Lebensdaten
1869 – 1951
Geburtsort
Groß-Wanzleben
Sterbeort
Haifa
Beruf/Funktion
Bibliothekar ; Zionist
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 117165727 | OGND | VIAF: 97236520
Namensvarianten
  • Sachse, Dr. Heinrich (Pseudonym)
  • Dr. Heinrich Sachse (Pseudonym)
  • Loewe, Heinrich
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Zitierweise

Löwe, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117165727.html [25.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Louis, Kaufm., S d. Osier in Strelitz (Mecklenburg);
    M Berta ( 1900), T d. Avigdor Plaut in Oschersleben; Vorfahre Rabbi Löbusch, Vorsitzender d. jüd. Gerichts in Breslau;
    B Richard (s. 2);
    - Wronke (Prov. Posen) Johanna ( 1948), tätig in jüd. Wohlfahrtsorganisationen in Berlin, dann in Palästina, T d. Rabbiners Baruch Menachem Auerbach (1843–1919) in Wronke;
    1 S, 1 T.

  • Biographie

    Mit dreizehn Jahren wurde L. Schüler des Magdeburger „Pädagogiums zum Kloster unserer lieben Frauen“, wo er eine vorzügliche humanistische, theologisch geprägte Bildung erwarb. Beim Ortsrabbiner M. Rahmer, der vom Proto-Zionismus beeinflußt war, erhielt er Religionsunterricht. Rahmer war auch Redakteur der Israelit. Wochenschrift, und L. half ihm bei der Herausgabe der Zeitung. In Berlin studierte er Judaistik an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums und oriental. Sprachen, Geschichte und Philosophie (Dr. phil. 1894) an der Universität. Die antisemitischen Erscheinungen der 80er Jahre in akademischen Kreisen weckten in ihm ein jüd. nationales Bewußtsein. Nachdem L. durch seine russ. Kommilitonen S. Levin, J. Lurje und N. Syrkin vom Entstehen der zionistischen Bewegung in Rußland gehört hatte, gründete er mit ihnen 1889 den „Russ.-jüd. wissenschaftlichen Verein“, die erste Vereinigung in Deutschland, die bewußt die national-jüd. Idee vertrat. 1890 versuchte er erfolglos die Gründung eines Vereins jüd. Studenten „Kadimah“ an der Univ. Berlin und eines Vereins zur Pflege der neuhebräischen Sprache. Im März 1892 gründete L. den Verein „Jung Israel“, der der Kern der jüd. nationalen Bewegung in Deutschland wurde und aus dem die „Berliner Zionistische Vereinigung“ (BZV), als deren erster Vorsitzender er 1898 gewählt wurde, hervorging. „Jung Israel“ setzte sich die Förderung des Gefühls nationaler Zusammengehörigkeit im jüd. Volk durch Pflege von jüd. Leben und Wissen zum Ziel sowie die Verbreitung der zionistischen Idee unter den Studenten. 1895 gehörte L. zu den Gründern der „Vereinigung jüd. Studierender“ (später „Vereinigung jüd. Studenten“). Seine wesentliche publizistische Aktivität begann 1895 mit der Redaktion der Zeitschrift „Zion, Monatsschrift für die nationalen Interessen des jüd. Volkes“. Im Herbst desselben Jahres fuhr L. zusammen mit W. Bambus nach Palästina, wo er die jüd. Ansiedlung und die Pioniere der „ersten Einwanderung“ aus Rumänien und Rußland näher kennenlernte; bei einem Palästinabesuch zwei Jahre später erwog er zu bleiben. Er wirkte für die Errichtung eines palästinens. Pavillons im Rahmen der Berliner Gewerbeausstellung 1896. Erst 1897, beim ersten Zionisten-Kongreß in Basel, an dem L. als Abgeordneter der Juden Palästinas teilnahm, lernte er Herzl kennen und schätzen. Nach dem 2. Zionisten-Kongreß (1898) wurde er von Max Nordaus Parole des „Muskeljudentums“ ergriffen: Auf L.s Vorschlag hin wurde der Turnverein „Bar Kochba“ gegründet, aus dem später die Sportbewegung „Makkabi“ erwuchs. Nach der Rückkehr von seiner dritten Palästinareise 1898 trat er 1899 als unbesoldeter Hilfsarbeiter in die Berliner Universitätsbibliothek ein. Auf Anregung des damaligen Direktors Wilh. Erman beschloß L., sich als wissenschaftlicher Bibliothekar fortzubilden; 1915 erhielt er den Professor-Titel. Etwa gleichzeitig wurde er Redakteur der „Jüd. Rundschau“ (1902-08), die er zum anerkannten Organ des deutschen Zionismus machte. Er setzte sich für die Idee ein, in Jerusalem eine jüd. Nationalbibliothek zu gründen; 1905 legte er dem 7. Zionisten-Kongreß einen entsprechenden Plan vor. Danach sollte diese Bibliothek auch die Entwicklung aller öffentlichen Büchereien im Lande leiten, die Basis einer Universitätsbibliothek bilden und Forschungs-, Bildungs- und Unterhaltungszwecke erfüllen. Ihr sollte auch ein Institut zur Ausbildung von Bibliothekaren angegliedert werden. Als die Vorbereitungen zur Eröffnung einer Hebrä. Universität in Jerusalem begannen, förderte L. als Gründer des Vereins der Freunde der Jerusalem-Bibliothek das Sammeln von Büchern. 1933 wanderte er nach Palästina aus. Er wurde zum Direktor der städtischen Bibliothek „Schaar Zion“ in Tel Aviv ernannt; 1948 trat er in den Ruhestand.

    L. gehörte zu den wenigen assimilierten Juden, die aus eigener Kraft zum Zionismus kamen, und zwar schon in der Zeit vor Herzl. Obwohl er der Initiator der ersten zionistischen Organisationen war, lag seine eigentliche Stärke nicht im Bereich der Organisation. Seine bisweilen extremen Ansichten brachten ihm manche Gegnerschaft ein. Aber sein Mut, seine Ausdauer und stilistische Meisterschaft machten ihn – besonders dank der „Jüd. Rundschau“ – zu einer Hauptstütze der zionistischen Propaganda. Selbst das Bibliothekswesen spannte er für das zionistische Ziel ein. Als erster schlug er vor, das Bibliothekswesen in Palästina auf wissenschaftlichen Grundsätzen aufzubauen, die vom deutschen Bibliothekswesen, z. B. den Reformen der Althoff-Ära und der Theorie der Bücherhallenbewegung, die den Typ der Einheitsbibliothek anstrebten, geprägt waren. Als Folklorist bewährte sich L. im Sammeln, Redigieren und Herausgeben von Material zum jüd. und jidd. Humor. Er befaßte sich auch mit der jüd. Genealogie.

  • Werke

    Richard v. San Germano u. d. ältere Redaktion s. Chronik, 1894;
    Antisemitismus u. Zionismus, ³1895;
    Zionistenkongreß u. Zionismus e. Gefahr? 1897;
    Zur Kunde v. d. Juden im Kaukasus, Aus zwei alten dt. Ztgg., 1900;
    Der Liberalismus macht selig u. d. Sonntagabendgottesdienst macht liberal, Ein Wort z. Verständigung an Herrn Gustav Levinstein, 1901;
    Eine jüd. Nat.-Bibl., 1905;
    Der Ring d. Propheten Elijjahun, Ein Märchen, 1906;
    Dr. Vogelsteins Propaganda f. d. Zionismus, 1906;
    Eine hebrä. Univ-bibl. in Jerusalem, o. J.;
    Chibat Zion, 1910;
    Die Sprachen d. Juden, 1911;
    Treibende Kräfte, 1911;
    Die Juden in d. kath. Legende, 1912;
    Die Juden in d. Marienlegende, 1912;
    Eine Fahrt ins Geisterland, 1913;
    Die jüd. Volksarbeit im Lande Israel, o. J.;
    Und tausend J. sind ihm wie ein Tag, 1914;
    Die jüd.dt. Sprache d. Ostjuden, 1915;
    Juden im türk. Orient, 1915;
    Das neue Rußland u. s. sittl. Kräfte, 1918;
    Schelme u. Narren mit jüd. Kappen, 1920;
    Die jüd. Nat.-Bibl., 1921;
    Jüd. Bibl.wesen im Lande Israel, 1922;
    Reste vom alten jüd. Volkshumor, 1922;
    Proselyten, Ein Btr. z. Gesch. d. jüd. Rasse, 1926;
    In memoriam Aaron Ember, 1926;
    Geschichten v. jüd. Namen: aus d. Volksmunde ges., 1929;
    Der jüd. Spieler, 1930;
    Jüd. Feuersegen, Ein Btr. z. jüd. u. dt. Aberglauben, 1930;
    Alter jüd. Volkshumor aus Talmud u. Midrasch, 1931. -
    Hrsg.: Liederbuch f. jüd. Vereine, Nebst e. Anhange enthaltend Gedichte jüd. Inhalts z. Vortragen, 1894, ²1898;
    Zion, Mschr. f. d. nat. Interessen d. jüd. Volkes, Febr. 1895 - Mai 1896;
    A. H. Heymann, Lebenserinnerungen, 1909;
    M. Wasserzug, Memoiren e. poln. Juden, 1911;
    Führer durch d. Lesesaal d. Berliner Univ.-bibl., C: Judentum, Orientalia, H. 4, 1914;
    Das jüd. Jugendbuch, 1920 (mit M. Steinhardt u. C. Z. Klötzel);
    Mitt. üb. d. jüd. Bibl.wesen in Erez-Jisrael: Berr. d. Hauptsammelstelle, 1922 f.;
    Scripta Universitatis atque Bibliothecae Hierosolymitanarum (mit I. Velikovsky): „Mathematica et Physica“, I, besorgt v. A. Einstein, 1923;
    Die Prager Haggada d. Gerschom Kohen, 1926.

  • Literatur

    J. L. Weinberg, Aus d. Frühzeit d. Zionismus: H. L., 1946 (P);
    R. Lichtheim, Die Gesch. d. dt. Zionismus. 1954, S. 112-22, 136-42, 194 f. (P);
    E. Rothschild (Hrsg.), Meilensteine, Vom Wege d. Kartells Jüd. Verbindungen (K. J. V.) in d. Zionist. Bewegung, 1972 (mit L.s Aufsätzen: Jung-Israel, Ein 50j. Gedenktag, 1942;
    Der Jüd. Student, 1902);
    D. Schidorsky, H. L.s Begriff v. öffentl. Bibliotheken in Palästina, in: Yad La-Kore 18, 1979, S. 90-101 (hebr.);
    Y. Eloni, Ideolog. organisator, u. strukturelle Probleme in d. dt. zionist. Bewegung v. ihren Anfängen b. z. 1. Weltkrieg, Diss. Tel Aviv 1981 (hebrä.);
    Enc. Jud. X, 1934, Enc. Jud. XI, 1971 (P).|

  • Nachlass

    Nachlaß: Zionist. Zentralarchiv, Jerusalem.

  • Porträts

    in: D. Idelovitch, Rishon Le Zion 1882-1941, 1941, S. 345.

  • Autor/in

    Dov Schidorsky
  • Zitierweise

    Schidorsky, Dov, "Löwe, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 75-76 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117165727.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA