Lebensdaten
1902 – 2001
Geburtsort
Dortmund
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Chemiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118600664 | OGND | VIAF: 107637216
Namensvarianten
  • Rieche, Friedrich Robert Alfred
  • Rieche, Alfred
  • Rieche, Friedrich Robert Alfred

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Zitierweise

Rieche, Alfred, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118600664.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Alfred (1868–1929), aus Quedlinburg, Chemiker in Bernburg;
    M Margarethe Baum (1880–1904), aus Langendreer, Lehrerin;
    1) Elsa (1905–96), T d. Robert Mundt (* 1872), Färbermeister in Bernburg, u. d. Elsa Thormann (1881–1963), 2) Anna-Maria (* 1934), T d. Karl Bittner (1892–1979), Chemiker in Wolfen, u. d. Ilse Fleischer (1904–82), Lehrerin;
    2 T aus 1) Lore (1928–2002, Christoph v. Auer, * 1920, Dr. iur., Wirtsch.jur.), Dr. med., Ärztin in B., Inge (* 1933, Klaus v. Auer, * 1933, Dipl.kaufm., kaufm. Angest.), Dr. med., Ärztin in Uttenreuth b. Erlangen, 1 S aus 1) Klaus (* 1937), Arzt in Gelsenkirchen.

  • Biographie

    R. besuchte seit 1911 das Realgymnasium in Bernburg/Saale und studierte nach dem Abitur 1920-25 Chemie in Greifswald, u. a. bei Jakob Meisenheimer (1876–1934) und Rudolf Pummerer (1882–1973). Diesem folgte er 1925 nach Erlangen und wurde bei ihm im selben Jahr promoviert (Über einwertigen Sauerstoff). Anschließend Assistent, dann Leiter der organischen Abteilung des Chemischen Laboratoriums der Univ. Erlangen, habilitierte R. sich 1930 (Alkylperoxyde u. Ozonide). Studienaufenthalte bei Fritz Pregl in Graz (1925) und in München bei Ernst Waldschmidt-Leitz (1927) vertieften seine Kenntnisse in Analytischer Chemie bzw. der Nutzung von Enzymen. Da er zunächst keine Möglichkeit einer Hochschullaufbahn sah, übernahm R. 1933 die Leitung des Laboratoriums für Zwischenprodukte im Werk Wolfen der „IG Farbenindustrie A.G.“, wo er, abgesehen von einem Zwangsaufenthalt in der Sowjetunion 1946–51, bis 1954 tätig war. Zusätzlich zur Position in Wolfen wurden ihm weitere Aufgaben übertragen, u. a. 1935 der Aufbau eines Forschungslabors für Kunststoffe im IG-Werk Bitterfeld.

    Seit 1933 hielt R. an der Univ. Leipzig Vorlesungen (1937 ao. Prof.), 1951 erhielt er einen Lehrauftrag für spezielle organische Chemie an der Univ. Halle, 1952 erfolgte die Berufung zum Professor mit vollem Lehrauftrag und später zum o. Professor und Direktor des Instituts für Technische Chemie an der Univ. Jena. 1954 wurde R. zum Gründungsdirektor des Instituts für Organische Chemie der „Dt. Akademie der Wissenschaften“ in Berlin-Adlershof berufen, das er bis zur Emeritierung 1968 leitete. Gleichzeitig führte er bis 1967 sein Institut in Jena und übernahm 1955 einen Lehrauftrag für Technische Chemie an der Humboldt-Univ. Berlin, die ihn 1960 zum Professor mit Lehrstuhl berief.

    1927-32 synthetisierte R. niedere, hochexplosive Peroxide sowie Wasserstoffperoxid-Additionsprodukte an Aldehyden und Ketonen. Viel beachtet wurde auch seine Totalsynthese eines Ozonids (1932), die auf elegante Weise das Problem der Ozonid-Struktur löste („Ozonidsynthese ohne Ozon nach Rieche“). Autoxidationen, d. h. Reaktionen organischer Verbindungen unter milden Reaktionsbedingungen mit Luftsauerstoff, haben eine enorme Bedeutung für weite Bereiche der Biochemie und der chemischen Technik. R. erkannte 1937, daß Hydroperoxide die ersten isolierbaren Zwischenprodukte der Autoxidation vieler organischer Verbindungen sind. Damit wurde ein wesentliches Fundament für die Entwicklung der Oxidationschemie mit molekularem Sauerstoff gelegt, und weltweit wurden weitere Untersuchungen durchgeführt. 1954-68 nahm R. (jetzt in Berlin-Adlershof u. in Jena) schwerpunktmäßig die Peroxidchemie wieder auf, synthetisierte neuartige Peroxid-Typen, entwickelte Analysenmethoden für organische Peroxide und führte Untersuchungen zum Reaktionsmechanismus der Bildung und des Zerfalls von Peroxiden durch.

    Mit seinen Arbeiten zur Peroxidchemie wurde R. international bekannt, er bearbeitete jedoch auch erfolgreich viele Bereiche der synthetisch-organischen Chemie und der chemischen Technik. In Wolfen untersuchte er 1933-54 technisch wichtige Themen (Zwischenprodukte f. Farbstoff- u. Pharmasynthesen, Verbindungen mit reaktivem Chlor, Lösungsmittel, Weichmacher, Arzneimittelsynthesen u. Lignin-Nutzung). Bahnbrechend waren seine Arbeiten zur Verwendung der Buchenholz- Sulfit-Ablaugen, als in der Filmfabrik Wolfen eine große Anlage zur Herstellung von Zellstoff aus Buchenholz anlief. Es gelang R. (mit Günter Hilgetag), aus diesen Ablaugen Futterhefe zu gewinnen. Dies waren Pionierarbeiten auf dem Gebiet der Biotechnologie und von erheblichem ökonomischen und ökologischen Wert. Nach dem 2. Weltkrieg wurde von R.s Arbeitsgruppe aus Melasse Nährhefe gewonnen, die u. a. als Brotaufstrich Verwendung fand. Auch verfahrenstechnische Entwicklungen, z. B. der Schlaufenreaktor und die Förderbandreaktoren sind mit R.s Namen verbunden.|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Dt. Ak. d. Wiss. zu Berlin (korr. 1956, o. 1959), d. Leopoldina (1959) u. d. Heidelberger Ak. d. Wiss. (korr. 1964);
    Ehrenmitgl. d. Poln. Chem. Ges. (1972);
    Dr. h. c. (Hannover 1961, Erlangen-Nürnberg 1966, TH Leuna-Merseburg 1991);
    A. v. Baeyer-Gedenkmünze d. Ges. Dt. Chemiker (1957);
    Nat.preis II. Kl. d. DDR (1959);
    August-Kekule-Medaille d. Chem. Ges. d. DDR (1962).

  • Werke

    u. a. Alkylperoxyde u. Ozonide, 1931;
    Die Bedeutung d. organ. Peroxyde f. d. chem. Wiss. u. Technik, 1937;
    Peroxyde als Katalysatoren, in: G. M. Schwab (Hg.), Hdb. d. Katalyse, 1943, Bd. 7/I, Katalyse in d. organ. Chemie, S. 136-70;
    Grundriß d. techn. organ. Chemie, 1956, ³1964 (engl., russ. u. span. Übers.);
    Über d. mikrobiolog.-techn. Eiweiß- u. Fettsynthesen auf d. Basis v. Zellstoffablaugen, in: Wiss. Ann., 1954, H. 3, S. 705-832;
    Über Peroxyde d. Äther, d. Carbonylverbindungen u. d. Ozonide, in: Angewandte Chemie 70, 1958, S. 251-78;
    Synthesen v. Peroxyden über Carbenium-Ionen, ebd. 73, 1961, S. 57 f.;
    Neue wiss. u. techn. Entwicklungen auf d. Gebiet d. organ. Peroxyde, in: Dt. Ak. d. Wiss. 1946–56, 1956, S. 194-210;
    Peroxygenierung organ. Verbindungen, in: Zs. f. Chemie, 1962, S. 443-52 (mit E. Schmitz u. M. Schulz);
    Unterss. über Wuchshefen u. Mycelpilze im Hinblick auf d. Ausnutzung ind. Abwässer, in: Wasserwirtsch. – Wassertechnik 10, 1960, S. 52-62;
    Entwicklung d. Inst. f. Organ. Chemie d. Ak. 1954, in: Spektrum, Mitt.bl. f. Mitarbeiter d. Dt. Ak. d. Wiss. 11, 1965, S. 68-76;
    Reinigung u. Verwertung ind. Abwässer, in: SB d. Dt. Ak. d. Wiss. Berlin, Kl. f. Chemie, Geol. u. Biol., 1962, S. 1-55;
    Hg.:
    Techn. Fortschrittsberr., 1955 ff.;
    Mithg.:
    Chem. Berr. d. Ges. Dt. Chemiker, 1962 ff.

  • Literatur

    G. Hilgetag, in: Zs. f. Chemie 2, 1962, S. 97-100 (P);
    E. Schmitz, in: Mitt.bl. d. Chem. Ges. d. DDR 6, 1959, S. 179 f., 29, 1982, S. 70 f. (P);
    B. Helferich, in: Naturwiss., Chem., Technik 5, 1957, S. 292 f. (P);
    W. Nordheim u. M. Lorenz, Das gärungsgewerbl. Schaffen v. A. R., in: Branntwein-Wirtsch., 1967, S. 185-88 (W-Verz. unvollst., P);
    E. Fanghänel, in: Wiss. Zs. d. TH Leuna-Merseburg 33, 1991, S. 405-07 (P);
    W. Pritzkow, ebd., S. 409-12;
    M. Schulz, in: Nachrr. aus d. Chemie, 2002, S. 187 (P);
    ders., in: European J. Organic Chemistry (in Vorbereitung, P);
    Ch., Rüchardt, in: Jb. d. Heidelberger Ak. d. Wiss. 2001 (im Druck, P);
    Pogg. VI. VII a;
    Biogr. Hdb. SBZ/DDR.

  • Autor/in

    Manfred Schulz
  • Zitierweise

    Schulz, Manfred, "Rieche, Alfred" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 561-562 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118600664.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA