Lebensdaten
1560 – 1591
Geburtsort
Dresden
Sterbeort
Dresden
Beruf/Funktion
Kurfürst von Sachsen
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118676075 | OGND | VIAF: 267114863
Namensvarianten
  • Christian I. von Sachsen
  • Christian von Sachsen
  • Christian I.
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Zitierweise

Christian I., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118676075.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Aug. ( 1586), Kf. v. Sachsen (s. NDB I);
    M Anna ( 1585), T Kg. Christians III. v. Dänemark ( 1559 [s. NDB III]);
    Schw Elis. (1552–90, 1570 Joh. Casimir, Pfalzgraf v. Simmern [ 1592]);
    Dresden 1582 Sophie (1568–1622), T des Kf. Joh. Gg. v. Brandenburg (1525–98) u. der Sabina ( 1575), T des Mgf. Gg. v. Brandenburg-Ansbach;
    3 S, 4 T, u. a. Christian II. ( 1611 [s. NDB III]), Joh. Gg. I. (1585–1656), Kf. v. Sachsen, Sophie (1587–1635, Franz I. [ 1620], Hzg. v. Pommern [s. ADB VII]).

  • Biographie

    Ch. überlebte als einziger der 10 Söhne Kurfürst Augusts von Sachsen seinen Vater. Er genoß eine sorgfältige Erziehung, die darin gipfelte, daß dem Kurprinzen bereits zu Lebzeiten Kurfürst Augusts Regierungsgeschäfte einzelner Verwaltungszweige übertragen wurden. Helfend und beratend stand ihm als Zivilgouverneur der im In- und Ausland gebildete, ihm geistig weit überlegene Dr. Nikolaus Crell bei. Als Ch. zur Regierung gelangte, zeigte es sich bald, daß der körperlich zarte, charakterlich labile Fürst kein sonderliches Interesse für die Aufgaben der Staatslenkung besaß und in den Regierungsgeschäften wenig ausdauernden Fleiß bewies. Seine Aufmerksamkeit galt vielmehr der prunkvollen Hofhaltung, seine Leidenschaft den Freuden der Jagd und vorzugsweise den Gaben des Bacchus. Jeder religiöse Fanatismus war dem Kurfürsten, der sich selbst „nicht calvinistisch, nicht flacianisch, sondern Christianus“ nannte, zuwider. So erließ Ch. bereits am 7.9.1585 eine Verfügung „gegen das unzeitige und unnötige, auch ärgerliche Gebeiß und Gezänk und Verdammnis der Theologen“. Als echter „Christianus“ bekannte er sich zu den gemäßigten Tendenzen Melanchthons, war der Konkordienformel abhold und ließ gewisse volkstümlich gewordene liturgische Bräuche - wie etwa den Exorzismus bei der Taufe - verbieten. Die treibende Kraft dieses kirchenpolitischen|Umschwungs war Dr. Nikolaus Crell, der inzwischen zum Kanzler mit beinahe unumschränkten Befugnissen erhobene Berater des Kurfürsten. Auf Crells Anregung hin vollzog Ch. die Vereinigung des Geheimen Rates mit den Hofräten, wobei dem Geheimen Rat der entscheidende Einfluß auf die Regierungsangelegenheiten genommen wurde. Der Haß der empörten Landstände und der lutherischen Partei am Hofe, sowie des über die kirchlichen Neuerungen erregten sächsischen Volkes konzentrierte sich deshalb weit mehr auf den Kanzler als auf den verantwortungsscheuen Kurfürsten. Der inneren Staatslenkung Christians entsprach seine Außenpolitik. Hier schloß sich der Kurfürst eng an den Schwager Johann Casimir an und ließ sich völlig für die politischen Interessen des Pfalzgrafen gewinnen. Beide Fürsten trafen sich am 1. und 2.3.1590 in Plauen, um über die Grundzüge eines deutsch-protestantischen Schutzbündnisses zu beraten, mit dem Ziel, der Zerrissenheit der evangelischen Partei in Deutschland zu steuern und den Protestanten in Frankreich gegen die bedenkliche Übermacht der Guisen und Jesuiten Unterstützung zu senden. Als Christian jedoch der Oberbefehl über das für Frankreich aufgestellte Hilfsheer angetragen wurde, lehnte der indolente Kurfürst - weit entfernt von dem Genie und der Initiative seines Oheims Moritz von Sachsen - diesen Auftrag ab und versäumte damit die Gelegenheit, Sachsen an der Spitze des Protestantismus entscheidend in die europäische Politik eingreifen zu lassen. - An Christians Regierung erinnerten einige prachtvolle Neubauten in der Residenz, darunter das damals vielbewunderte Stallhaus, und der zur Festung ausgebaute Königstein. Die für seine Staatslenkung charakteristischen Tendenzen jedoch - die Hinwendung zur aufgeklärten Denkweise und die Einschränkung der Befugnisse der Landstände zugunsten des Herrschers, diese auf den späteren Absolutismus hinweisenden Kriterien - waren das Werk des Kanzlers Nikolaus Crell, nicht das Christians gewesen.

  • Literatur

    ADB IV;
    K. A. Muffat, Die Verhh. d. prot. Fürsten in d. J. 1590 u. 1591 z. Gründung einer Union …, 1865;
    K. G. Helbig, Zur Gesch. d. kursächs. Pol. 1590 u. 1591, in: Archiv f. d. sächs. Gesch. 7, 1869, S. 287-317;
    C. W. Böttiger-L. Flathe, Gesch. d. Kurstaates u. Kgr. Sachsen II, 1870, S. 94-121;
    Freundschaftl. Beziehungen zw. Ch. I. u. seinem Schwager Pfalzgf. Joh. Casimir 1591, in: Archiv f. d. sächs. Gesch. 11, 1873, S. 115-17;
    R. Zachmann, Die Pol. Kursachsens unter Ch. I., 1585–1691, Diss. Leipzig 1912;
    R. Kötzschke-H. Kretzschmar, Sächs. Gesch. II, 1935, S. 37 ff.;
    K. Brandi, Dt. Gesch. im Za. d. Ref. u. Gegenref., 1941, S. 429 f.

  • Porträts

    Gem. v. Seb. Dattler, 1623, u. mehrere anonyme Darstellungen (Dresden Hist. Mus.);
    Singer I, 1931, Nr. 14 729-65.

  • Autor/in

    Christa Schille
  • Zitierweise

    Schille, Christa, "Christian I." in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 230-231 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118676075.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Christian I., Kurfürst von Sachsen, geboren am 29. October 1560, 1591, von den zehn Söhnen Kurfürst Augusts und Anna's von Dänemark der einzige, welcher, den Vater überlebend, den albertinischen Mannesstamm fortsetzte, genoß vornehmlich unter Leitung des nachmaligen Hofraths Dr. Paul Vogel eine für seine Zeit sorgfältige Erziehung und folgte, nachdem er bereits vorher den Vorsitz im Geheimrathscollegium geführt und an den Regierungsgeschäften Theil genommen, im Jahre 1588 seinem Vater in der Regierung. Schwächlichen Körpers, sanften Charakters, lebenslustig, ohne Arbeitslust und hervorragende Geistesgaben überließ er sich der Leitung seines ihm geistig überlegenen Kanzlers Dr. Nicolaus Crell um so williger, als er auch in der freieren Auffassung des protestantischen Lehrbegriffes, in welcher er bis zu seinem vierzehnten Jahre erzogen worden war, mit demselben übereinstimmte. „Nicht calvinisch, auch nicht flacianisch wolle er sein“, erklärte er, „sondern Christianus.“ In diesem Sinne ließ er die von seinem Vater zu Gunsten des orthodoxen Lutherthums getroffenen Anordnungen zum Theil selbst gegen den Willen und unter lautem Widerspruch der von dieser Partei bearbeiteten Bevölkerung beseitigen, und diesem Umschwung entsprach auch der Wechsel seiner äußeren Politik, auf welche neben Crell sein ihm nahe befreundeter Schwager, Pfalzgraf Johann Casimir, den meisten Einfluß übte. Voll aufrichtigen Strebens, der Zerfahrenheit und Zerrissenheit der protestantischen Partei ein Ende zu machen, namentlich Sachsen seinen Glaubensgenossen wieder zu nähern und aus der Abhängigkeit von Oesterreich zu befreien, erneuerte er schon 1587 die alte Erbeinigung mit Hessen und Brandenburg, schloß sich auch den Maßnahmen der übrigen deutschen Protestanten zu Unterstützung des Königs von Frankreich gegen das bedrohliche Uebergewicht der Guisen und Jesuiten an, lehnte jedoch den ihm angetragenen Oberbefehl über das nach Frankreich zu sendende Hülfsheer ab. Obgleich friedliebender Gesinnung, überzeugten ihn doch die immer offener hervortretenden Feindseligkeiten der katholischen Partei immer mehr von der Nothwendigkeit eines deutsch-protestantischen Schutzbündnisses; bereits hatte er am 20. Februar 1590 auf einer Zusammenkunft mit dem Pfalzgrafen zu Plauen i. V. die Grundzüge eines solchen entworfen, als er nach den ersten einleitenden Schritten zur Ausführung desselben am 25. September 1591 durch den Tod abberufen wurde, den er durch seine Vorliebe für die Freuden der Tafel und des Bechers selbst beschleunigt hatte. Sein Grab befindet sich in der von ihm restaurirten fürstlichen Begräbnißcapelle des Doms zu Freiberg. Ch. war ein prachtliebender Fürst, die Dresdener Hofhaltung überstrahlte unter ihm alle andern in Deutschland, daneben theilte er mit den meisten seines Stammes die Leidenschaft für die Jagd. Von seiner Baulust zeugen außer dem Königstein, den er erst zur Festung umschuf, verschiedene Bauten in der Residenz, namentlich das damals als Prachtbau angestaunte Stallgebäude. Von der ihm am 25. April 1582 vermählten Sophie von Brandenburg hinterließ er drei Söhne, Christian, Johann Georg und August; die älteste Tochter Sophie wurde die Gemahlin Herzogs Franz von Pommern, die jüngere, Dorothea, starb 17. November 1617 als Aebtissin von Quedlinburg.

  • Autor/in

    Flathe.
  • Zitierweise

    Flathe, Heinrich Theodor, "Christian I." in: Allgemeine Deutsche Biographie 4 (1876), S. 172 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118676075.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA