, S. 79 f., 100 ff., 193, 309, 328 f., 339, 465, 509.

  • Autor/in

    Heinrich Grimm
  • Zitierweise

    Grimm, Heinrich, "Canter, Jacobus" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 127-128 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118892371.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA