Lebensdaten
1607 – 1677
Geburtsort
Prag-Neustadt
Sterbeort
London
Beruf/Funktion
Zeichner ; Radierer
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118553070 | OGND | VIAF: 54449428
Namensvarianten
  • Hollar, Wenzel
  • Prachenberger von Löwengrün und Bareyth, Wenzel (seit 1636)
  • Hollar, Wenzeslaus
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Zitierweise

Hollar von Prahenberg, Wenzel, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118553070.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann (Adel 1600, 1630), Registrator u. Depositor an d. kgl. Landtafel;
    M Margaretha ( vor 1613), T d. Bürgers David Löw v. Löwengrün u. Bareyth (geadelt 1594) in P.;
    Ov Jakob ( 1626), Primas in Horaždovice;
    - 1) 1641 N. N. Tracy ( 1665), Kammerfrau d. Lady Arundel, 2) 1665 N. N.;
    1 S aus 1).

  • Biographie

    Die wichtigsten Anhaltspunkte für H.s Biographie sind die von ihm selbst auf seinen Werken verzeichneten Daten. Seine Jugend verbrachte er in Prag in der Atmosphäre der ausklingenden rudolphinischen kunstliebenden Ära, beeinflußt, vor allem durch Illuminationen und Miniaturen, durch Dürer und die Niederländer. Der Vater war seiner künstlerischen Tätigkeit nicht gewogen. Nach dem politischen Umsturz ging H. 1627 mit der ersten Exulantenwelle nach Deutschland. Als anonymer Radierer beteiligte er sich in der Werkstatt des Frankfurter Verlegers M. Meriandes Älteren an großartigen kosmographischen Werken. Während des 10jährigen Aufenthalts in Deutschland arbeitete er November 1627-Mai 1628 in Stuttgart, dann ging er nach Straßburg, wo er für den Verleger Jakob van der Heyden eine Reihe von Ansichten der Stadt und ihrer Umgebung schuf (Die Jahreszeiten aufgefaßt als Straßburger Stadtveduten). 1630-36 lebte er meist in Köln, von wo aus er Reisen unternahm: 1632 besuchte er das von den Schweden besetzte Mainz, 1634 hielt er sich in Düren auf und reiste das erste Mal in die Niederlande. 1635 gab er bei Hogenberg in Köln eine Serie „Amoenissimae aliquot locorum … Effigies“ und eine Serie von Bildnissen „Reisbüchlein von allerlei Gesichten“ heraus, die durch seine Reisen inspiriert waren. Im April 1636 trat er als Illustrator der Reise einer englischen Deputation an den habsburgischen Hof in die Dienste von Thomas Howard, Earl of Arundel. Von dieser Reise längs des Rheins und der Donau nach Wien, über Mähren nach Böhmen und Regensburg stammt eine Reihe von Zeichnungen, Landschafts- und Kostümstudien, zu denen H. in seinen Serien von Radierungen immer wieder zurückkehrte. Mit Arundel ging er nach London, um nach dessen künstlerischen und naturkundlichen Sammlungen zu radieren, verließ 1644 das im Bürgerkrieg befindliche England und folgte Arundel zu einem längeren Aufenthalt nach Antwerpen (bis 1652). In dieser fruchtbaren Zeit radierte H. nach niederländischen Malern, setzte mit Serien von Schmetterlingen, Insekten und Muscheln die Arbeit an der Reproduktion von Arundels Sammlungen fort, radierte berühmte Blätter (Prag, die Kathedrale von Antwerpen, siebenteilige Ansicht von London, eine Serie Muffe, Zyklus holländischer Schiffe) und gab sie bei Hendrik van der Borcht, J. Meyssens, F. de Witt und anderen heraus. Nach der Rückkehr nach London wurde er in Hixeshall in Haft gesetzt, auf Fürsprache seines neuen Patrons Sir W. Dugdales jedoch freigelassen. Während seines 2. Aufenthaltes in England beschäftigte sich H. unter anderem mit Illustrationen zu Dugdales „Monasticon Anglicanum“ und John Ogilbys Ausgaben Homers, Vergils, Äsops. Die Pest 1665 suchte auch H.s Familie heim, er vereinsamte und heiratete dann zum zweiten Mal. In dieser Zeit gab er eine Reihe von Landkarten heraus sowie Ansichten Londons vor und nach dem Brand, der 1666 den größten Teil der Stadt vernichtete. 1666 verlieh ihm Karl II. den Titel „Scenographus regius“ und teilte ihn 1668 als Zeichner einer Expedition nach Tanger in Afrika zu. 1672 sammelte H. in Nordengland Material für den 3. Teil des „Monasticon Anglicanum“. In seinen letzten Jahren kehrte er zu den Serien deutscher Städte zurück.

    Charakteristisch für H.s Stil ist realistische Erfassung und zeichnerische Genauigkeit. Mit einer verfeinerten Technik trifft er die Struktur des Materials bis in die feinsten Details. Seine häufigsten Sujets waren Stadtveduten, naturkundliche Motive, Porträts und Trachtenstudien. Er wurde zum Verfechter der Eigenständigkeit der Landschaft als eines bildnerischen Sujets. In seinen Reproduktionen sind oft verlorengegangene Werke anderer Künstler bewahrt. Seine Blätter signierte er meistens „Wenceslaus Hollar Bohemus“ oder „Pragensis“.

  • Werke

    ca. 400 Zeichnungen u. 2700 Radierungen;
    die größten Slgg. befinden sich in London, Brit. Mus., Schloß Windsor u. Prag (Nat.gal., Hollareum).

  • Literatur

    ADB XII;
    G. Parthey, W. H., Beschreibendes Verz. s. Kupf., 1858, Nachdr. 1963;
    F. A. Borovský, W. H., Ergg. zu Partheys beschreibendem Verz. s. Kupf., 1898;
    A. M. Hind, W. H. and his Views of London and Windsor in The Seventeenth Century, 1922;
    E. Dostál, V. H., Prag 1924| (W, P);
    J. Urzidil, W. H., Der Kupferstecher d. Barock, 1936 (mit F. Sprinzels);
    ders., H., A Czech Emigré in England, 1942 (P);
    F. Sprinzels, H., Handzeichnungen, 1938;
    F. C. Springell, Connoisseur & Diplomat, The Earl of Arundel's Embassy to Germany in 1636 … with a catalogue of the topographical drawings made on the journey by W. H., 1963;
    W. H., Drawings, Paintings and Etchings, Kat. d. Ausstellung Manchester 1963;
    W. H., Reisebilder, Text v. M. V. Kratochvíl, Prag 1966;
    H. Appel, W. H. in Düren, 1967;
    V. H., Zeichnungen, Radierungen, Kat. d. Ausstellung Prag 1969;
    K. S. van Eerde, W. H., Delineator of His Time, 1970 (P);
    -
    ThB (W, L);
    P. Toman, Nový slovník československých výtvarchných umělců (Neues Lex. d. tschechoslowak. bildenden Künstler), 1947, Suppl. 1955.

  • Porträts

    Radierung v. H. n. Vorlage v. J. Meyssens, 1647 (Parthey 1419);
    Selbst-P mit Wappen, 1647 (Parthey 1420).

  • Autor/in

    Jiřina Volková
  • Zitierweise

    Volková, Jirina, "Hollar von Prahenberg, Wenzel" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 539-540 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118553070.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hollar: Wenzeslaus H., Zeichner, Radirer und Kupferstecher, wurde am 13. Juli 1607 zu Prag geboren und entstammte einer wohlhabenden Adelsfamilie, welche das Prädicat „von Prachna“ führte. Er erhielt eine vorzügliche Erziehung, studirte die Rechte und stand bereits auf dem Punkte in ein öffentliches Amt einzutreten, als sein Vater, welcher als eifriger Protestant dem König Friedrich von der Pfalz gehuldigt hatte, durch dir harten Maßregeln, die Ferdinand II. über Böhmen verhängte, des Landes verwiesen wurde. Da mit der Verbannung auch die Confiscation des Vermögens verbunden war, sah sich die Familie plötzlich in tiefe Armuth verseht, der junge H. wurde zugleich in eine andere Laufbahn gedrängt. Er wanderte 1627 nach Frankfurt a. M. um bei Matthaeus Merian dem Aelteren, welchen er in Prag kennen gelernt hatte, die Kupferstecherkunst zu erlernen. Anfänglich arbeitete er in der Manier seines Lehrers meist mit der Radirnadel und führte verschiedene Ansichten von Städten wie auch einige figürliche Darstellungen aus, griff späterhin auch zum Grabstichel und erfand, indem er diesen geschickt mit der Radirung zu verbinden wußte, eine eigenthümliche Ausführungsweise, gleich sehr durch Kraft wie seine Modellirung ausgezeichnet. Nach einem zweijährigen Aufenthalte in Frankfurt lebte der Künstler abwechselnd in Straßburg und anderen Städten des Oberrheins, begab sich 1633 nach Köln, wo er unter dem Titel: Amoenissimae aliquot locorum in diversis Provinciis jacentium Effigies a Wenzeslao HollarPragensi delineatae et aqua sorti aeri scuiptae“, im Jahre 1635 eine Reihenfolge kleiner Landschaften veröffentlichte. Durch dieses Werk wurde er mit dem als Kunstfreund und Sammler vielverdienten Grafen Thomas von Arundel bekannt, welcher damals als englischer Gesandter nach Wien reiste und Hollar'n in seine Dienste nahm. Der Künstler begleitete sofort den Grafen auf seiner Reise, zeichnete für ihn viele Sehenswürdigkeiten, unter andern auch eine sehr schöne Ansicht von Prag, und ging dann in dessen Gefolge nach England. Hier stach er zuerst viele Platten nach Gemälden der Arundel’schen Gallerte, namentlich die geschätzten Blätter: „Adam und Eva", „David vor Saul“ und „Die Königin von Saba“, alle drei nach Holbein — „S. Georg" nach Dürer — „Die Enthauptung des Johannes" nach Elzheimer — „Esther und Ahasverus“ nach Paul Veronese — den „Abendmahlskelch“ nach einer Zeichnung des Mantegna und andere, denen 1639 ein Trachtenbuch „Ornatus muliebris Anglicanus“, bestehend aus 28 sehr sorgfältig ausgeführten Blättern folgte. Durch den Grafen Arundel dem Hofe empfohlen, wurde H. 1640 zum Zeichnungslehrer des Prinzen von Wales ernannt und entfaltete gleichzeitig eine fast unbegreifliche Thätigkeit, indem er in diesem Jahre 26 sauber ausgeführte Platten vollendete. Vielfach beschäftigt und in glänzender Lage heirathete er ein Kammermädchen der Gräfin Arundel, Namens Tracy, welcher Ehe ein sehr talentvoller Sohn und eine Tochter entstammten, letztere als ausgezeichnete Schönheit gefeiert. Doch das Glück blieb ihm nicht lange treu, der Bürgerkrieg, welcher in seinem Verlause König Karl I. Thron und Leben kostete, brach aus, sein Gönner Arundel wurde 1642 durch das Parlament aus England verbannt und H. als treuer Anhänger des Königs griff zu den Waffen, indem er sich in ein Regiment einreihen ließ. Bei der Erstürmung von Basing-House am 14. October 1645 gerieth er in Gefangenschaft, wußte aber zu entkommen und begab sich nach Antwerpen, wo Arundel schon seit geraumer Zeit weilte und das Ende der Revolution abzuwarten gedachte. Der Graf beschäftigte und unterstützte ihn wieder, starb aber schon im folgenden Jahre, worauf H. aufs neue mit Mangel zu kämpfen hatte. Er setzte jedoch seine Arbeiten mit ununterbrochenem Eifer fort, vollendete 1644 ein großes Trachtenwerk, bekannt unter dem Namen „Aula Veneris“, durchaus von ihm selbst gelegentlich seiner Reisen nach der Natur gezeichnet und gestochen. Aus dem Jahre 1646 rühren her: eine aus zwölf Blättern bestehende Insektensammlung, die berühmten Blätter mit den Pelzmuffen, der sehr seltene und sehr geschätzte Stich, genannt der große Katzenkopf und mehrere Porträts. Im folgenden Jahr fertigte er unter anderen sein eigenes Bildniß, als er gerade vierzig Jahre zählte: seine Freunde fügten folgende Worte dem Namen des Meisters bei:

    „Qui mores hominum multorum vidit et urbes. Ithacus, est digitis dignus Homere tuis. At mores hominum melior qui sculpsit et Urbes. Salus erit digitis gloria lausque suis. Qui tantum vidit, coecum tulit ille poetam: Qui sculpsit. propriis claruit ex oculis. Aeternum vives proprio tumulatus in aere, Hollare, nec norunt haec monumenta mori.

    H. blieb bis 1652 in Antwerpen, wo er neben vielen Bildnissen, darunter die sehr gelungenen des Bindo Altoviti, des Henricus a Craenhals und der Gräfin Maria von Portland, auch, um sich und seine Familie zu unterhalten, allerlei untergeordnete Gegenstände, Titelblätter, Vignetten u. dgl. für Buchhändler anfertigte. In obigem Jahre, als unter dem Protektorate des Oliver Cromwell sich wieder geordnete Zustände in England eingestellt hatten, kehrte|der Meister nach London zurück, gelangte aber erst zu einer etwas gesicherten Existenz nach der Thronbesteigung König Karls II., in dessen Dienste er 1661 als Zeichner und Kupferstecher trat. Abermals war seine günstige Lage von kurzer Dauer; die Pest von 1665 entriß ihm seinen geliebten Sohn, welcher sich bereits zu einem tüchtigen Gehilfen und Kupferstecher herangebildet hatte und bei dem großen Brande von London (2. September 1666) verlor er all seine Habe. Genöthigt im sechzigsten Lebensjahre ganz von vorne anzufangen, um sich wieder eine neue Einrichtung zu erwerben, schien ihm der von Seite des Hofes gemachte Antrag, eine kriegerische Expedition nach Afrika zu begleiten um die Festungswerke von Tanger aufzunehmen, eine willkommene Gelegenheit, wieder zu einigem Wohlstande zu gelangen. Er schiffte sich 1669 mit Lord Howard ein und brachte nach Ueberstehung endloser Mühen und Gefahren seine Arbeit glücklich zu Stande. In seiner Hoffnung auf ein angemessenes Honorar sah sich jedoch H. arg getäuscht, denn er erhielt für Reise und Arbeiten, welche mehr als ein Jahr in Anspruch genommen hatten, vom Hofe nicht mehr als die Summe von 100 Pfund Sterling und wäre in großen Schaden versetzt worden, wenn ihm nicht die Herausgabe der Ansichten von Tanger und Umgebung einigen Nebenverdienst gebracht hätte. An diesen Stichen, welche 1673 veröffentlicht wurden, erkennt man das hereinbrechende Greisenalter und eine merkliche Abnahme der Kräfte, während einige kurz vor Antritt der Reise gefertigte Radirungen noch die volle Geistesfrische des Meisters offenbaren. Der bis zu seinem letzten Augenblick thätige Künstler starb zu London am 28. März 1677, angeblich in so großer Dürftigkeit, daß er an seinem Todestage ausgepfändet werden sollte. Dieser Sage widerspricht jedoch die Thatsache. daß seine Wittwe die hinterlassenen Kupferstiche und Kunstwerke so vortheilhaft verkaufte, daß sie von dem Erlös fortan leben konnte. H. tilgt begraben in der S. Margarethenkirche zu London. wo ihm seine Verehrer ein Denkmal errichten ließen. Er war ein Mann von hoher Begabung und unpassenden Kenntnissen, ein Künstler ersten Ranges: dabei unbeschreiblich gutmüthig. arglos und unbeholfen in allen: Lebensverhältnissen. Seine Gutmüthigkeit wurde oft mißbraucht, auch verstand er nicht mit dem Gelde umzugehen, weshalb er fortwährend aus einer Klemme in die andere gerieth. Schon fünfzig Jahre alt verheirathete er sich nach dem Tode seiner ersten Frau abermals, welche zweite Ehe mit mehreren Kindern gesegnet war. Einfach und mit wenigen Bedürfnissen zufrieden, verfuhr er mit seiner Zeit so haushälterisch, daß er Tag für Tag wenigstens acht Stunden hindurch arbeitete und die Uhr neben sich stellte, um ja nicht vor der festgesetzten Minute aufzuhören. Trotz seines Fleißes und der hohen Anerkennung, deren sich H. erfreute, wurde er oft sehr schlecht honorirt: so bezahlte ihm der Buchhändler Peter Stent für die schönen 1638 gefertigten Prospekte von London und Greenwich kaum so viel, als der Werth der Kupferplatten betrug. Die Verleger bereicherten sich, während der Meister darbte.

    H. darf nicht allein als Gründer der englischen Kupferstecherschule angesehen werden, sondern er übte auf die gesammte Kunstthätigkeit einen eben so bedeutenden als erfreulichen Einfluß, und gehört, indem er den Farbeneffekt im Stiche wiederzugeben versuchte, zu den bahnbrechenden Meistern seines Faches. Er radirte seine Platten immer vor und vollendete sie mit der kalten Nadel und dem Grabstichel, wobei mau selten unterscheiden kann, welche Partien mit diesem oder jenem Instrumente gefertigt sind. Seine künstlerische Vielseitigkeit ist eben so bewunderungswürdig wie seine Geschicklichkeit, mit welcher er ohne seine Manier wesentlich zu ändern, den Charakter der verschiedenartigsten Vorbilder wiederzugeben vermochte. Er stach mit gleicher Leichtigkeit und Treue nach älteren Meistern, wie Mantegna, Lionardo da Vinci, Dürer, Holbein, wie nach|modernen: Van Dyck, Paul Veronese, Parmegiano, Artois, Breughel, Paul Brill und anderen italienischen, deutschen und niederländischen Malern, führte auch sehr vieles nach eigenen Zeichnungen aus. Man schätzt die Anzahl der von ihm gestochenen Platten gegen dreitausend, ganz genau kann die Zahl nicht mehr ermittelt werden, da mehrere Blätter verloren gegangen sind und andere zu wiederholtenmalen gestochen wurden; doch sind 2733 sichergestellt. Daß bei solch unübersehbarer Menge von Arbeiten manches Mittelmäßige nicht ausbleiben konnte, ist selbstverständlich, darf jedoch weniger Hollar'n zur Last gelegt werden als dem Umstande, daß er oft gezwungen war, nach schlechten und manerirten Originalen englischer Zeichner zu arbeiten. Jede künstlerische Aufgabe hat er auf würdevolle durchaus befriedigende Weise gelöst. Seine Stiche bezeichnete er gewöhnlich mit der ganzen Namensunterschrift: „Wenzel Hollar Bohemus“, pflegte auch häufig die Jahreszahl beizusetzen: seltener bediente er sich der Anfangsbuchstaben W. H. oder eines verschlungenen Monogramms. Er stach historische Compositionen, Porträts, Trachten, Landschaften, Thierstücke, Städteansichten, Grund- und Aufrisse von Baudenkmalen, Marinen, Abbildungen von Schiffen, Gefäßen, Putzsachen, dann eine Sammlung von Insekten und sogar Landkarten, Randzeichnungen und Initialen mit gleicher Meisterschaft; doch behaupten seine Bildnisse vor allen den Vorzug. Zu seinen trefflichsten Arbeiten gehören die Porträts des Craenhals, des Grafen Arundel, der Maler Lucas und Cornelis Wael. der Gräfin Marie von Portland, des Königs Heinrich VIII. von England und seiner Gemahlinnen, dann der Könige Karl I. und Karl II. Das Bild des erstern hat er viermal, des zweiten zehnmal gestochen. Nach einem im Jahr,1745 gefertigten Verzeichnisse hat er 369 Porträts theils nach eigenen Zeichnungen, theils nach andern Meistern in Kupfer ausgeführt. Von seinen figürlichen Darstellungen verdienen neben den oben genannten hervorgehoben zu werden: Juno nach Elzheimer, S. Magdalena nach Pieter van Avont, Amor nach Giulio Romano, ein Crucifix nach Van Dyck und ein Ecce homo nach Tizian. Hier sind auch einzureihen die eben so geistreichen als getreuen Karikaturen nach Lionardo da Vinci, welche den Vergleich mit den Originalen nicht zu scheuen haben, die Studienköpfe nach Holbein, die Trachtenwerke und das sogenannte Reisbüchlein. Auch als Landschaftstecher glänzt H. in erster Reihe; mehrere nach eigenen Zeichnungen ausgeführte Marinen und 13 Blätter mit Baumgruppen nach Jacques d'Artois geben Kunde von seltener Meisterschaft.

    Um ein gedrängtes Bild der Vielseitigkeit und Thätigkeit des Meisters zu entrollen, sei nachstehende Uebersicht seiner Stiche beigefügt, wobei jedoch zu bemerken, daß das Verzeichniß nicht ganz vollständig ist. Biblische Darstellungen, Heilige, Todtentanz: 206 Stücke — Geschichte, Allegorie, Illustrationen zu Homer, Virgil u. A.: 375— Landkarten: 53— Städteansichten, Landschaften, Schiffe: 593— Bildnisse. Charakterköpfe u. dgl.: 490— Trachten: 250— Thierstücke: 206— Plane, Architekturen: 325— Gefäße, Verzierungen, Titelblätter: 175, zusammen 2733 Stiche. Hollar's Schüler sind: sein schon erwähnter, im 17. Jahre verstorbener Sohn, ferner Fr. Carter,. Daniel King, Franz Place, P. Tempest, Dudley und Gaywood, letzterer der geschickteste. Die Originalzeichnungen des Künstlers befinden sich beinahe sämmtlich in England, wo auch die meisten und besterhaltenen Stiche getroffen werden. Bei weitem die vollständigste Sammlung von Werken Hollar's wurde von König Georg III. angelegt und befindet sich zu Windsor, gegenwärtig im Besitz der Königin Victoria. Große Beachtung verdient die zwar nur aus 138 Blättern bestehende Sammlung im Museum zu Braunschweig, die einzige, welche zu Lebzeiten Hollar's im Jahre 1660 angeschafft wurde und durchaus wohlerhaltene Abzüge enthält. Eine kostbare Sammlung mit vorzüglichen, zum Theil noch nicht eingereihten|Exemplaren wurde vor 15 Jahren von den Ständen Böhmens erworben und in Prag aufgestellt. Die in den Kupferstichkabineten zu Wien, München, Berlin, Paris und anderen Städten vorhandenen Sammlungen sind allbekannt und oft beschrieben worden.

    • Literatur

      Ueber Hollar und seine Werke findet sich eine reiche Litteratur vor, beachtenswerth sind: Georg Vertue, Description of the Works of the ingenious Delineator and Engraver Wenceslaus Hollar, London 1745 und zweite Auflage 1759. — Gust. Parthey, Beschreibendes Verzeichniß der Kupferstiche des Wenzel Hollar, Berlin 1853. — Mehr oder minder umfangreiche Abhandlungen finden sich bei J. Salomon Semler. Quandt, Ernst Förster, Klunzinger, Dlabacz und Füßli.

  • Autor/in

    B. Grueber.
  • Zitierweise

    Grueber, Bernhard, "Hollar von Prahenberg, Wenzel" in: Allgemeine Deutsche Biographie 12 (1880), S. 750-754 unter Hollar, Wenzeslaus [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118553070.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA