Lebensdaten
um 1390 – nach 1458
Beruf/Funktion
Meistersänger ; Meisterlieddichter ; Sangspruchdichter
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118585924 | OGND | VIAF: 265472961
Namensvarianten
  • Muskatblüt, Conrad
  • Muskatblut, Hans
  • Muskatblut
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Zitierweise

Muskatblüt, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118585924.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    M. war einer der bekanntesten Liedautoren seiner Zeit und zusammen mit dem eine Generation jüngeren Michel Beheim der letzte Berufsdichter in der Tradition der Sangspruchdichtung. Er lebte als fahrender Sänger vorwiegend im süddeutschen Raum. Bezeugt sind Auftritte in Nördlingen, Regensburg und Nürnberg. Zugleich stand er aber offenbar jahrzehntelang im Dienst des Mainzer Hofes: 1424 wird er in Nördlingen als „des von Meincz Sprecher“ bezeichnet, 1441 in Nürnberg als „des von Mencz varender man“, und noch aus den 50er Jahren sind in Mainz Lohnzahlungen an ihn verbürgt, zuletzt 1458 (eine abweichende Auffassung, nach der sich nicht alle Belege auf dieselbe Person beziehen, wird von Kiepe-Willms vertreten). Auch für den Reichserbkämmerer Konrad von Weinsberg erledigte M. in den 20er und 30er Jahren verschiedentlich Aufträge, u. a. wurde er 1429 zum Hochmeister des Deutschen Ordens nach Preußen geschickt. Der Beginn seines Schaffens fällt in die Zeit des Konstanzer Konzils: Das früheste sicher datierbare Lied (Nr. 70) stammt von 1415 und behandelt Konzilsereignisse. M. vermerkt, er habe nach der Flucht des Papstes Johannes (März 1415) persönlich in Konstanz|geweilt. Das jüngste datierbare Lied entstand 1438 anläßlich der Wahl Kg. Albrechts II. Aus dieser und der späteren Zeit ist vergleichsweise wenig erhalten – vielleicht ließ M.s Schaffenskraft nach, vielleicht aber sind die Gründe auch in den Besonderheiten der Überlieferung zu suchen: Die Lieder M.s sind mit wenigen Ausnahmen in einer Handschrift erhalten, die bereits 1434 von Hermann Ludesdorf, Kaplan der Grafen v. Manderscheid, wohl in deren Auftrag geschrieben wurde und die im Kern auf eine vermutlich von M. selbst angelegte Sammlung zurückgeht. Daneben steht eine breite Sammel- und Streuüberlieferung, in der sich aber nur vereinzelt und eher zufällig echte Lieder rinden, die in der Handschrift von 1434 fehlen. Charakteristisch für M.s Werk ist die Verwendung der Autorsignatur in allen Liedern. Es kommt darin ein nicht geringes auktoriales Selbstbewußtsein zum Ausdruck, das in M.s Selbstverständnis als Morallehrer für den Adel wurzelt. Das Œuvre besteht aus knapp 100 Liedern in vier von M. erfundenen Tönen (Melodien). Am häufigsten bediente er sich des Hoftons (66 Lieder), der noch im 16. Jh. populär war; im Langen Ton sind 20 Lieder abgefaßt, im Fröhlichen Ton 10, und in einem vierten Ton, der keinen eigenen Namen trägt, lediglich 3. Die Verwendungsweise der Töne ist unterschiedlich, so diente z. B. der Lange Ton vorwiegend der moralischen Unterweisung, der Fröhliche Ton für Lieder zu kirchlichen Festen sowie für Liebes- und Frühlingslieder, während der Hofton für vielerlei Themen zur Verfügung stand. Die Mehrzahl der Texte ist weltlichen Inhalts: Neben der allgemeinen Morallehre steht die oft kritische Adels- und Fürstenlehre, z. T. mit konkretem politischem Bezug, und auf der anderen Seite das Thema Frauen und Minne, teils wieder mit didaktischer Tendenz, teils preisend und werbend. Die geistlichen Lieder sind vor allem Maria gewidmet und handeln lobpreisend von der Verkündigung und Inkarnation oder von der Geburt Christi, von Marias Leiden und ihrer Himmelfahrt, wobei oft kirchliche Feste den Anlaß der Entstehung und Aufführung bilden. Zuweilen bediente sich M. auch des Verfahrens der Allegorese, ohne damit aber einen gelehrten Anspruch zu verbinden. Er legte in seinen Dichtungen eher auf allgemeine Verständlichkeit Wert als auf gesteigerte Kunstfertigkeit. Dies ist wohl auch die Ursache der Beliebtheit seiner Lieder.

  • Werke

    Ausg.: E. v. Grote (Hrsg.), Lieder M.s, 1852. – Faks. d. Haupths.: E. Kiepe-Willms u. H. Brunner (Hrsg.), M., Abb. z. Überlieferung: Die Trierer-Kölner Hs. u. d. Musiküberlieferung, 1983.

  • Literatur

    ADB 23;
    E. Kiepe-Willms, Die Spruchdichtungen M.s, 1976 (W-Verz., L);
    dies., in: Vf.-Lex. d. MA;
    F. Schanze, Meisterl. Liedkunst, 1983/84, I, S. 145-82, II, S. 14-20, 316 f.;
    ders. u. B. Wachinger (Bearb.), Rep. d. Sangsprüche u. Meisterlieder IV, 1988, S. 378-436;
    MGG.

  • Autor/in

    Frieder Schanze
  • Zitierweise

    Schanze, Frieder, "Muskatblüt" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 637-638 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118585924.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Muskatblut, Meistersänger des 15. Jahrhunderts; die späteren Meistersänger geben ihm den Vornamen Hans, was jedoch durch die Handschriften keine Begründung findet. Die Sprache seiner Gedichte weist auf Baiern als seine Heimath hin. Er scheint sich an den Höfen verschiedener Fürsten aufgehalten zu haben, wenigstens deutet der etwas spätere Michel Beheim an, daß von Fürsten und Herren seine Gedichte geschätzt worden seien. Die ältesten datirbaren Gedichte fallen in das Jahr 1415, das späteste, in welchem er sich auf die Wahl Albrechts II. zum deutschen König bezieht, ist nach 1437 entstanden. Ein beträchtlicher Theil seiner Gedichte ist geistlichen Inhalts, hauptsächlich dem Lobe|der Jungfrau Maria gewidmet, wobei er in künstlicher Form die im Mittelalter üblichen mystischen und allegorischen Bilder braucht, wie er auch dem Geheimniß der Dreieinigkeit in ähnlicher Weise beizukommen sucht. Das seit dem 14. Jahrhundert in Poesie und darstellender Kunst beliebte Bild von der geistlichen Mühle hat er ebenfalls angewendet. Der Zusammenhang zwischen geistlicher und weltlicher Lyrik bekundet sich in seinen geistlichen Liedern darin, daß er im Eingang derselben oft mit Naturschilderungen beginnt, was von Alters her im weltlichen Liede gebräuchlich war. Manche zeugen von inniger Empfindung wie Nr. 18 der Grooteschen Ausgabe, worin er einen Rückblick auf sein hinter ihm liegendes Leben wirft, die Vergeudung seiner Tage beklagt und sich dem Schutze der heil. Jungfrau anempfiehlt, die an ihrer Hand ihn auf der Fahrt in das fremde Land, dessen Wege ihm unbekannt sind, geleiten möge. Da er in diesem vor 1433 entstandenen Liede sich schon als einen Mann mit grauem Haar und gebogenem Rücken bezeichnet, so werden wir seine Geburtszeit etwa um 1370 und den Anfang seiner dichterischen Thätigkeit spätestens um 1400 zu setzen haben. Seine Minnelieder sind, wir dies bei den Meistersängern fast immer der Fall, dem Lobe der Frauen und der Verherrlichung der Minne im allgemeinen gewidmet und drücken kein persönliches Liebesgefühl aus. Seine Hochachtung vor dem weiblichen Geschlechte verdient hervorgehoben zu werden. Von besonderem Interesse sind die zahlreichen auf geschichtliche und culturhistorische Verhältnisse der Zeit sich beziehenden Gedichte. Hier tritt ein muthiger unerschrockener Sinn zu Tage, indem er auch die Fürsten und Adligen wegen ihres lasterhaften und sündigen Lebens nicht schont. Ebenso sagt er der Geistlichkeit derb die Wahrheit und warnt die Frauen und Mädchen davor, sich mit Pfaffen einzulassen. Mitunter, doch nicht häufig, zeigt sich eine humoristische Ader; so wenn er in einem Liede die Zustände der Welt als vortrefflich schildert: man findet keinen Wucher mehr, die Mönche sind halbe Heilige, die Fürsten und Herren hören nicht auf Lügner und Schmeichler, Ritter und Knechte halten ihren Orden ein, aller Straßenraub ist abgethan, man hört nicht mehr von Ehebruch, die Richter lassen sich nicht bestechen, alle Handwerker sind treu und zuverlässig — bis die Schlußworte „O Muscatblut, wie sehr hast du gelogen!“ den wahren Sinn der Schilderung lehren, zu welcher ein anderes Lied mit dem Schlusse „Ach Muscatblut, wie wahr hast du gesungen!“ den Gegensatz bietet. In mehreren Liedern beschäftigt er sich mit den hussitischen Streitigkeiten und zeigt hier eine streng orthodoxe Gesinnung, infolge deren er mit der Verbrennung Hussens ganz einverstanden ist und den Wunsch ausspricht, auch seine Anhänger, die ungebratenen Gänslein (wortspielend mit Huß — Gans) möchten gebraten werden. Bei den Meistersängern späterer Zeit war er hoch geschätzt, und schon Michel Beheim wünscht sich nichts höheres, als die gleiche Anerkennung mit seinen Gedichten zu finden. Auch Cyr. Spangenberg (von der Musica S. 134) gefiel M. unter allen Meistersängern am besten. M. hat die Eigenthümlichkeit, daß er in der Schlußstrophe immer seinen Namen nennt, wodurch die Echtheit seiner Lieder gesichert ist, und Nachahmungen späterer Meistersänger in Muskatblut's Tönen können dadurch als solch: erkannt werden. Die von ihm hauptsächlich gebrauchten Töne sind der Hofton, auch der alte Ton genannt, und der neue Ton; beide sind sehr künstlich in der Form und daraus erklärt sich die zum Theil recht gekünstelte und gezierte Ausdrucksweise seiner Gedichte.

    Eine (jedoch nicht vollständige) Ausgabe seiner Werke lieferte E. v. Groote: „Lieder Muscatblut's, erster Druck“ (Köln 1852), nach einer in seinem Besitz befindlichen Handschrift in trierischem Dialect, die daher die ursprüngliche Sprache des Dichters nicht darstellt. Zahlreiche Lieder von ihm enthält auch die Kolmarer Handschrift (Bartsch S. 185) und andere Handschriften von Meisterliedern. Seine geistlichen Gedichte stehen bei Ph. Wackernagel, Das deutsche Kirchenlied 2, 487 ff. Eine Darstellung von Muskatblut's Sprache lieferte A. Puls: „Untersuchung über die Lautlere der Lieder Muscatblüt's“ (Kieler Dissert.), Hirschberg i. Schl. 1881, der auch eine Uebersicht sämmtlicher Handschriften und Drucke giebt.

  • Autor/in

    K. Bartsch.
  • Zitierweise

    Bartsch, Karl, "Muskatblüt" in: Allgemeine Deutsche Biographie 23 (1886), S. 99-101 unter Muskatblut [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118585924.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA