Lebensdaten
1717 – 1784
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Theaterdirektor ; Schauspieler
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118725602 | OGND | VIAF: 30331849
Namensvarianten
  • Kurz, Joseph Felix Baron
  • Bernardon (genannt)
  • Kurz, Joseph Felix Freiherr von
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Zitierweise

Kurz, Joseph von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118725602.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Felix, Schauspieler u. Theaterprinzipal;
    M Edmunda, Schauspielerin;
    1) 1743 Franziska Toscani ( 1755), Schauspielerin, 2) 1758 Teresina Morelli, Tänzerin u. Schauspielerin;
    8 K aus 1).

  • Biographie

    Zu einer Zeit, da das Stegreiftheater durch die Aufklärung verdrängt wurde, vertrat es K. außerordentlich erfolgreich im Wiener Volkstheater, wo noch genügend Nährboden für dieses Überbleibsel des Barocktheaters vorhanden war. Als Sohn eines umherziehenden Theaterprinzipals trat er schon früh in Kinderrollen auf. 1737 ist sein erstes Auftreten am Wiener Kärntnertortheater belegt. K. spielte neben den Wiener Publikumslieblingen G. Prehauser und F. A. Nuth anfangs zweitrangige komische Rollen, wobei er mit der „Bernardons“, eines dummpfiffigen Buben, so brillierte, daß dieser Bernardon seine Rolle wurde. K. führte nicht wie andere Schauspieler naive Dummheit vor, sondern spielte diese Dummheit bewußt, ließ sie durchsichtig werden und machte hinter ihr gesunden Menschenverstand sichtbar. Auf diese Weise und auf Grund seiner außerordentlichen Begabung als Komiker verstand er es, Schwächen des Publikums aufzudecken. Nach ital. und engl. Vorbild dominierten Mimik und Pantomime. K.s Stücke bestanden aus einfachen Szenen aus dem Leben des Bernardon: seinen Leid- und Liebesgeschichten, seinen Glücks- und Unglücksfällen, seinem Tod und seiner Wiedererstehung. Mit K. erreichte das Wiener Stegreiftheater eine Blütezeit wie nie zuvor, sowohl die einfachen Leute wie der Adel gehörten zu den begeisterten Zuschauern. K. wurde nicht nur auf der Bühne gefeiert, er genoß auch als Privatmann gesellschaftliche Anerkennung.

    Nach dem Tod Karls VI. 1740 wurden die Wiener Theater für acht Monate wegen Landestrauer geschlossen. K. ging nach Frankfurt/Main und nach Dresden. 1744 kehrte er nach Wien zurück und spielte wieder seine Komödien, die als „Bernardoniaden“ zum Gattungsbegriff geworden waren. Mittlerweile wurde jedoch auch in Wien versucht, das schriftlich fixierte Schauspiel einzuführen, was u. a. mit Gottscheds Feldzug gegen die Hans-Wurst-Komik zusammenhing. Das extemporierte Theater, vor allem die „Compositionen von dem sogenannten Bernardon“ wurden durch einen Erlaß Maria Theresias 1752 verboten. K. mußte seine Possen niederschreiben; die gedruckten Stücke geben von seiner einmaligen Fähigkeit des Extemporierens kaum etwas wieder, zumal die Zensur alle Zweideutigkeiten und groben Scherze getilgt hat. Damit war seinem Wirken in Wien der Boden entzogen. K. ging nach Prag, war 1754-60 nochmals am Kärntnertortheater, wo er die handlungsreiche Maschinenkomödie mit technischen Effekten|und Prachtausstattungen pflegte, und kehrte nach Prag zurück. Venedig, verschiedene Städte in Süddeutschland und im Rheinland sowie Frankfurt/Main markieren seine weiteren Stationen. 1770 war er wieder in Wien, 1772-82 (?) in Warschau. Dort gab er regelmäßig Komödien und unterhielt eine Papiermühle. In den letzten Lebensjahren zog sich K. ganz vom Theater zurück.

  • Werke

    Weitere W Eine neue Tragoedia betitult: Bernardon die getreue Prinzessin Pumphia, u. Hanns-Wurst d. tyrann. Tartar-Kulikan, 1756;
    außer d. Bernardoniaden hat K. eine einaktige opera buffa „La gouvernante“ u. d. Text zu Peter Winters Oper „Helena u. Paris“ geschrieben.

  • Literatur

    ADB 17;
    F. Raab, J. F. v. K., gen. Bernardon. 1899 (P);
    O. Rommel, Die Maschinenkomödie, 1935, S. 36-52;
    ders., Die Alt-Wiener Volkskomödie, 1952;
    A. H. Matzner, Überprüfung d. Materialien z. Biogr. d. J. F. v. K., Diss. Wien 1937 (W-Verz., ungedr.);
    L. Pokorny, Die Sprache J. F. v. K.s in seinen „Teutschen Arien“, Diss. Wien 1964 (ungedr.);
    U. Birnbaumer, Das Werk d. J. F. v. K.-Bernardon u. s. szen. Realisierung, 1971 (W-Verz., L);
    Kosch, Theater-Lex.;
    C. Trilse, K. Hammer u. R. Kabel, Theater Lex., 1977;
    Kindlers Lit.Lex. VIII, S. 6696.

  • Autor/in

    Gertraude Wilhelm
  • Zitierweise

    Wilhelm, Gertraude, "Kurz, Joseph von" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 335-336 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118725602.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Kurz: Joseph Felix Freiherr v. K., genannt Bernardon, Schauspieler und Director, geb. 1715 zu Wien, starb daselbst am 2. Febr. 1784. Dieser mehr als 30 Jahre in der Vertretung der Stegreifpossen so glückliche Mann, der in Wien der Burleske zu neuen Siegen verhalf, als sie in Norddeutschland schon der besseren Einsicht der Neuberin und Gottsched's zum Opfer gefallen war, gehörte bereits seit 1730 der Bühne an. Sein Vater, der selbst zur Bühne gehörte, hatte sich in Berlin unter dem Namen Felix beliebt gemacht und dann als Prinzipal die österreichischen Staaten durchzogen. Auf Provinzbühnen begegnen wir dann auch K., bevor er zum ersten Mal in Wien auftrat, was 1737 geschah. Der Erfolg heftet sich hier sofort an seine Sohlen, denn mit lebhaftem Temperament, verband er Witz, Erfindungsgabe, eine ganz außergewöhnliche komische Darstellungsgabe und was nicht zum letzten für sein Gefallen entschied, eine seine Empfindung für die Schwächen des Publicums, auf die er stets mit Geschick speculirte. Ein ganz besonderes Aufsehen erregte er in der Rolle einer dem italienischen Scapino ähnlichen Figur, dem Bernardon, nach der er sich bald nannte und die er in zahllosen von ihm selbst geschaffenen Variationen immer und immer wieder dem Publicum vorführte. Diese mit dem reichsten Apparat ausgestatteten Burlesken führten u. A. folgende Titel: „Bernardon, der weynende Amant und Hans Wurst der Crupeler von des Herodes seiner Frauen, der Mariamne, Fürstin von Jerusalem“, „Bernardon, der aus einem Schmeltz-Degel entsprungene flüchtige Mercurialische Geist, nebst einem Poetischen Prologuen genannt: Der Kreutzweis mit Fesseln belegte Cupido oder der Streit zwischen denen Göttern und Göttinnen über den unschuldig verklagten Bernardonischen Mercurium“, worin Bernardon als Amor, Venus, Jupiter, Mercur, altes Weib, Pavian, Tanzbär und Pandur erschien; ferner „Der achtmal verwandelte Bernardon und Hans Wurst, der gezwungene Holzhacker“. „Bernardon, der alte Seefahrer aus der neuen Welt und Hans Wurst, der geplagte Tänzer vor der Madame Bazayraziania“, „Bernardon der liederliche Frichtel“, „Hans Wurst und Bernardon, die zwei heldenmüthigen Söhne des großen Ritters Sacrapans und tapfre Befreyer der Königin Lenorella auf der Insel Lilliput, nebst zwei Auftritten, so von einem Kinde recitirt werden“, „Colombine die glücklich gewordene Haubenhefterin oder Bernardon der dreißigjährige ABCSchütz“ u. a. m. Welche Art diese und ähnliche von K. gegebene Burlesken waren, geht schon aus den bei Meyer „Leben Schröder's“ (I. S. 173) mitgetheilten Anekdoten hervor, nach denen z. B. ein Darsteller, der eine Laterne trug, diese vor seine Kehrseite hielt mit der' Erklärung „damit ich das Licht gleich wieder anblasen kann, wenn's der Wind ausmacht“. Ueber ein Stück, in dem der Liebhaber seine mit Leder bekleidete Sitzfläche als Zielscheibe großer Wasserspritzen darbieten mußte, sagte K. zu Schröder: „In Wienn ist das Stuckert über zwanzigmal hintereinand auf'gführt“. Bis in die höchsten Kreise jubelte man solchen Scherzen zu und lohnte sie durch mehr Beifall als etwa das Spiel eines Ethos. Ein Zeitgenosse berichtet im Märzheft (1792) der „Deutschen Monatsschrift": „Wenn K. auf die Bühne trat, strömte die Menge gleichsam ins Schauspielhaus, wenn er herabstieg, zankten sich selbst von den stolzesten Großen viele um seinen Umgang ... Dennoch spielte er nirgends, wo er merkte, daß man es fordere, den Luftigmacher; war niemanden für ein Gastgebot verbunden, und machte selbst zu Wien ein Haus, wie wenige Kavalier“. Ja er besaß die Dreistigkeit, unter dem Deckmantel seiner Rolle bittere Bemerkungen über Staatspersonen zu machen, die man ihm gemeinhin nicht verübelte. Endlich aber stieß er doch einmal an und verscherzte sich durch eine unglaublich freche Antwort die Gunst Maria Theresia's, die sonst sehr große Stücke auf ihn hielt, seit jenem Vorfall ihn aber trotz aller Bitten nie mehr sah. Eben dieser Vorfall war auch der Grund, daß er 1743 Wien verließ. Doch schon 1744 kehrte er an diese beste Stätte für sein Wirken zurück, schied dann abermals und diesmal aus Unbehagen über die Reformpläne der Kaiserin und wegen der Nachcensur von der schönen Donaustadt, um 1754 unter Graf Durazzo's Schutz von neuem seinen Einzug zu halten. Seine Stellung war indessen nicht mehr die gesicherte alte, die extemporirte Komödie ging ihrem Ende entgegen und K. mußte 1760 zum dritten Mal den Schauplatz verlassen. Er wandte sich nach Prag, dirigirte hier bis 1763, ging dann nach Venedig, wo er bei einem Theaterunternehmen seine Prager Ersparnisse jämmerlich einbüßte. 1765 abermals in Wien, bereiste er dann mit einer Truppe Baiern, Salzburg, Schwaben, die Rheingegend und Frankfurt a. M. In diese Zeit fällt auch das Engagement Schröder's, der u. a. von K. erzählte, er habe aus seinem Munde nie eine Zote gehört, doch habe er sie|andern nie verboten. 1765 war K. auch vom kurfürstlichen Hof in München beauftragt worden, ein stehendes Theater daselbst zu errichten (vgl. Brandes' Lebensgeschichte, II.), was aber nicht zu Stande kam, da die meisten der bedeutenden Schauspieler, die man zum Mitwirken aufgefordert hatte, diese Aufsorderung abschlugen. Noch ein Mal — es war 1770 — versuchte K. in Wien sein Heil. Vergeblich! Er hatte verlauten lassen, „Equivoquen mit anscheinender Dummheit vorgetragen, wären die Lieblingsspeise des Wiener Publicums, und die wirksamste Aushülfe eines dramatischen Schriftstellers“ (I. H. F. Müller's Abschied, S. 71); allein er hatte sich getäuscht. Da er nicht extemporiren durfte, mußte er seine Possen niederschreiben und die Censur strich aus diesen Niederschriften alle Zweideutigkeiten und allen groben Scherz weg. Damit war dem Wirken Kurz' in Wien der Todesstoß versetzt und der einst Gefeierte mußte besiegt seinen letzten Rückzug aus Wien antreten. 1774 finden wir ihn an der Spitze eines Theaterunternehmens in Warschau, wo er zuletzt Papiermüller war. Während dieser Epoche seines Lebens wurde K. in den polnischen Freiherrnstand erhoben. Nach einer Erzählung des gothaischen Theaterjournals (XIX. S. 101) soll K. auf folgende Weise zu seinem Adel gekommen sein. Er hatte ein Stück gemacht, „Baron Zwickel“, worin er die Titelrolle spielte. Der Kaiser Franz, dem er in dieser Partie gut gefallen hatte, sprach eines Tages auf der Promenade von dem Stück mit einigen Cavalieren, als K. vorbeiging. „Sieh' da, unser Herr Baron“, sagte der Kaiser. K. hört's, geht hinzu und bemerkt, sich verbeugend: „J dank Ew. Majestät für die Charge“. Der Kaiser lachte und seit dieser Zeit schrieb sich der Spieler „Baron v. K.“ Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte K. in Wien, wo ihm die Schauspieler aller österreichischer Länder den von ihm mit Vergnügen angenommenen Titel „Vater“ gaben. — Außer den Bernardoniaden hat K. auch noch eine einaktige Opera buffa „La gouvernante“ und den Text zu Peter Winter's Oper „Helena und Paris“ geschrieben. — Kurz' Frau, Franziska, gehörte auch zur Bühne und dirigirte sogar einige Zeit eine elende Truppe. Sie war in komischen Rollen besser als in tragischen. Mitte der 60er Jahre ließ sie sich von K. scheiden, weil dieser ein Liebesverhältniß mit ihrem Kammermädchen unterhalten hatte.

  • Autor/in

    Joseph Kürschner.
  • Zitierweise

    Kürschner, Joseph, "Kurz, Joseph von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 17 (1883), S. 426-428 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118725602.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA